Protocol of the Session on August 31, 2006

Vielen Dank, Frau Kollegin Paus! – Es folgt die SPD-Fraktion. – Bitte, Herr Kollege Jahnke!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Paus hat eben zu einem anderen Thema geredet, nämlich zur Müllentsorgung. Ich werde auch zu einem Thema reden, das nicht explizit auf der Tagesordnung steht, nämlich zu den Grünen und ihren Privatisierungsbestrebungen. Es ist völlig klar, dass der Antrag „Nimm zwei bei der Messe Berlin“, den die Grünen uns vorgelegt haben, im Grunde zur Vorbereitung der Privatisierung der Messe dient.

[Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Pewestorff (Linkspartei.PDS)]

Der lukrative Teil der Messe, der sich nicht mit den schwierigen Fragen ICC, Eissport usw. beschäftigt, soll schon einmal abgetrennt werden, und dieser Teil lässt sich dann wunderbar privatisieren – gemäß dem Motto, das Frau Eichstädt-Bohlig kürzlich in einem Interview verkündete: Wir wollen ein liberales Element einbringen. – Dieses liberale Element hat sie durchaus mit dem Wort Privatisierung in Verbindung gebracht. Es handelt sich in der Tat um den Privatisierungsextremismus – wie es unser Fraktionsvorsitzender vorhin ausdrückte –, der leider nicht nur die FDP erfasst hat, sondern auch in zunehmendem Maß die Grünen.

Wir werden die Messe nicht privatisieren. Das Messe- und Kongressgeschäft ist für uns ein wichtiges wirtschaftspolitisches Instrument, das wir nicht aus der Hand geben werden. Es ist ein entscheidendes Instrument für den Wirtschafts- und Industriestandort Berlin. Denken Sie beispielsweise an die InnoTrans und unser Kompetenzzentrum Verkehr oder denken Sie an die IFA, die gerade heute Abend eröffnet wird und wegen des großen Erfolges neuerdings jährlich stattfindet. Für unsere Metall- und Elektroindustrie ist es sehr wichtig, dass diese Messe nach wie vor in Berlin stattfindet, wie auch andere wichtige Messen. Wir wissen nicht, inwiefern Private, die ihren Renditeinteressen folgen, diese Messen am Standort beließen. Wir wollen keine Privatisierung der Messe. Wie wir uns im Übrigen auch ein anderes wirtschaftspolitisches Instrument nicht aus der Hand schlagen lassen, nämlich die GSG. Dies sei aber nur am Rande bemerkt. Wenn man in der Wirtschaftsförderung nur begrenzte Elemente hat, sollte man diese behalten. Eines davon ist der Messestandort, das andere die GSG. Wenn es Geschäfts

führer gibt, die sich selbst gern privatisieren möchten, die lieber in einer privaten Messe tätig sein wollen

[Pewestorff (Linkspartei.PDS): Da gibt es Möglichkeiten!]

als in einer in öffentlichem Eigentum befindlichen, dann sollten sich diese Geschäftsführer einen Job in einem privaten Unternehmen suchen!

Wir haben für die Messe eine Grundlagenvereinbarung bis 2008 geschlossen. Das heißt, die Messe hat eine wirtschaftliche Grundlage und kann sehen, wie sie vorankommt. In dem Vertrag sind Ziele und ein Zuschuss des Landes definiert worden. Wie allerdings die Summe von 500 Millionen € entstehen soll, wie es in der Begrünung des Antrags der Fraktion der Grünen heißt, ist mir vollkommen unklar. Die Zuschüsse bewegen sich im Bereich von jährlich 14 Millionen € und nicht von 500 Millionen €.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Herr Kollege Jahnke! – Es folgt die CDU-Fraktion. Kollege Dietmann hat das Wort – bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schön, dass wir am Ende dieser Legislaturperiode erneut über die Messe Berlin reden können. Das Thema ist in den vergangenen fünf Jahren zu einem echter Evergreen geworden. Ich kann verstehen, dass die Grünen auf dieses Thema in der letzten Sitzung nicht verzichten wollten, denn Ihre Anträge stammen bereits aus dem Januar und März 2005. Ich schlage jetzt einen dritten Weg ein, mich mit dem Thema zu befassen, und frage: Was ist in den letzten fünf Jahren unter Senator Wolf im Messe- und Kongressgeschäft gelaufen, welche Bilanz können wir heute ziehen? – Das geht weit über das Thema Facility-Management hinaus.

