Protocol of the Session on November 22, 2007

Obwohl Berlin jetzt schon mehr Studienmöglichkeiten bietet als alle anderen Länder, bauen wir weiter aus, denn wir wissen, dass diese Investitionen gut für unsere Stadt sind. Dass so viele Studierenden nach Berlin kommen, hat nicht nur, aber – davon bin ich fest überzeugt – auch etwas damit zu tun, dass wir an der Studiengebührenfreiheit festhalten.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

CDU und FDP führen überall Studiengebühren ein und verkaufen dieses als Innovation. Die Wahrheit ist: Das ist das Gegenteil von innovativ.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

So werden Sie die Finanzierung der Hochschulen nicht lösen. Weil es in der Spontanen Fragestunde eine entsprechende Frage gab, kann ich Ihnen die Position – ich gehe davon aus, des Senats, auf jeden Fall der SPD – erklären: Es gibt nur einen Weg. Wir brauchen eine Änderung der Hochschulfinanzierung in dem Sinne, dass Geld den Studierenden folgt und dass dieses voll kostendeckend von staatlicher Seite finanziert wird.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Das beantwortet auch die Frage nach der Veränderung des Investitionsbegriffs. Es lässt sich sehr wohl ein Weg finden durch Veränderung von Artikel 115 des Grundgesetzes, in dem geregelt ist, dass die Ausgaben für Investitionen die Einnahmen aus Krediten nicht überschreiten dürfen. Wenn man davon abgeht, dass es an dem Investitionsbegriff festgemacht wird, und – wie Herr Sarrazin es angedeutet hat – einen absoluten Wert, der sich z. B. auf das Bruttoinlandsprodukt bezieht, als Messschnur für die Aufnahme von Krediten nimmt, sodass es keine Diskriminierung von Bildungsausgaben gegenüber Betonausgaben mehr gibt, könnte das sehr wohl ein Punkt sein, in dem auch auf Bundesebene im Rahmen der großen Koalition in einem wichtigen Schritt etwas für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes getan werden könnte.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Ramona Pop (Grüne): Das sieht Ihr Finanzsenator aber ganz anders!]

In diesem Senat sprechen die einzelnen Verantwortlichen miteinander und stimmen sich in der gemeinsamen Zielerfüllung ab.

[Zurufe von den Grünen]

Die Wachstumsrate im Berliner Forschungshaushalt beträgt sogar mehr als 10 Prozent. Allein 185 Millionen € fließen durch den Masterplan „Wissen schafft Berlins Zukunft!“ in die Forschung unserer Stadt. Dies sind wirkliche und vor allen Dingen zukunftsweisende Schwerpunktsetzungen für unsere Stadt. Dafür bedanke ich mich bei den Senatskolleginnen und -kollegen sowie bei der Regierungskoalition.

Wir leben schon heute in einer der faszinierendsten und aufregendsten Städte Deutschlands, ja Europas. Hier wird Zukunft gestaltet. Ich meine sogar, in weiten Bereichen wird die Zukunft hier sogar entschieden. Wir sind in den vergangenen Jahren bei der Vernetzung von wissenschaftlichem Potenzial und wirtschaftlicher Anwendung vorangekommen. Dies zeigen unabhängige Studien. So platzierten Erhebungen des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg Berlin unter die innovativsten Regionen Europas. Wenn wir hier, in Berlin, Probleme lösen, leisten wir auch einen entscheidenden Beitrag zur Lösung von Problemen in dieser globalisierten Welt. Hier, in Berlin, wächst Europa zusammen.

Und weil wir diese besondere Verantwortung tragen, müssen wir besser sein als andere. Wir dürfen uns nicht mit dem Erreichten zufrieden geben. Und wir müssen den Schwung des letzten Jahres nutzen. Wenn man sich wirklich an der Spitze bewegen will – und es ist nun einmal so: nicht alle können spitze sein –, bedeutet Stillstand in diesem Bereich der Wissenschaft letzten Endes Rückschritt. Deswegen werden wir die Berliner Wissenschaftslandschaft nicht nur finanziell, sondern auch strukturell weiterentwickeln müssen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wir müssen das Ziel haben, der Wissenschaftsstandort Deutschlands zu sein. Wir sollten den Anspruch haben, einer der Wissenschaftsstandorte Europas zu sein. Wir würden keines der Ziele, die wir so vollmundig vor uns hertragen, erreichen, wenn wir in diesem Bereich nicht prinzipiell weltweit in der ersten Reihe stehen wollten.

