Protocol of the Session on July 10, 2008

derungsantrag eingebracht. Wir sind bei der Gleichstellungspolitik im Land Berlin schon sehr weit gekommen, aber da liegt auch noch ein sehr großer Brocken Arbeit vor uns. Hier leisten wir einen kleinen Beitrag dazu. Auch da sind wir auf dem richtigen Weg. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Kollege Henkel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Vorlage – zur Beschlussfassung – über das Siebte Gesetz zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes heißt es im ersten Satz der Problembeschreibung:

Die eingetretenen Rechtsentwicklungen sowie Erfahrungen in der Rechtsanwendung erfordern Änderungen des Personalvertretungsgesetzes.

So weit, so gut! Wir alle wissen, dass die Änderungen des PersVG – Kollege Ratzmann hat das gesagt – schon sehr lange auf der Tagesordnung stehen. Schon deshalb findet es meine Fraktion enttäuschend, dass der rot-rote Senat nach mehrjährigen Verhandlungen auch mit den Gewerkschaften, wie wir nun gehört haben, nicht in der Lage war, ein mit den Beschäftigtenvertretern abgestimmtes und im Einvernehmen verabredetes Änderungsgesetz vorzulegen. Richtig ist, Herr Körting, nicht alles, was heute zur Abstimmung steht, ist falsch. Wir begrüßen u. a. all das, was unter dem Stichwort Verfahrensbeschleunigung zusammengefasst wurde, z. B. bei Vertretungsregelungen an unseren Schulen. Wir haben nur – ich habe das im Innenausschuss bereits gesagt – erhebliche Zweifel daran, dass die Verantwortung für die zu langen Verfahrenswege in früherer Zeit immer nur bei den Personalräten zu suchen war und deshalb die vorgesehenen zwei Wochen bis zur Versetzung kaum eingehalten wurden.

Ich möchte hier nicht noch einmal jeden einzelnen zustimmungsfähigen oder kritikwürdigen Punkt erwähnen, aber schon meine Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen, wie am Ende des Tages mit dieser Novellierung des PersVG umgegangen wurde. Obgleich das Gesetz – wie bereits erwähnt – schon sehr lange auf der politischen Agenda steht, soll es jetzt kurz vor der Sommerpause im Schweinsgalopp durchs Parlament gepeitscht werden. Meine Damen und Herren von Rot-Rot! Das hat mit einem demokratisch gepflegten Stil der parlamentarischen Auseinandersetzung nichts zu tun. Das ist Arroganz pur.

[Beifall bei der CDU und den Grünen – Zuruf von Anja Hertel (SPD)]

Da wird zur Innenausschusssitzung am letzten Montag zu einer Anhörung von Sachverständigen geladen, an der der Datenschutzbeauftragte des Landes Berlin, der Vorsitzende des Hauptpersonalrats, die Gesamtfrauenvertreterin der

BVG und die Vorsitzende der GEW teilnehmen. Alle Vertreter äußern Kritik am Vorhaben von Rot-Rot.

[Christian Gaebler (SPD): Stimmt gar nicht, die Frauenvertreterin!]

Die Gesamtfrauenvertreterin der BVG, ja! – Im Kern geht es darum, dass die Beschäftigtenvertreter ihre Sorge darüber artikulieren, dass die Arbeitnehmerrechte im öffentlichen Dienst des Landes Berlin eingeschränkt werden. Dann werden Beispiele genannt, die Ihnen aber völlig egal sind, denn es passiert nicht das, was sonst quasi betriebliche Übung ist, nämlich dass man die Bedenken und Anregungen in einer Anhörung erst einmal sacken lässt und danach zu einer Entscheidung kommt. Nein, hier ist von vornherein klar, dass der sozialistischen Linkspartei und den Spezialdemokraten von der SPD völlig Wurst ist, was bei dieser Anhörung herauskommt, denn ihr Weltbild steht unerschütterlich im Mittelpunkt allen Seins. So ist es: Nicht überall, wo „sozial“ draufsteht, ist auch „sozial“ drin. So haben Sie eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wie wichtig Ihnen die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer im Land Berlin sind.

[Zuruf von Marion Seelig (Linksfraktion)]

Völlig unbeeindruckt von der Kritik etwa in Bezug auf den Abbau von Mitbestimmung bei der Einführung oder Änderung neuer Informationstechnologien, unbeeindruckt von der Kritik daran, dass der Senat künftig allein entscheiden kann, ob er Arbeitszeiterfassungsgeräte einführt, völlig unbeeindruckt von der Tatsache, dass der Gesamtpersonalrat für die Bereiche Kultur, Wissenschaft und Forschung abgeschafft wird und es zu einer – ich zitiere einmal den Hauptpersonalrat – „zwangsweisen Schaffung eines Personalrats für das Landesverwaltungsamt gegen den Willen der Beschäftigten“ kommt, völlig unbeeindruckt von alledem scheint Ihnen der besondere Wert für unsere soziale Ordnung, nämlich die soziale Partnerschaft, völlig egal zu sein. Dabei sollten Sie wissen, wie hoch die produktive Kraft des sozialen Friedens in unserer Gesellschaft einzuschätzen ist.

