Protocol of the Session on May 24, 2007

Würden Sie bitte einen Vertreter der Senatsverwaltung hierher bitten?

Es ist der Wunsch geäußert worden, dass ein Vertreter der zuständigen Senatsverwaltung anwesend ist.

Das kann man doch wohl erwarten.

[Beifall bei den Grünen – Zuruf: Die Senatorin ist nicht da!]

Wer ist denn dafür zuständig?

Frau Kollegin! Ich höre, Frau Lompscher ist heute ganztägig entschuldigt.

Und der Staatssekretär?

Ist der Staatssekretär anwesend?

[Christian Gaebler (SPD): Der kann nicht zitiert werden!]

Dann hoffen wir, dass alle anderen gut zuhören, insbesondere die Koalition.

Sie verzichten schweren Herzens darauf. – Vielen Dank!

Ich verzichte ausnahmsweise darauf. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Umweltzone steht auf der Tagesordnung. Ab 1. Januar 2008 soll es sie in Berlin geben. Klein, aber extrem krebsgefährdend ist der Dieselrußfeinstaub. Seit 15 Jahren wird an Berlins Hauptverkehrsstraßen die Feinstaubbelastung gemessen. Es ist lange bekannt, dass dieser schon in geringer Dosis eingeatmete Feinstaub hoch gesundheitsgefährdend ist.

Im August 1994 unternahm der Berliner CDU-SPD-Senat bereits einen Versuch, gegen die Dieselrußpartikel vorzugehen. Ich erinnere daran, dass es das Berliner Innenstadtkonzept „Ohne Kat nicht in die Stadt“ gab. Leider ist es in den Schubladen verstaubt. Der Senat hat sich von seinem im August 1994 gefassten Beschluss, die Innenstadt dieselrußfrei zu machen, verabschiedet. Das Konzept wurde leider nicht umgesetzt.

13 Jahre später und drei Jahre nach Inkrafttreten der europäischen Richtlinie kommt mit der Umweltzone endlich auch die erste ernsthafte Maßnahme zur Bekämpfung der Feinstaubbelastung. Heute, sechs Monate vor Start der Umweltzone, sind noch viele Fragen offen. Zur Verteilung der farbigen Plaketten, zu möglichen Ausnahmen und behördlichen Zuständigkeiten. Ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, für Umweltschutz oder eine sonstige Verwaltung zuständig? Das zeigt sich schon daran, dass die Zuständigen nicht anwesend sind. – Danke, Herr Staatssekretär Hoff, dass Sie jetzt auch zuhören, wie es um die Umweltzone steht!

Solche Unklarheiten um die Umweltzone, die in sechs Monaten in der Innenstadt eingeführt werden soll, sorgen für Verwirrung und Unmut in der Bevölkerung. Ich finde es einen Skandal, dass es der Senat den rückwärts gewandten Lobbyisten der Wirtschaft und der Autofahrer überlässt, über die Umweltzone in der Stadt zu diskutieren. Dass die Diskussion über die Umweltzone allein IHK und ADAC überlassen werden, ist ein Skandal!

[Beifall bei den Grünen]

Es ist lange bekannt – seit drei Jahren ist die Feinstaubrichtlinie in Kraft –, dass die finanzschwachen kleinen Unternehmen Probleme mit der Auflage haben, ihre Nutzfahrzeuge auf den geforderten Öko-Standard zu bringen.

Das hat die Koalition viele Jahre beharrlich ignoriert. Ich erinnere Sie daran, dass wir 2005 einen Antrag eingebracht haben, hier gezielt zu fördern, damit auch finanzschwache Kleinunternehmen in der Lage sind, bei Neukauf oder Nachrüstung von Nutzfahrzeugen ihr Auto auf höchsten Ökostand bringen zu können. Die Koalition und – das muss man sagen – auch die anderen Oppositionsfraktionen haben diesem Antrag leider nicht zugestimmt.

Regelmäßige Anfragen an den Wirtschaftssenator Wolf ließ dieser immer mit dem Hinweis ins Leere laufen, dass es Kredite bei der Investitionsbank Berlin gebe. Diese Kredite mit 8 Prozent Verzinsung sind aber in der Regel für die finanzschwachen Kleinunternehmen nicht finanzierbar. Das konnten wir auch im Wirtschaftsausschuss hören. Der Wirtschaftsausschuss hatte dieses Thema sehr „früh“ auf die Tagesordnung gesetzt: Vor drei, vier Wochen hat man sich endlich zur Umweltzone beraten und zu den Problemen kleiner und mittlerer Unternehmen mit der Umweltzone – besser spät als gar nicht, aber sechs Monate vor Einführung der Umweltzone deutlich zu spät.

[Beifall bei den Grünen]

Heute liegt uns ein Antrag der Koalition vor, der den Senat auffordert zu prüfen, ob ein neues Kreditprogramm aufgelegt werden muss. Ein Prüfantrag sechs Monate vor Einführung der Umweltzone – das spricht für wenig politische Weitsicht.

Öffentlich diskutiert wird auch der Ausnahmenkatalog, den der Senat vorgelegt hat. Es gibt laut Kennzeichnungsverordnung schon verschiedene Ausnahmen vom Fahr

verbot. Zum Beispiel können die Feuerwehr, die Polizei oder behinderte Menschen mit einer Ausnahmegenehmigung in die Umweltzone fahren. Der Senat hat einen eigenen Ausnahmenkatalog vorgelegt. Ich zitiere daraus zwei skurrile Anforderungen:

Vom Antragsteller wird gefordert, dass er drei unabhängige Angebote zur Nachrüstung vorlegt, um die technische und wirtschaftliche Nichtnachrüstbarkeit zu belegen.

