Protocol of the Session on June 21, 2007

[Mieke Senftleben (FDP): Aus der Not geboren!]

Letztlich zielt auch unser Antrag, die Beschlussempfehlung, der unser Antrag zugrunde liegt, darauf hin. Wir haben darin eine ganze Reihe Forderungen aufgestellt.

Frau Abgeordnete! Entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Steuer?

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Der hat schon so viel geredet!]

Ja, bitte!

Frau Dr. Tesch! Wenn die flexible Schulanfangsphase eine Forderung von Lehrerinnen und Lehrern gewesen ist – wie Sie gerade ausgeführt haben – und Sie das im Grunde genommen nur nachvollzogen haben, wie erklären Sie sich dann, dass rund 60 Prozent der Grundschulen in Berlin die Einführung der flexiblen Schulanfangsphase jetzt nicht wollen und beantragt haben, davon zurückgestellt zu werden?

Ich glaube, dass liegt daran, dass einige Lehrerinnen und Lehrer

[Mieke Senftleben (FDP): 50 Prozent!]

ein wenig zurückhaltend sind. Ich bin aber der Meinung, dass wir – genau das steht in unserem Antrag – mit diesen ganzen Maßnahmen, die Schulen, die sich dazu nicht in der Lage fühlen – meiner Meinung nach zu Unrecht, aber dieses Urteil steht mir nicht zu – auf den richtigen Weg bringen werden. Lesen Sie doch einmal unseren Antrag. Darin fordern wir, dass sichergestellt wird, dass die DaZ- und die Fördermittel wirklich in die Schulanfangsphase

gehen, damit eine individuelle Förderung gewährleistet werden kann. Weiterhin fordern wir eine Ausstattung mit Erzieherinnen, die mehr als die bisherigen zehn Stunden umfasst.

[Mieke Senftleben (FDP): Ihr fordert und fordert!]

Um auch die Schulen mitzunehmen, die jetzt Bedenken angemeldet haben, fordern wir, dass die Bildungsverwaltung die Gründe prüft, weshalb dem so ist und Abhilfe schafft.

[Mieke Senftleben (FDP): Die Bildungsverwaltung, unser weißer Ritter!]

Außerdem soll das Fortbildungsangebot gewährleistet werden. Letztlich die Raumfrage: Es soll geprüft werden, wie weit die Ausstattung es ermöglicht, dass keine Doppelnutzung der Räume erfolgt. Was daran ist ideologisch? – Das sind gute, konkrete Vorschläge, mit Hilfe derer wir die Schulen mitnehmen können, die momentan noch Bedenken haben.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Deshalb bitte ich Sie, der Beschlussempfehlung zum Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Dr. Tesch! Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Jantzen das Wort – bitte!

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Aber nicht wieder die Ausschusssitzung rekapitulieren!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es vorweg zu sagen: Die flexible Schulanfangsphase gibt es in den Schulen bereits. Was jetzt noch aussteht, sind jahrgangsübergreifende Lerngruppen, mit denen die Schulanfangsphase in der Praxis auch flexibel wird und Kinder besser individuell gefördert werden können, Herr Steuer. Das haben Sie nämlich nicht verstanden. Ich werde das jetzt aber nicht wiederholen, weil Frau Dr. Tesch darauf bereits hingewiesen hat.

Senator Zöllner hat in der Ausschussberatung erklärt, einige der Forderungen der Anträge kämen zu früh. Herr Zöllner! Diese Forderungen und Verbesserungsvorschläge kommen nicht zu früh, sondern zu spät.

[Beifall bei den Grünen – Zuruf von der SPD: Hättet Ihr mal den Antrag früher eingebracht!]

Wir haben in der letzten Legislaturperiode diverse Anträge gestellt. Wir haben dazu aufgefordert, dass die gesamten Grundschulreformen begleitet, dass sie evaluiert, dass die Schulen befragt werden, wo die Probleme liegen.

Das hat die rot-rote Koalition damals abgelehnt. Ich freue mich, Frau Dr. Tesch, dass auch Sie jetzt eine Evaluation wollen. Aber stellen Sie diese dann auch zügig sicher.