Meine Damen und Herren von der FDP und der CDU! Sehr verehrter Herr Pflüger! Wir müssen ehrlich miteinander umgehen. Wir wissen – und dieses sagen auch alle Präsidenten dieser Stadt –: Wenn wir in diesen Bereichen wirklich konkurrenzfähig sein wollen und wir es mit den klassischen Instrumentarien in den klassischen Strukturen machen, müssen wir den Universitäten den fünffachen Betrag an Ausstattungsmitteln zur Verfügung stellen – im Klartext: jeder einzelnen Universität 1 Milliarde €. Sonst wird es auf dem klassischen Weg nicht gehen. Wenn wir ehrlich sind, wissen wir es alle, und die Präsidenten wissen es auch.

Das heißt: Man kann sich dafür entscheiden, dass man in dem Wettbewerb der deutschen Universitätsstädte, unter anderem Oldenburg und Osnabrück, eine gute Position haben will oder eine der besten sein will. Wenn wir aber wirklich meinen, dass es das zentrale Zukunftskapital dieser Stadt als Weltmetropole ist, müssen wir ein Interesse

haben, in der Spitzenliga dieser Welt zu spielen. Und dann geht es nur mit den klassischen Strukturen, mit dem fünffachen Betrag, das heißt, für jede unserer drei Universitäten müssen Sie eine zusätzliche Milliarde € auf den Tisch legen. Wer glaubt, dass dieses möglich ist, der soll es tun. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass ich unter diesen Voraussetzungen in Berlin Wissenschaftspolitik machen kann. Wenn Sie es wirklich wollen – das ist meine Antwort, denn dieser Senator versteht unter Innovation nicht nur technische Innovation; auch Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, könnten innovative Ideen in die Politik einbringen –, dann müssen wir eine innovative Idee in die Wissenschaftspolitik einbringen, denn wir wissen, dass wir es mit den klassischen Ansätzen nicht schaffen erden. w

Herr Prof. Zöllner! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Czaja von der FDP?

Ich gestatte sehr gern.

Vielen Dank! – Herr Senator Zöllner! Stimmen Sie mit mir überein, dass das Argument der Finanzzuweisung eher ein Lockargument Ihrerseits ist und dass dieses Argument auch gälte, wenn es bestätigte Kooperation zwischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen gäbe, die an dieser Stelle auch Bundesmittel zur Verfügung gestellt bekämen?

Ich beantworte die Fragen immer ehrlich – ich habe Ihre Frage nur nicht verstanden.

[Heiterkeit und Beifall bei der SPD]

Was Ihre Frage mit der Milliarde € zu tun hat, die ich erwähnt habe und die Sie nicht bestreiten werden – fragen Sie Herrn Lenzen, Sie sprechen offensichtlich mit ihm, das braucht er zusätzlich –, das verstehe ich nicht.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wir können dieses Problem nur lösen, wenn uns etwas Neues einfällt, etwas einfällt, was es in dieser Republik nicht gibt. Es wird nur so gehen, dass wir die Exzellenzen, die in dieser Stadt vorhanden sind, gemeinsam sichtbar und gemeinsam handlungsfähig machen. Nur dann können wir mit einem Qualitätssprung einen Anspruch haben, die Wissenschaftsstadt zu sein und Wissenschaft zu dem entscheidenden Motor für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Weiterentwicklung dieser Stadt zu machen.

Deshalb habe ich vorgeschlagen, unter dem Arbeitstitel „International Forum of Advanced Studies Berlin“ exzellente Berliner Forschungsbereiche in einer gemeinsamen Tochterinstitution der universitären und außeruniversitären Einrichtungen zu bündeln. Das ist überhaupt keine Veränderung zu dem, was ich bisher gesagt habe. Das ist kein neuer Unicampus, sondern ein Exzellenznetzwerk. Die darin vereinigten Forschungsschwerpunkte aus den Bereichen der Medizin, der Geistes-, Gesellschafts-, Natur- und Ingenieurwissenschaften bleiben in den Universitäten. Die dezentrale Instituts- bzw. Laborstruktur integriert die neue Exzellenz in die Fachbereiche der Universitäten und in die Abteilungen der Forschungsinstitute. Neben den Professoren aus Berliner Universitäten und Forschungseinrichtungen sollen auch Spitzenwissenschaftler aus dem Ausland an der neu gegründeten Tochterinstitution – ich betone: nebenamtlich – gemeinsam und auf gleicher Augenhöhe mit den Berliner Wissenschaftlern arbeiten – sowohl in der Forschung als auch in der Betreuung von Studierenden.

