Protocol of the Session on October 26, 2006

Ich habe Sie nicht richtig verstanden, Herr Dr. Lindner. Stellen Sie doch bitte eine Zwischenfrage, auf die ich eingehen kann.

Zum Thema Missbilligungsanträge: Es ist richtig, dass wir uns hinsichtlich der Verfassungsreform und der Abschaffung der Direktwahl der Senatsmitglieder durch das Abgeordnetenhaus darauf verständigt hatten, das Thema Missbilligung als eigenen Geschäftsordnungspunkt festzuhalten. Es handelt sich dabei formal um einen Antrag wie andere Anträge auch. Er wird hier nur noch einmal ausdrücklich benannt. Dass über Anträge offen im Parlament abgestimmt wird, ist eine gute, wichtige und demokratische Tradition. Ich finde es gut, dass Sie sich diesbezüglich unseren Argumenten angeschlossen haben. Wir können zumindest das in großer Einmütigkeit beschließen.

Ich bitte Sie, uns in der Frage Hauptausschussvorsitz unsere Rechte nicht zu nehmen. Bezüglich der Reihenfolge sollten Sie das Wählervotum akzeptieren. Die anderen Anträge können wir gemeinsam beschließen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Kollege Gaebler! – Das Wort hat jetzt Herr Goetze von der CDU-Fraktion. – Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zwei Anträge hinterlassen heute einen etwas schalen Beigeschmack. So soll der Opposition wieder einmal das Recht abgesprochen werden, den Vorsitz im Hauptausschuss zu stellen. Weiterhin soll die Redereihenfolge der Fraktionen im Parlament ganz nach den Vorstellungen und Wünschen der Mehrheitsfraktionen geändert werden.

Gerade der letztere Sachverhalt hat deswegen einen besonders schalen Beigeschmack, weil es die Möglichkeit, die Größe der Fraktionen, die Redeabfolge und viele andere Dinge mehr zu regeln, seit Jahrzehnten in der Geschäftsordnung gibt. Sie sagt aus, dass dies durch eine Auslosung erfolgt. Da man nun offenbar den Einfluss in unserem Parlament seitens der SPD und der Linksfraktion weiter sichern will, möchte man sich von dieser alten Regelung verabschieden.

Das macht einen sehr unerfreulichen Eindruck. Soweit ich das mitbekommen habe, haben die Grünen sogar angeboten, auf das Losverfahren zu verzichten und – was die Redereihenfolgen angeht – innerhalb der Legislaturperiode, etwa nach der Halbzeit, zu wechseln. Auch darauf ist man nicht eingegangen. Deshalb ist dieses ebenso wie der zweite Antrag etwas, was die Frage aufwirft, wovor Sie Angst haben. Haben Sie Angst davor, dass Sie zu schlecht wegkommen in diesem Parlament? – Dann kann das ja bestenfalls nur an den Argumenten, aber nicht an der Redereihenfolge liegen. Haben Sie davor Angst, dass Ihnen der Hauptausschuss mit den Finanzthemen aus dem Ruder läuft und Sie deswegen unbedingt den Vorsitz haben wollen? – Sie haben doch überall Mehrheiten und behaupten doch auch, dass Sie eine Idee für die Zukunft dieser Stadt haben! Dann müssen Sie doch der Opposition nicht diese marginalen Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Ihnen beschneiden.

[Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP]

Seien Sie doch an dieser Stelle ein wenig großzügig und erinnern Sie sich an das, was Sie vor fünf Jahren hier formuliert haben! Da hat Ihr Redner, Herr Dr. Nelken, formuliert, er hoffe, dass den anderen Fraktionen ihre alten Vorsätze nicht abhandengekommen seien und man deswegen dringend darum bitte, den Hauptausschuss den Oppositionsfraktionen zuzubilligen.

Aber auch hier haben wir es offenbar mit fehlender Kontinuität zu tun. Sie haben Ihre Grundsätze verraten. Das ist ausgesprochen bedauerlich. Ich kann nur hoffen, dass dieser sehr schlechte Einstand in der Arbeit dieses Parlaments einen Denkprozess auslöst und sich das nicht wiederholen wird.

[Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege Goetze! – Zuletzt hat der Kollege Doering von der Linkspartei das Wort. – Bitte!

