Das sagte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die frühere Bundesministerin und heutige stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion.
Der Populismus Westerwelles, der den FDPParteitag in Stuttgart unter dieses Motto gestellt hat, bringt nichts.
Sie warnte zugleich, die Liberalen dürften sich nicht auf Lafontaine-Niveau begeben. Recht hat sie. Herr Lindner, Sie begeben sich deutlich unter Lafontaine-Niveau, mit dem wir gelegentlich auch unsere Schwierigkeiten haben.
Es ist doch kein Geheimnis, dass es zwischen dem früheren SPD-Vorsitzenden und der SPD gewisse inhaltliche Differenzen gibt. Das ist doch selbstverständlich. Ich bin aber auch der Meinung, dass man das inhaltlich austragen muss. Man muss sich mit dem auseinandersetzen, was eine Partei in der Realität macht. Die Linke auf Bundesebene wird noch eine Weile brauchen, um sich zu finden und regierungsfähig zu werden. Mit der Berliner Linkpartei haben wir aber seit dem Jahr 2000 bewiesen, dass wir regierungsfähig sind, dass die Linke regierungsfähig ist und sich pragmatischen Anforderungen stellt, während Sie, die Grünen und auch die anderen sich teilweise verweigert haben. Wir hatten das vorhin beim Thema Bankgesellschaft.
Ich komme zum Schluss. – Insofern, Herr Dr. Lindner, ist Ihre Aktuelle Stunde leider verfehlt. An der Verfassungstreue unserer Senatsmitglieder und an der der Linkspartei gibt es aus unserer Sicht keine Zweifel. Diese Koalition wird noch eine Weile zum Wohl der Stadt arbeiten. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Gaebler! – Der Abgeordnete Dr. Lindner erhält das Wort zu einer Kurzintervention. – Bitte!
Lieber Herr Gaebler! Das, was Sie zu Beginn vorgetragen haben, hake ich unter der Rubrik Kasperletheater ab.
Wenn Sie versuchen, sich aus der Verantwortung Ihrer eigenen Partei zu stehlen und so tun, als sei das hier eine völlig vernünftige Veranstaltung, dann geht das zu weit. Wenn Sie sagen, Sie hätten mit Lafontaine ab und zu mal Schwierigkeiten, dann stehen Sie in Ihrer eigen Partei isolierter da, als Sie es sich vorstellen können.
Zum Glück ist das so. Es gibt anständige Sozialdemokraten, die das deutlich sagen. Von denen halte ich Ihnen ein paar vor, zunächst Ihren eigenen Parteichef Müntefering:
Es handelt sich bei der Linken um eine Art von Linkssein, die nicht zukunftsträchtig ist, sondern das ist eine nostalgische Veranstaltung, die im Wesentlichen rückwärtsgerichtet ist. Die Linken sind auf Opposition eingestellt und nicht darauf, Verantwortung in diesem Land zu tragen.
kein Mittel aus, um seinem Hass auf eine verantwortungsbewusste Sozialdemokratie und ihre solide Politik realistischer Reformen Ausdruck zu verleihen.
Gerade am 17. Juni werden wir nicht vergessen, wie brutal die SED mit Hilfe der sowjetischen Macht den freien Willen der Arbeiterbewegung unterdrückt hat.
Das sind andere Sozialdemokraten. Die reden Klartext. Solche Worte habe ich in meinem Beitrag nicht verwendet. Zum Schluss zitiere ich noch Ihren Generalsekretär, Herrn Hubertus Heil:
Willy Brandt würde sich angewidert abwenden, hätte er miterleben müssen, wie antiaufklärerische Linkspopulisten versuchen, ihn zu vereinnahmen.
Das sind Texte von Sozialdemokraten, die über den Tellerrand dieses Abgeordnetenhauses blicken können. Sie haben im Blick, um was es in Deutschland geht, nämlich nicht um den Wechsel des Systems in der Renten- oder Krankenversicherung, sondern es geht um die freiheitlich
demokratische Grundordnung und die parlamentarische Demokratie, denen Generalstreikschaos und Einparteienherrschaft gegenüberstehen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Lindner! – Bitte Herr Gaebler, Sie haben das Wort zur Erwiderung!
Herr Dr. Lindner! Sie versuchen, einen Gegensatz zu konstruieren. Ich sagte nichts zu dem, was Sie vorgetragen haben, sondern nur: Die Linke ist auf Bundesebene absehbar noch nicht regierungsfähig. Sie muss sich erst noch finden und von dem blinden Populismus, den sie verbreitet, auf ein normales Niveau kommen.
Ich möchte noch jemanden zitieren, den Sie nicht erwähnt haben und der sicherlich nicht linksradikaler Umtriebe verdächtig ist, nämlich Sigmar Gabriel, den Umweltminister:
Gabriel sprach sich indes für einen offensiven Umgang der Sozialdemokraten mit der neuen Linken aus. Deren Chef Oskar Lafontaine dürfe man nicht dämonisieren: „Lafontaine ist der Scheinriese der deutschen Politik. Je näher man ihm kommt, desto kleiner wird er.“
Genauso ist es. Es macht keinen Sinn, die Linke auf Bundesebene dadurch zu belohnen, dass man sie in ihrer Ecke lässt und sich inhaltlich nicht mit ihr auseinandersetzt. Denn dann braucht sie ihre Inhalte nicht zu vertreten und nicht zu erläutern. Genau das machen Sie gerade. Sie machen es Lafontaine einfach, der mit Gysi vor der Verantwortung geflohen ist, diese auch weiterhin abzulehnen.
Um es klar zu sagen: Jemand, der als Bundesminister einfach abgehauen ist und gesagt hat: „Ach, ist mir zu anstrengend!“ oder der als Wirtschaftssenator unter etwas fadenscheinigen Vorwänden gesagt hat: „Ist mir doch zu viel!“, der hat einen besonderen Erklärungszwang, wenn es um die Frage geht, was er in der Regierung anders machen würde und könnte. Diese beiden waren schon in der Regierung und haben nichts verändert, weil sie vor der Verantwortung weggelaufen sind.
Die Linkspartei hier in Berlin ist nicht vor der Verantwortung weggelaufen, und das ist ihr sicherlich nicht leicht gefallen.
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Gelächter bei der CDU und der FDP – Mieke Senftleben (FDP): Es wird immer skurriler! – Dr. Frank Steffel (CDU): Setzen Sie sich hin! – Weitere Zurufe]
Dass es gewisse Spannungen zwischen der Berliner Linkspartei und der Bundesebene gibt, wird Ihnen vielleicht nicht entgangen sein.
Herr Dr. Lindner! Sprechen wir es doch mal ganz klar an: Sie haben als FDP ein Problem. Ihnen ist die Existenzberechtigung abhanden gekommen, weil Sie nicht mehr Mehrheitsbeschaffer – mal für die CDU und mal für die SPD – sind.
Deswegen leisten Sie sich hier solche Ausraster, denn Sie sind als kleinste Fraktion für Mehrheiten unerheblich. Die mögliche Konsequenz wäre, durch eine dezidierte, zugespitzte Diskussion inhaltlicher Art ein inhaltliches Profil zu gewinnen. Aber das machen Sie nicht.