Protocol of the Session on September 27, 2007

Bahnkunden in der Region Berlin-Brandenburg, um Milliarden-Investitionen. Die Deutsche Bahn ist der größte privatrechtliche Arbeitgeber in Berlin, der Nahverkehr sorgt für schnelle Verbindungen in Stadt und Region, und so soll es aus unserer Sicht auch bleiben.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen – Mario Czaja (CDU): Die Rede ist für Herrn Sarrazin, nicht?]

Die aktuelle Diskussion um die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn sorgt für ganz neue Konstellationen – quer durch die Parteien und die Interessenverbände. Schon allein bei den Gewerkschaften gibt es sehr unterschiedliche Stellungnahmen, innerhalb der verschiedenen Parteien ebenfalls. Das zeigt, dass dies ein Thema ist, um das man sich kümmern muss.

Worum geht es dabei? Was soll das Ziel sein? – Das Ziel der Bahnreform im Jahr 1994 war es, mehr Kunden, mehr Güter, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Das Ziel der Teilprivatisierung heute scheint zu sein, mehr Geld in die Kassen der Bahn und indirekt in die Kassen privater Investoren zu bringen. Das hat nichts mehr mit der Bahnreform von 1994 zu tun.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von Heidi Kosche (Grüne)]

Deshalb müssen wir uns darüber unterhalten, was die Beweggründe, die Ziele und die Risiken sind, die für die Länder entstehen. Letztendlich soll das größte bundeseigene Unternehmen privatisiert werden, ein Unternehmen der Daseinsvorsorge. Wir wollen eine Verbesserung des Angebots, wir wollen den Erhalt der Flächenerschließung. Wir müssen sehen, wie das mit den aktuellen Plänen gewährleistet ist.

[Mario Czaja (CDU): Vielleicht wäre ein Antrag auf dem Bundesparteitag besser!]

Lieber Herr Czaja, den Antrag auf dem Bundesparteitag gibt es bereits. Es ist aber nicht nur eine Sache der SPD, sich hierzu Gedanken zu machen, sondern aller Parteien, auch Ihrer Partei, Herr Czaja, die sich bisher auch nicht eindeutig positioniert.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Insofern ist es auch für die CDU eine Chance, klar zu sagen, worum es ihr bei dieser Diskussion geht. Die Länderminister sind nicht einer Meinung mit der Bundesregierung.

[Zuruf von Volker Ratzmann (Grüne) – Dr. Martin Lindner (FDP): Es geht doch heute um Thilos Rache!]

Aktuell haben wir zwei Dinge in der Zeitung gelesen, die so nicht zusammen passen und die eine Rolle in der Diskussion spielen müssen: Die Deutsche Bahn will zum zweiten Mal in diesem Jahr die Fahrpreise erhöhen – im Dezember. Fahrpreiserhöhungen kann es immer mal geben, muss es immer mal geben,

[Zuruf von Volker Ratzmann (Grüne)]

zwei Mal in einem Jahr ist aber schon erstaunlich.

[Zurufe von Volker Ratzmann (Grüne) und Dr. Martin Lindner (FDP)]

Wenn die Deutsche Bahn aber gleichzeitig 50 Millionen € zusätzlich für das Stoiber-Memorial am Flughafen München-Erding für den Transrapid zusagt, dann passt das nicht zusammen.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen]

Es kann doch nicht sein, dass die Fahrpreiserhöhung im Dezember sozusagen den Stoiber-Gedächtnis-Transrapid finanziert. Das ist ja faktisch so.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Nein!]

Da stimmt etwas nicht, und auch darüber müssen wir heute reden.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Was hat das mit der Privatisierung zu tun?]

Was macht die Deutsche Bahn da? Kauft sie die Stimmen des Landes Bayern für die Bahnprivatisierung ein, so, wie sie es in Stuttgart mit dem Projekt 21 gemacht hat, und so, wie es jetzt offensichtlich mit der Speckscheibe Regionalisierungsmittel laufen soll? Bei einer Bundesregierung, die erst einseitig die Regionalisierungsmittel kürzt und dann sagt: „Im Rahmen der Bahnprivatisierung überlegen wir uns noch einmal, ob wir sie zumindest teilweise wieder erhöhen.“, muss man aus Ländersicht sehr vorsichtig sein, und zwar unabhängig davon, welcher Partei die jeweiligen Ministerinnen und Minister zugehören.

[Zuruf von Mario Czaja (CDU)]

Deshalb würde ich mich freuen, wenn wir hier gemeinsam über dieses Thema diskutierten und zu einer gemeinsamen Position für Berlin kämen. Es ist höchste Eisenbahn. Stoppt den Börsenwahn! Lasst uns eine gute Zukunft für die Deutsche Bahn schaffen und hier die Eckpunkte diskutieren! – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Kollege Gaebler! – Für die Fraktion der CDU hat nunmehr der Fraktionsvorsitzende Herr Dr. Pflüger das Wort zur Begründung der Aktuellen Stunde. – Bitte schön!

