Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kinder sind ein sehr großes Glück. Sie bereichern das Leben ihrer Eltern. Sie sind neugierig, witzig, schlau, frech und sehr liebenswert.
Das merke ich selbst im Alltag in meiner Familie und in meinem Freundeskreis. Kinder bereichern unser aller Leben. Sie wissen alle, dass sie sehr bedeutsam für unsere Zukunft sind.
Doch wie gehen wir mit unserer Zukunft um? Wir dürfen nicht zulassen, dass Eltern mit ihren Problemen allein gelassen werden. Leider geschieht dies immer noch zu oft. Viel zu häufig kommen in Familien mit Kindern verschiedene Armutsrisiken zusammen. Damit sind wir bei der anderen Seite der Medaille. Kinder sind ein Armutsrisiko für ihre Familien. Alleinerziehende und kinderreiche Familien haben ein deutlich höheres Armutsrisiko als Alleinstehende. Kinder haben daher selbst ein großes Armutsrisiko in unserer Gesellschaft. Ich finde das schlimm für ein reiches Land und finde es auch schlimm für eine Stadt wie Berlin.
Selbstkritisch müssen wir festhalten, dass Berlin besonders stark von Kinderarmut betroffen ist. Es ist sinnlos, die Augen davor zu verschließen. Es ist auch sinnlos, die Ursachen dafür auszublenden. In einer Großstadt wie Berlin haben wir sehr viele Gründe für ein hohes Armutsrisiko: eine hohe Arbeitslosigkeit, ein niedriges durchschnittliches Einkommen, einen hohen Anteil von Alleinerziehenden, viele Migrantinnen und Migranten. Dies alles sind Herausforderungen, denen wir uns täglich stellen
müssen und denen wir uns auch zukünftig stellen müssen, denn die Folgen tragen die Kinder dieser Stadt. Dabei geht es nicht nur um ein geringes Familieneinkommen, es geht vor allen Dingen um Ausgrenzungen, die für sie damit verbunden sind. Wer arm ist, lebt immer auch in der Gefahr, an die Grenze der Gesellschaft abgedrängt zu werden.
Wenn wir über Armut reden, dann reden wir auch über fehlende Chancen und Möglichkeiten des Aufwachsens und der Entwicklung von Kindern. Ich glaube, dass wir uns alle einig sind, dass jedes Kind, das von Armut betroffen ist, eins zu viel ist.
Die Lebens- und Entwicklungschancen dürfen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Mit dieser sozialen Lage von Kindern aus einkommensschwachen Familien werden wir uns nie abfinden.
Doch leider hört bei dieser Feststellung die Gemeinsamkeit schon auf. Angesichts enger öffentlicher Haushalte kann man nicht ernsthaft behaupten, mit aller Kraft gegen Kinderarmut zu kämpfen, wenn man – wie die Union – zusätzliche Geldgeschenke für reiche Familien fordert. – Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, halten wir überhaupt nichts von Ihren Vorschlägen, das Familiensplitting einzuführen.
Entschuldigung, Frau Abgeordnete Scheeres! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Steuer?
Ich möchte weiterreden. Danke! – Dies hilft nur den reichen Familien und bekämpft nicht die Kinderarmut.
Wir brauchen einen nationalen Pakt gegen Kinderarmut. Das haben wir deutlich eingefordert. Dies wird auch demnächst ein Schwerpunkt auf unserem Bundesparteitag sein.
Der Leitgedanke dieses Pakts ist die Überzeugung, dass wir eine gemeinsame Initiative mit Bund, Ländern und Kommunen brauchen, um Kindern wirkungsvoll zu helfen. Dabei geht es um Leistungen für Familien, um finanzielle, aber vor allem auch um strukturelle Leistungen, die Familien und ihren Kindern das Leben in der Mitte der Gesellschaft ermöglichen.
Auf Bundesebene haben wir in der Regierungszeit das Kindergeld erhöht. Wir haben Initiativen für den Ausbau der Ganztagsschule und der Kinderbetreuung angestoßen.
Wir haben den Kinderzuschlag eingeführt und werden diesen auch weiterentwickeln. Und wir haben der Union den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr abgerungen. Die Mittel, die das Land für den Ausbau der Betreuung für die unter Dreijährigen erhält, werden für die Jahre 2008 bis 2013 um 87 Millionen € betragen. Dies wird in unserer Stadt weitere Möglichkeiten der Erziehung, Bildung und Betreuung für unsere Kinder schaffen. Dabei können wir an unsere guten Ansätze anknüpfen, denn wir haben in Berlin nicht erst gestern angefangen, die Bedingungen für Kinder und Familien zu verbessern.