So ein absurder Vorschlag im Ausnahmenkatalog! Das ist eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Verwaltung und bürgerfeindlich zugleich.

[Beifall bei den Grünen]

Eine zweite Ausnahme: Die Trabi-Safari mit ihrem hundertfachen Schadstoffausstoß soll generell von Fahrverboten ausgenommen sein, weil sie eine „Geschäftsidee“ darstellt. Luftverschmutzung wird da als Geschäftsidee propagiert. Die CO2-Dreckschleuder Vattenfall wird uns in Zukunft wahrscheinlich auch als Geschäftsidee verkauft und bekommt eine Genehmigung.

Aus diesem Ausnahmenkatalog ließen sich noch viele Absurditäten zitieren. Er sorgt für viel Unruhe in der Stadt. Die Umweltzone wird im Januar kommen, das steht fest. Es ist nur noch die Frage, wie der Senat sie umsetzen wird. Wird er sie weiterhin durch seine dilettantische Vorgehensweise blockieren und noch gegen die Wand fahren? Oder wird es ihm endlich gelingen, mit den Bezirken ein abgestimmtes Verfahren zur Umsetzung abzusprechen und die Umweltzone zum Erfolg zu machen? – Die Berliner Luft muss besser werden, nicht nur in der Innenstadt, sondern in ganz Berlin.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Buchholz.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Verehrte Kollegin Kubala! Viel heiße Luft, die hinten aus Autos herauskommt, aber auch leider viel heiße Luft, die sich in Ihrem Antrag findet.

[Beifall von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Es wäre eine große Chance gewesen, das, was wir zusammen voranbringen wollen, auch einmal gemeinsam festzustellen.

[Zuruf von Felicitas Kubala (Grüne)]

Leider fordern Sie viele Dinge, die in diesem Parlament eigentlich schon Konsens sind. Darum fange ich ganz unorthodox mit dem Konsensteil an.

Zunächst eine Feststellung: Es ist sehr erfreulich, dass vier von fünf Parteien im Berliner Abgeordnetenhaus sich

klar und deutlich zur Umweltzone in Berlin bekennen. – Herr Lindner, Sie lächeln! Sie sind die einzige kleine Klientelpartei, die sagt, Berlin brauche keine Umweltzone. Traurig für Sie! Das, was Sie als Umweltschutz irgendwann einmal in Jamaika oder sonst irgendwo verkaufen wollen, haben Sie damit sofort wieder ad absurdum geführt. Sie stellen sich außerhalb dessen, was alle anderen Parteien wünschen, nämlich die Einführung der Umweltzone in Berlin. Das ist sehr traurig.

[Zuruf von Dr. Martin Lindner (FDP)]

Auch die CDU hat inzwischen begriffen, dass die Umweltzone ein notwendiges Instrument zum Gesundheitsschutz von vielen Zehntausend Anwohnern von Berlin, vor allem der Berliner Innenstadt, ist. Das ist ein Argument, das man einmal auf sich wirken lassen muss. Frau Kubala hat darauf hingewiesen, ich denke, auch die anderen Redner werden es noch einmal ausführen: Es geht dabei um Gesundheitsschutz. Das können Sie nicht wegwischen. Es geht darum, die Menschen zu schützen. Schade, dass das für Sie nicht relevant ist!

Herr Kollege! Frau Kubala wünscht eine Zwischenfrage zu stellen.

So früh schon, Frau Kubala? – Bitte schön!

Lieber Kollege Buchholz! Das Bekenntnis zur Umweltzone hören wir gern, insbesondere sechs Monate vor Start der Umweltzone. Aber meine Frage ist: Was haben Sie konkret mit den Bezirken zur Umsetzung abgesprochen? – Die sieben unmittelbar beteiligten Bezirke wissen bis heute nichts von ihrem Glück, dass sie für die Kontrolle und Überwachung zuständig sein werden.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Was du abgesprochen hast! Das hast du jetzt davon!]

Verehrte Kollegin Kubala! Vielleicht haben Sie schon gehört, dass wir in Berlin zwölf Bezirke haben. Wir haben einen Senat, eine Polizeiverwaltung und zwölf Bezirke mit zwölf Ordnungsämtern. Es gibt auch einige Stadträte in den Bezirken, die das Grünen-Parteibuch haben. Fragen Sie diese doch einmal, wie sie die Abstimmungsgespräche sehen!

[Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne): Chaotisch, das wissen wir!]

Es gibt intensive Abstimmungsgespräche. Sie wissen, wie das ist – 12 Meinungen, 14, wenn Sie noch den Senat und die Polizei hinzunehmen. Da kann man nicht an einem Tag ein Ergebnis erzielen.

Sie stellen auch leider in Ihrem Antrag ganz falsch dar, dass der Senat etwas verschlafen habe. Sie wissen – erstens –, das Land Berlin hatte als erstes großes Bundesland, als erste große Stadt einen Luftreinhalte- und Aktionsplan vorgelegt, den die anderen Kommunen abgeschrieben haben. Das kann und muss man immer wieder sagen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Auch Grünen-Stadträte in anderen Bundesländern haben davon abgeschrieben, Frau Kubala!

Zweite Feststellung: Wir haben uns früh und klar und deutlich in diesem Luftreinhalte- und Aktionsplan dazu bekannt, eine Umweltzone einzuführen.

[Zurufe von den Grünen]