[Beifall bei den Grünen]

Dass die Grundschulen jetzt zu großen Teilen die jahrgangsübergreifenden Lerngruppen nicht einführen wollen, hat sehr viel damit zu tun, dass sie dafür räumlich und personell viel zu schlecht ausgestattet sind. Das hätte RotRot wissen müssen, als mit der Schulanfangsphase begonnen worden ist. Die angeblich doppelt gesteckten zehn Stunden nach dem Mustereinsatzplan gibt es in der Praxis so gut wie nie, weil nicht immer alle an Bord sind. Die zwei Stunden, die pro 25 Schüler pauschal zusätzlich für die besondere Förderung der jetzt integrierten Kinder mit Lernschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten in die Schulen gegeben werden, reichen bei Weitem nicht aus, um die vielen jungen und schwierigen Kinder in den Grundschulen zu fördern. Da wundert es uns nicht, wenn die Kolleginnen in den Schulen sagen, dass sie damit nicht zurecht kommen und ohne Unterstützung und ausreichende Qualifizierung den jahrgangsübergreifenden Unterricht nicht machen können. Deshalb haben wir in unserem Antrag gefordert, dass die personellen Voraussetzungen verbessert werden müssen und umgehend die Fortbildung und Begleitung verstärkt wird.

Wir hatten ein Gespräch mit Grundschullehrerinnen und Leuten vom LISUM, die sehr deutlich gesagt haben, dass die Angebote bei weitem nicht ausreichen, um den Fortbildungsbedarf und die Anfragen aus den Schulen zu decken. Es ist merkwürdig, wenn uns hier ganz andere Informationen zugehen, und nach der Umstellung der Fortbildung vom LISUM, wo die Fortbildungsmittel zu sehr geringen Teilen in die Regionen gegangen sind, wird es auch nicht möglich sein, tatsächlich die Kolleginnen und Kollegen in den Schulen so weit zu unterstützen, dass sie die Arbeit so machen können, wie sie dies eigentlich wollen. Denn motiviert sind sehr viele Grundschullehrerinnen und -lehrer, dies alles anders zu machen. Wenn sie sich dann aber vor unüberwindbaren Hürden sehen, ist auch klar, dass sie erst einmal sagen: Lasst uns noch ein bisschen Zeit!

[Beifall bei den Grünen]

Der Antrag von Rot-Rot macht deutlich, dass Sie die Probleme anerkennen, dass Sie sie kennen und wissen, dass etwas getan werden muss. Ich bin stolz, einen Sieg unserer Fraktion verkünden zu können. Wir haben es tatsächlich geschafft, in diesen Antrag noch eine Änderung hineinzubringen, nachdem er von Rot-Rot in der Vorbesprechung beschlossen wurde. Das ist zwar nur eine sehr kleine Änderung, aber eine sehr wichtige. Es wird nämlich jetzt hinzugefügt, dass nicht nur überprüft wird, wie weit die Raumvorgaben in den Schulen auch eingehalten werden und es nicht zu Doppelnutzungen in der Schule kommt, sondern der Senat wird jetzt auch aufgefordert zu überprüfen, inwieweit die Vorgaben im Musterraumprogramm tatsächlich auch den Erfordernissen der Praxis entsprechen.

Wenn wir uns mit Leuten in den Schulen unterhalten oder uns einzelne Schulen anschauen, wird deutlich: Das Musterausstattungsprogramm, nach dem die Schulen eingerichtet werden, wird den Anforderungen der Schulanfangsphase und Ganztagsschule nicht gerecht. Damit produzieren wir zusätzlich Kinder, die schwierig sind und nicht so gut lernen können. Es fehlen Ruheräume, es fehlen Bewegungsräume, es fehlen Räume, um sich für Einzelarbeit und Ähnliches zusammenzusetzen.

Wir werden dem Antrag zustimmen.

[Beifall von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

Zum einen, weil die Raumfrage für uns so wichtig ist. Ansonsten bleibt er uns etwas zu vage und bleibt in vielen Prüfaufträgen stecken. – Ich habe auch eine Bitte an Sie, Herr Zöllner: Wir reden in der nächsten Woche im Bildungsausschuss über die Organisation des neuen Schuljahres. Ich hätte gern von Ihnen für diese Sitzung eine Gegenüberstellung der Ausstattung der Schulanfangsphase des letzten Schuljahres und der für das nächste Jahr geplanten.

