Protocol of the Session on July 10, 2008

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schulze! – Das Wort für eine Kurzintervention hat Frau Pop.

Der Virus, Herr Brauer, der in der Luft liegt, ist der, dass Sie mit Ihren Aussagen provozieren. Ich möchte zu der allgemeinen Debatte wenig sagen, obwohl ich es peinlich finde, dass die Parteien, die landauf, landab ziehen mit der Parole, Menschen, die arm trotz Arbeit sind, müssen bessergestellt werden, es ablehnen, den Sozialpass auf genau diese Gruppe auszudehnen. Peinlich, peinlich, peinlich!

[Beifall bei den Grünen]

Aber ich stehe hier vorne eigentlich in meiner Rolle als Haushälterin der Grünen-Fraktion und will Ihnen zwei Dinge sagen, weil Sie plötzlich anfangen, die Haushaltsstrenge zu entdecken und sagen, das sei alles gar nicht finanzierbar, was wir in unserem Antrag fordern.

Ad 1: Wenn Sie mal in den Haushalt geschaut hätten, Frau Radziwill, Frau Schulze, hätten Sie festgestellt, dass der Sozialpass eigentlich gar nichts kostet außer der Pappe, auf der er gedruckt wird, weil Sie nur Ermäßigungen bündeln zu einem Sozialpass und dafür kein Geld ausgeben werden. Da ist die Ausweitung der Personengruppe genauso teuer oder genauso billig, nämlich gar nicht.

Ad 2: Auch wenn er Geld kosten würde: Sie wollen die Vergünstigungen für rund 600 000 Menschen ausgeben, das sind all diejenigen, die in dieser Stadt von Alg II leben. Unsere Ausweitung betrifft rund 30 000 Menschen, die den Kinderzuschlag erhalten, und eventuell ein paar Zehntausende Azubis. Wenn man sich diese beiden Dinge anschaut, kann ich Ihnen nur sagen: Rechnen können Sie offensichtlich wirklich nicht. Erstens kostet es nichts, und

zweitens, wenn es etwas kosten würde mit der Ausweitung der Personengruppe, wäre das nichts, was diesen Haushalt ruinieren würde.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Frau Pop! – Der Abgeordnete Lehmann von der FDP-Fraktion hat das Wort – bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen! Ihr Anliegen, Geringverdienern die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erleichtern, ist nachvollziehbar. Sie setzen aber am falschen Hebel an. Ob aber allein eine Ausweitung des Sozialpasses auf mehr Anspruchsberechtigte die Lösung ist, bezweifle ich. Sie wissen, dass meine Fraktion die Einführung des Sozialpasses kritisch sieht. Ich möchte Ihnen erklären, was die Gründe hierfür sind.

Die Einführung des Sozialpasses verhilft Einkommensschwachen zu mehr Teilhabe am öffentlichen Leben. Die Frage ist nur, zu welchem Preis.

[Beifall bei der FDP]

Letztlich müssen all diese Vergünstigungen in irgendeiner Form ausgeglichen werden, egal, ob das über Steuern oder die anderen Gebührenzahler vorgenommen wird. Auch Geringverdiener und erwerbstätige mit großen Familien müssen hierfür mit zahlen.

[Beifall bei der FDP]

Somit sorgt ein Sozialpass mehr für soziale Ungerechtigkeit als für einen wirklichen Ausgleich von Benachteiligungen im gesellschaftlichen Leben. Denn Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen erhalten bereits zahlreiche Vergünstigungen wie das Sozialticket, das Drei-Euro-Ticket für die Oper, die Befreiung von der Zahlung der GEZ-Gebühren oder den Sozialtarif bei der Telekom. Diese Vergünstigungen aber stehen vielen Gering- oder Alleinverdienern, gerade mit Kindern, nicht zu, und viele von ihnen liegen mit ihrem Netto kaum über der Arbeitslosengeld-II-Schwelle oder den Einkommensgrenzen für das Wohngeld oder den Kinderzuschlag.

All diese Vergünstigungen für Transferleistungsbezieherinnen und -bezieher eingerechnet bleibt für viele, die arbeiten, unter dem Strich sogar weniger für die Teilhabe am öffentlichen Leben übrig. Gerade Familien mit nur einem Verdiener können sich Oper, Kino oder Essengehen nicht leisten, weil sie ihr Gehalt für die Monatskarte für die Fahrt zur Arbeit, die Miete und den Lebensunterhalt ihrer Familie aufbringen müssen.

