Wie wollen Sie denn in Ihren anderen Funktionen, die Sie bekleiden – beispielsweise die des deutsch-französischen Kulturbevollmächtigten –, Ihren Kollegen unter die Augen treten, wenn herauskommt, dass sich Berlin aus reiner Feigheit vor dieser Splittergruppe, vor dieser Partei weggeduckt
[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Kleinpartei! – Uwe Doering (Linksfraktion): Letzter Parteitag! – Weitere Zurufe von der Linksfraktion]
[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Gescheiterter Landesvorsitzender! – Weitere Zurufe von der Linksfraktion]
In diesem Land liegt meine Partei, unabhängig davon, ob es im Bundesrat, im Bundestag, in der Bundesversammlung, in den Bundesländern und in den Landesregierungen ist, immer noch deutlich vor Ihnen. Das ist gut so, und das wird auch so bleiben.
Das ist deshalb so, weil wir in diesem Staat Verantwortung übernehmen. Auch Ihre Beiträge zu Afghanistan und zu Nahostfragen haben gerade wieder gezeigt: Dort, wo es konkret darum geht, humanitär zu helfen – beispielsweise in Afghanistan –, ducken Sie sich weg. Sie kann man nicht gebrauchen, wenn es um die wesentlichen Fragen dieses Gemeinwesens geht.
Sie von der SPD sind aufgefordert, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Sie müssen sich überlegen, wie Sie die nächsten drei Jahre weiterregieren wollen, wenn Sie in solch einer zentralen Frage Ihrem Koalitionspartner nachgeben. Herr Regierender Bürgermeister – wo auch immer Sie gerade sitzen –, ich fordere Sie auf: Stimmen Sie im Bundesrat mit Ja. Alles andere schadet Berlin. Nur ein Ja Berlins zu diesen Verträgen ist ein angemessenes und staatstragendes Verhalten und wird der Bedeutung Berlins innerhalb Deutschlands und Europas gerecht. – Herzlichen Dank!
[Beifall bei der FDP und der CDU – Beifall von Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne) und Oliver Schruoffeneger (Grüne)]
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Lindner! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Im Fachausschuss ist der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachennummer 16/1167 mehrheitlich gegen CDU, Grüne und FDP mit Änderungen abgelehnt worden. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der CDU, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Das ist die Mehrheit.
Die lfd. Nr. 4 c war Priorität der Fraktion Die Linke, die sich der Priorität der Fraktion der SPD unter dem Tagesordnungspunkt 4 a angeschlossen hat. Die lfd. Nr. 4 d, die Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, haben wir soeben zusammen mit dem Tagesordnungspunkt 4 b behandelt.
Das ist die Priorität der FDP. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP. Das Wort erhält Herr Gersch. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die bürgernahe Versorgung der Patienten mit Krankenhausleistungen wird in den kommenden Jahren wohl nicht mehr gewährleistet sein, zumindest nicht, wenn es nach den Vorstellungen der Leitung von Vivantes, dem landeseigenen Krankenhauskonzern, geht.
Noch bevor das Gesamtkonzept zur Umstrukturierung des Konzerns entwickelt wurde, ist die Schließung des Standorts Prenzlauer Berg als stationäre Einrichtung beschlossene Sache. Kaum ist die erste Hiobsbotschaft verdaut, ist der Presse zu entnehmen, dass alle Standorte unter die vermeintlich soziale Lupe genommen werden und offensichtlich das Wenckebach-Klinikum zur Disposition teht. s
Entschuldigung, Herr Abgeordneter Gersch! – Bitte kommen Sie hier im Saal ein wenig zur Ruhe! Der Abgeordnete Gersch hat das Wort, und zwar nur er. Alle anderen setzen sich bitte oder verlassen den Saal, wenn es unbedingt sein muss.
Danke, Frau Präsidentin! – Mal sehen, wie viele Standorte von Vivantes unter einem rot-roten Senat erhalten bleiben.
Das positive Ergebnis des Geschäftsjahrs 2007 in Höhe von 2,1 Millionen € täuscht über die Tatsache hinweg, dass dieses nur durch die Veräußerung von nicht betriebsnotwendigem Vermögen erreicht werden konnte. Weiter freut sich Frau Lompscher, wenn zusätzlich 40 Millionen € aus dem Doppelhaushalt für die Investitionskostenförderung aller Berliner Krankenhäuser frei werden. Dass
dem jedoch 450 Millionen € ausgebliebene Investitionsmittel gegenüberstehen, die allein dem Vivantes-Konzern zustehen, wird dabei nicht erwähnt.