Ich sage das hier ganz deutlich, damit es keine Missverständnisse gibt: Den Universitäten werden nicht ihre exzellenten Wissenschaftler genommen. Die Universitäten werden diejenigen sein, die von einer solchen Einrichtung profitieren, denn sie werden erstmals die Möglichkeit haben, durch gezielte Berufung von Topwissenschaftlern aus dem Ausland auf Augenhöhe mit den besten Universitäten der Welt zu agieren. Die Universitäten sollten diese Chance nutzen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich werde keine Institution fördern oder zulassen, in der es mehr Bürokratie gibt. Ich werde keine Institution ermöglichen, die relevante Mengen an Verwaltungskosten verschluckt. Und ich werde selbstverständlich kein Herauslösen der Kolleginnen und Kollegen aus den MaxPlanck-Instituten oder den Universitäten zulassen. Wer meint, dass die Beteiligung an einem Exzellenzclusterantrag beim Exzellenzwettbewerb jetzt dazu geführt hat, dass irgendeine Kollegin oder irgendein Kollege aus der Freien Universität oder der Humboldt-Universität herausgelöst worden ist, der irrt. Die Tatsache, dass ich irgendwo eine Nebentätigkeit habe, führt nicht dazu, dass ich aus einer Universität herausgelöst werde. Ich möchte nicht wissen, welche Anzahl von Professorinnen und Professoren an deutschen Universitäten verbleibt, wenn wir nur die zählen würden, die keine Nebentätigkeiten haben.

[Beifall bei der SPD]

Wir sollten hier nicht irgendwelche Pappkameraden aufstellen, sondern eine sachliche Diskussion führen.

Herr Pflüger! Wenn wir in diesem zentralen Punkt an einem Strang ziehen wollen, dann müssen wir eine Lösung finden, wie die Förderung von Exzellenz strukturell und finanziell jenseits der Unwägbarkeiten des politischen Alltags in Berlin nachhaltig gesichert werden kann. Ich meine, dass dies durch eine Institution besser möglich ist als durch auf die vorhandenen Institutionen verteilte Haushaltsmittel. Wir müssen eine Lösung finden – wenn

wir Spitzenforschung, konkurrenzfähig zu Harvard und Stanford, zumindest im Anspruch fördern wollen –, wie die Schwerpunktentscheidungen unabhängig von einem Senator und einem Abgeordnetenhaus nur noch wissenschaftsgeleitet erfolgen können. Ich meine, das geht nur durch eine solche selbständige Institution.

Meine Damen und Herren von den Grünen! Wenn wir meinen, dass zusätzliche Ressourcen für den Wissenschaftsbereich insgesamt notwendig sind – über die gewaltigen zusätzlichen Anstrengungen dieses Senats und dieses Abgeordnetenhauses hinaus –, dann müssen wir einen Weg eröffnen, wie aufgrund unserer Verfassungslage – Herr Czaja, ich betone: – zusätzliche Mittel, die sonst nicht kommen würden, möglicherweise vonseiten des Bundes in eine Spitzenuniversität hineinfließen können. Ich zumindest kann mir keine andere Möglichkeit für einen solchen Ansatz vorstellen, als dass man eine identifizierbare Institution hat.

