Nehmen wir den Kinderschutz: Über die Problematik der Stellenbesetzung wurde heute bereits gesprochen, ebenso über den einmaligen Vorgang, dass sowohl alle Jugendamtsdirektoren als auch alle Jugendstadträte gemeinsam Position bezogen haben und ein Handeln des Senats fordern. Wen ich jedoch in dieser Diskussion überhaupt nicht wahrnehme, sind Sie, Herr Jugendsenator Zöllner.
Sie sind immer noch der Jugendsenator. Das Streichen des Wortes „Jugend“ aus der Bezeichnung Ihrer Senatsverwaltung entlässt Sie nicht aus Ihrer Verantwortung für die Berliner Kinder und Familien.
Suchen Sie gemeinsam mit den Bezirken endlich eine Lösung der Personalprobleme! Kämpfen Sie im Senat für die Interessen der Kinder und Familien in dieser Stadt, und setzen Sie sich auch gegenüber dem Finanzsenator durch!
Die letzten Wochen und Monate haben gezeigt, dass das Teamspiel im Senat mangelhaft ist. Wir fordern für einen besseren Kinderschutz vom Senat eine bessere Zusammenarbeit der verschiedenen Ressorts. Wenn sich Frau Lompscher und Herr Sarrazin nicht einigen können, muss in dieser wichtigen Frage der Regierende Bürgermeister die Verantwortung übernehmen und sich einsetzen.
Der Kinderschutz hängt jedoch nicht nur vom Personal in den Gesundheits- und Jugendämtern ab. Daher fordern wir ein Aktionsprogramm Kinderschutz, das aus drei wesentlichen Teilen besteht: Erstens wollen wir Qualifizierungsmaßnahmen intensivieren. Wir wollen spezielle Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für Fachkräfte im
Kinderschutz. Die Beschäftigten in der Tagesbetreuung sowie die Beschäftigten bei den Trägern der Jugendhilfe brauchen die Fortbildungen. Gerade sie müssen über professionelle Handlungsstrategien und Fachkompetenz verfügen, wenn Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vorliegen. Zweitens wollen wir präventive Modellprojekte in den Bezirken. Jeder Berliner Bezirk sollte für den präventiven Kinderschutz ein Modellprojekt durchführen, mit dem Ziel, besonders benachteiligte Familien bei der Wahrnehmung ihrer elterlichen Sorge zu unterstützen. Diese Projekte sollen wissenschaftlich begleitet und evaluiert werden, damit wir sehen, welche Projekte wie wirksam sind.
Wir wollen drittens eine Auswertung negativer Kinderschutzfälle. Exemplarische Kinderschutzfälle müssen wissenschaftlich aufbereitet und ausgewertet werden. Wir müssen uns die Fälle der Vergangenheit anschauen und sie auswerten – das ist bislang nicht erfolgt. Nur wer die Ursachen kennt, kann zukünftig Fehler vermeiden. Bislang haben Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von Linksfraktion und SPD, unsere Forderungen abgelehnt. Wir werden jedoch weiter für unser Aktionsprogramm Kinderschutz und damit für einen besseren Kinderschutz in Berlin kämpfen.
Ich komme nun zu den Kitas. Eine frühe Förderung kommt Kindern ein Leben lang zugute. Daher fordern wir eine qualitativ gute Infrastruktur in den Kitas. Dass hier noch viele Verbesserungen notwendig sind, zeigt das Engagement des Berliner Kitabündnisses oder des Landeselternausschusses Kita, der ein Volksbegehren für bessere Kitas anstrebt. Um den Kindern gleich beim Start optimale Bildungschancen zu sichern, benötigen wir die entsprechenden Ressourcen. Dafür brauchen wir erstens einen verbesserten Erzieherinnenschlüssel, damit Kinder individuell gefördert werden können. Bei einer Erzieherin auf 15 Kinder kann trotz großen Engagements der Erzieherin eine exzellente Förderung jedes einzelnen Kindes nicht erfolgen. Ebenso benötigen die Erzieherinnen mehr Zeit für die Vor- und Nachbereitung sowie eine bessere Aus-, Fort- und Weiterbildung und auch die Bereitstellung der dafür notwendigen Zeiträume.
Wir brauchen zweitens eine neue Regelung bei der Betreuungszeit. Wir brauchen die regelmäßige Teilzeitbetreuung, denn mehr Zeit in der Kita bedeutet mehr Bildungszeit für jedes Kind.
Drittens brauchen wir einen verbesserten Kitaleitungsschlüssel, denn es gibt immer mehr Leitungs- und Führungsaufgaben in den Kitas, die einen entsprechenden Personaleinsatz erfordern.
