Protocol of the Session on November 13, 2008

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt kein Orchideenthema, wir haben jetzt ein durchaus wichtiges Thema. Wir versuchen den Klima- und Naturschutz einmal anders. Wenn Ihnen Verbote nicht gefallen, versuchen wir es mit unseren Anträgen einmal positiv. Vielleicht erreichen wir damit Ihre Zustimmung.

[Beifall bei den Grünen]

Ich wollte mit etwas Positivem beginnen und habe gesucht, wo man Rot-Rot in der Natur- und Baumschutzpolitik irgendetwas Positives vorhalten könnte. Worauf bin ich gestoßen?

[Dr. Martin Lindner (FDP): Auf die FDP!]

Auf die FDP mit Sicherheit nicht! – Vor etwa anderthalb Jahren hatte ich eine Kleine Anfrage zu Nachpflanzungen gestellt, wenn Sie sich erinnern.

[Zurufe von der SPD, der CDU und der Linksfraktion]

Dann hatten wir hier vor ungefähr einem Jahr die Debatte – Sie erinnern sich noch – über Ihr 5-MillionenSonderprogramm zur Nachpflanzung von Bäumen. Die Senatorin erzählte in der Sitzung, wie wichtig es sei, das zu tun, dass sie mit der EU verhandele und dass die 5 Millionen Euro möglicherweise ausreichten, um einen Teil der Nachpflanzungen zu gewährleisten, für die damals Bedarf erkannt wurde. Was passierte einen Monat später? – In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage musste der Senat dann eingestehen: Die EU gibt das Geld nicht, der Senat denkt nicht weiter über Baumschutz und Nachpflanzungen nach. – Das war das Positive, das ich an

rot-roter Politik zu dem Thema gefunden habe – ein Desaster!

[Beifall bei den Grünen]

Wir haben Ihnen drei Vorschläge gemacht, was Sie tun können, und dies in drei Anträge gekleidet. Das Erste ist Transparenz. Das ist etwas ganz Wichtiges. Wir orientieren uns an dem Bericht des Sachverständigenbeirats, der das Thema Wissenstransfer über die Bäume in der Stadt zum Thema gemacht hat. Er kritisiert, dass in den Bezirken verschiedene Datengrundlagen für die Bäume vorhanden sind. Das geht so nicht. Wir hatten vorgeschlagen, mit dem Bezirken zusammen eine Struktur zu schaffen, in der Informationen über Bäume in Berlin aufbereitet werden können, sodass die interessierte Öffentlichkeit nachvollziehen kann, was passiert, wo nachgepflanzt wird, wo und warum gefällt wird. Ein ganz einfaches Verfahren! Der Sachverständigenbeirat hat das auch vorgeschlagen. Sie lehnen das ab, weil es Ihnen zu kompliziert ist. Dann müssten Sie etwas bei dem Thema tun. Das liegt Ihnen offensichtlich nicht.

[Beifall bei den Grünen]

Das Zweite, das wir Ihnen vorgeschlagen haben – Sie erinnern sich auch an die Debatte zum Landwehrkanal –: Klare Zuständigkeiten! Ich habe in den Haushaltsberatungen versucht herauszubekommen, wer bei unseren Wasserstraßen wo zuständig ist. Es ist nicht möglich, klare Zuständigkeiten zu definieren, wo der Bund oder das Land zuständig ist. Diese Debatte kennen Sie alle. Jetzt gibt es ein großes Mediationsverfahren für den Landwehrkanal. Wir meinen, dass wir nicht immer Mediationsverfahren brauchen, sondern dass klare Zuständigkeiten hermüssen. Wir haben Ihnen vorgeschlagen, mit den Bundesbehörden entsprechende Übereinkommen zu treffen. Es ist klar, dass Berliner Behörden auf Berliner Gebiet ein Mitspracherecht haben und beteiligt werden müssen. Das ist unser zweiter Antrag. Den wollen Sie auch nicht. Aber das wäre ein Punkt, den man umsetzen müsste, damit für künftige Baumaßnahmen an Bundeswasserstraßen nicht mehr dieses Kompetenzwirrwarr existiert. Die Bürgerinnen und Bürger haben kein Verständnis dafür, dass ihnen immer gesagt wird: Nein, die sind zuständig und nicht wir –, sondern sie wollen hören: Ja, wir sind zuständig, wir kümmern uns darum.

[Beifall bei den Grünen]

Als dritten Antrag haben wir Ihnen vorgelegt: Klimaschutz ernst nehmen –, und zwar meinen wir das durchaus ernst. Es gibt da auch Bundesgesetze. Wir haben ein Bundesnaturschutzgesetz, das den Ländern ganz klare Vorgaben macht. Eine Aufgabe ist, dass Eingriffe in die Natur ausgeglichen werden müssen, und zwar so, dass die Funktion des Naturhaushalts wiederhergestellt ist. Mit Ihrer Baumschutzverordnung, die Sie zuletzt vorgelegt haben, haben Sie genau die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen: Statt acht Bäumen nur noch einen Baum nachpflanzen, und wenn Bäume krank sind, brauchen Sie gar nicht mehr nachzupflanzen. – Ihre Baumschutzverordnung genügt dem Bundesnaturschutzgesetz nicht. Hier müssen Sie nacharbeiten. Das fordern wir in dem Antrag.

