Protocol of the Session on September 11, 2008

Dann fahren Sie bitte fort!

Ich gestatte überhaupt keine Zwischenfragen, um das gleich zu Beginn gesagt zu haben. – 1995 war die Deutschlandhalle auch die Spielstätte des BasketballEuropapokalsiegs von Alba Berlin.

[Michael Schäfer (Grüne): Schreiben Sie Ihre Reden bei Wikipedia ab?]

Als die Stadt geteilt war, war sie Westberlins größte Konzerthalle. Es spielten hier u. a. die Rolling Stones, The Who, Queen und Jimi Hendrix. David Bowie hatte in dem Film „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ einen Auftritt in der Deutschlandhalle.

[Michael Schäfer (Grüne): Die Rede können Sie sich sparen! – Zurufe von der FDP]

Ich selbst hatte nach dem Mauerfall das Vergnügen, hier u. a. bei den Toten Hosen, bei Katarina Witt und Depeche Mode Zuschauer zu sein.

[Beifall bei der FDP]

Besonders gern erinnere ich mich an den Auftritt von Rio Reiser, der bekanntlich Mitglied der PDS war und das Konzert bei der Abschlusskundgebung des PDS-Bundestagswahlkampfs 1990 in der Deutschlandhalle gab.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Aber – Herr Jahnke hat es angesprochen – in manchen Fragen sind weder Ostalgie noch Westalgie, sondern Entscheidungen gefragt. Deshalb war es richtig, dass der Senat nach der nur noch übergangsweisen Nutzung der Deutschlandhalle für den Eissport eine Entscheidung getroffen hat. Die bestehenden Mängel insbesondere im

Dachbereich erforderten eine verantwortungsvolle Abwägung der Risiken. Wenn Herr Statzkowski sagt, es sei alles nicht so schlimm, denn es fielen ja nur einige Platten herunter, so möchte ich daran erinnern, dass die inzwischen komplett abgerissene Eislaufhalle in Bad Reichenhall im Januar 2006 15 Menschen unter sich begraben hat.

Zudem ist die Deutschlandhalle auch wegen der enormen Betriebskosten weder für den Eissport noch für Messezwecke wirtschaftlich zu betreiben. Nach wie vor – das ist bereits ausgeführt worden – hat der Standort der Deutschlandhalle eine hohe Priorität für eine Flächenerweiterung der Messe. Für den Eissport herrscht keine Gefahr – das ist ebenfalls bereits deutlich gemacht worden –, da mit dem Bau einer neuen Halle im Herbst 2009 bzw. Anfang 2010 begonnen werden soll.

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Zum Denkmalschutz hat Harald Wolf das Notwendige gesagt. Es ist möglich, eine denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung zu erteilen. Genau genommen ist sie sogar zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes dem nicht entgegenstehen oder – und das ist hier der Fall – ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt. Weil das so ist, tragen die Koalitionsfraktionen gleichermaßen die beiden in der entsprechenden Senatssitzung getroffenen Entscheidungen mit – d. h. sowohl den wirtschaftlich sinnvollen Abriss der Deutschlandhalle als auch die stadtentwicklungspolitisch gewünschte, wenn auch finanzpolitisch fragwürdige Sanierung des ICC –, die jedoch sachlich nicht zusammenhängen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Nunmehr hat Kollege Weingartner von der Fraktion der FDP das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Fragesteller! Die FDP bedankt sich für die mündliche Beantwortung der Großen Anfrage der CDU vom 18. Juni 2008, die sich weitgehend mit der Fragestellung der FDP deckt, die am 10. Juni als Kleine Anfrage gestellt wurde und inzwischen schon längst beantwortet ist. Kleiner ist halt manchmal besser als größer – weil schneller.

[Beifall bei der FDP]

Herzlichen Dank auch an Herrn Liebich, der uns zur Deutschlandhalle einen Artikel von Wikipedia aus dem Internet verlesen hat – offenbar für die Kollegen, die sich diesen Artikel vorher nicht schon selbst ansehen konnten!