Wir haben in Berlin eine Kinderbetreuung, die sich quantitativ und auch qualitativ in der gesamten Bundesrepublik sehen lassen kann. Wir stehen hier ganz vorn. Wir haben das kostenfreie letzte Kitajahr und eine klare Perspektive, dass die Kinderbetreuung ab 2011 vom dritten Jahr an kostenlos sein soll. Mit der Einführung der Sozialraumorientierung haben wir die soziale Arbeit stärker an den Problemen der Menschen vor Ort orientiert, um gemeinsam mit ihnen und den Institutionen an Lösungen zu arbeiten. Wir fördern den Ausbau der Ganztagsschule. Auch hier nimmt Berlin bundesweit eine Spitzenposition ein. Wir fördern den Familienpass, damit Kinder und Familien auch am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben können.
Doch dabei bleiben wir nicht stehen. Wir wollen unseren Weg des Förderns der Infrastruktur konsequent weitergehen. Dieser Weg ist der richtige, denn dieser Weg kommt direkt bei den Kindern an und genau bei denen, die es ganz besonders benötigen.
Wir haben das Netzwerk Kinderschutz auf den Weg gebracht, um Familien frühzeitig Hilfen und unterstützende Infrastrukturen anzubieten. Wie schon angesprochen wurde, haben wir im Rahmen der Haushaltsberatungen vor, diesen Bereich finanziell auszuweiten. Dieses Konzept werden wir gemeinsam mit den Bezirken vor Ort umsetzen.
Wir wollen in Berlin den Sprachstand der Kinder ein Jahr vor Schulbeginn erheben und die Sprachförderung in den Kitas stärken. Fehlende Sprachkenntnisse dürfen Kindern nicht die Chance auf ein erfolgreiches Aufwachsen nehmen.
Wir möchten, dass alle Kinder an den Granztagsgrundschulen die Möglichkeit haben, am Essen teilzunehmen. Dieses werden wir subventionieren. Wir wissen alle, dass es wichtig ist, einen vollen Magen zu haben, um gut zu lernen. Das gemeinsame Essen ist auch eine wichtige soziale Erfahrung für die Kinder. Diese Wirkung sollten wir nicht unterschätzen. Es ist eine Leistung, die direkt bei den Kindern ankommt.
Nach meiner persönlichen Meinung müssen wir auch weiter über eine Grundsicherung für Kinder auf Bundesebene nachdenken. Das Existenzminimum eines jeden Kindes muss unabhängig von den Eltern gesichert werden. Auch wenn dies in meiner Fraktion so noch nicht abgestimmt ist, halte ich es für ein richtiges Signal, die Daseinsvorsorge für Kinder ernst zu nehmen.
Die Diskussion über die Kinderarmut darf aber nicht nur auf das Geld reduziert werden. Die Strategie zur Bekämpfung von Kinderarmut muss vielmehr ein Mix von unterschiedlichen Maßnahmen sein. Der von uns geforderte nationale Pakt gegen Kinderarmut muss vier Punkte beinhalten. Wir müssen
Berlin wäre hier mit seiner Vorleistung ein sehr guter Partner. Wir würden uns freuen, wenn wir gemeinsam über Parteigrenzen hinweg mehr für Kinder bewegen könnten. Wer den Reichtum, den Kinder bedeuten, erleben möchte, muss Kinderarmut bekämpfen. – Danke!
Vielen Dank Frau Abgeordnete Scheeres! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Jantzen das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedaure, dass Herr Zöllner abwesend sein muss, weil er zur KMK musste. Es wäre gut, wenn er dieser Debatte als für Jugend und Familie zuständiger Senator hätte beiwohnen können.
Man hat in der letzter Zeit den Eindruck gewonnen, die Aufgaben im Senat seien verteilt: Um Kinderarmut und soziale Fragen kümmert sich die PDS,
und die SPD versucht eher, Arbeitslosengeld-II-Empfänger zu beschimpfen oder in eine Ecke zu stellen, in die sie nicht gehören. Das hätte hier gerade gerückt werden können.
Entschuldigen Sie, Frau Abgeordnete Jantzen! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Zackenfels?