Das ist eine Sache, die man auch im Kontext zu dem sehen muss, was in Berlin passiert. Sehr spannend, was Rot-Rot in Berlin an zusätzlichen Belastungen zu verantworten hat! – Da nehme ich ein paar Sachen heraus: Straßenausbaubeitragsgesetz ist beschlossen, Erhöhung der Wasserpreise um 25 %, Grundsteuer um 10 %, Müllgebühren sind erhöht worden, BVG-Gebühren, Parkgebühren, Kita-Gebühren. Das ist das, was hier zusätzlich auf Landesebene dazukommt. Wir haben gestern im Hauptausschuss eine rote Nr. 3849 erhalten. Dort sind die so genannten administrierten Preisentwicklungen aufgeführt, das heißt, die Verbraucherpreise, deren Höhe von staatlicher Seite beeinflusst wird. Da werden wir feststellen – weil der Bildungssenator vorhin so darauf hingewiesen hat, welche gewaltige Anstrengung dieser Senat in der vorschulischen Bildung gemacht hat –, dass wir gerade bei Kindergärten und Kinderhorten, Herr Böger, eine Preissteigerung von 2000 bis 2005 um 43,4 % haben. Zusätzlich öffentliche Verkehrsmittel: Steigerung 36 %. Kosten für Elektrizität: 21,8 %. Preise für Heizung und Fernwärme: 48,5 %. – Das ist das, was Rot-Rot zu verantworten hat. Rot-Schwarz – gigantische Erhöhung. RotRot hier – gigantische Steigerung der Verbraucherpreise, der administrierten Preise, auf die der Staat einen Einfluss hat.
Danke schön, Herr Kollege Dr. Lindner! – Es folgt die SPD-Fraktion. Das Wort hat der Kollege Matz. – Bitte schön!
Das ist auch legitim. Ich habe allerdings nicht verstanden, was sich ändern würde, wenn die FDP Mitverantwortung tragen würde. In den Ländern, in denen sie das tut, ist für das Verhalten im Bundesrat nämlich allenfalls eine Enthaltung herausgekommen. Und als beantragt worden ist, die Anrufung des Vermittlungsausschusses vorzunehmen, haben diese Länder auch nicht zugestimmt. Das heißt, gemessen daran, was die FDP in den Landesregierungen, in denen sie vertreten ist, tatsächlich bewegen kann, haben Sie soeben ganz schön auf die Tube gedrückt.
Die Erhöhung der Mehrwertsteuer ab 2007 ist bekanntlich keine Erfindung der SPD. Sie kann kurzfristig zu einer Delle im privaten Konsum führen. Diese Gefahr sehen wir sehr wohl. Übrigens haben Sie vor ziemlich genau einem Jahr dem Handelsblatt gesagt, dass man eine höhere Mehrwertsteuer nach einer gewonnen Bundestagswahl seriöserweise auch für die FDP nicht ausschließen könne. Das heißt, auch Sie haben damals gesehen, was wir heute alle sehen müssen – das vermute ich jeden
Das weiß ich selbstverständlich. Nominal ist das so. Wir haben aber auch nominal die höchste Wirtschaftskraft aller Zeiten. Die Frage ist nur, wie sie sich real und im Verhältnis zueinander entwickelt. Da gilt die Zahl, die ich Ihnen soeben genannt habe. Es waren schon einmal 23 %, und heute sind es nur noch 20 %. Wir
haben die niedrigste Steuerquote seit langem in diesem Land. Sie ist auch niedriger als die von vergleichbaren Ländern, mit denen wir international in Konkurrenz stehen.
Ein Drittel der Steuereinnahmen der Länder stammt aus den Anteilen an der Umsatzsteuer. In Berlin ist dies noch etwas mehr, weil wir indirekt über den Länderfinanzausgleich in Abhängigkeit stehen, dass die anderen Länder auf ihre Steuereinnahmen kommen. Wenn diese anderen Länder keine Steuereinnahmen in ihre Kassen bekommen, können sie auch Berlin nicht helfen. Diese Hilfe brauchen wir jedoch.
falls hinter diesem Satz –, dass die öffentlichen Finanzen in einem schwierigen Zustand sind und dass eine Mehrwertsteuererhöhung dazu führen kann, die öffentlichen Finanzen ein Stück weit wieder in Ordnung zu bringen.
