Protocol of the Session on June 29, 2006

[Dr. Steffel (CDU): Modrow!]

da müssen wir uns gar nicht verbiegen oder winden, Herr Lindner:

[Frau Senftleben (FDP): Das war Herr Steffel!]

Jede und jeder hierzulande hat uns an seiner Seite, wenn es um Menschenrechtsverletzungen geht, sei es in SaudiArabien, Nepal, Kolumbien, im Irak,

[Dr. Steffel (CDU): Oder Sibirien oder Kuba!]

auf Guantanamo, durch die Vereinigten Staaten oder anderswo. Die Menschenrechte sind für uns unteilbar, und zwar überall auf der Welt, auch auf Kuba zu schützen. Wir brauchen keine Lehrstunden für derartige Anträge,

[Beifall bei der Linkspartei.PDS – Dr. Lindner (FDP): Doch!]

und zwar schon deshalb nicht, weil diese Debatte – das müssen Sie zur Kenntnis nehmen – längst ausführlich geführt wurde. Herr Zimmermann hat darauf hingewiesen, dass es hier um einen konkreten Vorgang im Europäischen Parlament geht. Der Deutsche Bundestag hat eine ausführliche Menschenrechtsdebatte geführt. Dahin gehört sie auch.

[Frau Senftleben (FDP): Hierher nicht?]

Und falls es Sie interessiert: Zeitgleich findet zu dieser Stunde diese Debatte im Deutschen Bundestag ihren Abschluss.

[Dr. Lindner (FDP): Umso besser ist die Gelegenheit!]

Wer sich nun ernsthaft mit unseren innerparteilichen Debatten auseinander setzen will, ist zu einer Diskussion in unseren Foren und Parteitagen herzlich eingeladen.

[Frau Senftleben (FDP): Echt? Wir?]

Wir führen, ganz im Gegensatz zu anderen, diese Diskussionen und scheuen die Kontroverse nicht.

[Dr. Steffel (CDU): Zu Ihrem Parteitag komme ich, wenn ich reden darf!]

Weil Sie gerne Zitate benutzen, zitiere ich aus dem Beschluss unseres Parteivorstands zur Kuba-Debatte, der auf dem Parteitag einhellig begrüßt wurde:

Eine Bewegung der praktischen Solidarität, der politischen Kooperation, der Diskussion und des Meinungsstreits schloss und schließt Kritik in Menschenrechtsfragen ein. Der Zusammenhang

Nun zu Ihren Auslassungen zum Sachverhalt. Was ist hier eigentlich der Gegenstand der Debatte, der uns so erzürnt? – Es hat eine Abstimmung im Europaparlament gegeben, bei der die große Mehrheit die Situation der Menschenrechte auf Kuba kritisiert hat. Dabei hatten sich einige PDS-Abgeordnete der Mehrheit angeschlossen. Andere hatten das nicht getan. Darauf erschien ein Zeitungsartikel im „Neuen Deutschland“, darin äußerte sich ein ehemaliges SED-Volkskammermitglied und kritisierte die Abweichler in der PDS, die der Kritik an Kuba zustimmten. Was passierte daraufhin? Der PDS-Bundesvorstand fasste einen Beschluss, den die Kommunistische Plattform hinterher bejubelt und wozu sie sagt: Damit können wir leben. Sie haben eben selbst einen Satz zitiert, Frau Michels, der sich etwa so anhörte wie Senator Flierls Auslassungen vor den Stasi-Obristen. Wenn es da heißt

„praktische Solidarität“, weiß man, wohin die Richtung dieses Entschlusses geht.

Zu diesem Vorgang und dem Vorstandsbeschluss der PDS erklärt nun der Abgeordnete André Brie, die Partei habe immer noch ein Problem mit den Menschenrechten. Ja, das erklärte das PDS-Mitglied Brie wörtlich zu dem Vorstandsbeschluss. Jetzt sage ich Ihnen: Damit ist das ein Thema, das uns alle angeht. Denn wenn das nämlich wirklich so ist – dass die Partei immer noch ein Problem mit den Menschenrechten hat – und das jemand sagt, der in der Partei selbst führendes Mitglied ist, dann ist es die Pflicht dieser Partei, sich hier ganz eindeutig dazu zu erklären. Das sage ich Ihnen mit allem Nachdruck. Es reicht eben nicht, solche Beschlüsse wie den zitierten zu fassen, wenn Sie sich dann dem Antrag, der hier vorliegt und der nun wirklich parteipolitisch neutral in jeder Faser ist, verweigern. Damit konterkarieren Sie im Grunde genommen Ihren eigenen Vorstandsbeschluss – wenn er wirklich ernst gemeint ist – und zeigen uns und der Öffentlichkeit, was Ihnen das Bekenntnis zu den Menschenrechten in Wahrheit wert ist: nämlich nicht mehr als eine Wortblase.

und die Widersprüche von globaler Gerechtigkeit und Menschenrechten gehören zum Diskurs der internationalen globalisierungskritischen Bewegungen.

Da haben Sie das Bekenntnis.

[Dr. Lindner (FDP): Der typische SED-Duktus!]

Ein letztes Argument zu dem von den Grünen aufgeworfenen Hinweis, dass hier im Abgeordnetenhaus schon mehrfach Menschenrechtsanträge verabschiedet wurden: Ja, das stimmt. Das war immer dann, wenn es um konkrete Vorgänge mit einem Berlinbezug ging, sei es in unserer Partnerstadt Istanbul oder auch in Tschetschenien, das unsere Partnerbeziehung zu Moskau berührt.

[Dr. Steffel (CDU): Modrow!]

Herr Lindner, der 8. Mai und der 17. Juni haben sehr wohl etwas mit dieser Stadt zu tun, deshalb rechtfertigen sie auch einen solchen Antrag.

[Dr. Lindner (FDP): Das ist beliebig hier!]

Meine Damen und Herren! Liebe Frau Paus! Das wird auch in Zukunft so bleiben. So werden wir es auch weiter handhaben. Deshalb sage ich: An dieser Stelle brauchen wir Ihre Anträge, um Bekenntnisse zu erzwingen, nun wirklich nicht!

[Beifall bei der Linkspartei.PDS – Frau Senftleben (FDP): Beteiligen Sie sich wenigstens!]

Danke schön, Frau Kollegin Michels! – Das Wort zu einer Kurzintervention – für drei Minuten, streng gemessen – hat jetzt der Kollege Hahn.

[Zimmer (CDU): Cuba Libre!]

Danke schön, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Michels! Dass Sie uns jetzt vorwerfen, dass wir zu wenig opponierten, finde ich einigermaßen grotesk. Bislang ist uns in all den Jahren immer das Gegenteil vorgehalten worden.

[Zuruf des Abg. Pewestorff (Linkspartei.PDS)]

Zum Schluss noch eines: Liebe Kollegen der SPD, an Sie richtet sich der Antrag zuerst: Sie müssen sich fragen, auf wessen Seite in der PDS Sie sich damit stellen,

[Beifall bei der FDP und der CDU]

wenn Sie sich dem Antrag hier verweigern. Machen Sie mit bei André Brie,

[Gelächter bei der Linkspartei.PDS]

dann müssen Sie für den Antrag stimmen. Oder wollen Sie sich an diese Leute halten wie den Herrn Brauer und die alten Stasi-Fraktionen in der PDS, dann müssen Sie sich dem verweigern. Dann wissen wir freilich auch, wo Sie in dieser Frage stehen. Insofern haben Sie hier eine größere Verantwortung als die Kollegen der PDS. – Danke schön!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Herr Kollege Hahn! Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dass Sie den Kollegen Brauer zur Stasi-Fraktion in der PDS gezählt haben, dann rüge ich das ausdrücklich, weil wir – –

[Zimmer (CDU): Hat er nicht verlangt! Hahn (FDP): Ich nehme es zurück!]

Er nimmt es zurück, Herr Brauer. – Jetzt hat das Wort Frau Michels zur Replik.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Hahn! Manches mag Ihnen vielleicht grotesk erscheinen, aber es stimmt nun mal. Dieser Antrag zielt nicht darauf, sich mit der Regierungspolitik auseinander zu setzen, sondern, Sie haben es noch einmal deutlich gemacht, Sie wollen Bekenntnisse. Sie verwechseln auch einiges. Hier ist ein Parlament, hier ist kein Parteitag. Es handelt sich weder um einen Parteitag der FDP, noch handelt es sich um einen Parteitag der Linkspar

Dieser Entschließung haben im Europäischen Parlament auch Mitglieder der Linkspartei.PDS zugestimmt, das wurde schon mehrfach erwähnt, und sie wurden dafür von ihrem Parteibundesvorstand zurechtgewiesen. Es ist offenbar so, dass eine breite Mehrheit der Linkspartei die Auffassung vertritt, dass Solidarität mit Kuba und die Thematisierung von Menschenrechtsverletzungen sich nicht miteinander vertragen.

Gleichzeitig erleben wir im Abgeordnetenhaus auch heute wieder zu gegebenen Anlässen, mit welch großer Empörung diese gleiche PDS auf Kritik an ihrer Vergangenheit reagiert und wie sie für sich in Anspruch nimmt, ihre Vergangenheit aufgearbeitet zu haben. – Ich wende mich noch einmal direkt an Sie, Herr Liebich! Ich habe Ihnen tatsächlich geglaubt, als Sie am 11. November 2004 im Rahmen einer Plenarsitzung für sich feststellten: Kein Staat hat das Recht, seinen Bürgerinnen und Bürgern Freizügigkeit und die Ausreise zu verweigern, erst recht nicht mit Gewalt.

Aber offensichtlich nicht in Kuba. – Im Ausschuss wurde von Seiten der PDS eine inhaltliche Diskussion des Antrags beinhart und komplett abgelehnt.

tei.PDS oder der SPD. Ich verstehe dieses Haus als ein Parlament, wo es darum geht, sozial gerechte Politik für diese Stadt, für die Bürgerinnen und Bürger zu machen. Und es tut mir Leid, Sie wollen Bekenntnisse erzwingen. Sie sagen es auch noch deutlich, dass Sie Bekenntnisse erzwingen wollen.

Ich gestatte mir doch noch eine einzige Frage. Wenn Sie hier so mit Vehemenz in eine Auseinandersetzung eingreifen bzw. Zitate machen, dann würde ich mir doch wünschen, dass die FDP so viel Mut hat, bezüglich der antisemitischen Äußerungen auf der Internetseite der FDP von Reinickendorf eine Korrektur vorzunehmen. Wer mit Steinen schmeißt, sollte wissen, wohin er die schmeißt.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Jetzt kommt endlich Frau Paus dran. Sie hat das Wort. Ich bitte, ihr und nicht den Gesprächen untereinander die Aufmerksamkeit zu widmen. – Bitte schön!

Zunächst einmal die gute Nachricht. „Spiegel Online“ heute 16.09 Uhr: Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hat entschieden, dass die Militärtribunale im Gefangenenlager Guantanamo nicht rechtens sind.