Es ist wichtig, dass das geschieht, weil es nicht sein kann, dass sich Berlin nicht an das Bundesnaturschutzgesetz hält. Das ist eine Frechheit. Da muss Rot-Rot ganz klar nacharbeiten.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Oliver Scholz (CDU)]

Ich habe damit begonnen aufzuzeigen, dass Sie auch einmal einen guten Willen hatten und etwas bewegen wollten. Bei der EU hatten Sie ein Problem, weil die EU gesagt hat: Ihr dürft nicht. – Unsere drei Anträge sind möglich. Sie haben die Chance, etwas für diese Stadt zu tun. Ich fordere Sie auf, unseren Anträgen zuzustimmen und in dieser Stadt endlich einmal etwas zum Guten zu bewegen, statt unsere Anträge nur abzulehnen, egal ob positiv oder negativ, das führt nicht weiter.

[Beifall bei den Grünen]

Jetzt freue ich mich darauf zu hören, was Herr Buchholz zu unseren Anträgen zu sagen hat, warum die alle nicht gehen und warum Rot-Rot weiterhin nichts tun wird. Ich bin sehr gespannt. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen – Daniel Buchholz (SPD): Ich auch!]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ziller! – Für die SPDFraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Buchholz das Wort. – Bitte sehr!

Meine Damen! Meine Herren! Lieber Kollege Ziller! Es gibt wunderschöne Gebäude, schöne Fassaden. Wenn man genau hinschaut, kann aber mitunter nichts dahinter sein. Das nennt sich dann Potemkinsche Dörfer. Es tut mir leid, Ihre Anträge und auch der Antrag der CDU sind genau so etwas: hübsche Überschriften, aber was die Substanz angeht, bleibt leider nichts übrig.

[Beifall von Markus Pauzenberger (SPD)]

Vielen Dank, Kollege Pauzenberger!

[Beifall von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

Oh, noch einer, danke schön! – Es bleibt wenig Zeit, deshalb mache ich es im Schnelldurchlauf, aber Sie werden sehen, es ist wenig Substanz.

Ihr Antrag „Baumschutz transparent gestalten“ – hübsche Überschrift, aber Sie wissen: Wenn man Ihren Antrag genau liest, scheint es offenbar um eine Kompetenzverlagerung zu gehen, und zwar von den Bezirken auf das Land. Da haben wir aber bei zwei Diskussionsrunden vor aber von den Grünen etwas anderes gehört. Ich frage mich, was Sie wirklich wollen. Die Bürger werden in vielen Bezirken vor Ort sehr gut informiert, wenn Baumfällungen oder Baumpflanzungen anstehen. In einigen Bezirken funktioniert es nicht. Sollen jetzt die anderen dafür mitbluten? Das ist sehr seltsam. Es führte bei diesem Antrag

im Fachausschuss zum Ergebnis, dass alle Fraktionen außer der grünen ihn abgelehnt haben. Das vielleicht als Indiz dafür, dass er nicht ganz ausgereift war!

Nehmen wir den Antrag der CDU! Hübsche Überschrift: „Brandschutz in Grün- und Erholungsanlagen“. Daran haben Sie bestimmt lange gefeilt. Es geht um das Thema Grillverbote. Während die Grünen alles Grillen zusammen mit Heizpilzen verbieten wollten, haben Sie jetzt etwas vorgeschlagen, um Grillverbote auszudehnen.

Entschuldigung, Herr Buchholz! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ziller?

Angesichts der vier Anträge diesmal leider keine Zeit für Zwischenfragen! – Zur CDU muss man sagen: Das bestehende Instrumentarium, um Grillverbote auszusprechen, reicht völlig aus bei dem, was wir an Gesetzesgrundlage haben. Wir haben ein Grünanlagenschutzgesetz. Auch das ist allen im Ausschuss klar gewesen. Ihr Antrag wirft im Gegenteil fachliche Fragen auf, denn Kleingärten sind auch Erholungsanlagen. Da soll dann auch kein Grillen mehr erlaubt sein? Das ist doch eine offene Flanke Ihres Antrags. Was kam dann im Fachausschuss? – Alle Fraktionen außer der CDU haben diesen Antrag abgelehnt. Ebenfalls hübsche Fassade, nichts dahinter!

Nächster Antrag von den Grünen, eine noch hübschere Überschrift: „Klimaschutz ernst nehmen, Bäume schützen, gefällte ersetzen“. Baumschutzverordnung Berlin, Herr Ziller! Ja, hört sich hübsch an, aber Sie wissen, die Baumschutzverordnung haben wir nicht aus Jux und Tollerei geändert, sondern weil uns Gerichte gesagt haben, ihr müsst sie verändern.