Die Bilanz besteht aus Vertagen, Verschleiern und Verschieben. Ich nenne Ihnen dafür einige Beispiele: Bis heute gibt es trotz mehrmaliger Zusagen von Senator Wolf, etwas vorlegen zu wollen, kein Gesamtkonzept für die Messe, es gibt kein Wort zum Thema Hammarsköldplatz, die Hotelfrage ist offen und die Finanzierung ist im Haushalt nicht ausreichend abgedeckt. Anträge und Versuche im Wirtschaftsausschuss sowie hier im Parlament, zu einem tragfähigen und zukunftsweisenden Konzept zu kommen, sind an Senator Wolf abgeprallt, wie Wasser an Teflon. Eine Zukunftsperspektive ist nach fünf Jahren absolute Fehlanzeige.

Was die Messe darüber hinaus braucht, ist Planungssicherheit. Auch hier ist das Vorgehen, Gelder hinüber zu

schieben, wann immer man meint, dass es richtig ist, das falsche Verfahren. Vor allem aber brauchen wir einen fairen Umgang mit den Kosten für die Gebäude. Es ist misslich, wenn eine Messegesellschaft den Eissport in der Deutschlandhalle mitfinanzieren soll. Kein Wunder, dass Herr Hosch eine Regelung fordert, die die Messe von den Kosten der Immobilien befreit. Dafür wird kein Neubau benötigt. Aus Sicht der CDU-Fraktion ist das ICC ein leistungsfähiges Kongresszentrum, das man erhalten kann, wenn man sich die Mühe macht, nach Alternativen zu suchen, wie man es ertüchtigen kann. Dass es ertüchtigt werden muss, ist ein normaler Vorgang angesichts seines Alters. Es jedoch in Grund und Boden zu reden und anschließend nach billigen Alternativen zu suchen, ist der falsche Weg.

Das Messe- und Kongresswesen in Berlin hat eine große Zukunftschance, wenn man die richtige Politik macht. Herr Wolf hat dies in den vergangenen Jahren leider versäumt. Das ist schlecht für Berlin.

Herr Präsident! Liebe anwesende Kolleginnen und Kollegen! Herr Dietmann, Sie sind deutlich größer als ich.

Zum Stichwort Verschleiern: Es wird das ICC ohne Not und vor allem ohne Nachnutzungskonzept – das Modell kommt uns bekannt vor aus der Diskussion um den Flughafen Tempelhof – schlechtgeredet und zum Abschuss freigegeben. Herr Senator Wolf, Herr Senator Sarrazin und auch der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Müller, haben das in vielfältiger Pressearbeit immer wieder getan. Das, obwohl das ICC zwei Jahre hintereinander zum „World’s Leading Conference & Convention Centre“ gewählt worden ist, also ein anerkanntes Kongresszentrum ist, von dem diese drei Herren meinen, dass es so schlecht ist, dass man es aufgeben und etwas Neues bauen muss. Das verstehe, wer will. Aus unserer Sicht ist die Sache längst entschieden, Sie wollen nur noch den 17. September abwarten, um dann endgültig das ICC preiszugeben. Das ist nicht der richtige Weg und auch keine verantwortungsvolle Politik.

[Beifall bei der CDU]

Auch die Informationspolitik in all diesen Jahren ist völlig inakzeptabel gewesen. Ich erinnere mich an Diskussionen im Unterausschuss „Beteiligungen“ – ohne in die Tiefe gehen zu wollen –, wo Sie selbst den Geschäftsbericht der Messe Berlin als „vertraulich“ klassifiziert haben. Herr Wolf, was haben Sie eigentlich bei diesem Thema zu verbergen?

