Protocol of the Session on July 5, 2007

Solange durch laufende Unterhaltung und Instandsetzung die Funktionsfähigkeit von Straßen erhalten werden kann, werden keine Beiträge erhoben.

Was heißt das umgedreht? – Das heißt, wenn keine laufende Unterhaltung und Instandsetzung stattfindet, wie das fast überall in der Stadt der Fall ist, dann werden Ausbaubeiträge erhoben, wie zum Beispiel ebenfalls wieder Alt-Rudow zeigt, wo über 20 Jahre kein Ausbau stattfand.

Nun ein viertes Versprechen: Es lautete – und kam von Ralf Hillenberg –, dass praktisch keine Erschließungsbeiträge mehr erhoben werden. Herr Hillenberg sagte in diesem Haus am 9. März:

Auch wenn Straßennutzungen teilerschlossen sind, können zusätzliche Maßnahmen wie Geh- und Radwege und Entwässerung nicht mehr durch das Erschließungsrecht umgelegt werden. Das ist die Klarstellung mit diesem Gesetz.

Fakt ist, dass Sie sich mächtig geirrt haben und dass die Anlieger der Streckfußstraße, die in Ihrem Wahlkreis Ihren Aussagen geglaubt haben,

[Dr. Manuel Heide (CDU): Selber schuld!]

nun bitter bezahlen müssen. Herr Kollege Hillenberg stellte im Übrigen fest, dass es nur drei Möglichkeiten gibt. Die erste: Es bezahlt derjenige, der eine Immobilie hat. Die zweite: Es bezahlt derjenige, der Steuern zahlt. Die dritte: Es gibt eine Grundsteuererhöhung. Er sagte hier in diesem Haus: Und diese Grundsteuererhöhung wollen wir nicht!, als es um die Gesetzesdebatte zu dem Straßenausbaubeitragsgesetz ging.

Herr Cazja! Das Präsidium stellt fest, dass Ihre Redezeit schon längst beendet ist.

Ja! Es sind glatt fünf Minuten, und einen halben Satz wird man mir zugestehen, Frau Präsidentin! – Herr Hillenberg! Es zahlen die Grundstückseigentümer, es zahlen diejenigen, die eine Immobilie haben, und es zahlen auch noch alle, die die Grundsteuern zahlen. Es gibt gar keine Alternative bei Rot-Rot. Es zahlt einfach jeder. Das ist die Schlussfolgerung, die aus Ihrer Aussage zu ziehen ist.

[Beifall bei der CDU]

Herr Czaja! Den halben Satz und noch etwas mehr haben wir Ihnen genehmigt. Bitte kommen Sie zum Schluss!

Die Mehrbelastungen sind durch das Straßenausbaubeitragsgesetz gestiegen. Die Beispiele zeigen, dass Ihre Versprechen nicht eingehalten werden und nicht eingehalten werden konnten. Deswegen gehört dieses Gesetz abgeschafft, und deswegen müssen Sie unserem Antrag heute zustimmen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Czaja! – Für die SPDFraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnet Hillenberg von der SPD. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Czaja! Uns unterscheidet nicht nur die Parteizugehörigkeit und das Alter, sondern noch einiges mehr.

[Frank Henkel (CDU): Die Gesichtsfarbe!]

Im Gegensatz zu Ihnen habe ich mein Abitur auf einem Berliner Gymnasium gemacht und mein Diplom an einer deutschen Universität.

[Dr. Frank Steffel (CDU): Warum zur Sache reden, wenn es auch so geht?]

Der zweite Punkt: Im Gegensatz zu Ihnen habe ich eine Falschaussage gemacht, für die ich mich entschuldigt habe. Ihre Entschuldigung steht hier noch aus. Dies ganz allgemein.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Herr Pflüger! Als Sie in dieses Parlament als Fraktionsvorsitzender gekommen sind, habe ich gedacht, Sie hätten aus dem Wahldebakel Ihrer Partei gelernt, denn Sie wollten neue Themen in diesem Parlament besetzen.

Das Erste war die Bildungspolitik, und das Zweite war Ihr Wunsch, den Vorsitz im Petitionsausschuss zu übernehmen.

[Zuruf von der CDU]

Das kam mir zu Ohren. – Das hat mich ein bisschen persönlich getroffen, aber ich dachte, Sie hätten erkannt, das Themen, mit denen man in der Öffentlichkeit punkten kann, wichtig sind. Stattdessen greifen Sie hier ein Thema auf, für das Sie in der vergangenen Legislaturperiode die Quittung bekommen haben. Sie bekamen noch weniger Stimmen als zuvor.

An dieser Stelle erinnere ich an eine öffentliche Anhörung hier im Haus, zu der 600 Berlinerinnen und Berliner gekommen sind. An dieser Veranstaltung zum Straßenausbaubeitragsgesetz nahm ein ehemaliger Richter des Bundesverwaltungsgerichts teil, Prof. Driehaus, ein CDUMitglied. Bei all den Problemen, Herr Czaja, die ich nicht wegdiskutieren möchte – wir werden das heute in den

Ausschuss überweisen und haben dort noch genug Gelegenheit, darüber zu reden –, hat Prof. Driehaus festgestellt, dass dieses Gesetz, das bereits in 14 Bundesländern existiert, zwingend auch in den Berliner Etat gehört. Wir wollten in Karlsruhe gewinnen. Das haben wir noch nicht einmal mit dem Gesetz geschafft, aber wir hätten es erst recht nicht ohne es.

