Protocol of the Session on September 25, 2008

Nein, das, was Frau Seelig am Beispiel des Stellenpools ausgeführt hat, ist tatsächlich Realität. Sie hat, zwar in der üblichen Art, dass man über den politischen Mitbewerber herzieht, aber einen wahren Satz gesagt. Sie hat gesagt, beim Stellenpool brauche man eine bessere Qualifizierung, eine passgenauere Vermittlung, da müsse man nachsteuern. – Das sind alles keine Beweise dafür, dass die Sache mit dem Stellenpool optimal läuft, sondern eher dafür, dass dort so gut wie nichts klappt.

Wir haben das vorausgesehen. Die CDU hatte einen eigenen Gesetzentwurf zur Organisation des Stellenpools eingebracht. Das ist natürlich in rot-roter Arroganz abgelehnt worden. Aber die Beispiele, die anschließend öffentlich über Monate Probleme bereiteten, sind legendär: 24 Stellen für die Jugendhilfe – ein monatelanges Gezerre. Bei damals rund 5 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Stellenpool ist in den Bezirken nichts angekommen.

72 Stellen bei den Ordnungsämtern, die zusätzlich aus dem Stellenpool besetzt werden sollten: Das ist bis heute noch nicht komplett in den Bezirken angekommen. Außeneinstellungen werden so gut wie nicht vorgenommen, und das bei inzwischen reduzierten mehr als 3 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Stellenpool!

Das Problem sind nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort, sondern die Organisation des Stellenpools, die mangelhafte Vorbereitung auf diese Diensteinsätze. Damit haben wir ganz klar ein Versagen des Senats an diesem einen Beispiel zu beklagen. An den anderen Punkten lässt es sich fortsetzen.

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Gaebler für eine Redezeit von drei Minuten. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Goetze! Es ist schon eine seltsame Feststellung zu sagen, eine Personalpolitik des Senats gebe es nicht, weil die Gewerkschaften protestierten. Das würde heißen, dass die Gewerkschaften, sobald es irgendeine Personalpolitik gibt, immer begeistert zustimmen würden.

[Beifall von Burgunde Grosse (SPD) und Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

Das haben sie in der Vergangenheit nicht getan, das werden sie in der Zukunft nicht machen, das können sie als Gewerkschaftler auch gar nicht. Das zeigt, wie flach Ihre Argumentationsbasis ist, die Sie, Herr Goetze, ins Plenum bringen.

[Uwe Goetze (CDU): Sie verstehen es bloß nicht! Sie haben ein intellektuelles Problem!]

Da helfen Ihre Zwischenrufe auch nicht. – Es gibt an dieser Stelle naturgemäß unterschiedliche Interessenslagen zwischen der Arbeitnehmervertretung und dem Senat als Arbeitgeber. Das ist in unserem Wirtschaftssystem so angelegt. Dafür gibt es bestimmte Freiheiten in der Verhandlung, in die sich übrigens die Politik nur begrenzt mit wohlfeilen Zusagen einmischen sollte, lieber Herr Goetze und lieber Herr Henkel!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Uwe Doering (Linksfraktion): Bravo!]

Genau das muss einmal ausgetragen werden. Das gehört zu unserem demokratischen System. Wenn Sie sagen, wenn so etwas passiere, könne der Senat nicht richtig arbeiten, dann ziehen Sie da einen deutlichen Fehlschluss. Das, was Sie hier machen, was Herr Henkel in seiner Rede angedeutet hat und was Sie indirekt noch einmal einfordern, das ist tatsächlich das alte Lied: Allen Wohl und niemand Weh – die Partei mit dem großen C. Die Partei mit dem großen C, die dieses Land an den Rand des Abgrunds gebracht hat, damals mit ihrem Fraktionsvorsitzenden Landowsky.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Genau dieses Spiel führen Sie wieder auf: Allen Wohl und niemand Weh. Sagen Sie doch einmal die Wahrheit! Sie stellen sich zusammen mit den Grünen hin und sagen: Dieser Senat gibt mehr Geld aus, als er eigentlich in der neuen Finanzplanung vorgesehen hat. Gleichzeitig gehen Sie zu den Gewerkschaften und sagen: Wir würden gern euch allen viel mehr Geld geben; leider macht das dieser böse Senat nicht. – Das ist wirklich absurd. Und so, lieber Herr Kollege Henkel, treten Sie in sehr große Fußstapfen. Aber ob es die richtigen sind, daran würde ich ein großes Fragezeichen machen. Ich würde Sie eher davor warnen. Machen Sie nicht die gleichen Fehler wie Ihr Vorgänger, sonst landen Sie auch genau da, wo der gelandet ist, nämlich im Abseits, im Nichts, in der Versenkung.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Deshalb ist es richtig, das Problem sind nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Die machen eine gute und engagierte Arbeit. Das Problem ist zum einen, dass es bei den Gewerkschaftsvertretern an vielen Punkten keine klare Verhandlungsfähigkeit gibt, dass sich die Gewerkschaften untereinander nicht einig sind und dass sie nicht kompromissfähig sind. Das andere sind solche populistischen, bigotten Erklärungen, wie Sie sie hier abgeben. Das macht die Arbeit an der Stelle auch nicht leichter. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Das Wort für die Fraktion der Grünen hat der Kollege Schruoffeneger. – Eine Minute, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Körting hat sehr launisch und unseriös versucht, unsere Beiträge zusammenzufassen.