Zum Stichwort Verschieben: Ende 2003 sind Zuschüsse in zweistelliger Millionenhöhe am Parlament vorbei gewährt worden. In Gutachten und durch den Rechnungshof ist dieses Vorgehen als verfassungswidrig kritisiert worden. Genützt hat es nichts, gemacht haben Sie es trotzdem.

Vertagen, Verschleiern, Verschieben, fünf Minuten Redezeit reichen gar nicht aus, um all das, was bei den Themen Messe und Kongresszentrum von Ihnen versäumt worden ist, hier aufzuzählen. Das Fazit lautet deshalb: Für die Messe – aber das gilt auch für die gesamte Stadt – sind die Jahre unter Rot-Rot verlorene Jahre.

Die CDU-Fraktion hat Vorschläge zur Weiterentwicklung der Messe unterbreitet. Dazu gehört für uns auch die Diskussion über die Privatisierung des Messegeschäfts. Ich bin der IHK sehr dankbar dafür, dass sie diese Diskussion mit klaren Worten begleitet hat. Was die Messe braucht, ist Kapital für Wachstum. Herr Jahnke, Ihre Argumente, es kämen die bösen Heuschrecken und man dürfe die Messe nicht aus der Hand geben, finde ich aberwitzig. Die Messe braucht Kapital, um wachsen und den Standort weiter ausbauen zu können und um Messen ins Ausland zu bringen. Das dafür benötigte Kapital wird dieser Senat sicher nicht zur Verfügung stellen. Deshalb ist es notwendig, nach strategischen Partnern zu suchen, die dies möglich machen, denn andernfalls werden die Messe und das Messegeschäft in Berlin weiter vor sich hindümpeln und das wäre schlecht für Berlin.

[Beifall bei der CDU]

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Dietmann! – Es folgt die Fraktion Linkspartei.PDS. Das Wort hat der Kollege Pewestorff – bitte schön!

[Zuruf]

Er ist länger? – Gut, ist in Ordnung.

[Atzler (CDU): Beides!]

In dieser Debatte spricht zwar jeder über das, was ihm gerade einfällt, aber über die Körpergröße von Herrn Dietmann wollen wir nicht fünf Minuten sprechen.

Die Geschichte des Umgangs des Landes Berlin – für alle ist wichtig festzustellen, dass die Messe nicht den Geschäftsführern gehört, sondern dem Land Berlin – mit der Messe nach 1990 ist noch nicht geschrieben. Zu allen Zeiten hätte die eine oder andere Entscheidung anders ausfallen können. Wir werden die Geschichte erst noch schreiben müssen und sicher auch über Fehleinschätzungen, Irrtümer und Fehlverhalten reden müssen. Dass in den vergangenen Jahren der Leitspruch eher „Solidität statt Schnellschüsse“ lautete, würde ich dem Senat nicht zum Vorwurf machen. Überschriften zu produzieren, dann passierte jedoch nichts, ist eher das Markenzeichen von Senatoren, die vor dem amtierenden in der Martin-LutherStraße gesessen haben.

Ein wenig habe ich versucht herauszubekommen, was die Grünen wollen. Wollen Sie eine leistungsfähige Messe? Wollen Sie die Messe als Instrument der Wirtschaftsförderung, als Standortstärke erhalten, oder geht es Ihnen darum, durch Vermutungen, unbewiesene Behauptungen und durch die Zusammenstellung von Fakten, die an sich nicht zusammenpassen, ein Zerrbild zu gestalten, um da

Wenn wir jetzt Bedarf an einer neuen Betriebsgesellschaft anmelden würden, müsste diese dem Voraussetzungsparagraphen § 65 LHO entsprechen. Sie wissen, welchen Weg das erst einmal gehen müsste.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Paus, wenn Sie in den Anträgen mehr Transparenz unter zwei Aspekten fordern, dann finden wir das gut. Transparenz kann nicht schaden.

