Ein wesentliches Problem ist, dass Sie im bestehenden System herumdoktern. In diesem gibt es aber zu viele Schwierigkeiten, als dass Sie die alle in so kurzer Zeit lösen können. Das Resultat wird eine Art Provisorium sein, unter dem die Menschen leiden, die auf den Fahrdienst angewiesen sind.
Ich vermisse zudem den deutlichen Qualitätsanspruch an den jetzigen Fahrdienst. Sollen die Nutzerinnen und Nutzer noch länger auf wesentliche und qualitative Verbesserungen warten? – Wir stellen uns das im Sinne der Nutzerinnen und Nutzer anders vor. Der Vertrag mit dem jetzigen Dienstleister wurde verlängert, und Frau KnakeWerner möchte Ruhe ins System bringen. Wir sehen das anders. Gerade wegen der noch bestehenden Probleme muss auf die Einhaltung der Vertragsmodalitäten geachtet und diese transparent dargestellt werden. Nur so wird man die Schwachstellen herausfinden und nach Lösungen suchen können. Hierzu reicht es nicht, diese vor allem im Sonderfahrdienst oder in der Senatsverwaltung zu analysieren. Auch das Abgeordnetenhaus muss dementsprechend einbezogen werden.
So können sich die Nutzerinnen und Nutzer darauf verlassen, dass sie bei Beschwerden nicht nur vertröstet werden, sondern dass konsequent die Einhaltung der Anforderun
gen an den Fahrdienst geprüft wird. Wir wollen die Menschen mit Behinderungen nicht darauf warten lassen, bis ein neues Konzept zur besseren Organisation des Fahrdienstes vorliegt. Sie haben ein Recht auf Mobilität und Teilhabe sowie einen Anspruch auf qualitative Umsetzung. Dieser muss schon jetzt durchgesetzt werden.
Nun komme ich zum Fahrdienst an sich. Für die Berlinerinnen und Berliner ist es inzwischen eine Selbstverständlichkeit, dass der Service der BVG und der S-Bahn immer kundenfreundlicher wird. Die Information der Fahrgäste, Fahrzeuge usw. werden kontinuierlich moderner. In meinen Augen muss das auch eine Selbstverständlichkeit für den Sonderfahrdienst sein. Hier kann man sich den neuen technischen Möglichkeiten nicht verschließen.
Dazu ist es allerdings notwendig, über den Tellerrand zu schauen und auf das externe Wissen entsprechender Fachleute zurückzugreifen.
Wesentliche Neuerungen sind die Einführung eines Flottenmanagementsystems und die strikte Trennung von Regieleister auf der einen und Fahrdiensten auf der anderen Seite. Das sind zwei Elemente, die erheblich zur Verbesserung beitragen werden.
Dadurch wird in Abhängigkeit von der Schwere der Behinderung die optimale Strecke mit oder ohne ÖPNV und Hilfspersonen automatisch zusammengestellt. Auch die Interessenkonflikte, die es zwischen Regieleister und einigen Fuhrunternehmen gibt, werden beseitigt, da der Regieleister dann unabhängig auftreten kann. Dadurch wird der Fahrdienst schneller, flexibler und vor allem zuverlässiger. Das ist das, was die Nutzerinnen und Nutzer wollen. Deshalb appelliere ich an die Koalition, unseren Anträgen zuzustimmen. Es ist besser, nicht mit der Brechstange vorzugehen
und im Schnelldurchlauf das gesamte Angebot zu verbessern, sondern den Fachverstand von Wissenschaftlern zu nutzen, um die einzelnen Bestandteile des Systems zu optimieren. Das bedeutet, die Vertragstreue des jetzigen Anbieters kontinuierlich durchzusetzen und einen zukunftsfähigen Sonderfahrdienst zu entwickeln.
Darüber hinaus müssen diese genug Zeit haben, um ein fundiertes Konzept zu erarbeiten. Auf diese Grundlage wird man dann aufbauen können. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Lehmann! – Für die SPDFraktion spricht nun Frau Monteiro. – Bitte schön, Kollegin Monteiro, Sie haben das Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sonderfahrdienst für Menschen mit Behinderungen ist ein ganz besonderes Thema. Der Kampf um eine hohe Qualität des Fahrdienstes zieht sich durch zahlreiche Debatten im Plenum und in den Ausschüssen. Zu Recht, denn der Sonderfahrdienst gibt Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit, mobil zu sein und ohne Erklärungen und Rechtfertigungen, wie es in anderen Städten durchaus der Fall ist, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Wegen dieses besonderen Nachteilausgleiches, den das Land Berlin leistet, ist das Funktionieren des Sonderfahrdienstes ein besonderes Anliegen aller hier im Parlament vertretenen Fraktionen und selbstverständlich auch des Senats.
