Protocol of the Session on September 25, 2008

[Beifall bei der CDU]

Alle Versprechungen und Ankündigungen von Zöllner, Müller und Bluhm entlarvten sich als taktische Verhinderungsmanöver, um die Initiative zu schwächen. Rot-Rot protzt im Ländervergleich der Bertelsmann-Studie zur frühkindlichen Bildung mit Masse, ist aber nicht bereit, die Standards für Mittelklasse zu erfüllen. Die AliceSalomon-Fachhochschule in Berlin erhält für den neuen berufsintegrierten Studiengang eine Stiftungsprofessur von Fröbel e. V. Rot-Rot verweigert den Erzieherinnen und Erziehern aber die notwendige Zeit für Fort- und Weiterbildung. Frühkindliche Bildung und frühkindliche Mehrsprachigkeit stehen im Saarland schon längst auf der Förderagenda. In Berlin muss ein Privatunternehmen für die Luxusklasse einer Kita sorgen.

Im Gegensatz zu Rot-Rot fordern wir in unseren Anträgen, endlich Qualitätsstandards des BertelsmannLändervergleichs in der frühkindlichen Bildung einzuführen. Die CDU-Fraktion will Bildung als Priorität und mehr Bildungsgerechtigkeit für alle durch Teilhabe ohne Schranken und Mauern. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Mirco Dragowski (FDP)]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Scheeres.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDUFraktion! Es ist gerade wieder so richtig deutlich geworden, dass Sie sich mit Ihren vorliegenden Anträgen einfach nur an das Volksbegehren anhängen wollen.

[Emine Demirbüken-Wegner (CDU): Die Anträge haben wir schon vor zwei Jahren gestellt!]

Sie haben ja schon Erfahrung mit dieser Strategie, die in letzter Zeit nicht durch Erfolg gekrönt war. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ernst nehme ich Sie bei Ihren Inhalten nicht. Was die Union für Kinder und Familien macht, das sieht man gerade in den Ländern, die unionsregiert sind. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und verglichen, was Sie im frühkindlichen Bereich alles anbieten.

Niedersachsen, Betreuung der unter Dreijährigen: 6,9 Prozent, Berlin: 40 Prozent. Hamburg, Betreuung der über Dreijährigen, also der Kitabereich: 88 Prozent, Berlin: 94 Prozent – hier haben wir einen Rechtsanspruch. Bayern – Ihnen ist ja die Qualität so wichtig –, der Qualifikationsgrad des pädagogischen Personals: 51 Prozent Fachkräfte mit Fachschulabschluss, 37 Prozent Kinderpflegerinnen, die keine pädagogische Ausbildung haben, sondern nur pflegerisch tätig sind, Berlin: 88,3 Prozent Kräfte mit Fachschulabschluss und 0,9 Prozent Kinderpflegerinnen. Baden-Württemberg, Ausgaben pro Kind im Jahr: 1 257 Euro, Berlin: 2 776 Euro. Auf Bundesebene bestehen Sie immer noch auf der Herdprämie. Sie ist in Thüringen Wirklichkeit, und was hat man dort festgestellt? – Dass weniger Kinder in die Kita gehen, und dies sind gerade die benachteiligten Kinder! Und Sie sprechen von Chancengleichheit! Mit uns nicht! Jeder kann sich selbst ein Bild machen, ob er Ihre Forderungen in den Anträgen ernst nimmt.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Auch wenn wir Ihre Anträge nicht ernst nehmen, so nehmen wir doch die Themen, die angesprochen werden, ernst. Wir nehmen auch das Kitavolksbegehren ernst, auch wenn wir es aus rechtlichen Gründen abgelehnt haben, weil es zu sehr in das Haushaltsrecht eingreift. Wir schwimmen bekanntlich in Berlin nicht im Geld, aber gerade in dem frühkindlichen Bereich, was die Erziehung, Bildung und Betreuung angeht, geben wir im Jahr 750 Millionen Euro aus. Damit stehen wir im Bundesvergleich sehr weit oben an der Spitze, und wir geben viel mehr Geld aus als Bayern und Baden-Württemberg, die bekanntlich reiche Länder sind.

Diese Ausgaben werden – wie Sie auch alle wissen – in den nächsten Jahren steigen. Wir haben bestimmte Maßnahmen hier schon des Öfteren diskutiert, wie zum Beispiel die Beitragsfreiheit. Uns ist es wichtig, niedrigschwellig heranzugehen – wir glauben, dass mehr Kinder in die Kitas geschickt werden, wenn die Familien keine Beiträge zahlen müssen – und den Rechtsanspruch im

letzten Jahr von fünf auf sieben Stunden anzuheben. Das letzte Jahr ist uns besonders wichtig, weil es das Jahr vor dem Schulbeginn ist.