Herr Alterspräsident! Meine Damen und Herren! Sprechen wir doch einmal in Richtung FDP, Grüne und CDU über Grundsätze.

[Oh! bei der CDU, den Grünen und der FDP]

Sicher können sich noch alle diejenigen, die am 29. November 2001 an der konstituierenden Sitzung teilgenommen haben, an die Debatte zur Geschäftsordnung erinnern.

[Dr. Sibyll-Anka Klotz (Grüne): Ja!]

Sie haben auf die Rede von Herrn Dr. Nelken verwiesen, der zu unserem Antrag gesprochen hat, der besagte, dass künftig die Opposition den Vorsitz im Hauptausschuss stellen soll. Wie jedoch war damals die Konstellation? – Zu diesem Zeitpunkt befanden sich SPD, FDP und Grüne in Koalitionsverhandlungen. Dementsprechend haben Sie sich auch verhalten.

[Volker Ratzmann (Grüne): Und was war in den Ausschüssen?]

Ich komme gleich zum Protokoll. Aber Sie mögen es ja nicht so gern, wenn man aus dem Protokoll zitiert und Sie daran erinnert, wie Sie sich verhalten haben. – Solange die CDU stärkste Fraktion gewesen ist, hat sie immer den Hauptausschussvorsitz innegehabt und wäre nie auf die Idee gekommen, diesen freiwillig abzugeben. Genau aus diesem Grund ist in der Vergangenheit eine Änderung der Geschäftsordnung an dieser Stelle nicht möglich gewesen. Wenn Sie das Protokoll der Sitzung vom 29. November 2001 über die Rede des Kollegen Nelken hinaus gelesen hätten, hätten Sie festgestellt, dass die Position der Grünen eine abwartende war – nach dem Motto: Muss man das jetzt regeln? Kann man das nicht in den Ausschüssen regeln? Warten wir doch erst einmal ab! –

[Volker Ratzmann (Grüne): Und was war in den Ausschüssen? – Weitere Zurufe von den Grünen]

Die Frage ist doch: Weshalb haben Sie damals, als Sie sich in Koalitionsverhandlungen befunden haben, nicht selbst einen entsprechenden Antrag gestellt?

[Özcan Mutlu (Grüne): Ach!]

Jetzt zur FDP! Herr Dr. Lindner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Dr. Nelken auf einen Brauch dieses Parlaments aufmerksam gemacht hat, nämlich auf den Vorsitz im Hauptausschuss. Sie haben damals gesagt:

Die FDP wird diesem Brauch folgen. Aber wenn es übliche Praxis ist,

der Hauptausschussvorsitz –

dann verstehen wir nicht, weswegen wir dazu eine Neuregelung einführen müssen und man es nicht einfach beim parlamentarischen Brauch belässt.

So damals Herr Dr. Lindner und so viel zu Ihren Grundsätzen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Ja, und Sie haben uns dann eines Besseren belehrt! – Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Herr Kluckert hat darauf hingewiesen, dass wir heute eine Geschäftsordnung vorliegen haben, die wir gemeinsam abstimmen wollen. Sie können es nicht wissen – Herr Dr. Lindner hat es Ihnen bestimmt nicht gesagt –, dass diese Geschäftsordnung in der letzten Legislaturperiode diverse Veränderungen erfahren hat. So gab es unter anderem an vielen Stellen eine Stärkung der Opposition. In diesem Zusammenhang haben wir in der letzten Wahlperiode § 27 Abs. 4 eingeführt, der genau die Frage aufgreift, die heute auch in einem Änderungsantrag aufgegriffen wird: die Frage, wie mit Anträgen der Opposition im Ausschuss umzugehen ist. In der Geschäftsordnung ist geregelt: Wenn ein Antrag nicht behandelt wird, kann nach einem halben Jahr verlangt werden, dass es einen Zwischenbericht aus dem Ausschuss gibt. Die antragstellende Fraktion kann zudem darauf bestehen, den Antrag hier im Plenum zu diskutieren. So die Regelung der letzten Wahlperiode. Da diese Regelung im Konsens getroffen worden ist, sagt Ihnen das, dass es keine Mehrheit für andere Regelungen gegeben hat. Weder ist solch ein Ansinnen von der CDU-Fraktion noch von anderen Fraktionen eingebracht worden.