Das bedeutet: Ich bin nicht festgelegt – im Gegensatz zu dem, was Sie mir unterstellen. Ich gehe ergebnisoffen in die Diskussion. Aber ich werde darauf bestehen, dass man sich vor den zentralen Fragen nicht drückt und das Ganze nicht nach dem Motto spielt – wie offensichtlich in Berlin schon vieles gespielt worden ist –: Wir tun mal so, als ob wir täten, und wenn wir täten, hätten wir den Eindruck, es wäre etwas getan worden. – Nein! Wir müssen etwas tun, sonst werden wir hier keine Zukunft haben.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wir sollten in dem Punkt ehrlich miteinander umgehen. Natürlich sind Strukturen in Berlin wie das Matheon hervorragend für eine wissenschaftliche Kooperation geeignet. – Herr Czaja! Wenn Sie sich damit zufriedengeben, ist es gut und schön. Ich gebe mich nicht damit zufrieden. Ich weiß, dass in der Liga, in der Berlin meiner Meinung nach spielen kann, andere Dinge eine Rolle spielen. Das Matheon kennen im Senat einer Universität in Berlin möglicherweise 80 Prozent. Ich weiß nicht, ob 20 Prozent der Abgeordneten hier wissen, was das Matheon ist. Ich sage Ihnen: Nicht einmal 1 Prozent der Mitglieder der Freien Universität weiß, was das Matheon ist. Und wenn 0,1 Prozent der Berliner Bevölkerung wissen, was das Matheon ist, ist es viel. In China sind es nur drei Leute. Wenn wir nicht erreichen, dass unsere exzellenten Bereiche in China jedem ehrgeizigen jungen Wissenschaftler bekannt sind, dann haben wir das Spiel, das wir gewinnen wollen, nicht gewonnen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Das ist die Herausforderung. – Ich darf Sie beruhigen, damit Sie nicht nervös werden: Die Chinesen werden den Namen Zöllner nie aussprechen können.

[Heiterkeit]

Wir können auch über den Zeitpunkt reden. Diese Stadt hat gewusst, dass dieser Senator meint, dass dieses nötig ist. Herr Pflüger! Sie selbst haben in der ersten Reihe gesessen, als ich es in einer Veranstaltung der Freien Uni

versität gesagt habe. Die Präsidenten wussten genau, was auf sie zukommt, und sie haben sehr wohl gewusst, dass das möglicherweise eine Chance ist, obwohl sie möglicherweise noch nicht gewusst haben, wie der Exzellenzwettbewerb am 19. November ausgegangen ist.

Jetzt müssen wir auf einer Situation, in der es um ganz Berlin geht, unsere Überlegungen und Entscheidungen aufbauen. Wir werden sie selbstverständlich nur gemeinsam mit den Wissenschaftlern und den Universitäten treffen können. Wir werden diesen Vorschlag diskutieren. Es ist eine neue Qualität, und deswegen wundert es mich nicht, dass Fragen und Sorgen im Raum stehen. Bis Anfang nächsten Jahres werden wir gemeinsam klären, was wir erreichen wollen. Aus den Zielen werden wir folgern, wie wir es machen. Ich bin ergebnisoffen, ich will nur ein gutes Ergebnis. Ich bin optimistisch, dass die Wissenschaft, die sich sonst so schön darauf versteht, das Neue zu denken und zu tun, auch bereit ist, das Neue zu denken und zu tun, wenn es um sie selbst geht. Wir werden keine Innovationshauptstadt sein, wenn wir nicht bereit sind, innovativ – das heißt, das Neue auch über uns, in diesem Fall über die Wissenschaft in Berlin – zu denken. – Ich bedanke mich!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Senator Prof. Zöllner! – Wir treten in die zweite Rederunde ein. Es hat jetzt der Herr Abgeordnete Braun für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Prof. Zöllner! Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass die Universitäten gegen Ihren Vorschlag sind, weil sie ihn verstanden haben. Nach dem, was wir eben in einer unstrukturierten Rede gehört haben mit einer Aneinanderreihung von Allgemeinplätzchen

[Carola Bluhm (Linksfraktion): Allgemeinplätzchen!]

und Leerformeln wie: „Wir müssen etwas tun“, „Wir müssen in die Zukunft gucken“, „Wir müssen strukturieren“ und Ähnlichem, glaube ich, dass es auch möglich sein könnte, dass die Universitätspräsidenten Sie schlicht und einfach nicht verstanden haben. Sie haben nicht verstanden, worauf Sie hinauswollen. Vielleicht lassen Sie das noch einmal in Ihrem Hause überarbeiten.

[Beifall bei der CDU]

Es gibt in der Berliner Wissenschaftslandschaft eine begründete Sorge und Skepsis, wenn die SPD das Ressort in der Hand hat und nach 20 Jahren immer noch versucht, Einfluss auf die Universitäten zu nehmen, anstatt die Konsequenz aus dem zu ziehen, was die Berliner Universitäten stark gemacht hat, nämlich sie gerade von diesen Zwängen zu befreien.