[Beifall bei der CDU]

So richtig es ist, dass sich alle Akte der Staatsgewalt auf den Willen des Volkes zurückführen lassen müssen und dafür einer hinreichenden demokratischen Legitimation bedürfen, so richtig ist es auch, dass zur sozialen Partnerschaft die Mitbestimmung der Arbeitnehmer gehört. Dass das auch für den rot-roten Senat gilt, da habe ich nach der Art und Weise des Umgangs mit der Gesetzesänderung zum PersVG erhebliche Zweifel. Deshalb wird meine Fraktion den Änderungen des PersVG nicht zustimmen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat der Kollege Doering das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute beschließen wir in Zweiter Lesung die Novellierung des Personalvertretungsgesetzes. Dieser Zweiten Lesung ging seit Oktober 2007 eine monatelange Debatte über die Mitbestimmungsrechte der Personalräte im öffentlichen Dienst voraus. Wir, die Koalitionsfraktionen, haben diese Zeit genutzt, um in vielen Gesprächsrunden mit dem Hauptpersonalrat, den Frauenvertretungen, den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes über die Senatsvorlage zu sprechen. Anregungen und Hinweise aus diesen Gesprächen haben wir aufgegriffen. Bereits in der letzten Wahlperiode – darauf möchte ich zum wiederholten Mal hinweisen – stand die Frage im Raum, ob Teile des Berliner PersVG verfassungskonform sind. Wir reden nicht nur über einen Zeitraum von 13 Jahren, Herr Ratzmann! Es waren Ihre Jamaikafreunde von der CDU und der FDP, die diese Frage in der letzten Wahlperiode aufgeworfen hatten. Schauen Sie sich zum Beispiel die Drucksache 15/2961 an. Dort forderte die CDU in einem dringlichen Antrag, dass verfassungsrechtliche Vorgaben für das Personalvertretungsgesetz des Landes Berlin beachtet werden müssen.

[Beifall von Björn Jotzo (FDP)]

Unterschrift: u. a. Herr Henkel. – Ich möchte in diesem Zusammenhang auch das „berühmte“ WPD-Gutachten ansprechen, das vom Rechtsausschuss, auch von Ihnen, Herr Ratzmann, in Auftrag gegeben wurde. Das WPDGutachten kam nicht vor 13 Jahren, sondern vor drei, vier Jahren zu der Auffassung, dass Teile des PersVG nicht verfassungskonform sind. Das heißt, wir mussten uns als Regierungsfraktionen mit dieser Frage auseinandersetzen und klären, wie wir mit der entstandenen Situation umgehen. Für die Koalition ging es immer auch darum, bei der notwendigen Anpassung so viele Mitbestimmungsrechte wie möglich zu erhalten.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Bereits im Gesetzentwurf des Senats wurden viele Mitbestimmungsrechte bewahrt. Dazu zählt vor allem das Modell der Einigungsstelle. Einigungsstellen gibt es in anderen Bundesländern auch. Sie haben dort aber empfehlenden Charakter, bei uns entschließenden Charakter. In Berlin ist der verbindliche Charakter mit nur einer einzigen Ausnahme verbunden. Der Senat darf Entscheidungen an sich ziehen, wenn sie wesentliche Bestandteile des Regierungshandelns berühren, eine Formulierung, die den Vorgaben des Bundespersonalvertretungsgesetzes entspricht.

Interessanterweise hat Herr Januschewski, der Vorsitzende des Hauptpersonalrates, weder in der Anhörung des Innenausschusses, noch in seiner Pressemitteilung von gestern die E-Stelle überhaupt erwähnt. Jeder kann daraus seine Schlüsse selbst ziehen.

Im Gesetzentwurf des Senats fanden sich darüber hinaus viele Regelungen, die wesentliche Forderungen des Hauptpersonalrates und der Gewerkschaften aufnahmen und die im Sinne der Mitbestimmung über das jetzige

Personalvertretungsgesetz hinausgehen. Ich möchte von den acht Punkten, die wir aufgegriffen hatten, nur drei benennen. Das sind die erweiterten Informationsrechte der Personalräte in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Da können Sie jedes andere Landespersonalvertretungsgesetz daneben halten, Sie werden dazu nichts Entsprechendes finden. Das ist die Möglichkeit der Personalräte, bei ihrer Arbeit Sachverständige hinzuzuziehen. Vergleichen Sie das bitte mit anderen Landespersonalvertretungsgesetzen!

[Beifall bei der Linksfraktion – Dr. Martin Lindner (FDP): Geldverschwendung!]