Alle Analysen von Mehrwertsteuererhöhungen, die mit Zustimmung der FDP zwischen 1969 und 1998 durchgeführt worden sind, haben im zweiten Jahr nach der Anhebung zu deutlich höherem Steueraufkommen geführt. Dieses Ziel wird also auch erreicht. Die öffentlichen Finanzen in Deutschland sind nun einmal in einem schlechten Zustand, und dies ist nicht nur – wie immer behauptet wird – dem Ausgabeverhalten zuzuschreiben, sondern es hat vor allem damit zu tun, dass die kassenmäßige Steuerquote in Deutschland gegenüber der Endphase der Regierung Kohl von 23 % der Wirtschaftskraft auf inzwischen nur noch 20 % gesunken ist. Das heißt, der Staat nimmt inzwischen auch weniger von dem ein, was erarbeitet wird.
Dies führt zu Problemen bei den öffentlichen Finanzen. Die öffentlichen Finanzen über die Mehrwertsteuer zu erhöhen, ist zwar nicht schön, wenn man sich jedoch Länder, mit denen wir in Konkurrenz stehen, anschaut, vielleicht gar nicht so absurd. Wir haben nämlich im internationalen Vergleich einen sehr niedrigen Steuersatz. Wenn Sie Länder wie Tschechien oder die Niederlande anschauen, so haben diese auch jetzt schon 19 %. Man kann aber auch Schweden, Ungarn oder Dänemark – wirtschaftlich erfolgreiche Länder – nehmen, die Umsatzsteuersätze von 25 % haben. Hier werden wir auch in Zukunft deutlich drunter bleiben.
Die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist mit Sicherheit keine Idee der SPD. Sie werfen jedoch heute die Frage auf, ob sich ausgerechnet das Land Berlin bei der Ablehnung der Mehrwertsteuer an die Spitze der Bewegung setzen sollte.
Kollege Matz! Wissen Sie, dass der Arbeitskreis Steuerschätzung das Jahr 2006 als das Jahr mit den höchsten Staatseinnahmen seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland einstuft, und ist es nicht vor diesem Hintergrund ein Hohn, diese Steuererhöhung, die Sie mit zu verantworten haben, hier zu verteidigen?
Deswegen stellt sich für uns als Berliner Landesparlamentarier und sicher auch für den Senat die Frage, ob man in der Ablehnungsfront ausgerechnet das Land Berlin an die Spitze der Bewegung gehen lässt, so wie dies die FDP wünscht.
Wir stehen in dem Verfahren in Karlsruhe. Das ist uns allen bewusst, nur die FDP handelt nicht danach. Berlin kann sich, wenn es sich nicht gegen seine eigenen Interessen wenden will, nicht guten Gewissens diesem Gesetzentwurf komplett entgegenstellen, denn dieses Bundesgesetz wäre der Hauptgrund dafür, dass die Einnahmen Berlins im Jahr 2007 um 594 Millionen € steigen könnten. Da kann Ihr Kollege aus Niedersachsen erklären, dass er seinen Haushalt auch ohne Mehrwertsteuererklärung sanieren könne, aber Berlin, das auf die Anerkennung seiner Haushaltsnotlage hofft, darf noch nicht einmal so denken.
Wir müssen auf jeden Fall alle Einnahmen realisieren, die uns andere anbieten, sonst schaden wir unserem eigenen Verfahren.
Deswegen bin ich der Auffassung, Länderparlamente dürfen in ihren eigenen Entschließungen und Aufforderungen die Interessen ihres eigenen Landes nicht außer Acht lassen. Die Interessen der Bundesländer im Südwesten des Landes und die Interessen Berlins sowie der ostdeutschen Länder sind nun einmal nicht identisch. Die Position der FDP, die übrigens auch im Finanzausgleich darauf hinauslaufen soll, über einen Wettbewerb zwischen den Ländern weniger an Umverteilung beispielsweise zwischen Baden-Württemberg und Berlin zu erreichen, während wir in Karlsruhe das genaue Gegenteil anstreben wollen, Ihre Position zum Finanzausgleich aber auch zum Thema Mehrwertsteuer ist mit den Interessen Berlins nicht zu vereinbaren. Deswegen kann man Ihren Antrag nur ablehnen, wenn man verantwortlich für Berlin handeln will.