Wozu es führt, dass es keine Transparenz gibt und auch kein Konzept, haben wir – darauf hat der Kollege Pewestorff hingewiesen – gerade in den letzten Tagen erlebt. Wenn die einen fordern, die Messe zu privatisieren, und werden dann zurückgepfiffen – Herr Müller ist jetzt gerade nicht unter uns –, wenn Herr Müller dann meint, der Geschäftsführer solle überlegen, lieber zurückzutreten, wenn er so etwas fordere, oder er solle sich zurückhalten, dann ist das dem geschuldet, was dieser Senat nicht geleistet hat. Zuletzt haben wir am 26. Januar in diesem Haus über die Zukunft der Messe und des Kongressstandorts Berlin diskutiert. Wir haben mehrheitlich den Wunsch geäußert, endlich ein Konzept vorgelegt zu bekommen. Aber wir haben es nicht rhalten.

mit dem Senat zu schaden? Man kann natürlich immer Politik nach dem Motto machen: „Verleumde nur dreist, irgendetwas bleibt schon hängen!“ – Das sollte nicht das eigentliche Interesse einer Opposition sein.

Das eigentlich Aktuelle ist, dass die Berliner Presse dazu beigetragen hat, dass es einen gewissen Klärungsbedarf gibt. Wenn also die eine Zeitung titelt:

Senat denkt über die Privatisierungder Messe nach

und eine andere Zeitung aus einem anderen Verlagshaus schreibt am gleichen Tag:

Berlin lehnt den Verkauf der Messe ab.

dann ist es wichtig, noch einmal festzustellen, dass das Land Berlin Eigentümer der Messe ist und sonst niemand.

Die heutigen Anträge sind in der Tat schon ein bisschen älter, sie stammen von Anfang 2005. Dass sie auch in den Ausschüssen erst so spät behandelt worden sind, lag an der Nichtbeantragung der Behandlung durch die einbringende Fraktion. Deshalb hat dieses Thema durch die Äußerungen von Herrn Göke ein wenig an Aktualität gewonnen. Wichtig scheint mir die aus dem Haus des Wirtschaftssenators zu vernehmende Aussage zu sein:

Es gibt eine klare und eindeutige Beschlusslage des Senats, die von der Mehrheit des Abgeordnetenhauses getragen wird: Die Messe wird nicht verkauft.

Das ist eine Gewissheit, die wir mitnehmen können, die auch der Messe gut tut.

Zum anderen – und das gilt es festzustellen – existiert bekanntlich die 2004 zwischen dem Land Berlin und der Messe abgeschlossene Grundsatzvereinbarung. Darin werden die Entwicklungsziele der Messe bis zum Jahr 2008 festgeschrieben. Ich sehe das als die Richtschnur an, mit der gearbeitet werden soll. Darin ist keine Privatisierung enthalten. Abgeschlossene Verträge berühren – und das scheint mir wichtig zu sein, Frau Paus – die in Ihrem Antrag zum Facility-Management gestellten Forderungen. Der Vertrag ist im Jahr 2000 abgeschlossen, er hat eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2011 und kann nur aus einem schwerwiegenden Grund gekündigt werden, dazu eine Nichterfüllung der Leistung oder andere, ebenfalls schwerwiegende Leistungsstörungen. Sie liegen meines Erachtens so nicht vor. Wir sollten deshalb die eingegangenen Verträge sorgfältig beobachten, aber auch gut vorbereitet sein auf das Jahr 2011. Über die Konsequenzen und die Erfahrungen mit dem abgeschlossenen Vertrag wird zu reden sein.

Ansonsten verweise ich noch einmal auf die Anhörung vom November des vergangenen Jahres. Sie forderten mehr Transparenz, der Senat hat Ihnen geantwortet und auf die Darstellung im Geschäftsbericht verwiesen. Außer auf die sich ergebenden steuerlichen Probleme möchte ich auf die Aussage von Frau Staatssekretärin Thöne hinweisen.

Deshalb ist es mehr als gerechtfertigt, Ihre Anträge heute neu abzulehnen.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Herr Kollege Pewestorff! – Es folgt die Fraktion der FDP. Das Wort hat der Kollege Thiel. – Bitte sehr!