Das, was wir gemeinsam, SPD und Linksfraktion, geschafft haben, haben die Grünen in der bremischen Landesregierung nicht geschafft. Das Vergabegesetz, das sie dort beschlossen haben, gilt nicht nur nicht für alle Branchen wie unseres, sondern da ist von internationaler Solidarität und all den schönen Dingen, über die Sie eben gesprochen haben, auch nicht die Rede. Insofern lassen Sie das mit dem „Schämen Sie sich“, und nehmen den Mund nicht so voll!
Herr Liebich! Ein bisschen Latein: Hic Rhodus, hic salta! Hier geht es heute darum, das Berliner Vergabegesetz zu verabschieden. Hier liegt heute ein Änderungsantrag unserer Fraktion vor. Es hat eine intensive Beratung gegeben. Sie haben die Chance, Berlins Vorreiterrolle international zu verankern. Nutzen Sie die Chance! Nehmen Sie unseren Änderungsantrag an, und wir können gemeinsam Entsprechendes erreichen. Ansonsten frage ich Sie: Wie lange gibt es Rot-Grün in Bremen? Wie lange gibt es RotRot in Berlin? Wie viel Zeit haben Sie verstreichen lassen und nichts zur Verbesserung der öffentlichen Beschaffung im Land Berlin getan?
Das Gleiche zum Thema Bundesregierung: Wenn es Ihnen noch nicht bekannt ist, helfe ich Ihnen mit Nachhilfe auf die Sprünge: Dass das die Bundesregierung jetzt endlich in Angriff genommen hat, dafür hat es einen notwendigen Vorlauf auf der europäischen Ebene gegeben, den es zu rot-grünen Zeiten noch nicht gegeben hat.
Es geht dabei um die Umsetzung der europäischen Richtlinien. Sie können sicher sein, dass wir Grünen uns im Europäischen Parlament engagiert dafür eingesetzt und Berichterstatterberichte gemacht haben, um genau das zu erreichen. Da haben wir unseren Job auf europäischer Ebene und auch im Deutschen Bundestag getan. Alles zu seiner Zeit! Ihr Zeitpunkt ist heute, diesem Änderungsantrag zum Vergabegesetz zuzustimmen.
Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das ist ganz schön viel auf einmal. Wir haben das Vergabegesetz zu beraten, gleichzeitig vier Anträge der CDU und ein Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen.
Ich werde die Zeit nutzen, nachdem die Koalition es leider verhindert hat, dass wir die CDU-Anträge im Wirtschaftsausschuss beraten konnten, und mich nicht zu den CDU-Anträgen äußern, denn dann sind meine fünf Minuten um. Den Grünen sei konzediert, ich habe es ihnen auch dort gesagt: Sie waren die Einzigen, die aus der Anhörung Konsequenzen gezogen und ihren Antrag noch einmal überarbeitet und dadurch verbessert haben. Trotzdem – haben Sie Verständnis dafür – werden wir auch diesem verbesserten Antrag nicht beitreten können, weil er uns fundamental gegen den Strich geht. Insofern werde ich mich dazu auch nicht weiter äußern.
Herr Liebich! Sie hatten zu Recht gesagt, dieses Gesetz ist bundesweit einzigartig, und haben es als Vorreiterrolle für Berlin dargestellt. – Herr Jahnke! Ich danke Ihnen für Ihre Ehrlichkeit. Sie würden am liebsten einen flächendeckenden Mindestlohn einführen. Das ist deutlich ausgedrückt, und damit kann man sich auseinandersetzen, und das möchte ich auch tun. Ich möchte nicht wiederholen, was ich in der ersten Rede vor vier Wochen zu dem Gesetz gesagt habe, dass wir es grundsätzlich für systemwidrig halten. – Herr Liebich, es stimmt tatsächlich: Es ist einzigartig. Sie beschreiten mit einem Mindestlohn eine neue politische Ära. Das gab es bislang nicht, und es wird Konsequenzen haben. Ob das Verwaltungsgerichtsurteil bestätigt oder kassiert wird, weiß ich nicht. Wir werden es in den nächsten Wochen und Monaten erfahren, und dann wird es Konsequenzen nach sich ziehen.
Ich möchte auf ein paar Punkte aufmerksam machen, die mich nach wie vor vom Mindestlohn Abstand nehmen lassen, zumindest von einem Mindestlohn von 7,50 €, wie Sie ihn fordern, und das möglichst flächendeckend. Ich behaupte und glaube auch, das nachweisen zu können, ein Mindestlohn ist zutiefst unsozial. Er ist unsozial, weil er Arbeitsplätze gefährdet bzw. vernichtet und weil er dazu führt, dass sich viele Unternehmen überlegen werden: In dem Moment, wo ein Mindestlohn eingeführt ist, kann ich innerhalb meiner Belegschaft höhere Lohngruppen gegen Mindestlohngruppen austauschen. – Auch das ist eine mögliche Konsequenz bei einem eingeführten Mindestlohn.
Die beiden anderen Bereiche hatte ich bereits an anderer Stelle erwähnt. Zum einen führt Mindestlohn dazu, dass neu über Rationalisierungsmaßnahmen nachgedacht wird, Maschine statt Mensch, oder aber die Produktion, sofern es geht, an andere Standorte verlagert wird. Auch das haben wir längst erfahren. Das alles führt in der Summe dazu, dass es weniger Arbeitsplätze und weniger Chancen für Menschen gibt, durch Arbeit am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.