Viertens brauchen wir besser ausgebildete und damit auch besser bezahlte Erzieherinnen und Erzieher, die eine Fachhochschul- oder Hochschulausbildung mit pädagogischen, psychologischen und medizinischen Inhalten ge
Ein kinder- und familienfreundliches Berlin braucht auch eine gute Infrastruktur bei Spiel- und Freizeitmöglichkeiten. Ich rede nicht über die vielen geschlossenen Jugendeinrichtungen in Berlin, über die geschlossenen Bolzplätze und auch nicht über den Zustand vieler Spielplätze. Wir Liberale erwarten aber, dass zumindest die vorhandenen Ressourcen genutzt werden. Die Schulhöfe und Sportplätze müssen für Kinder und Jugendliche geöffnet werden. Durch die Öffnung der Schulhöfe und Sportplätze unter Aufsicht, auch außerhalb der Schulzeit, am Wochenende und vor allem in den Ferien, bekommen Kinder und Jugendliche kieznahe Spielmöglichkeiten und somit auch vernünftige Alternativen für ihre Freizeitgestaltung.
Wir fordern Sie, Jugendsenator Zöllner, auf, mit den Bezirken eine Lösung zu finden. Dadurch wird die Infrastruktur für eine kinder- und familienfreundliche Stadt verbessert.
Wir Liberale fordern auch, dass für ein kinder- und familienfreundliches Berlin mehr Zeit in der parlamentarischen Arbeit aufgebracht wird. Wir fordern daher die Einsetzung einer Berliner Kinderkommission nach dem Vorbild der Kinderkommission des Deutschen Bundestages. Diese soll als Interessenvertretung aller Berliner Kinder und Jugendlichen fungieren und sich aktiv für die Belange von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Kinder sind überwiegend darauf angewiesen, dass ihre Eltern, aber auch die politischen Gremien ihre Interessen berücksichtigen. Die positiven Erfahrungen mit der Kinderkommission des Deutschen Bundestages können auch auf Berliner Ebene gemacht werden; das hat auch die Expertenanhörung im Jugendausschuss ergeben. Die Einrichtung einer Berliner Kinderkommission ist eine Verbesserung der parlamentarischen Infrastruktur und ein richtiger Schritt für ein kinder- und familienfreundliches Berlin. Unterstützen Sie daher unseren Antrag, eine Kinderkommission des Abgeordnetenhauses einzurichten! Wenn Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, ernsthaft ein kinder- und familienfreundliches Berlin haben wollen, die Infrastruktur und den Kinderschutz verbessern wollen, dann unterstützen Sie unsere Forderung und lassen Sie Ihren Worten Taten folgen! – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir über ein kinder- und familienfreundliches Berlin reden, dann geht es in erster Linie um die Rahmenbedingungen
der Betreuung unserer Kinder und damit u. a. auch um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Berlin ist, wie insbesondere der aktuelle Bildungsreport der BertelsmannStiftung zeigt, bei der Bereitstellung von Betreuungsangeboten für die Null- bis Sechsjährigen bundesweiter Spitzenreiter. Mit einer Betreuungsdichte von fast 40 Prozent bei den unter Dreijährigen und fast 92 Prozent bei den Drei- bis Sechsjährigen hat Berlin ein Angebot, um das uns – und das sind keine Sprüche – die anderen Bundesländer beneiden.
Mit der Umsetzung des Investitionsprogramms der Bundesregierung zum Ausbau der Kitaplätze für die unter Dreijährigen werden wir in Berlin die Lücke schließen können, die noch in der Betreuung unserer Jüngsten ohne Zweifel gefüllt werden muss. Aber wir sind bei den Kindertagesstätten nicht nur quantitativ gut aufgestellt. Dass Kitas Bildungseinrichtungen sind, ist eine Erkenntnis, die in Berlin nicht nur eine theoretische ist. Mit der Einführung des Bildungsprogramms der Berliner Kindertagesstätten im Jahr 2004 und der Verpflichtung der Träger zu dessen Umsetzung ab Januar 2006 hat Berlin als eines der ersten Bundesländer einen Bildungsstandard verbindlich eingeführt, der dem Anspruch einer Bildungstagesstätte gerecht wird. Meine Damen und Herren, insbesondere von der Opposition, dieser Senat und ich sagen nicht, dass alles erledigt ist.
Aber es gibt auch keinen Zweifel, dass wir weiter sind als andere. Dass wir einen Trend im vorschulischen Bereich gesetzt haben, dass Bildungsinhalte in diesem Bereich eine Rolle spielen, ist mit ein Verdienst von Berlin, und zwar nicht nur durch Reden, sondern durch Handeln.