[Carola Bluhm (Linksfraktion): Ich fand es sehr interessant! ]

Das mag ja nett gewesen sein.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Erhellend!]

Die Frage ist nur, Herr Körting: Wo ist Ihre Antwort? Wie gehen Sie denn konkret damit um, dass wir in einzelnen Bereichen aufgrund der Altersstruktur eine Ausscheidensrate von über 50 Prozent in den nächsten fünf Jahren haben werden? Wie sichern Sie da die Arbeitsfähigkeit?

Unser Vorschlag ist: Einstellungskorridor für jüngere Mitarbeiter, die darauf vorbereitet werden und nicht unvorbereitet ins kalte Wasser springen müssen. Sie machen sich darüber lustig; das ist ja ganz nett, aber das löst das Problem nicht. Und das war das Manko Ihrer Rede, dass Sie in der Vergangenheit verblieben sind, dass Sie aber nach vorne guckend nicht sonderlich konstruktiv gewesen sind.

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Und Frau Seelig, ein Wort: Was soll’s? Wir streiten doch nicht darüber, ob es im Land Berlin Personalabbau geben muss oder nicht. Auch Sie haben den in fünfstelligen Größenordnungen akzeptiert. Aber Sie tun nach außen so, als ob es keine Notwendigkeit gäbe, weiter darüber zu diskutieren und weiter umzustrukturieren. Sie setzen eine Symbolik: „Damit ist alles getan, und es muss sich nichts mehr tun.“ – Diese Symbolik ist falsch, und das wissen Sie. Sie handeln auch an einzelnen Punkten anders. Aber nach außen hin fordern Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu der grundfalschen Haltung und Einstellung auf. Das ist ein Problem.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank! – Das Wort für die Linksfraktion hat der Abgeordnete Wechselberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Herr Körting aufgezählt hat, was die Grünen so gesagt haben, da hat er einen Punkt nicht genannt, Ihre Forderung, 20 000 Stellen im öffentlichen Dienst über das Niveau hinaus, das wir im Moment erreicht haben, abzubauen. Das ist

etwas, was Ihnen die Öffentlichkeit und auch wir so nicht mehr abnehmen. Der öffentliche Dienst im Land Berlin ist kein Steinbruch, in dem man sich nach Belieben bedienen kann. Denn es geht um öffentliche Leistungen für die Stadt und für die Menschen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Und wenn Sie in dieser Größenordnung weiteren Personalabbau propagieren, handeln Sie vollkommen unverantwortlich. Es geht eben nicht mehr, den Menschen nicht zu sagen, was das heißt und wo öffentliche Leistungen abgebaut werden, wenn man noch mal ein Fünftel an Personal aus dem öffentlichen Dienst nimmt. Da reden wir dann nämlich zwingend über die Mehrausstattung, die das Land Berlin im Übrigen politisch gewollt hat, beispielsweise im Lehrerbereich oder dort, wo wir sie brauchen, im Bereich der Polizei. Kommen Sie uns nicht mit dem Jäger 90, der Personalwirtschaft, dem Landesschulamt und den bauenden Bereichen von Frau Junge-Reyer! Das ist ja wohl ein Witz, wenn Sie uns erzählen, Sie wollen da das Personal holen. Das ist ein Witz! Sie sagen, 1 000 Stellen sind allein im Landesschulamt abzubauen, ich sage Ihnen: Damit kommen Sie ganz bestimmt nicht hin.

[Volker Ratzmann (Grüne): Welche wollen Sie denn abbauen?]

20 000 Stellen im öffentlichen Dienst, das reicht in Bereiche, die nicht die allgemeine Bürokratie sind, sondern die die Menschen richtig massiv merken. Das finde ich unverantwortlich an dieser Stelle.

[Volker Ratzmann (Grüne): Quatsch!]

Und dann gibt es manche in der Stadt, die einen Keil in die rot-rote Koalition treiben wollen und sich nicht die Mühe machen, wenigstens einmal die Koalitionsvereinbarung und die Finanzplanung zu lesen. Wir haben genau das getan, was Herr Körting gesagt hat, nämlich eine strukturierte Personalplanung, die in einer Eckzahl mündet. Diese Eckzahl lautet 100 000. Und wo der Dissens liegen soll, wenn der Wirtschaftssenator darauf hinweist, dass der Senat, die Koalition sich auf diese Eckzahl 100 000 verständigt haben, müsste man mir bei Gelegenheit noch einmal erklären.