[Beifall bei der FDP]

Wenn Sie den Berechtigtenkreis nun erweitern, müssen auch diese Vergünstigungen in irgendeiner Form gegenfinanziert werden. Aus Ihrem Antrag erschließt sich mir

nicht, wie das geschehen soll und wie Sie vermeiden wollen, dass sich das Problem der unzureichenden Teilhabe nur weiter verschiebt.

Nun dazu, was es praktisch bedeutet, den Nutzerkreis derart zu erweitern: Was Ihrem Antrag fehlt, nämlich die Größe des Personenkreises, die einen Anspruch auf den Sozialpass und somit auf das Sozialticket der BVG hat, möchte ich den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen gern noch mitteilen. Zu den bisherigen 120 000 Nutzerinnen und Nutzern des Sozialtickets kämen mindestens 32 000 Wohngeldempfänger, 220 Empfänger des Kinderzuschlags und etwa 97 000 Schüler der beruflichen Schulen hinzu. Abgesehen davon haben Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz längst Anspruch auf das Sozialticket der BVG und somit z. B. auch auf das Drei-Euro-Ticket. Somit verdoppelte sich die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer des Sozialtickets ungefähr. Der derzeitige Zuschuss der BVG von 8 Millionen € müsste deutlich erhöht werden. Schade finde ich, dass Sie in Ihrem Antrag keine Auskunft darüber geben, wie die Erweiterung des berechtigten Personenkreises finanziert werden soll und vor allem von wem. Auch aus diesem Grund werden wir diesem Antrag nicht zustimmen – nicht nur, weil die Finanzierung völlig offen ist, sondern auch, weil Sie das Problem der unzureichenden Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nur verschieben und die Leidtragenden dann vor allem die Familien sind, deren Einkünfte zum Leben auskömmlich sind, Opernbesuche oder sonstige Freizeitgestaltungen nur eingeschränkt möglich sind, weil die Lebenshaltungskosten kontinuierlich steigen.

Wenn wir die Geringverdiener stärken wollen, müssen die Einkommen von Lohnnebenkosten entlastet und die sonstigen Belastungen durch Steuern und Abgaben deutlich reduziert werden. Die FDP hat hierzu sowohl im Bundestag als auch hier zahlreiche Initiativen eingebracht. Hier sollten wir mit Vernunft nach gerechten, finanzierbaren Lösungen suchen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Dr. Martin Lindner (FDP): Bravo!]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lehmann! – Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich – gegen die Stimmen von CDU und Grünen – die Ablehnung. Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CDU und der Grünen. Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der FDP. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Die fünf Anträge der Fraktion der Grünen zur Kreativwirtschaft unter Tagesordnungspunkt 19 waren Priorität der antragstellenden Fraktion unter der lfd. Nr. 4 e.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 20:

Beschlussempfehlung

Sommerschließzeiten der Bäder auf ein notwendiges Maß beschränken!

Beschlussempfehlung Sport Drs 16/1557 Antrag der CDU Drs 16/1332

Eine Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich – gegen die Stimmen von CDU und FDP bei Enthaltung der Grünen – die Ablehnung. Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CDUFraktion. Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der FDP. Enthaltungen? – Das ist die Fraktion der Grünen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Die lfd. Nr. 21 steht als vertagt auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 22:

Beschlussempfehlung

Keine Zusammenarbeit mit Stasi-Vereinen!

Beschlussempfehlung InnSichO Drs 16/1566 Entschließungsantrag der CDU Drs 16/1424

Eine Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich – gegen die Stimmen von CDU und FDP bei Enthaltung der Grünen – die Ablehnung. Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CDU. Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Enthaltungen?

[Dr. Martin Lindner (FDP): Wir wollen zustimmen!]

Wir sind jetzt bei den Enthaltungen bei der lfd. Nr. 22. Das ist die Fraktion der Grünen. – Jetzt höre ich gerne noch einmal, welchen Wunsch Sie haben.

[Christoph Meyer (FDP): Wir wollten zustimmen!]

Der lfd. Nr. 22 möchten Sie zustimmen?

[Zuruf von der FDP]

Dann müssen wir das nachher korrigieren. Jetzt sind wir in der Abstimmung zur lfd. Nr. 22. Zur lfd. Nr. 20 können wir das am Ende der Sitzung korrigieren. – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Die lfd. Nr. 23 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 24:

a) Beschlussempfehlung

Sprachförderung in Kitas und Grundschulen verbessern und intensivieren

Beschlussempfehlung BildJugFam Drs 16/1571 Antrag der Grünen Drs 16/1168

b) Beschlussempfehlung

Evaluation und Weiterentwicklung der Sprachförderung in Kitas und Grundschulen