Arbeitswillige werden von der Arbeit ausgeschlossen. Besonders trifft es diejenigen, die ein Handicap haben, deren Arbeitsproduktivität nicht so hoch ist wie die eines durchschnittlich gesunden gebildeten Menschen. Sie finden auf dem regulären Arbeitsmarkt keine Arbeit mehr. Was für eine Möglichkeit bleibt für sie? Was bleibt für Menschen aus dem Friseurhandwerk, die nicht mehr beschäftigt werden, weil die Unternehmerin nicht mehr ihren Lohn zahlen kann? Was für eine Chance haben sie? – Genau! Sie werden in die Schwarzarbeit gedrängt, und das ganz legal. Sie werden legal gezwungen, illegal zu arbeiten, denn viele Menschen wollen arbeiten, auch wenn sie nicht einen Lohn bekommen, den sie sich wünschen, weil er unreal ist.
Besonders schwer betroffen sind von Mindestlohn die Menschen, die in den Arbeitsmarkt einsteigen wollen, vor allem Jugendliche. – Nur zwei Zahlen, damit Sie sehen, dass wir uns von anderen Ländern zumindest anregen lassen können, um darüber kritisch nachzudenken: In Frankreich sind vom Mindestlohn etwa 15,6 Prozent aller Beschäftigten betroffen. In Frankreich haben wir eine Jugendarbeitslosigkeit von ca. 22 Prozent. In den Niederlanden sind nur 2,1 Prozent vom Mindestlohn betroffen, und gleichzeitig haben die Niederländer gesagt: Bis zum 22. Lebensjahr wird es keine Mindestlohnverpflichtung geben, damit die jungen Menschen die Chance haben, in den Arbeitsmarkt hineinzukommen. Mindestlohn ist kein Instrument zur Armutsbekämpfung, denn er schafft es nicht, sozial Schwache in Arbeit zu vermitteln. Erst recht kann er nichts für gering Qualifizierte tun, sondern Mindestlohn schützt diejenigen, die einen Arbeitsplatz haben, vor denjenigen, die draußen sind und gerne auch einen Arbeitsplatz haben wollen. Die Insider werden vor den Outsidern geschützt.
Deswegen lehnen wir dieses Gesetz und vor allen Dingen die Konsequenz, die Sie fordern, den Mindestlohn aus Überzeugung ab. – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank, Herr Kollege Thiel! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ihnen bekannte Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das ist Drucksache 16/1155-1, der bereits zur I. Lesung einge
Ich lasse jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/1155-2 abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Die Fraktion der Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind die anderen Fraktionen, sodass der Änderungsantrag abgelehnt ist.
Zur Beschlussvorlage zur Änderung des Vergabegesetzes Drucksache 16/1155 empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich gegen CDU und FDP bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen die Annahme. Wer diesem Gesetz zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Das sind die Grünen. Damit ist das Gesetz zur Änderung des Berliner Vergabegesetzes angenommen.
Die Anträge der CDU Drucksachen 16/1255 bis 16/1258, wobei die Drucksache 16/1257 neu erstellt worden ist, hatte ich bereits vorab zur Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft überwiesen. Die nachträgliche Zustimmung hierzu stelle ich fest.
Beschlussempfehlungen StadtVerk und Haupt Drs 16/1285 Antrag von Daniel Buchholz und anderen Drs 16/1194
Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der Grünen vor, Drucksache 16/1285-1. Der Dringlichkeit wird offensichtlich nicht widersprochen.
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Das Wort hat der Abgeordnete Ziller!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich könnte das Motto auch heißen: Ganz Europa autofrei, wegen Rot-Rot ist Berlin nicht dabei!
Autofreie Tage sind in Deutschland nichts Neues. Bis heute gibt es für dieses Jahr schon 66 autofreie Erlebnistage. Mit diesen hat sich in den letzten Jahren in vielen Städten Deutschlands eine neue Freizeitkultur entwickelte. In diesen Städten haben Bürgerinnen und Bürger einmal im Jahr die Chance, ihre Stadt, ihre Region, den öffentlichen Raum, in dem sie leben und der an den restlichen Tagen von Autos besetzt ist, einmal anders zu erleben – zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit Inline-Skates, beim Spielen auf der Straße, beim Besuch eines Straßencafés oder mit Pferdekutschen. Sie können es genießen, ihren Lebensraum einmal ohne Verkehrslärm zu erleben und auf eine neue Art kennenzulernen.
Von Jahr zu Jahr beteiligen sich mehr Städte und Regionen am autofreien Tag. Was tut Rot-Rot? – Nichts! In Berlin wird es auch in diesem Jahr keinen autofreien Tag geben.
Und auch in diesem Jahr tut Rot-Rot nichts, um die rechtlichen Bedenken, die Jahr für Jahr als Ausrede herhalten müssen, auszuräumen. Die bündnisgrüne Initiative für eine solche Bundesratsinitiative haben Sie, liebe Koalition, und Sie, lieber Herr Buchholz, am Montag im Ausschuss abgelehnt. Dies zeigt uns, das Sie einen autofreien Tag für Berlin nicht wollen.
Dabei hat alles gut angefangen. Eine der vielen AG des Jugendforums dachte sich: Was andere können, müssen wir doch auch in Berlin schaffen. Wir wollen auch in Berlin einen autofreien Tag. – Die Jugendlichen haben sich nicht irgendeinen Tag ausgesucht, sondern den Tag der Sternfahrt. An diesem sind in Berlin sowieso viele Straßen gesperrt und viele Menschen ohne Auto unterwegs. Zum Abschluss saßen die Jugendlichen in diesen Reihen und haben für sich beschlossen, dass das eine der wichtigen Forderungen an die Berliner Politik ist.