[Heiterkeit – Beifall bei der FDP und der CDU – Christoph Meyer (FDP): Peinlich, Herr Liebich!]

An den Antworten von Herrn Wolf ist interessant, dass der rote Faden der Konzeptlosigkeit und Beliebigkeit, was die Deutschlandhalle betrifft, deutlich zu erkennen ist. Diese Konzeptlosigkeit setzt sich bis in die Gegenwart fort. Herr Wolf! Sie beklagen, dass sich zehn Jahre lang in der Angelegenheit der Deutschlandhalle nichts getan hat, nach dem Motto: Die Mieter haben Schuld, wenn sie nicht kommen, und nicht der Vermieter, der sein Gebäude nicht instand hält, sodass es eine Nachfrage dafür gibt!

Ihre Antwort, dass eine wirtschaftliche Nutzung der Halle weder für die Messe noch für Eissportzwecke möglich ist, ist zwar eine Begründung. Sie erinnert aber ein wenig an die frühe Senatsargumentation zur Schließung des Flughafens Tempelhof. Dort war anfänglich auch argumentiert worden, er müsse geschlossen werden, weil er angeblich jährlich einen Verlust von 10 Millionen Euro erwirtschafte. Das sei nicht hinnehmbar, aber unveränderbar. Bis dann Investoren kamen, die das Gegenteil vorrechneten! Aber auch das hat nur dazu geführt, die Begründung zur Schließung auf andere Scheinargumente zu lenken.

Sie haben vorgetragen, dass zerschlissene Dachbereiche der Grund dafür sein sollen, die Deutschlandhalle zu schließen. Aber wenn denn zerschlissene Dachbereiche stets dazu führen würden, ein Bauwerk zu beseitigen, hätten wir unzählige Baulücken in Berlin. Wenn dann in diesen Fällen noch wie im vorliegenden Fall ein völliges Desinteresse an der Instandsetzung, der Modernisierung oder der Neubespielung der durch Abriss freigewordenen Hallen hinzukäme, hätten wir in Berlin Baulücke auf Baulücke.

[Beifall bei der FDP]

Herr Wolf! Marode Dächer, auch von denkmalgeschützten Gebäuden, lassen sich durchaus wiederherstellen – ähnlich wie ein denkmalgeschützter Theatersaal von 1955. Gebäude mit hohen Betriebskosten lassen sich umrüsten, sodass diese erheblich reduziert werden. Scheinbar gibt es aber in dieser Stadt erhaltenswerte denkmalgeschützte Bausubstanz – egal, ob nutzungsgerecht oder nicht – und eine denkmalgeschützte Bausubstanz, wo der Erhalt eher nicht von so großem Interesse zu sein scheint.

Die Abrissentscheidung trotz der in der Beantwortung der Kleinen Anfrage – Drucksache 16/12240 – zum Ausdruck gekommenen Bedenken des Denkmalschutzes hinsichtlich des Abrisses hinterlässt einen fahlen Nachgeschmack, und zwar insbesondere dann, wenn bis zum Abrissbeschluss und dem heutigen Tage keinerlei Bemühungen bekannt geworden sind, dieses Denkmal Berlins irgendeiner Nutzung unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes zuzuführen. So weit die Kritik zu diesem Punkt!

Der sofortige Abriss und damit die Unmöglichkeit, weiterhin bis zur Fertigstellung des Neubaus einer Ersatzhalle in der Deutschlandhalle wenigstens Eissport zu betreiben, ist schon eine bemerkenswerte Entscheidung, zumal die Halle bereits früher einmal – das ist schon gesagt worden – wegen der Bedenken hinsichtlich des Daches geschlossen, dann aber 2006 saniert und wieder zum Betrieb zuge

lassen wurde. Entweder ist das Dach marode oder nicht. So sind an den Schließungsbegründungen auch hier wie beim Flughafen Tempelhof Zweifel angebracht. Wenn jetzt 2009 als Schließungsjahr für die Deutschlandhalle in das Gespräch gebracht wird, kommen noch mehr Zweifel an der Behauptung des maroden Zustandes der Deutschlandhalle oder Zweifel am Verantwortungsbewusstsein der Entscheidungsträger auf.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