Und wir haben die Teilnahme der Frauen- und Schwerbehindertenvertretungen an den monatlichen Besprechungen des Personalrates in den Dienststellenleitungen geregelt.

Natürlich gab es von den Gewerkschaften, dem Hauptpersonalrat und den Frauenvertretungen auch viele Kritikpunkte am Gesetzentwurf. Viele dieser Kritikpunkte wurden von den Koalitionsfraktionen aufgegriffen und finden sich im Änderungsantrag wieder. Einige Kritikpunkte wurden genannt, wie die Einführung und Anwendung von Zeiterfassungssystemen oder Erfassung und Verarbeitung von elektronischen Daten, die nicht der Mitbestimmung unterliegen, die geblieben sind.

Jedoch zu den erfreulichen Lösungen, die nunmehr in einem gemeinsamen Änderungsantrag vorliegen, zählen:

1. Frauenvertretungen können künftig beratend an allen Sitzungen der Personalräte teilnehmen.

2. Außer der Erfassung der Arbeitszeit unterliegen sonstige technische Einrichtungen, die das Verhalten oder die Leistung von Dienstkräften überwachen können, weiterhin der Mitbestimmung.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

3. Außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigungen und die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber den Beschäftigten unterliegen wieder dem Letztentscheidungsrecht der Einigungsstelle.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

4. Die Amtszeit des Personalrats im Zentralen Stellenpool wird von bisher zwei auf vier Jahre verlängert.

5. Die Beanstandungsrechte der Frauenvertretung bleiben im Falle der befristeten Einstellung von Lehrkräften an den Schulen gewahrt.

6. Die vorgesehene Umwandlung von Mitbestimmungsrechten und eine Mitwirkung von Personalräten bei kurzfristigen befristeten Einstellungen von Lehrkräften wird nicht vorgenommen. Es bleibt bei einem zeitlich eingeschränkten Mitbestimmungsverfahren der Personalräte.

Unter dem Strich: Wir haben die aus unserer Sicht notwendige Anpassung, die durch das Bundesverfassungs

gericht vorgegeben war, vorgenommen. Wir haben Anregungen und Kritik der Interessenvertreter der Beschäftigten weitgehend aufgriffen. Im bundesweiten Vergleich ist das Berliner Personalvertretungsgesetz, was die Mitbestimmungsrechte, die Mitwirkungsrechte und die Informationsrechte betrifft, nach wie vor vorbildlich und braucht keinen Vergleich zu scheuen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Dr. Martin Lindner (FDP): Leider!]

Danke schön, Herr Kollege Doering! – Herr Ratzmann hat das Wort zu einer Kurzintervention. – Bitte schön!

[Dr. Martin Lindner (FDP): Jetzt kommt der Arbeiterführer! – Weitere Zurufe von der Linksfraktion]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Lieber Herr Doering! Es ist schon ein sehr bezeichnendes Verfahren, das Sie hier gewählt haben! Sie legen erst einen Gesetzentwurf vor, der weitreichend in die Mitbestimmungsrechte eingreift, und feiern sich dann dafür ab, dass Sie teilweise Ihre Eingriffe wieder zurücknehmen.

[Özcan Mutlu (Grüne): Peinlich ist das!]

Das ist eine peinliche Nummer, die Sie mit diesem Gesetzentwurf hier abliefern.

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Sie haben richtig angesprochen, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – übrigens auch nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Berlin, die vom Senat künstlich herbeigeführt worden ist – Handlungsbedarf erfordert hat. Sie haben auch richtig gesagt, der Handlungsbedarf lag nach dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf der Ebene: Wie legitimiere ich eine Einigungsstelle? Wie schaffe ich eine Legitimationskette, damit sie Letztentscheidungsrechte für sich in Anspruch nehmen kann?

Das wäre auf zwei Weisen ganz einfach möglich gewesen, das wäre ein ganz kurze und knappe Änderung gewesen: Entweder wir wählen die Einigungsstelle hier im Abgeordnetenhaus direkt. Wenn Sie auf die Tagesordnung schauen, werden Sie sehen, dass heute wieder einige Wahlen anstehen. Wir wählen Kuratoriumsmitglieder und Beiräte usw. Aber eine Einigungsstelle, die über das Schicksal von hunderttausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung befindet, die wollen Sie im Abgeordnetenhaus nicht wählen. Das war übrigens auch ein Vorschlag, der von der Gewerkschaftsseite kam. Das wäre ein Möglichkeit gewesen.

Herr Körting hat mir im Innenausschuss vorgeworfen, dass sei monarchisches Denken, dass sich das Parlament solche Vertreter zur Entscheidung wählt. – Herr Körting!

Ich glaube, da spricht wohl eher ein Wunsch aus Ihnen heraus, dass Sie sich wie ein Monarch gerieren wollen. Aber die Zeiten sind längst vorbei.