Protocol of the Session on August 31, 2006

auch mit großen Chancen. Wir haben uns 2001 viel vorgenommen, und wir haben mit der Arbeit der Koalition in den letzten 5 Jahren auch viel erreicht. Diese Arbeit ist aber noch nicht beendet. Es ist noch nicht alles erledigt.

Das Zusammenleben in unserer Stadt muss weiter organisiert werden. Der Haushalt muss weiter konsolidiert werden. Gerade das Karlsruher Urteil, das wir in Kürze zu erwarten haben, wird weiterhin eine konsequente Politik erfordern. Wir wollen uns verstärkt um Arbeitsplätze, um Unternehmensansiedlungen in unserer Region bemühen, und die Verwaltungsreform, der Bürokratieabbau spielt dabei mit Sicherheit in der nächsten Legislaturperiode eine große Rolle. Besonders liegt mir die stärkere Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft am Herzen. Ich glaube, dass wir dort noch ein erhebliches Potential für die nächsten Jahre haben.

Die Weichen sind gestellt. 5 schwere Jahre liegen hinter uns, aber wir haben gezeigt, dass man umsteuern kann, wenn man bereit ist, auch Konflikte einzugehen, sich Aufgaben offen zu stellen und Verantwortung zu übernehmen. Wir sind bereit, auch die nächsten 5 Jahre zu gestalten und Verantwortung für unsere Stadt zu übernehmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Herzlichen Dank dem Abgeordneten Müller! – Es hat nun das Wort der Abgeordnete der CDU, Herr Zimmer. – Bitte schön!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Herrn Müller ging die Märchenstunde ja munter weiter!

[Beifall bei der CDU]

Man hat fast den Eindruck gewonnen, wir haben in den vergangenen 5 Jahren in einem ganz anderen Berlin gelebt als in einer Stadt ihrer Schilderungen.

[Liebich (Linkspartei.PDS): Das stimmt!– Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Lassen Sie uns über die nüchternen Zahlen und Bilanzen eines jeden Senatsmitgliedes reden, dann wird deutlich, wie die Bilanz dieses Senats aussieht.

Ich fange mit Herrn Böger, dem Bildungssenator, an: Die 600 000 Stunden Unterrichtsausfall sind bereits genannt worden. Da ist jede Stunde eine Stunde zu viel. Auch wenn Sie immer wieder versuchen, mit Einzelmaßnahmen ein Problem zu lösen, werden Sie folgendes Problem nicht lösen: Unsere Schulen qualifizieren die Schülerinnen und Schüler unterdurchschnittlich für ihre Zukunft. Das wird durch jegliche neutrale Untersuchung bestätigt.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Denken Sie an PISA! Die Ergebnisse sind nicht von ungefähr gekommen.

Es muss Ihnen doch zu denken geben, dass Bundesländer – ein Teil der neuen Bundesländer –, die 1990 von einer gemeinsamen Basis ausgegangen sind – wie übrigens auch der Ostteil der Stadt –, es geschafft haben, uns bei PISA in vielen Bereichen zu überholen.

[Zuruf von der Linkspartei.PDS: Ach, nee!]

Woran liegt das? – Weil dort bessere Bildungspolitik gemacht wird, Herr Böger. Die Bildungspolitik, die Sie verfolgen, ist geprägt von einem Hin und Her, einem Schlingerkurs.

Ich gestehe Ihnen zu, dass Sie teilweise sogar vernünftige Ansichten haben, so zum Beispiel bei dem Wahlpflichtfach Ethik/Philosophie/Religion. Nur sind Sie hier umgefallen

[Frau Senftleben (FDP): Nicht nur dieses Mal!]

[Beifall bei der CDU]

Die Ausgaben für Bildung sind in Ihrer Amtszeit um rund 100 Millionen € reduziert worden. Die Kitagebühren sind erhöht worden, und zwar so, dass Sie insbesondere den Mittelstand hart getroffen haben. Gerade die Kindertagesstätten sind der Ort von Bildung und Erziehung, an dem Grundlagen gelegt werden. Da werden wir uns einig sein. Dort Geld verdienen zu wollen – offensichtlich auch auf Druck Ihres Finanzsenators –, war das völlig falsche Signal. Das scheint nun auch der Regierende Bürgermeister so zu sehen, indem er in einer Glanzleistung des Wowereit’schen Populimus nach der Verteuerung nun die Kostenfreiheit in Aussicht stellt. Wer soll Ihnen denn das glauben? – Das ist Sand in die Augen streuen! Wenn schon, dann war es auch der falsche Zeitpunkt, denn vor dem Urteil in Karlsruhe mit einer solchen Aussage zu kommen, ist ein klassischer Schuss ins Knie.