Vielen Dank, Herr Kollege Matz! – Es folgt die Fraktion der CDU. Das Wort hat der Kollege Peter Kurth. – Bitte schön!
Bei dem Steueränderungsgesetz zu sagen, das sei letztlich der Versuch, den privaten Haushalten Kaufkraft zu entziehen, und alles in Bausch und Bogen abzulehnen – dann sagen Sie doch wenigstens einmal, welche Punkte im Steueränderungsgesetz liberalen Positionen seit vielen
Jahren entsprechen! Fangen wir mit dem ersten Punkt an – ohne nun alles aufzuzählen –, mit der Abschaffung der Bergbauprämie. Das alles sind Positionen, die längst durch sind und jetzt gemacht werden. Die Absenkung des Kindergeldes von 27 auf 25 Jahre – ist richtig! Das wird jetzt gemacht! Natürlich entzieht das alles Kaufkraft, aber der Subventionsabbau entzieht auch Kaufkraft, und den wollen wir doch alle gemeinsam. Es hat im Ergebnis keine andere Wirkung. Sie müssen hier – auch in der Antragstellung und Antragsbegründung – etwas mehr Solidität vorlegen.
Sie verzichten auf jede Art der Alternative und sagen nicht, was stattdessen passieren soll. Nun könnte man vermuten, Sie sagen: Na ja, der Staat soll mal die Ausgaben senken!
Können Sie sich vielleicht noch erinnern, Herr Dr. Kurth, dass Sie bei der Bundestagswahl einen Wahlkampfberater hatten, Herrn Prof. Kirchhoff, den Sie ziemlich lange durch die Lande geschickt haben und der völlig andere Theorien verbreitet hat, als Sie sie jetzt verbreiten?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun hat Herr Lindner auf eine bürgerliche Antwort gewartet und ist zu den Medien herausgelaufen.
Kommen Sie herein, Herr Lindner! – Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns mit einem solchen Antrag der FDP auseinander setzen sollen. Drei Tage vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz hatten wir so einen Antrag schon einmal. Auch da sollte das Berliner Landesparlament mutig gegen die Mehrwertsteuererhöhung Position beziehen. Die Landtagswahlen sollten zu einer Volkabstimmung gegen die Mehrwertsteuererhöhung werden.
Herr Kollege Dr. Lindner! Die Landtagswahlen sind zu einer Volksabstimmung gegen die Regierungsbeteiligung der FDP geworden. Sie mussten zwei Landesregierungen verlassen.
Insofern ist die vermeintlich so populäre Position, gegen Steuererhöhungen zu sein, vielleicht im Ergebnis doch zu wenig. Ich will Ihnen nachher sagen, was zu wenig ist. Ich möchte aber zunächst einen Punkt von Herrn Matz aufgreifen, mit dem er völlig Recht hat.
Wenn das Land Berlin letztlich in einer beispiellosen Solidaraktion vom Bund und den anderen Ländern 35 Milliarden € einklagt, dann müssen wir auf der anderen Seite auch eine gewisse Schlüssigkeit in den Entscheidungen und Beschlussfassungen erreichen. Das heißt, wir können nicht das einzige für das Jahr 2007 wirkende Paket, um den Bundeshaushalt halbwegs ins Lot zu bekommen, halbwegs finanzpolitische Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen, zu konterkarieren versuchen. Wer das Berliner Parlament ernsthaft auffordert, gegen diese Steuergesetze zu stimmen, der will damit billigend in Kauf nehmen, dass der Bund keine finanzielle Handlungsfähigkeit gewinnt, aber auf diese ist das Land Berlin so angewiesen wie kein anderes Bundesland sonst, und auch deswegen geht da
Es gibt Anträge der FDP, die in ähnlicher Form parallel in vielen Landesparlamenten auftauchen. Das ist ein ökonomisches Verhalten, gegen das nicht viel zu sagen ist, wenn Sie in der Begründung auf die Besonderheiten des Landes Rücksicht nehmen, in dem dieser Punkt diskutiert wird. Das tun Sie im Wesentlichen nicht, was ich bedauere, und ansonsten machen Sie es sich ein bisschen leicht.