Gerade deshalb konnte die Situation im Januar und Februar dieses Jahres niemanden zufriedenstellen. Die damals zu beobachtenden Probleme standen im engen Zusammenhang mit der im Jahr 2006 erfolgten und zum Jahreswechsel 2006/2007 abgeschlossenen Ausschreibung.
Es gab einige unerfreuliche Anlauf- und Umstellungsprobleme bei der Fahrtwunschannahme, bei der Fahrtenrealisierung und auch bei der Fahrtendurchführung. Diese fanden sich wieder in ausführlichen Diskussionen und Berichten im Hauptausschuss und im zuständigen Fachausschuss, in der Anhörung zum Sonderfahrdienst unter Beteiligung der Regie- und Fuhrunternehmen, in diversen Gesprächsrunden mit den Betroffenen, unter anderem im Fahrgastbeirat und andernorts.
Das klare Benennen der Probleme und die konkrete und offensive Auseinandersetzung mit ihnen trugen auch dazu bei, dass seit März 2007 eine deutliche Entspannung, ja eine Besserung der Situation eingetreten ist. Die Anzahl der Beförderungen ist erheblich gesteigert worden. Sie liegt derzeit bei ca. 480 Fahrten pro Tag. Ebenfalls gesteigert werden konnte die Anzahl der gemeinsamen Beförderungen mehrerer behinderter Nutzer, die sogenannten Einbindungen auf rund 10 Prozent.
Hier sei mir eine kleine Nebenbemerkung gestattet: Ich habe kurz gestutzt, als ich im Antrag von CDU, FDP und Grüne von der Einbindung unabhängiger Sachverständiger und Betroffener las.
Ich nehme an, es ging ihnen nicht um die gemeinsame Beförderung von Sachverständigen und Betroffenen, was allerdings zweifellos zu einer weiteren Steigerung der Einbindungsquote beitragen würde.
Die Zahl der Beschwerden, die beim Landesamt für Gesundheit und Soziales zentral bearbeitet wird, liegt derzeit bei einer Größenordnung von rund 1 Prozent, in absoluten Zahlen ausgedrückt, sind das für den Monat August 8 Beschwerden zur Fahrtenanmeldung und 2 Beschwerden zur Fahrrealisierung, und das bei über 14 000 Beförderungen. Dabei darf man sich auch einmal erinnern und positive Veränderungen feststellen: Im August 2006 gab es noch 248 Beschwerden. Vielleicht lassen diese Erkenntnisse etwas die Luft auf dem Antrag Drucksache 16/0822 heraus, der von einer anderen Situation auszugehen scheint. Bitte schauen Sie sich diesbezüglich noch einmal die aktuellen Zahlen an!
Herr Lehmann, Frau Villbrandt und Herr Hoffmann! Wie Sie wissen, bin auch ich bis zu einem gewissen Maß skeptisch gegenüber Erfolgsmeldungen, die nur auf der Zahl der erfassten Beschwerden beruhen. Deshalb freue ich mich, dass das Landesamt für Gesundheit und Soziales im August allen Nutzerinnen und Nutzern des Sonderfahrdienstes einen Fragebogen zukommen ließ, mit dem die Zufriedenheit mit Erreichbarkeit und Personal der Regiezentrale, mit dem Fahrpersonal und Fahrzeugstandard, mit dem Abrechnungsverfahren, dem Berechtigungsverfahren und dem Magnetkartensystem dezidiert abgefragt wurden. Außerdem gibt es im Fragebogen Raum für die Anregungen der Nutzerinnen und Nutzer, denn nichts ist so gut, als dass es nicht noch besser gemacht werden könnte. Die Auswertung dieser Befragung sollte unbedingt in die Ausschussdiskussion der heute vorgelegten Anträge einfließen.
Zur Verbesserung der Situation haben sicherlich verschiedene Faktoren beigetragen: die Vergrößerung der Fahrzeugflotte auf nun 54 Fahrzeuge der vertraglich gebundenen Fuhrunternehmer, die Einbeziehung von ca. 60 Teletaxen als sogenanntes Überlaufventil, die Einrichtung einer automatischen Ansage bei der Telefonannahme und nicht zuletzt der Einsatz eines weiteren Disponenten in der Fahrtwunschannahme.
In ihrem Antrag Drucksache 16/0823 fordern die Fraktionen von CDU, Grünen und FDP, unter Einbeziehung des ÖPNV ein neues Konzept für die unterschiedlichen Nutzergruppen vorzulegen. Ein belastungsfähiges und effizientes Flottenmanagementsystem solle entwickelt und eingesetzt werden. Liebe verhinderte Flottenadmiräle Herr Lehmann, Frau Villbrandt und Herr Hoffmann!