Wir haben als rot-rote Koalition in den vergangenen Jahren eine beispiellose finanz- und personalwirtschaftliche Leistung erbracht, indem wir über 50 000 Stellen im öffentlichen Dienst eingespart haben. Das entspricht 1 Milliarde Euro. Wir haben es nicht nötig, uns von wem auch immer darüber belehren zu lassen, wie man vernünftig und effizient mit Personalressourcen in diesem Land umgeht. Aber wir sagen auch: Bis hierhin und nicht weiter! Nein, der öffentliche Dienst ist kein Steinbruch, keine Baustelle, woraus man sich nach Belieben bedienen kann. Wer Personalabbau machen will, der soll gefälligst die Traute haben zu sagen, wo, und nicht einfach die Bürokratie an die Wand malen und den Bürgern verheimlichen, auf welche Leistungen sie in Zukunft verzichten sollen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Das Wort zu einer Kurzintervention hat Herr Esser von den Grünen.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Die Hauptausschussdebatte von gestern fortsetzen!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werter Herr Wechselberg! Ich habe wirklich darauf gewartet, dass diese unsachliche Rede gehalten wird. Ich glaube nicht, dass sie die Tonart vorgeben wird, in der wir die zukünftige Haushalts- und Personalwirtschaftsdiskussion in diesem Haus führen werden. Was haben die Grünen gesagt? – Die Grünen haben erstens gesagt, dass Ihr Finanzsenator völlig richtig rechnet, wenn er feststellt, dass wir ungefähr 20 000 Vollzeitbeschäftigte mehr als Hamburg an Bord haben,

[Uwe Doering (Linksfraktion): Au weia!]

davon 5 000 im Stellenpool bereits heute von Ihnen als nicht dauerhaft benötigt identifiziert und etwa 15 000 auf regulären Planstellen. Das ist einfach ein Fakt, über den gar keiner streiten kann. Der kostet uns 800 Millionen Euro. Diese 800 Millionen Euro haben Sie für andere Aufgaben nicht. Und Sie schlagen vor, die bei Sozialprojekten, Jugendprojekten, Kulturinstitutionen und bei den Universitäten einzusparen. Und auch da sitzen Menschen, die arbeiten, die dann ihre Arbeitsplätze verlieren. Auch da werden Bürgerleistungen erbracht, die dann nicht mehr stattfinden. Wir haben zu diesem Punkt gesagt: Da brauchen wir eine andere Balance; wir müssen diese Dinge in Ruhe und ideologiefrei diskutieren – von der Universität bis zum öffentlichen Dienst. Es kann keine Debatte der Art geben: Den öffentlichen Dienst rüsten wir auf, alles andere rüsten wir ab. Und das sei dann auch noch eine soziale Großtat. Den Eindruck haben Sie zu vermitteln versucht. [Beifall bei den Grünen]

Und dann haben wir Ihnen noch etwas gesagt. Anders als Ihr Parteimitglied, der Bürgermeister Wolf, der da sitzt, kann man diese 20 000 Stellen Ausstattungsvorsprung und die 800 Millionen Euro Kosten, die dafür im Haushalt reserviert sind, im Haushaltsnotlageland Berlin nicht ignorieren. Wenn Sie heute die „Morgenpost“ aufgeschlagen haben, werden Sie bemerkt haben, dass wir dort dahin gehend zitiert werden, das haben Sie wohl auch gestern gehört, weil Sie dabei waren, dass wir nicht sagen, man muss Hamburg eins zu eins umsetzen. Da ist vielleicht in Berlin manches ganz anders zu sehen – wobei es z. B. bei der Lehrerausstattung bei uns nicht besser ist als bei denen, das ist deswegen auch kein Sparschwein. Aber Tatsachen ignorieren und die Debatte verweigern, mit dieser Primitivnummer, Herr Wechselberg, wie Sie sie versucht haben, das kann man nicht. Das ist zum Schaden der Stadt, und das betrügt die Menschen.

[Beifall bei den Grünen]

Das Wort zur Erwiderung hat Herr Wechselberg.

Mit Verlaub, Herr Präsident! – Herr Kollege Esser! Da haben Sie eine neue Benchmark in punkto Sachlichkeit etabliert, das muss ich nach dieser Rede sagen.

[Volker Ratzmann (Grüne): Der kann das eben!]

Das war ja ganz fein. Also, sich so hinzustellen, wie Sie das tun, und mal eben in die Öffentlichkeit hinein zu lamentieren, dass da noch 800 Millionen Euro und 20 000 Stellen liegen, ohne dass Sie sich die Mühe machen zu sagen, an welcher Stelle Sie die heben wollen,

[Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

das muss man sich selbst als Oppositionsfraktion zweimal überlegen. So billig, auf diese tumbe Tour kann man es sich in diesem Land nicht mehr erlauben.