Ich möchte noch kurz etwas zum Volksbegehren sagen: Meine Fraktion teilt die Intention des Kitavolksbegehrens. Wir verstehen die Eltern, die eine Verbesserung und bessere Bedingungen in den Kitas haben wollen. Wir verstehen es auch, wenn die Zugänge niedrigschwelliger organisiert sein sollen. Wir haben auch bereits einiges in diesem Bereich getan. Wir teilen jedoch nicht die Einschätzung, dass trotz unserer Anstrengungen die gesamten Forderungen auf einmal realisiert werden sollen. Wir sind der Auffassung, dass wir stufenweise die Qualität und die Quantität in den Kindertageseinrichtungen weiterentwickeln müssen. Bei Punkten wie der Freistellung der Leitungskräfte oder auch dem Personalschlüssel bin ich der Auffassung, dass Verbesserungen stattfinden müssen, dies aber stufenweise. Dies ist wichtig, damit wir unsere Bildungsansprüche, wie wir sie im Bildungsprogramm und im Sprachlerntagebuch formulieren, noch intensivieren.

Es gibt sicher noch weitere Punkte, die wir diskutieren werden. Hier werden wir uns mit unserem Koalitionspartner zusammentun und die inhaltlichen Dinge besprechen. Selbstverständlich werden wir uns auch mit den Eltern und den Trägern zusammensetzen und unsere Vorstellungen austauschen. Wir machen dies auf einem seriösen Weg und nicht mit solchen Schaufensteranträgen wie Sie.

Ich bin davon überzeugt, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten das Thema frühkindliche Erziehung, Bildung und Betreuung im Sinne der Kinder und Familien positiv diskutieren werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Das Wort für eine Kurzintervention hat Frau Demirbüken-Wegner von der CDU. – Bitte schön!

[Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Herr Gaebler! Wenn Sie es stört, dass ich immer wieder rede, dann sitzen Sie in diesem Haus falsch. Dann müssen Sie den Platz wechseln.

[Beifall bei der CDU – Christian Gaebler (SPD): Sie müssen mal was sagen, nicht nur reden!]

Sehr geehrte Frau Kollegin Scheeres! Folgendes: Hier hängt sich nicht die CDU-Fraktion an ein Volksbegehren. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Schauen Sie sich bitte die Protokolle der letzten zwei Jahre an! Wir haben diese Anträge im Jahre 2006 schon einmal gestellt. Da gab es noch gar kein Volksbegehren. Da haben Sie mir in diesem Raum Realitätsverweigerung und Wahrnehmungsirritation vorgeworfen. Heute werfe ich Ihnen dieses vor.

[Beifall bei der CDU]

Es geht hier nicht um eine rechtliche Ablehnung, mit der Sie die Kinder auf der Straße unterbuttern, verehrte Frau Kollegin! Hier geht es um mehr. Aber ich bin froh, dass Sie in Ihrer Rede so viele Widersprüche haben und sagen: Wir verstehen die Eltern. Wir werden eine stufenweise Verbesserung einführen. Dann zählen Sie auf: Vor- und Nachbereitung, Personalschlüsselerhöhung. – Danke, dass Sie die Anträge verstanden haben! Ich bitte Sie, sich das richtig anzuschauen und nicht ein Wirrwarrzeug zu reden.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Das Wort hat jetzt Frau Jantzen!

[Christian Gaebler (SPD): Jetzt reden Sie wirrwarr]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gaebler kann jetzt auch mal zur Ruhe kommen, denn jetzt rede ich und nicht er!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Ich finde es etwas schade, dass ich nicht erst nach der zweiten Koalitionsfraktion reden darf, da sicher auch von dort die Bekundung kommen wird, dass die Ziele des Kitavolksbegehrens geteilt werden. Dann hätte ich noch ein bisschen mehr auf die Koalition einschlagen können. Es reicht nämlich wirklich nicht, dass Sie die Ziele teilen und dies unterstützen, sondern die Eltern in dieser Stadt erwarten, dass dafür auch konkret etwas getan wird. Die 66 000 Menschen, die das unterschrieben haben, und die vielen, die das nicht unterschrieben haben, aber trotzdem der Meinung sind, dass der Senat das Volksbegehren nicht für unzulässig hätte erklären sollen, haben ganz klar die Priorität auf den Ausbau der Qualität der frühkindlichen Bildung gesetzt.

Das trifft dann die Ziele der Anträge der CDU, nämlich eine Verbesserung der Leitungsfreistellung, damit tatsächlich auch Elternarbeit einbezogen wird. Es betrifft die Verbesserung des Personalschlüssels, damit mehr Zeit vorhanden ist, um Kinder intensiv zufördern, damit das Sprachlerntagebuch in seinem Umfang auch ausgefüllt werden kann. Dafür hat sich die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner eindeutig entschieden. Das würde für mich bedeuten, dass Sie von der Koalition sich ernsthaft darüber Gedanken machen, ob Sie die 110 Millionen Euro, die Sie in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung haben – da habe ich die Papiere der Koalition gelesen –, in die Hand nehmen, um eine Verbesserung im Personalschlüssel, in der Qualität der Kitas zu erreichen und dadurch die Bildungschancen der Kinder nachdrücklich zu verbessern.