Sie erinnern sich doch sicher noch daran, dass dieses Haus erst am 5. Juli 2007 mit der Drucksache 16/0580 beschlossen hat, den Senat aufzufordern, bis zum 31. Oktober 2007 ein umfassendes Mobilitätskonzept vorzulegen, das eben jene bessere Verzahnung zwischen Sonderfahrdienst und ÖPNV zum Inhalt hat, die Sie mit Ihrem An
trag nun fordern. Also, liebes Dreigestirn von CDU, FDP und Grünen, entweder kommen Sie mit Ihrem Antrag zu spät oder zu früh, denn das Mobilitätskonzept ist bereits in Arbeit. Hier kommen Sie also zu spät. Und im Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales wird es erst nach dem 31. Oktober 2007 beraten. Hier kommen Sie also zu früh und müssten sich noch ein wenig gedulden.
Letzter Satz: Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir das Mobilitätskonzept und die vorliegenden Anträge im Ausschuss gemeinsam diskutieren. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss.
Danke schön, Frau Kollegin Monteiro! – Für die CDUFraktion hat nunmehr der Kollege Hoffmann das Wort. – Bitte schön, Herr Hoffmann!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Nun ist es ja so, wenn sich ein Maat zum Admiral äußert, ist es manchmal ein bisschen schwierig mit dem Verständnis.
Wir haben das Thema Sonderfahrdienst einmal wieder auf der Tagesordnung, unser Sorgenkind, weil sich im Gegensatz zu Ihren Ausführungen die Probleme eben leider nicht von vor der Sommerpause in Luft aufgelöst haben. Da hilft es auch nicht, wenn – wie von Ihnen erwähnt und was ich der Verwaltung positiv anrechnen möchte – der zuständige Abteilungsleiter im wahrsten Sinne des Wortes die Reißleine betätigt und schnell fünf weitere Fahrzeuge bewilligt. Das nimmt zwar vorübergehend den Dampf aus den Kesseln, beseitigt aber nicht die eigentlichen Webfehler im System.
Zu den Fehlern will ich noch einiges sagen. Erstens besteht der Fehler darin, dass immer nur an Symptomen herumgedoktert wird. So war es längst überfällig, dass die Vermittlungszentrale endlich aufgestockt wurde. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Flottenmanagementsystem des jetzigen Regieleisters völlig unzureichend ist.
Es wird fast ausschließlich mit vorbestellten Fahrten gearbeitet. Das ist unflexibel, entspricht nicht den eigentlichen Erwartungen der Fahrberechtigten und nutzt vor al
lem nicht die Möglichkeiten, die dem gesamten öffentlichen Verkehrssystem im Verbund mit einem gut organisierten Sonderfahrdienst – gäbe es ihn denn – innewohnen würde. Deshalb ist auch die von Ihnen befürwortete Öffnung der Taxikonten nur eine Notlösung – und zwar eine sehr kostenträchtige.
Frau Senatorin! Es klemmt noch an vielen weiteren Stellen: zum Beispiel bei der schlechten Auslastung der Fahrzeuge, den immer noch langen Wartezeiten, der schlechten Einbindung und den zu vielen Leerfahrten. Die Kürzungen bei den Mobilitätsdiensten, die eine wichtige Ergänzung des Sonderfahrdienstes sind, haben zusätzliche Ängste und Unsicherheit bei den Betroffenen ausgelöst. Aber das wissen Sie ja, so hoffen wir zumindest. Wir fordern deshalb von Ihnen, dass die nächsten Monate intensiv genutzt werden, damit unter Einbindung unabhängiger Sachverständiger und Betroffenenvertretern ein neues Konzept erarbeitet und vor allem sichergestellt wird, dass ein belastungsfähiges und effizientes Managementsystem mit Partnern aus der Wissenschaft entwickelt und praxistauglich gemacht wird.
Fehler Nummer 2: Warum sträuben Sie sich, Frau Senatorin, und mit Ihnen die Koalitionsfraktionen, so sehr, auf Einhaltung der Vertragstreue der jetzigen Regiedienstleister zu drängen und dies über kontinuierliches Controlling zu tun? Es ist nicht zu verstehen, dass dieses Instrument nicht konsequent genutzt wird, um Transparenz, Qualität und Quantität der Leistungen im Sinne des Vertrags zu verbessern. Die Kolleginnen und Kollegen der anderen Oppositionsfraktionen und ich sind zutiefst davon überzeugt, dass viele Mängel gar nicht erst aufgetreten wären, beziehungsweise längst abgestellt sein könnten, wenn Sie von dem Mittel Controlling Gebrauch gemacht hätten.