[Gram (CDU): Tödlich! – Beifall bei der CDU]

Als wenn unser Schulsystem nicht schon gebeutelt genug wäre, wird nun auch noch darüber diskutiert, ob wir eine Einheitsschule oder Gemeinschaftsschule einführen. Das ist nun der sicherste Weg in das schulpolitische Chaos. Wenn Sie Mittelmaß an unseren Schulen verstetigen wollen, dann beschreiten Sie diesen Weg weiter! Wir sind jedoch dezidiert gegen ein solches Modell.

[Beifall bei der CDU]

Wir wollen, dass niemand zurückgelassen wird. Es darf aber auch niemand in seiner Entwicklung behindert wer

denn eine wesentliche Aufgabe der Berliner Justiz ist es doch, Straftäter in Gefängnissen zu belassen. Wir haben aber in den letzten Wochen und Monaten eine lange Liste von Fluchten zu verzeichnen, die geradezu spektakulär gewesen sind. Ich will sie gar nicht im Einzelnen aufführen.

Regen Sie sich doch nicht so auf, Herr Doering! – Es ist doch alles nicht so schlimm, nicht wahr? Wenn Gefangene plötzlich während der Hauptverhandlung aus dem Gerichtsfenster springen können, ohne dass es jemand merkt, stellt sich die Frage, wer dafür die Verantwortung trägt. Die trägt doch nicht der kleine Justizwachtmeister, der möglicherweise überarbeitet ist, weil er wegen des Fehlens seiner Kollegen nicht mehr in der Lage ist, die Schichten zu übersehen. Nein! Die Verantwortung dafür trägt eine Justizsenatorin, die den Abbau von Justizwachtmeistern zugelassen hat,

den. Diejenigen, die Talente haben, müssen auch in der Lage sein, diese zu entfalten.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Und Talente brauchen wir in Berlin nun wahrlich.

Ich komme zu Herrn Wolf: Ihre Kennzahlen – Kennzahlen hat man in der Wirtschaft gerne – sind verheerend. Im Schnitt sind in dieser Stadt 300 000 Menschen arbeitslos. 130 000 Beschäftigungsverhältnisse wurden abgebaut. Es zeigt sich ein Höchstmaß an Ignoranz, wenn es um Industriepolitik in dieser Stadt geht. Nicht umsonst ging es um Samsung, CNH, JVC oder auch um die Verlagerung von Arbeitsplätzen im Zusammenhang mit dem Umzug der Konzernzentrale der Deutschen Bahn. Da stellt sich dann Herr Müller hin und sagt: Wunderbar! Wir haben ja im Medienbereich neue Arbeitsplätze geschaffen. –

[Doering (Linkspartei.PDS): Nicht nur dort!]

Über diese Arbeitsplätze freue ich mich, aber Sie erklären damit nicht den Arbeitslosen auf der Straße, die vorher mit ihrer eigenen Hände Arbeit ihr Geld verdient haben, wie ihre Zukunftsperspektive aussieht. Denn diese Perspektive finden sie bei Universal nicht. Dem muss man ins Auge schauen.

[Beifall bei der CDU]

Ich finde es wichtig, dass Berlin Schwerpunkte hat, aber ein Schwerpunkt muss auch darin liegen, dass man den Menschen die Möglichkeit gibt, mit ihrer eigenen Hände Arbeit in Eigenverantwortung ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das können in Berlin nur noch 40 % der Bevölkerung, und das ist ein absolutes Armutszeugnis für jeden Wirtschaftssenator.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Das Einzige, womit Herr Wolf immer wieder aufgefallen ist, ist die Fähigkeit, dass er angeblich gut zuhören kann. Das mag so sein, und das tut er im Augenblick möglicherweise auch. Vor allem ist er aber durch Unregelmäßigkeiten in seinem Ressort aufgefallen. Das ist ihm jedenfalls immer wieder vorgeworfen worden – sei es, dass es darum ging, im Zuge der Haushaltswirtschaft Gutachtenaufträge wegen der Messe zu vergeben, oder um den Vorgang, den Kollege Lindner nun vor Gericht ausfechten wird und den ich nicht näher ansprechen möchte, weil ich keine Lust habe, auch noch Ihre Anwälte im Rahmen von einstweiligen Anordnungsverfahren mitzufinanzieren.