Wenn wir dann eine Diskussion in diesem Parlament führen und Sie sagen, sie soll dort eine größere Bedeutung gewinnen, in der dieses als katastrophal bezeichnet wird, in der alles kleingeredet wird und in der ein Warenkorb von unerfüllbaren finanziellen Wünschen aufgetan wird,
Die Entwicklung von Kitas zu Familienzentren als Beratungs- und Anlaufstelle für Familien ist eines der wichtigsten familienpolitischen Projekte für die kommenden Jahre. Damit sind die Grundlagen geschaffen worden, die eine gute Vorbereitung auf den weiteren Bildungs- und Lebensweg unserer Kinder möglich machen. Bei dem breit gefächerten Angebot für Kinder und ihre Familien möchte ich insbesondere auf zwei Formen eingehen, die
einen besonderen Stellenwert in dieser Arbeit haben. Es sind zum einen die Jugendfreizeitstätten, die einen unverzichtbaren Beitrag leisten. Mehr als 420 Jugendfreizeitstätten bieten ein abwechslungsreiches Angebot von Computerkursen bis zu Wochenendreisen. Ein Großteil der Angebote bindet auch die Familien der Jugendlichen ein. Jugendfreizeitstätten werden sich daher künftig noch mehr in den Sozialraum hinein zu Zentren gemeinsamer Begegnungen und Aktivitäten entwickeln.
Ein weiteres von den Familien sehr gut angenommenes Berliner Angebot ist der Familienpass. Um gemeinsame Aktivitäten von Familien zu unterstützen, gibt es seit 1999 die Möglichkeit, mit dem Familienpass preisgünstige Angebote Berliner Anbieter in den Bereichen Kultur, Sport und Freizeit in Anspruch zu nehmen. Mit dem Verkauf von 40 000 Pässen jährlich wird diesen Berliner Familien eine breite Partizipation am gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt ermöglicht.
Der Senat bemüht sich jedes Jahr intensiv um weitere Partner für diesen Familienpass, um das Angebot noch attraktiver zu gestalten. Erklärtes Ziel des Senats ist es, den Berliner Familienpass für alle Familien – mit und ohne Trauschein, mit und ohne Partner lebend und unabhängig vom Einkommen – zur Verfügung zu stellen.
Der Schutz von Kindern ist uns allen ein zentrales Anliegen. Berlin hat frühzeitig die Initiative ergriffen, um dem Anspruch eines neuen Systems von Kinderschutz gerecht zu werden. Meine Damen und Herren von der Opposition! Können Sie mir auch hier das Vorbild in dieser Bundesrepublik Deutschland nennen, das vor uns diesen Weg, den Sie ebenfalls für beispielhaft halten, gegangen ist? Maßnahmen zur Prävention, Beratung, Früherkennung, Krisenintervention und rechtzeitigen Hilfegewährung sind gemeinsam mit Bezirken, freien Trägern und anderen Beteiligten umgesetzt worden. Die Einrichtung der Hotline Kinderschutz mit einer Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit ist eine der wesentlichen Maßnahmen, um deren schnelle Inbetriebnahme im Mai 2007 uns auch andere Bundesländer beneiden.
Ein weiteres Novum zum Kinderschutz hat Berlin vorzuweisen: die gemeinsamen Ausführungsvorschriften zur Durchführung von Maßnahmen zum Kinderschutz in den Jugend- und Gesundheitsämtern der Bezirksämter des Landes Berlin, die nach Kenntnisnahme durch den Senat am 8. April dieses Jahres in Kraft gesetzt worden sind.
Mir ist bewusst, dass es bei der Umsetzung des Kinderschutzes noch an der einen oder anderen Stelle hakt. [Mirco Dragowski (FDP): Ja!]
Aber dann sollten Sie, wenn Sie auf diese Probleme hinweisen, auch darauf hinweisen, dass Sie in einem Parlament in einem Lande sind, in dem dieses Problem nicht nur als erstem Bundesland angepackt worden ist, sondern sogar in Gang gesetzt worden ist. Ich bin mir sicher, wir
Dies gilt auch – und das sage ich ausdrücklich – für die diskutierten 24 Stellen im Gesundheitsbereich des Jugendschutzes. Selbstverständlich werden wie beschlossen 24 zusätzliche Stellen auf das bisherige Soll zur Verfügung gestellt.
Darüber hinaus wird es eine zeitnahe Bedarfsanalyse geben. Die Personalausstattung beim Kinderschutz wird regelmäßig neu bewertet und – wenn notwendig – korrigiert. – Ich bedanke mich!