[Uwe Doering (Linksfraktion): Tempelhof?]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen als Aktuelle Stunde das Thema Umweltzone.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Das ist was Neues!]

Die Umweltzone ist wichtig, aber man muss sie auch richtig machen. Das heißt, sie muss sozial- und wirtschaftsverträglich sein.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Abschaffen!]

Das, was manchmal gut gemeint ist, ist noch nicht gut gemacht. Das, was wir bisher sehen – drei Monate vor Einführung der Umweltzone –, ist im Gegenteil schlecht gemacht, und wir fordern Sie zum Handeln auf.

[Beifall bei der CDU]

Umweltschutz ist etwas sehr Wichtiges, aber wenn man ihn nachhaltig machen will, dann muss man die Menschen mitnehmen. Wenn Umweltschutz nur als Gängelung, als mehr Bürokratie, als neue Pleiten und als Arbeitslosigkeit daherkommt, dann gewinnen Sie die Menschen nicht. Dann können die Dinge noch so gut gemeint sein, sie nutzen der Umwelt nicht, sie schaden der Berliner Wirtschaft und sind sozialpolitisch untragbar.

[Beifall bei der CDU]

Ich habe dieser Tage mit Hans-Günter Hagelgans gesprochen. Er hat ein Handwerksunternehmen Sanitär/Heizung mit 17 Mitarbeitern. Er hat 14 Fahrzeuge, mit denen er in der Innenstadt herumfährt. Von diesen 14 Fahrzeugen muss er zum 1. Januar acht neu beschaffen.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Das bedeutet für ihn, wenn er das kreditfinanziert, eine Kreditaufnahme von 240 000 €. Jetzt kommt Herr Müller und sagt: Wir müssen ein Kreditprogramm auflegen. – Das hat er übrigens schon am 6. März vorgeschlagen. Es stand ein Riesenartikel in der „Morgenpost“: „Kleinkredit soll vor Pleite schützen.“ – Nichts ist seitdem geschehen. Es gibt kein einziges Programm für solche Kredite.

[Zuruf von Carl Wechselberg (Linksfraktion)]

Herr Müller! Sie sind Fraktionsvorsitzender der SPD. Sie müssen sich fragen: Was gilt Ihr Wort, wenn Sie das im März anmahnen und bis heute nichts geschehen ist, sondern Herr Wolf sich mit Händen und Füßen gegen diesen Vorschlag sträubt?

[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Elisabeth Paus (Grüne)]

Aber selbst wenn es ein solches Kreditprogramm gäbe – das sind z. T. kleine Handwerksbetriebe, die sich nicht einfach einen neuen Kredit leisten können. Sie wollen vielleicht gänzlich ohne Kredite auskommen und haben nicht die Möglichkeit, die Zinsen zu bedienen.

[Zuruf von Christoph Meyer (FDP)]

Das, was Sie hier auflegen, hat nichts mit vernünftiger, gerechter Wirtschafts- und Sozialpolitik zu tun. Dieses Programm – so, wie es daherkommt – bedroht nach Angaben von Handwerksverbänden der Fachgemeinschaft Bau bis zu 10 000 Arbeitsplätze in Berlin. Wir sind Schlusslicht beim Wachstum in Deutschland. Wir liegen auf Platz 50 im Städte-Ranking von 50 untersuchten Großstädten. Schaffen Sie diesen Unfug in der Form, wie Sie ihn machen, endlich ab! Wir wollen die Umweltzone, aber wir wollen sie vernünftig und nicht so, dass Betriebe in die Pleite und Menschen in die Arbeitslosigkeit getrieben werden.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Aber wir freuen uns darüber, dass Herr Müller jetzt, drei Monate vorher, aufwacht und in einem Interview in der heutigen „Morgenpost“ Folgendes sagt:

Die verschärfte Stufe führt dazu, dass die Autos in der Innenstadt nicht mehr fahren dürfen. Es ist den Unternehmen nicht zuzumuten, diese Wagen in großem Umfang auszutauschen.

[Heiterkeit von Andreas Gram (CDU]

Das ist genau mein Argument. Aber, Herr Müller, der Unterschied ist: Sie regieren! Ihre Koalition hat diesen Unfug gegen uns beschlossen. Wenn Sie das jetzt einsehen, dann setzen Sie sich mit uns zusammen! Lassen Sie uns das Ding reformieren und sozial- und wirtschaftsverträglich machen! Dann können wir hier gemeinsam etwas für Berlin und für die Unternehmen und die Arbeitsplätze in Berlin schaffen.

[Beifall bei der CDU – Michael Müller (SPD): Lieber ohne Sie!]

Dann kommt etwas sehr Bemerkenswertes. Herr Müller kritisiert in massiver Weise den sich heute nicht im Haus befindlichen Wirtschaftssenator Wolf, und zwar in einer Art und Weise, die ich mir als Wirtschaftssenator verbitten würde.