In jedem Fall war spätestens 2005 klar, dass ein Ersatzstandort für den Eissport notwendig werden würde oder die Halle in einen gebrauchsfähigen Zustand zu versetzen ist. Erst jetzt – Jahre später – gibt es Versprechungen für Ersatzstandorte und den Ersatzbau. Dieser lange, zähe Entscheidungsprozess ist seiner Länge wegen zu kritisieren. Sicher ließe sich ein Bestandskonzept entwickeln und realisieren, wenn die im Gutachten von 2007 veranschlagten Beträge für den Abriss der Halle in Höhe von 4,5 Millionen Euro plus der 100 Prozent, die bei Senatsbauvorhaben zusätzlich einkalkuliert werden können und müssen, im Denkmalschutzsinne eingesetzt würden. Das gilt insbesondere für den Fall einer Einbindung von PPP – Public Private Partnership – oder ÖPP – Öffentlich-private Partnerschaften – mit einer Aufgabenteilung zur Entlastung der Haushaltskasse. Aber auch das lehnt der Senat mit seinem Konzept: „Berlin ist arm, aber sexy“ ab. Hier fordern wir einen kompletten geistigen Wandel ein.

Das formulierte Zeitfenster für die Neuerrichtung der Ersatzhalle von 2009 oder 2010 – wer weiß das schon – bis 2011 lässt nicht unbedingt den Schluss zu, dass auch tatsächlich bis zum Ende dieses Zeitfensters Ersatzflächen geschaffen werden, um den Ausfall von Eissportveranstaltungen zu verhindern. Da ist sicherlich mit Fakten noch reichlich Überzeugungsarbeit zu leisten oder der Zeitpunkt des Abrisses bis zur Eröffnung der neuen Halle hinauszuschieben. Ein Abrisszeitpunkt ohne einen konkreten, am Bedarf orientierten Ersatz von Eissportflächen ist für die Liberalen nicht hinnehmbar. Nicht nur vage Versprechungen, sondern Festlegungen sind hierbei gefragt. Nun soll es zwar angeblich eine Zwischenlösung für die betroffenen Eissportler geben, aber ob diese Lösung letztendlich viel günstiger zu haben ist als ein Weiterbetrieb in einer modernisierten Halle wäre vom Senat noch fundiert zu belegen.

In Punkt 4 der Beantwortung der bereits erwähnten Kleinen Anfrage wird sehr schön begründet, wie sich der Eigentümer einer denkmalgeschützten Immobilie zu verhalten hat. Er hat sie zu erhalten, wenn die Kosten der Sanierung durch seine Nutzung erwirtschaftet werden könnten. Hier setzt wieder die vorher geäußerte Kritik Ihrer Politik an, es unterlassen zu haben und noch immer zu unterlassen, eine Nutzung zu finden, die eine dem Denkmalgedanken gerechte Handlungsweise zulassen würde.

Sie fahren hier eine ähnliche Strategie und Handlungsweise wie vorher wie bei dem bereits erwähnten Flughafen Tempelhof. Erst wird wirtschaftlich ruiniert und dann beseitigt. Der Erfolg ist da. Das ist heute Abend bereits

schon mehrfach gesagt worden. Berlin hat es geschafft, endlich am Ende aller Bundesländer angekommen zu sein, was die wirtschaftliche Entwicklung betrifft. Das ist Strukturpolitik, wie wir sie nicht brauchen, Herr Wowereit und Kollegen.