[Beifall bei den Grünen]

Aber auch mit den Anträgen der CDU, wie sie vorliegen, kann man nicht so ganz zufrieden sein. Frau Demirbüken

Wegner! Gut gemeint ist nicht immer gleich gut gemacht! Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir unterstützen die Ziele, die Sie darin nennen nachdrücklich, insbesondere den besseren Zugang, sprich: den Teilzeitplatz ab drei Jahren ohne Bedarfsprüfung. Dazu gibt es bereits einen Gesetzesänderungsvorschlag von den Grünen: Kitagutschein drei plus. Frau Demirbüken-Wegner! Sie fallen mit diesem Antrag hinter das zurück, was Sie selbst beantragt haben, nämlich den Rechtsanspruch für Kinder unter drei Jahren. Das finde ich etwas schade. Wir sollten nicht hinter das zurückgehen, was wir hier schon einmal eingebracht haben.

Wir sind für die bessere Erzieher-Kinder-Relation. Wir sind für die Anerkennung von Vor- und Nachbereitung, Zeiten für die Fortbildung und – wie vorhin schon angedeutet – für die Verbesserung der Freistellung für die Leitungsaufgaben. Das ist dringend nötig, um Kinder so früh und so gut wie möglich zu fördern und Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen und damit Bildungsgerechtigkeit gerade für Kinde aus sozial benachteiligten Verhältnissen in dieser Stadt endlich herzustellen.

Das Ziel, das der Senat und auch die Koalition immer vor sich hertragen, dass wir Kinder früher und besser fördern wollen, dass das Bildungsprogramm umgesetzt wird, dass die Sprache frühzeitig gefördert wird, ist in der Tat nur erreichbar, wenn die Qualität und die Personalausstattung entscheidend verbessert werden. Das ist auch das Ziel des LEAK-Volksbegehrens „Kitakinder und Bildung von Anfang gleich Gewinn für Berlin“. Dass die Forderung von einer großen Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner unterstützt wird, zeigt, dass die Menschen in dieser Stadt begriffen haben, dass die Zukunft für unsere Gesellschaft, für uns insgesamt bei unseren Kindern liegt. Das heißt aber auch eindeutig, dass wir Kindern eine Chance geben müssen, damit sie eine gute Zukunft haben. Das heißt also, in frühe Bildung investieren, frühe individuelle Förderung ermöglichen, Bildungschancen für Kinder verbessern und ihnen damit den Weg ebnen für eine bessere Ausbildung in der Schule, damit sie ihren Lebensweg insgesamt eigenständig und besser gestalten können, als es vielen Jugendlichen heutzutage möglich ist.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Emine Demirbüken-Wegner (CDU)]

Wir bedauern sehr, dass der Senat das Volksbegehren für unzulässig erklärt hat. Die Begründung, es sei ein Eingriff in das Budgetrecht dieses Hauses, halte ich zumindest für nicht nachvollziehbar.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Emine Demirbüken-Wegner (CDU)]

Der Verfassungsgerichtshof wird jetzt entscheiden, ob das Volksbegehren zulässig ist oder nicht.

Ich, meine Damen und Herren, schlage vor, da sich ja alle hier im Haus fachlich einig sind und alle es wieder bekräftigen werden, dass das Parlament den Gesetzesvorschlag des Volksbegehrens übernimmt und wir gemeinsam danach suchen, wie wir es finanzieren können. Einen

Vorschlag, wie man die Prioritäten anders setzen kann, habe ich bereits gemacht. Ich fordere die CDU und die SPD im Bund nachdrücklich auf, im Rahmen des Bildungsgipfels die Forderung, die Herr Beck und jetzt noch einmal Herrn Steinbrück gestellt haben, dass alle Kitas kostenfrei werden sollen

Ihr Schlusssatz, bitte!

Gut, der Schlusssatz! – Ich fordere Sie auf, dass Sie sich auf dieser Ebene dafür einsetzen, dass die Mitfinanzierung des Bundes für die Kostenfreistellung der Eltern kommt. Damit wären wir alle zufrieden, wir hätten die kostenfreie Kita, und wir hätten eine bessere Personalausstattung und damit eine bessere frühe Förderung. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Emine Demirbüken-Wegner (CDU)]

Danke schön! – Das Wort für die Linksfraktion hat die Abgeordnete Frau Dr. Barth. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt und heute geht es um das Antragspaket der CDU-Fraktion.

[Ach! von der CDU]

Dieses Antragspaket finde ich sehr beachtlich. Eine meiner Vorrednerinnen hat es schon gesagt: Die CDUFraktion fand Gefallen am Volksbegehren Kita, finden wir auch.

[Zuruf von Emine Demirbüken-Wegner (CDU)]