[Mieke Senftleben (FDP): Das würde mich auch interessieren!]

Ich denke, dass sich in den Organisationsrichtlinien genau das, was die Koalition in ihrem Antrag beschließt, wiederfinden muss. Da bin ich gespannt, denn die Nachrichten aus den Schulen sind andere. Es wird offensichtlich wieder bei der sonderpädagogischen Förderung im Gemeinsamen Unterricht gekürzt. Es wird bei der Sprachförderung zu Teilen gekürzt. Das verschlechtert die Situation in den Grundschulen, und das verschlechtert auch die Situation in der Eingangsphase.

Frau Jantzen, kommen Sie bitte zum Schluss!

So können Sie das, was wir alle wollen, nämlich eine bessere individuelle Förderung aller Kinder, absolut nicht erreichen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Jantzen! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Dr. Barth. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das erste Wort sei an die CDU gerichtet: Wir haben heute vier Anträge auf der Tagesordnung. Diese Anträge haben wir im Plenum diskutiert, in den Ausschusssitzungen, und jetzt diskutieren wir sie noch einmal im Plenum.

[Mieke Senftleben (FDP): Hier ist auch einer von Ihnen!]

Ja sicher, aber es ändert nichts an der Sache. Wenn die CDU dies zu ihrer Priorität macht, kommt der Antrag mit hinein.

Herr Steuer! Wir haben die Anträge nicht aus ideologischen Gründen abgelehnt. Wir haben sie aus fachlichen Gründen abgelehnt.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Offensichtlich haben Sie es nicht verstanden. Deswegen will ich Ihnen noch einmal konkret sagen, warum wir sie abgelehnt haben.

Der erste Antrag, den wir auf den Tisch hatten, lautete: Wiedereinführung der Schulreifeuntersuchung für Berliner Schulanfänger. Sie werden sich erinnern können. Diese Bezeichnung „Schulreifeuntersuchung“ hat uns schon etwas verwundert. Wir haben in Berlin keine Schulreifeuntersuchung mehr. Sie meinen doch nicht wirklich, dass wir die Änderungen, die wir in der letzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht haben, nun kurzerhand wieder zurücknehmen.

Sie haben offensichtlich auch immer noch nicht verstanden, dass die Einschulungsuntersuchungen Bestandteil eines umfassenden Konzeptes sind, nämlich zur besseren Realisierung der Schnittstelle zwischen Schule und Jugendhilfe. Mit der für alle Kinder im Schulgesetz von Berlin vorgeschriebenen Einschulungsuntersuchung wird genau überprüft, ob gesundheitliche oder entwicklungsbezogene Einschränkungen bestehen, die für den Schulbesuch von Bedeutung sind und möglicherweise einen Förderbedarf begründen. Das heißt, wir reden nicht mehr von „Schulreife“ bei den einzuschulenden Kindern, das haben Sie offensichtlich nicht verstanden.

[Dr. Felicitas Tesch (SPD): Nein! Gib dir keine Mühe, Margrit!]

Ziel ist es, die Kinder gut auf die Schule vorzubereiten, und wir sind froh, dass der größte Anteil der Kinder auch in eine Kita geht, und die Schule soll sich auf die Kinder einstellen. Das heißt, die Schule soll die Kinder in ihrer Entwicklung dort abholen, wo sie gerade sind. Deshalb befassen wir uns intensiv mit der inhaltlichen Ausgestaltung der flexiblen Schulanfangsphase. Da Sie unserer Empfehlung der Rücknahme nicht gefolgt sind, können wir den Antrag auch nur ablehnen.

Nun zum zweiten Komplex, zu den verschiedenen Anträgen, die wir auf dem Tisch hatten, um Veränderungen in der flexiblen Schulanfangsphase zu bewirken. Ich darf noch einmal daran erinnern, dass die flexible Schulanfangsphase ein wesentlicher Bestandteil des weiterentwickelten Grundschulkonzepts ist und gleichermaßen Ausgangspunkt einer neuen Pädagogik, die sich am Entwicklungsstand des Kindes und seinen Bedürfnissen orientiert. Aus den Protokollen konnte ich entnehmen, dass dieses

Konzept offensichtlich parteiübergreifend Anerkennung findet.