Bayern und Hessen zahlen ca. 2,4 Milliarden € in den Länderfinanzausgleich ein. – Berlin erhält aus dem Länderfinanzausgleich 2,4 Milliarden €. – In diesen Ländern gibt es seit vielen Jahren Straßenausbaubeitragsgesetze, die mit CDU- und FDP-Stimmen beschlossen wurden. Angesichts unserer Haushaltslage und der Solidarität mit den Bundesländern, die ein solches Gesetz haben, kann es nicht ernst gemeint sein, dass Sie dieses Gesetz wieder zurücknehmen wollen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich gebe zu, dass ich eine Falschaussage gemacht habe. Dafür habe ich mich entschuldigt. Diejenigen, die maßgeblich an dem Gesetz mitgewirkt haben, Herr Dr. Nelken, Herr Radebold und ich, wurden aber von der Verwaltung hinters Licht geführt.

[Gelächter bei der CDU]

Darüber können Sie lachen, aber ich sage es trotzdem. – Für uns sah es so aus: An einem Tag wird das Erschließungsbeitragsgesetz in seiner bisherigen Form außer Kraft gesetzt und das Straßenausbaubeitragsgesetze eingeführt. Zwischendurch offerierte uns die Verwaltung noch die Möglichkeit, eine zweijährige Übergangsfrist einzufügen, um Dinge, wie sie in der Streckfußstraße vorkamen, abrechnen zu können. Das haben wir abgelehnt. Dass, wie nun das Gericht entschieden hat, nicht das Datum des InKraft-Tretens maßgeblich ist, sondern das tatsächliche Anfallen der Erschließungsbeiträge, habe ich nicht gewusst. Dennoch habe ich mich entschuldigt, Herr Czaja. Eine Entschuldigung für Ihre Falschangaben über Ihre Ausbildung steht noch aus.

Dieses Straßenausbaubeitragsgesetz ist aus Sicht der Koalition das bürgerfreundlichste der Bundesrepublik Deutschland. Es gibt nur einen Punkt an dem Gesetz, bei dem ich gewisses Verständnis für Kritik habe, nämlich das hohe Maß an Bürgerbeteiligung und der damit verbundene bürokratische Aufwand. Sie wollen mir aber nicht weismachen, dass Sie das Gesetz deshalb abschaffen wollen.

Einen anderen Fall hatten wir im Petitionsausschuss, nämlich die Schulzendorfer Straße in Reinickendorf. Welcher Irrsinn! Diese Straße ist seit 40, 50 oder 60 Jahren für den Berliner Verkehr freigegeben, wurde ausgebaut und nie abgerechnet, weil das Geld im Westen nicht aus Berlin, sondern aus Bonn kam. Da musste man keine Erschließungsbeiträge zahlen.

Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Jetzt sollen die Anwohner dieser Straße mit Erschließungsbeiträgen belastet werden. Das kann doch wohl nicht wahr sein! Wenn Sie das Straßenausbaubeitragsgesetz abschaffen wollen, dann müssen Sie auch die Änderung des Erschließungsbeitrags zurücknehmen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hillenberg! – Herr Czaja bittet um eine Kurzintervention und erhält das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hillenberg! Um den Unterschied zwischen 500 bis 600 € und 143 000 € zu verstehen, braucht man auch in Berlin kein Diplom. Da haben Sie recht.

[Beifall bei der CDU]

Um zur Sache zu sprechen, hätten Sie einfach den Brief vorlesen können, den Sie in Ihrem Wahlkreis verteilt haben. Ich tue das gerne für Sie, denn er macht deutlich, wie Sie sich in Ihrem Wahlkreis äußern:

Liebe Bewohner der Streckfußstraße! Ihnen habe ich zugesagt, dass es für Ihre Straße aufgrund des Straßenausbaubeitragsgesetzes zu keinen Erschließungsbeiträgen kommt. Darin war und ist sich die Koalition von SPD und PDS einig. Zwischenzeitlich gibt es diesbezüglich Gerichtsurteile, die besagen, dass allein der Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Straße und damit die Wirksamkeit des Erschließungsbeitragsgesetzes für die Abrechung der Kosten maßgeblich ist.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Was ist denn das für eine Kurzintervention?]

Das heißt im Klartext, dass Sie leider in diesem Jahr eine Aufforderung zur Zahlung von Erschließungsbeiträgen erhalten werden. Ihre jetzige Enttäuschung und Wut kann ich verstehen, zumal ich persönlich nach wie vor der Überzeugung bin, dass durch den Einigungsvertrag Erschließungsbeiträge eigentlich ausgeschlossen sein müssen. Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich für Sie ein Lügner bin. Gleichzeitig möchte ich Sie jedoch bitten, mir abzunehmen, dass ich meine Aussage in der Unkenntnis der gerichtlichen Entscheidung und aus der tiefen Überzeugung getroffen habe, recht zu haben. Aber soviel musste ich lernen: recht haben und recht bekommen sind zwei unterschiedliche Dinge.

Das wird noch perverser, Herr Kollege Hillenberg.

Als Vorsitzender des Berliner Petitionsausschusses bin ich vor allem für Fragen der Gerechtigkeit zuständig.

Weiter schreiben Sie:

Auch wenn das für viele wie ein Hohn klingt: Dieser Aufgabe werde ich auch in Zukunft meine politische Kraft widmen. – Ihr Ralf Hillenberg.

Das schreiben Sie an Bewohner in Ihrem Wahlkreis. Mehr muss man dazu nicht sagen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank Herr Abgeordneter Czaja! – Herr Hillenberg möchte erwidern und hat dazu jetzt Gelegenheit. – Bitte sehr!

Herr Czaja! Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie den Brief vorgelesen haben, weil ich nichts davon zurückzunehmen habe. Ich habe in meiner Rede bereits gesagt, dass ich mich geirrt habe, und zwar in Unwissenheit. Dazu stehe ich.