[Beifall bei der FDP]

Nun komme ich zur Beantwortung der letzten Frage des Katalogs der CDU. Als Antwort wurde genannt, dass es kein Flächenkonzept, keine Bedarfsanalyse, keine Finanzierung – die letzte, BBI, geht gerade so ein wenig dahin –, keine Absprache mit der Messe und keine Nutzungsabsprache mit dem Bezirk gibt. An der Messe wird offensichtlich aber doch noch ein neues Hotel gebraucht. Wenn ein neues Hotel gebraucht würde, wie es jetzt am Hammarskjöldplatz in der Planung ist, stellt sich die Frage, ob diesbezüglich der Standort Deutschlandhalle qualifiziert abgeprüft wurde, ob sich das Hotelprojekt vielleicht dort hätte zeitgerecht realisieren lassen. Fiele das Ergebnis positiv aus, hätte das denkmalgeschützte Ensemble am Hammarskjöldplatz vorerst unangetastet bleiben können. Durch den geplanten Abriss wären die Flächen in einem Konzept wiederzufinden. Die Messe müsste sich nicht länger zieren. Flächen anzufordern, die sie wahrscheinlich oder vielleicht gar nicht benötigt. Alles hängt mit allem zusammen.

Ist die Messe der Auffassung, dass gerade in Berlin ein Mehr an Ausstellungsfläche an diesem Standort notwendig ist? Es gibt gerade die Diskussion in Deutschland, die sich mit dem Überhang an Ausstellungs- und Messeflächen beschäftigt. Deutschlandweit sind demnach bis zu einem Drittel der gesamten Messeflächen als Überkapazitäten anzusehen. Bekannt gemacht sind im Jahr drei bis vier Messeveranstaltungen. Herr Wolf, Sie haben es selbst als Begründung erwähnt, weshalb vielleicht die Vergrößerung der Messefläche notwendig sein könnte. Aber auch hier gibt es kein entschlossenes Konzept über die Finanzierung und eine Mitteilung darüber. Es gibt wieder nur ein windelweiches Herumargumentieren, man könnte daran denken. Es sei denkbar, dass man die Flächen eventuell benötigen könnte. Gibt es möglicherweise ein geheimes Messekonzept des Senats, das noch in den Schubladen liegt, den Messestandort Berlin richtig aufzupolieren? Irgendetwas muss sich der Senat doch bei seinen Beschlüssen denken.

Ihre Antworten aus unserer Sicht: Abrissentscheidung ja, unterbrechungsfreier Eissport vielleicht, Abrissbeginn der Halle zu früh, Nutzen für Berlin gleich null, Nutzen für den Sport vorerst auch null, Nutzen für die Messe ohnehin null, geplante Veräußerung der Abrissflächen nein, Flächenkonzept auch nein, Nutzen für die Landeskasse auch nein. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Weingartner! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Große Anfrage ist damit begründet, beantwortet und besprochen worden.

Die Große Anfrage unter der lfd. Nr. 20 steht auf der Konsensliste. Die Große Anfrage unter der lfd. Nr. 21 war Priorität der Fraktion der FDP unter dem Tagesordnungspunkt 4 e. Die lfd. Nrn. 22 bis 25 stehen ebenfalls auf der Konsensliste.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 26:

Beschlussempfehlungen

Erhalt des Baerwaldbades

Beschlussempfehlungen Sport und Haupt Drs 16/1651 Antrag der CDU Drs 16/1139

Eine Beratung hierzu ist nicht vorgesehen. Die Ausschüsse empfehlen mehrheitlich gegen CDU und Grüne bei Enthaltung der FDP die Ablehnung auch mit Änderung. Wer dem Ursprungsantrag der CDU Drucksache 16/1139 jedoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die CDU und die Grünen. Danke schön. Die Gegenprobe! – Das sind SPD und Linksfraktion. Das ist die Mehrheit. Dann ist der Antrag damit abgelehnt. Die FDP enthält sich.

Die lfd. Nr. 27 steht mit beiden Beschlussempfehlungen auf der Konsensliste.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 28:

Beschlussempfehlungen