Die erschwerten Rahmenbedingungen führen dazu, dass verstärkte Anstrengungen bei Krankenhausträgern nötig werden, um zusätzliche Wirtschaftlichkeitspotenziale zu erschließen. So argumentiert jedenfalls der Senat in der Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Auswirkung der Gesundheitsreform auf das Land Berlin.
Nun kann der rot-rote Senat am Beispiel Vivantes zeigen, ob er diesen Aussagen Taten folgen lässt, weil ihm die bürgernahe Versorgung der Berliner wichtig ist, oder ob er lieber an der politischen Ideologie vom glückseligmachenden Staatskonzern festhält.
Uns Liberalen geht es darum, sämtliche Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen, um die wohnortnahe Versorgung mit stationären Krankenhausleistungen zu ermöglichen. Das, was den Bürgern vom Senat zugemutet wird, kann ich nur als Volksverdummung bezeichnen. Rot-Rot erklärt immer und immer wieder, nur ein landeseigenes Krankenhausunternehmen wie Vivantes sichere eine flächendeckende Gesundheitsversorgung. Was sich hinter dieser ideologischen Phrase verbirgt, wird nun sichtbar. Aus liberaler Sicht ist es nicht hinnehmbar, wenn sozialistische Fantasien derartige Blüten treiben. Ihr vermeintliches Tafelsilber hat die Berliner bereits 230 Millionen € an zusätzlichen Steuergeldern gekostet, wofür sie nicht die Gegenleistung erhalten, die sie erwarten dürfen, nämlich eine bürgerfreundliche Versorgung.
Sie sind es den Berlinern auch als Steuerzahlern schuldig, über Ihren Schatten zu springen und einen Teil des 40prozentigen Anteils der Gesundheitsversorgung an andere Träger zu vermitteln oder nach Kooperationsmöglichkeiten zu suchen. Diese Möglichkeiten müssen in Erwägung gezogen werden, bevor man den Reigen der Standortschließungen eröffnet.
Die Frage, was an Vivantes besser sein soll als an freien oder kirchlichen Trägern, kann sich inzwischen jeder selbst beantworten. Der Frage, ob den jährlich knapp 23 000 Patienten des Wenckebach-Klinikums eine Schließung des Hauses zuzumuten ist, muss dieser Senat beantworten.
Auch wie die Zukunft der knapp 550 Beschäftigten aussehen wird, muss letztlich der Senat erklären. Ich glaube, man sollte zuerst darüber nachdenken, wie die wohnortnahe Versorgung und weniger die Konzerninteressen sichergestellt werden.
Dazu gehört die Bildung von Kooperationsverbünden und die Suche nach privaten Investoren. Warum soll man das Feld nicht demjenigen überlassen, der Ihre propagierten Wirtschaftlichkeitspotentiale besser auszuschöpfen versteht als andere? Aber hier stehen Sie sich selbst im Weg. – Darum fordere ich Herrn Sarrazin und Frau Lompscher als Mitglieder des Aufsichtsrats auf, sich für eine wohnortnahe Krankenhausversorgung einzusetzen und die von uns aufgezeigten Möglichkeiten zu prüfen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gersch! – Für die SPDFraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Winde das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz ehrlich, ein bisschen erstaunt war ich von dem Antrag der FDP schon, denn dass ausgerechnet Sie, Herr Gersch, eine wohnortnahe, bürgerfreundliche Krankenhausversorgung durch den landeseigenen Krankenhauskonzern Vivantes fordern, fand ich verwunderlich.
Aber Ihr Redebeitrag hat uns gezeigt, dass Sie eigentlich etwas anderes wollen. Nimmt man Ihren Antrag wörtlich, hieße es im Umkehrschluss, dass Vivantes noch mindestens drei weitere Standorte aufmachen müsste, um wenigstens einmal in jedem Bezirk vertreten zu sein. Das kann angesichts von 72 Krankenhäusern in Berlin nicht Ihr Ernst sein. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie das meinen. In den neun Krankenhäusern des VivantesKonzerns werden jährlich immerhin ein Drittel der Berliner Patienten behandelt. Das ist eine enorme Leistung.