Jetzt zu unserem Antrag zur Reihenfolge der Fraktionen. Herr Kluckert, ich möchte zunächst richtigstellen, dass mit unserem Antrag nicht die Mehrheitsverhältnisse hier im Abgeordnetenhaus verändert werden. Sie bleiben so, wie sie sind. In der Vergangenheit war es in der Tat so, dass durch Losverfahren bei gleich starken Fraktionen die Reihenfolge der Fraktionen bestimmt worden ist. Nun haben wir die Situation, dass wir zu Beginn einer Legislaturperiode zwei gleich starke Fraktionen haben, die Grünen haben dazu gewonnen, wir haben verloren, das ist die Situation. Auch wenn es nur 5 000 Stimmen Differenz gibt, bleiben wir vom Wählerwillen her die drittstärkste Fraktion. Das sollten wir auch hier im Parlament dokumentieren, so wie es in acht anderen Landtagen üblich ist. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank Herr Doering! – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen, sodass wir jetzt zur Abstimmung über die Anträge und nachher über die Geschäftsordnung kommen.

Ich schlage Ihnen vor, dass wir die Abstimmung nach Fraktionsstärke vornehmen. – Ich höre keinen Widerspruch. Das bedeutet, dass es keine einzelnen Auszählungsverfahren gibt. Findet das Ihre Zustimmung?

[Joachim Eßer (Grüne): Wollt ihr alle Bier trinken gehen, oder was soll das?]

Gut, ich bin noch nicht lange Alterspräsident. Deshalb weiß ich nicht, wie wir verfahren wollen. Ich lasse jetzt über das Abstimmungsverfahren abstimmen. Wer ist dafür, dass wir in Fraktionsstärke abstimmen, den bitte ich um das Handzeichen. – Da keiner dafür ist, müssen wir durch Handaufheben abstimmen.

Ich komme jetzt zu den einzelnen Abstimmungen. Zunächst die Drucksache 16/0001-1 – neu –, der Änderungsantrag der Fraktion der FDP, der CDU und von Bündnis 90/Die Grünen – Stichworte: Vorsitz des Hauptausschusses. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. –

[Frank Henkel (CDU): Das fängt ja schon gut an!]

Wer ist gegen diesen Antrag? – Das ist schwer abzuschätzen.

[Heiterkeit]

Wir werden im Präsidium eine Entscheidung treffen. – Das Präsidium hat erkannt und beschlossen: Wir sehen eine knappe Mehrheit bei den Regierungsfraktionen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich komme damit zur Drucksache 16/0001-2, Änderungsantrag der Fraktion der FDP, der CDU und Bündnis 90/Die Grünen – Stichworte: Bearbeitung der den Ausschüssen überwiesenen Anträge. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist gegen diesen Antrag? – Das ist dieselbe Konstellation. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

[Christoph Meyer (FDP): Gibt es auch Enthaltungen?]

Gut, da haben Sie Recht. Wer enthält sich? – Ich gehe davon aus, dass auch bei der ersten Abstimmung keine Enthaltung vorgelegen hätte.

[Heiterkeit]

Ich komme jetzt zur Abstimmung über die Drucksache 16/0001-3, einem Änderungsantrag aller Fraktionen – Stichworte: Zusammensetzung des Ältestenrats. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das gefällt dem Präsidium. Der Antrag ist damit einstimmig angenommen.

Wir kommen damit zum Antrag Drucksache 16/0001-4, dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Die Linke – Stichworte: Reihenfolge der Fraktionen. Ich bitte um das Handzeichen, wer für diesen Änderungsantrag ist. – Wer ist dagegen? –

[Christoph Meyer (FDP): Jetzt haben wir aber eine knappe Mehrheit!]

Nach dem bisherigen Verfahren ist das Präsidium einig, dass die Ja-Stimmen die Mehrheit sind. Der Antrag ist damit angenommen. Gibt es Enthaltungen? – Keine, wie erwartet.

Ich komme zum fünften Änderungsantrag, Drucksache 16/0001-5, einem Antrag aller Fraktionen – Stichwort: Missbilligungen. Wer ist für den Antrag? – Wer ist gegen diesen Antrag? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen.