Dann zu Herrn Zackenfels: Am Anfang hatte er schwere Orientierungsschwierigkeiten, wohl unter dem Eindruck, dies sei die Probenbühne der Komischen Oper, aber nicht das Parlament. Ein guter Auftritt, der aber leider nichts zu der Debatte beigetragen hat. Nach sage und schreibe 13 Minuten sagte Herr Zackenfels den Satz: Verlassen wir die Vergangenheit! Dann brauchten Sie weitere vier Minuten, um uns den Status quo zum Sanierungsprogramm und den Einstellungskorridor bei Feuerwehr und Polizei
Sie erregen sich über die Kleinteiligkeit der Opposition, die mit 70 000- oder 100 000- oder 200 000-€-Anträgen kommt. Aber wenn Sie sich eine Gesundheitssenatorin leisten, die von einem Jahr auf das andere ihren Etat für Veröffentlichungen versechsfacht, 200 000 € mehr braucht – den Preis einer Jugendeinrichtung –, dann sollte eine Koalition, die in den letzten Jahren 140 Jugendeinrichtungen plattgemacht hat, lieber schamvoll im Boden versinken, als sich über die Kleinteiligkeit zu beschweren.
Auf den Vorwurf: 500 Millionen € mehr mit zwei Großprojekten! sagte er: Ich kann doch gar nicht anders. – Das, lieber Kollege Wechselberg, ist nicht nur ein politikfreier Haushalt, sondern das ist die politikfreie Zone PDS. – Natürlich können Sie anders! Sie müssen mit den Institutionen streiten! Sie müssen gucken, wo Sie abspecken können, aber Sie können nicht ohne Widerspruch 500 Millionen € mehr in Gefängnis- und Flughafenneubau stopfen und sich nicht einmal mehr über diese Preiserhöhung aufregen.
Ihr Credo als Koalition – das haben Sie gesagt: Wir wissen nicht, ob wir was nützen, aber wenigstens schadet es auch nichts, was wir tun. Solch eine Regierung habe ich mir immer gewünscht, eine, die wenigstens nicht schadet. Aber dies ist, glaube ich, für die Zukunft der Stadt nicht das, was wir brauchen können.
Ich will zu den Bezirken noch einige Sätze sagen, und jeder muss selbst wissen, wie er sich und seine Rolle definiert. – Herr Sarrazin! Es gibt schlau, und es gibt Schlaumeier. Schlaumeier ist Ihre Selbstbeschreibung, und der werden Sie gerecht mit Halbwahrheiten und unsinnigen Vergleichen, die nur dazu dienen, Stimmung zu machen. Da sagen Sie heute, die Bezirken bekommen 300 Millionen € mehr als je zuvor. Das ist doch schlichtweg Blödsinn! Das wissen Sie auch. All das, was Sie in den letzten Jahren regelmäßig als Basiskorrektur am Ende des Jahres draufgeben mussten, haben Sie nun am Anfang gegeben, aber dadurch ist es nicht mehr geworden.
Wenn Sie sagen, 25 Millionen € mehr für Personal, dann sagen Sie bitte auch, dass Sie erst 40 Millionen € abgezogen und dann 25 Millionen € wiedergegeben haben. Es ist nicht mehr, es sind immer noch 15 Millionen € weniger.
Dann kommt es mir manchmal vor wie bei meiner eigenen Partei in der Gründungsphase mit dem „Jäger 90“. Die 25 Millionen €, die Sie jetzt bei der Kürzung nachge
lassen haben, sollen nun mittlerweile nach Auffassung der Bildungsverwaltung ausreichen, um das Kinderschutzprogramm zu finanzieren, um die Einschulungsuntersuchung und den Schulpsychologischen Dienst zu finanzieren. Sie sollen ausreichen, um die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht aufzufüllen und die Ordnungsämter auszustatten. Man kann leider auch dieses Geld nur einmal ausgeben.
Und der Höhepunkt des Zynismus’ ist, Herr Sarrazin, erreicht, wenn Sie gestern in der „Morgenpost“ sagen: Reingefallen! Ich habe euch mal wieder hintergangen! und:
Wie gehabt existiert eine Ankündigungspolitik: Der Senat beschließt ein Kinderschutzprogramm, stellt aber nicht die notwendige Infrastruktur zur Verfügung.
Nächstes Beispiel: Sie erwähnen die Überschüsse der Bezirke, erwähnen fünf Bezirke, vergessen aber zu erwähnen, dass die anderen Bezirke tief im Defizit hängen und dass es im Schnitt ein Nullsummenspiel ist. Das einzige, was durch dieses Beispiel belegt wird, ist die ungerechte Verteilung der Mittel zwischen den Bezirken, aber nicht eine Überausstattung der Bezirke insgesamt.