Im Ernst: Die qualitativ gute Kiezversorgung ist ein wichtiges Anliegen des Vivantes-Konzerns. Hierbei muss aber nicht an jedem Standort eine Maximalversorgung angeboten werden, denn dazu besteht auch nicht die medizinische Notwendigkeit. Vivantes plant, künftig zwei seiner Standorte als Maximalversorgungskrankenhäuser auszubauen, aber alle bestehenden Krankenhausstandorte sollen erhalten bleiben. Dass in den weniger effizienten Standorten weniger in den stationären Bereich investiert wird, muss möglich sein, denn auch einem landeseigenen Krankenhauskonzern muss es ermöglicht werden, schwarze Zahlen zu schreiben.
Ich darf Sie beruhigen, liebe Kollegen von der FDP: Die von Ihnen gefürchtete Schließung des WenckebachKrankenhauses ist nicht geplant. Das hat mir Herr Bovelet persönlich vor zwei Tagen noch einmal erklärt.
Dass Vivantes die Kiezversorgung der Bevölkerung besonders am Herzen liegt, beweist es u. a. dadurch, dass
der Konzern aus eigener Kraft – ohne Investitionsmittel des Landes – den Standort Hellersdorf erhalten und einen Neubau errichten wird. Die Geschäftsführung von Vivantes schafft sich selbst weiteren Spielraum, strategische Entscheidungen zu treffen, an den Standorten neue Versorgungsformen auszubauen und eine besonders enge Vernetzung mit den ambulanten Strukturen der Kieze vorzunehmen. Durch dieses Vorgehen wird genau die von allen Seite immer wieder geforderte Wirtschaftlichkeit des Krankenhauskonzerns verbessert.
Bereits in der Vergangenheit hat Vivantes im Wenckebach-Krankenhaus bewiesen, dass es mit der Integration überregionaler Angebote wie denen des Max-BürgerZentrums für Geriatrie das Profil des Standorts geschärft und erweitert hat. Auch mit der Umstrukturierung des Standorts Prenzlauer Berg wird die kieznahe medizinische Versorgung aufrecht erhalten. Lediglich die vorher schon stark eingeschränkte stationäre Versorgung wird nun endgültig in das nur drei Kilometer entfernte Vivates-Klinikum in Friedrichshain verlagert. Im Gegenzug werden die hierdurch freiwerdenden Ressourcen für die Stärkung der ambulanten Versorgung im Kiez eingesetzt. Hierbei ist jede Form der Kooperation mit privaten und sonstigen Trägern denkbar, wie es beispielsweise am AugusteVictoria-Krankenhaus mit dem MVZ-Polikum bereits besteht. Weitere Kooperationen sind nicht nur denkbar, sondern bereits stark in der Diskussion innerhalb des Konzerns, sowohl auf der Leitungs- als auch auf der Personalseite.
Eine ökonomisch sinnvolle Bündelung der Standorte von Vivantes und der Charité im Südwesten Berlins fordert der Betriebsratsvorsitzende von Vivantes, Moritz Naujack, in Übereinstimmung mit dem Personalratsvorsitzenden der Charité, Christoph Bernhardt. Beide landeseigenen Betriebe stehen vor großen finanziellen Herausforderungen, wie wir alle wissen. Deswegen wurde im Koalitionsvertrag bereits eine engere Kooperation als Ziel formuliert, die in naher Zukunft offensichtlich konkretere Formen annehmen wird. Die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Synergien werden beiden Parteien neue Spielräume eröffnen, ohne die hochwertige und kieznahe medizinische Versorgung der Bevölkerung zu beeinflussen.
Das stellt deutlich unter Beweis, dass sich die Führung des Vivantes-Konzerns zum einen ihrer Verantwortung für die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung bewusst ist. Zum anderen zeigt es aber auch, dass hier bereits an Lösungen für den Erhalt von Standorten konzeptionell gearbeitet wird. Konzeptionelle Vorschläge sucht man aber im Antrag der FDP vergeblich. Dies und die Tatsache, dass die in diesem Antrag enthaltenen Forderungen bereits von Vivantes erfüllt sind, macht es uns wieder einmal sehr leicht, Ihren Antrag abzulehnen.