[Stefan Ziller (Grüne): Aber nicht so!]

Das muss man als Fakt einmal annehmen. Wenn Sie neben dem Gesetz stehen, ist das schön für Sie, für ein Abgeordnetenhaus ist das eine ganz schlechte Haltung. Wir mussten einen Kompromiss suchen, und wir haben ihn auch gefunden, und zwar mit den Bezirksämtern, mit den Interessenvertretungen vor Ort. Es gibt nun einen genauen Katalog, welche Baumarten, welche Stammumfänge, welche Erhaltungszustände wie zu ersetzen sind. Auch da war es mit Ihrem Antrag von den Grünen so, schon der dritte in der Reihe: Alle Fraktionen außer den Grünen haben auch diesen Antrag abgelehnt. Schöne Überschrift, kein Inhalt – schade darum! Hätte man die Zeit wieder anders verbringen können.

Ich komme zum vierten und letzten Antrag, wieder von den Grünen, wieder eine schöne Überschrift: „Bäume schützen, Anwohner/-innen informieren, Wasserschifffahrtsamt stoppen“. Mit dieser Überschrift haben Sie nun wirklich recht, und Sie wissen auch, dass die Substanz Ihres Antrags vor einem Jahr durchaus angemessen war. Inzwischen sind war aber auch ein bisschen weiter. Es ist

eben ein bisschen Wasser die Spree und den Landwehrkanal hinuntergeflossen. Siehe da, man hätte es nicht geglaubt, das Wasser- und Schifffahrtsamt hat ein wenig dazu gelernt. Es gab und gibt ein Mediationsverfahren. Auch Ihr Bezirksamt sagt inzwischen mit den Anwohnern zusammen, man sei auf einem guten Weg. – Sie nicken, Herr Ziller – warum haben Sie den Antrag dann nicht zurückgezogen? Der Antrag ist jetzt schlicht überholt. Eines muss man noch anmerken: Ihr Kollege Bezirksbürgermeister von den Grünen, Herr Schulz, hat bei den ersten anstehenden Baumfällungen für Verwirrung bei den Anwohnern gesorgt, weil er die Information nicht zeitnah weitergesagt hat. Das war sehr schade. Für einen einzigen umsturzgefährdeten Baum den kompletten Schiffsverkehr lahmzulegen, das sollte man sich auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten noch einmal gut überlegen, ob das der richtige Weg ist.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Sie merken: vier Anträge, hübsche Überschriften, null Substanz dahinter oder vom Zeitablauf überholt – schade um die Zeit, wir hätten sie besser verbringen können, unter einem Baum in der Sonne, das wäre viel schöner gewesen, als uns mit diesen Anträgen zu beschäftigen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Kollege Buchholz! – Für die CDU hat nunmehr der Kollege Jahnke,

[Zurufe von der CDU]

Juhnke, Entschuldigung, das Wort. Ich wunderte mich schon. Es könnte ja sein, dass jemand die Fraktion wechselt.

[Heiterkeit bei der SPD]

Dr. Juhnke hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht ausgeschlossen, dass man den anderen von seiner eigenen Meinung überzeugt und er diese dann wechselt. Das soll ja vorkommen.

Ich werde es jetzt mit meinem lieben Kollegen Frank Steffel halten, der immer sagt, man kann fünf Minuten reden, man muss es aber nicht.

[Vereinzelter Beifall]

Die Themen, die wir hier zu besprechen haben, sind, auch wenn die CDU dabei ist, nicht so wahnsinnig schwerwiegend, dass wir jetzt eine Parlamentsdebatte führen müssten, zumal es im Ausschuss intensiv diskutiert wurde. Ich bin aber trotzdem sehr froh, dass es jetzt passiert, nachdem diese Themen wohl das fünfte Mal verschoben wurden und wir heute nun endlich ein Ei darüber schlagen können.

Ganz kurz also zu den einzelnen Anträgen! „Baumschutz transparent gestalten“ – wir haben uns im Ausschuss dagegen ausgesprochen, weil wir es für einen bürokratischen Unfug halten und denken, dass in den Bezirken dafür ausreichende Möglichkeiten bestehen. Da gibt es gute und schlechte Beispiele, man kann sicherlich im Rahmen eines Benchmarks einmal vergleichen und den Bezirken, die das vielleicht nicht so intensiv machen, mal einen Hinweis geben, es besser zu machen. Aber ein zentrales Register lehnen wir ab, zumal wir uns wünschen würden, dass der Senat bei anderen Dingen, die die Menschen noch viel stärker in Mitleidenschaft ziehen, nämlich langwierige Baustellen oder Verkehrsbehinderungen, eine bessere Information der Anwohner leisten würde. Das wären Hausaufgaben, deren Lösung wir uns lieber wünschten, als an dieser Stelle einzugreifen.

Herr Dr. Juhnke! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ziller?

Ja, natürlich!