Dann gibt es die Systembrüche, die Sie immer wieder machen. Angeblich gibt es einen Produkthaushalt, einen Globalhaushalt, aber Sie sind derjenige, der immer wieder kameralistisch hineinregiert: Stellenbesetzungssperren, Normierungen, Mindestveranschlagungen, statt definierter qualitativer und quantitativer Standards. All das passt nicht zum System, und all das passt auch nicht in eine Steuerung. Es führt dazu, dass die Bezirke faktisch nicht mehr steuerbar sind, weil es keine Systematik der finanziellen Steuerung mehr gibt, die zuverlässig ist.
Den Höhepunkt der Unzuverlässigkeit leisten Sie sich dann heute oder gestern, indem Sie plötzlich, nicht einmal zwei Wochen vor dem Abgabetermin der Bezirkshaushalte, diese vorziehen und sagen, die Bezirke sollen diese früher vorlegen. Dies führt dazu, dass wir lauter Haushalte ohne BVV-Beschlüsse erhalten. Dann können Sie wieder schimpfen, dass dort die Arbeit nicht gemacht wurde. Letztlich haben Sie mitten im Verfahren wiederum die Terminierung geändert und können sich dann darüber nicht wundern.
Ja! – Letzter Satz, der auch nicht ganz so lang wird wie beim Kollegen Nolte: Städtevergleiche, scharfes Hinse
hen, das ist alles schön und gut, aber dies muss bitte auch bei der Hauptverwaltung und beim Senat geschehen. Das fehlt völlig. Das größte Problem, Herr Sarrazin, ist mittlerweile Ihr Zynismus und Ihre Arroganz im Umgang mit den Bezirken. Ich ziehe daraus die Schlussfolgerung: Schlaumeier lernt leider nicht mehr! All das, was man braucht, um schlau zu sein, nämlich lebenslanges Lernen, fehlt bei Ihnen völlig.
Vielen Dank! – Jetzt hat für die Fraktion der FDP Herr Kollege Meyer das Wort! – Bitte schön, Herr Meyer!
Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Nachdem Herr Wechselberg und vor allem Herr Zackenfels sich hier selbst auf die Schulter geklopft haben, muss man hierzu doch noch einmal ein paar Worte sagen: Herr Sarrazin hat zu Beginn richtig ausgeführt, dass im Jahr 1990 das Land Berlin 9 Milliarden € Schulden hatte. Wir sind mittlerweile bei 60 Milliarden € Schulden. Wenn sich die Koalition nun hinstellt, vor allem der Teil der Koalition, nämlich die SPD, die diese 50 Milliarden € Schulden in den letzten 15 Jahren mitzuverantworten hat, dies aber nun als Jubelmeldung verkündet, muss man erst einmal festhalten, dass Sie den Karren mit in den Dreck gestoßen haben. Dass Sie nun anfangen, sich zu bejubeln, dass Sie den Karren nicht noch tiefer in den Dreck stoßen, das ist schon ein Armutszeugnis.
Herr Zackenfels! Ich hatte gestern im Hauptausschuss die in der Tat mutigen Entscheidungen, die zu Beginn der letzten Legislaturperiode getroffen wurden – es waren zumindest eine Handvoll –, gelobt. Es war sinnvoll, es war richtig, und es war gut, dass diese Entscheidungen getroffen wurden. Ich bemängele jedoch, dass in diesem Haushalt keine politischen Grundsatzentscheidungen mehr getroffen wurden.
Herr Sarrazin hatte ebenfalls gestern zu Recht gesagt, solche politisch harten Entscheidungen trifft man zu Beginn einer Legislaturperiode, und zu Beginn einer Legislaturperiode wäre der Doppelhaushalt 08/09, wenn nicht der Nachtragshaushalt 07 der richtige Platz gewesen, um ein paar grundlegende Entscheidungen zu treffen. Ich möchte Ihnen, Herr Sarrazin, an Hand von drei Beispielen noch einmal ganz deutlich aufzeigen, wo Sie offensichtlich keine Mehrheiten mehr in Ihrer eigenen Koalition haben, und Sie haben alle drei Beispiele teilweise in der Mündlichen Fragestunde, teilweise in Ihrer Rede bereits angesprochen.
Zunächst einmal die Frage des Stellenkörpers. Sie haben vorhin gesagt, eigentlich müssten Sie auf 93 000 Stellen herunter. Das sei unser Ziel im Vergleich mit Hamburg. Wo ist denn Ihre Umsetzung? Wo ist das Konzept, ob es
nun Personalstrukturkonzept oder wie auch immer heißt, wie Sie zu dieser Zahl kommen wollen? Wir hören von Ihnen nichts. Wir haben eine Konsolidierungszahl, was die natürliche Fluktuation angeht, die uns auf 102 000 Stellen im Jahr 2011 bringt, aber das ist auch alles. Sie bröseln weiter vor sich hin. Das ist offensichtlich Ihre Taktik, weil Sie keine Kraft mehr haben, in Ihrem eigenen Senat, in Ihrer eigenen Koalition eine Entscheidung zu treffen.