Aber eines muss man doch klar und deutlich sagen, Herr Wolf: Sie sind nicht in der Lage, Fördermittel richtig auszugeben, um damit Arbeitsplätze schaffen, aber offensichtlich gelingt es Ihnen recht gut, einzelnen Interessengruppen Zugang zu öffentlichen Mitteln zu verschaffen. Ich sage nicht, dass das illegal war, aber ich sage: Die Schwerpunktsetzung ist falsch. Sorgen Sie lieber dafür, dass das Geld in Arbeitsplätze fließt, und zwar nicht in die Ihrer Freunde!

[Beifall bei der CDU – Dr. Lindner (FDP): Natürlich ist das illegal! Korrupt!]

Nun haben wir daneben Frau Schubert, unsere Justizsenatorin. Liebe Frau Schubert! Eine Justizsenatorin, der permanent die Gefangenen abhanden kommen, sollte sich wirklich einmal fragen, ob sie den Beruf verfehlt hat,

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

[Doering (Linkspartei.PDS): Ständig! Jeden Tag!]

[Beifall bei der CDU und der FDP]

die ihre Gerichte nicht im Griff hat oder die in Gerichten Sicherheitseinrichtungen hat, wo z. B. Alarmknöpfe ins Nirgendwo führen. Wir erinnern uns an den Raubüberfall auf die Außenstelle des Amtsgerichts Schöneberg, als bei einer Versteigerung plötzlich maskierte Räuber hereinkamen und 120 000 € klauten. So etwas passiert in Berliner Gerichten, Frau Schubert, und dafür tragen Sie die Verantwortung.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Frau Schubert! Ich will jetzt gar nicht weitere Organisationsmängel aufrufen, Ihnen aber eines in Erinnerung rufen: Es geht nicht nur darum, dass Sie im Bereich der Justizwachtmeister sparen und dass unsere Gerichte und Staatsanwaltschaften nicht ordentlich ausgestattet sind, sondern es geht noch viel weiter: Ich erinnere an den Fall des Christian Schalldach, der in Zehlendorf zu Tode kam, weil man nicht in der Lage war, die Intensivtäterkartei im Land Berlin ordentlich zu pflegen und Jugendrichter dazu anzuhalten, gewalttätige Straftäter auch einzusperren – da, wo sie hingehören, hinter Gittern. Auch dafür haben Sie die politische Verantwortung zu tragen.

[Beifall bei der CDU – Ratzmann (Grüne): Schon etwas von der Unabhängigkeit der Gerichte gehört, Herr Kollege?]

Ich gehe der Reihe nach weiter: Herr Sarrazin! Ihre Aussage, die wir in der „Zeit“ lesen durften, überrascht denjenigen nicht, der Sie kennt. Sie haben regelmäßig solche verbalen Amokläufe. Im Augenblick ist es aber

Nun wird die Zeit schon richtig knapp, denn bei diesem Senat fällt einem allzu viel ein, was man dazu sagen kann. Deswegen mache ich es jetzt bei Frau KnakeWerner etwas kürzer. Stichworte wie „Chaos im Telebussystem“, „mangelhafte Umsetzung von Hartz IV“ und Demenzkranke, die in städtischen Krankenhäusern verloren gehen – das gehört zu Ihrer Bilanz, Frau KnakeWerner!

Herr Körting! In Ihrem Ressort kam es zum Abbau von 1 296 Stellen im Bereich der Vollzugspolizei, und es ist eine wandelhafte Zuwendung zu sicherheitspolitischen Konzepten zu verzeichnen:

Aber viel wichtiger ist mir noch der Herr, der an diesem Senatstisch ganz an der linken Seite sitzt. Das ist Herr Flierl.

vielleicht etwas ungünstig für Ihre Fraktion und Ihre Partei. Die Berlinerinnen und Berliner so vor den Kopf zu stoßen und all das, was an Aufbauleistungen in den vergangenen Jahrzehnten in Ost wie West geleistet wurde, einfach vom Tisch zu wischen, das ist nicht nur ignorant, sondern geradezu unsäglich blöd. Entschuldigung! Das ist ein unparlamentarischer Ausdruck, der auch gerügt werden mag. Ein Finanzsenator, der auch Verantwortung dafür trägt, wie der Standort Berlin in der Öffentlichkeit dasteht, erzählt, es handle sich hier um eine Art Trümmerwiese.