Stichwort Vermögensaktivierung: Dies war ebenfalls ein typischer Sarrazin. Sie stellen sich hin und sagen, mit Ihnen könne man noch jede Vermögensaktivierung der Welt betreiben, Sie wären dazu bereit, und man solle darüber reden. Das Problem ist nur, dass Sie offensichtlich mit Ihrer eigenen Koalition darüber nicht reden können. Die wenigen Chancen, wo Sie die Vorteile einer Vermögensaktivierung aufzeigen könnten, zum Beispiel die mittelfristige Finanzplanung 2007 bis 2011, lassen Sie ebenfalls vergehen, offensichtlich weil Sie nicht den Mut haben, den Sie zu Beginn der letzten Legislaturperiode noch hatten, dass Sie Ihrer eigenen Koalition ein paar Wahrheiten in das Gesicht sagen.
Das letzte Beispiel hat Herr Schruoffeneger eben angesprochen, es sind die Bezirke: Die FDP ist durchaus in einer Reihe von Fragen an Ihrer Seite, aber dann bitte ich Sie doch, das, was Sie soeben hier ausgeführt haben, das, was Sie gestern in den Zeitungen ausgeführt haben, zu belegen – mit den berühmten Folien, die Sie immer zur rechten Zeit in Ihrer Tasche haben. In den Haushaltsberatungen wäre es gerade spannend, wie sich die Bezirkspolitiker, aber auch die SPD und die Linksfraktion zu diesen Zahlen positionieren. Den Abgesang des Politischen hat Herr Zackenfels gestern zu dieser Frage gebracht, indem er sagte, dass wir über die Bezirke vielleicht in anderthalb Jahren sprechen können. Der Doppelhauhalt 08/09 wäre aber der richtige Zeitpunkt gewesen, darüber zu sprechen. Sie bröseln also vor sich hin, aber klare Struktur- und Konsolidierungsentscheidungen trefen Sie nicht mehr. f Das gilt insbesondere auch für den Nachtragshaushalt. Dazu noch zwei Punkte. Zum einen belegt dieser Nachtragshaushalt sehr exemplarisch, dass das, was Sie als Mä r von der Ausgabenseite, die Sie im Griff zu haben glauben, uns erzählen, mit der Realität nichts mehr zu tun hat.
Sie haben 400 Millionen € Mehrausgaben im Jahr 2007. Sie weichen von Ihrer eigenen mittelfristigen Konsolidierungslinie schon seit Langem ab. Sie haben Glück, dass die Steuermehreinnahmen Sie retten.
Der zweite Punkt: Es ist eine Unverschämtheit gegenüber dem Parlament, wenn Sie uns schon bei der Einbringung sagen, die Zahlen seien Makulatur. Man muss sich fragen, warum wir uns das Ganze überhaupt antun, wenn Sie nicht mehr als 14, 15 Seiten Nachtragshaushalt zu Papier bringen und uns zudem sagen, die Zahlen entsprächen wahrscheinlich bereits in den nächsten Monaten nicht mehr der Realität.
Herr Zackenfels! Mittlerweile ist es an Arroganz nicht mehr zu überbieten, was Sie hier von der Kanzel herunter formulieren und versprechen.
Stichwort „Sondervermögen Bankgesellschaft“: Man kann ja darüber reden, ob die Variante Sondervermögen oder Rücklage sinnvoller ist, aber wir haben uns in der Hauptausschussdebatte darauf verständigt, uns zunächst die Zahlen von der Senatsverwaltung liefern zu lassen und dann darüber zu entscheiden, was der bessere Weg ist. Wenn Sie sich hinstellen und bereits die Entscheidung verkünden, dann ist das ziemlich arrogant und dümmlich.
Nächster Punkt – gebührenfreie Kitas: Im Wahlkampf haben Sie versprochen, alle drei Jahre gebührenfrei zu machen. Das haben Sie in diesem Doppelhaushalt nicht geschafft. Wir betonen, dass es uns um die Qualität der Kitas geht und nicht um die Umsetzung halber Wahlversprechen.
Das tue ich. – Herr Zackenfels! Wenn Sie Herrn Pflüger vorwerfen, er sei noch nicht in Berlin angekommen, muss man Ihnen und der SPD vorwerfen, dass Sie mittlerweile vollkommen von Berlin weg und abgehoben sind und jenseits der politischen Realität agieren.
Noch zu Herrn Wechselberg: Die Risiken, die Sie aufgezählt haben – und man könnte weitere hinzufügen –, reichen aus, um die mittelfristigen Konsolidierungserfolge zunichte zu machen. Damit ist all das, was Sie hier vollmundig als Konsolidierungsziel für 2011 angesprochen haben, ein ungedeckter Scheck, ein Risiko, das wir erst im Jahr 2011 abschließend beziffern können. Sie haben Ihre Hausaufgaben mit diesem Doppelhaushalt nicht gemacht.
Vielen Dank! – Damit ist diese Debatte beendet. Die Vorabüberweisungen hatten Sie bereits bestätigt.
Zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen über Gesetz „Investitionsprogramm Klimaschutz“, Drucksache 16/0796, empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung federführend an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz und mitberatend an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung sowie an den Hauptaus