Rot-Rot verabschiedet gerade eine Reform der Lehrerbildung, die alles schlimmer macht, als es schon ist. Bei der Reform des Lehrerstudiums bleibt der Praxisbezug so gering, wie es bisher der Fall ist. Dafür wird das Referendariat verkürzt. Die angehenden Lehrer haben dann noch weniger Zeit, in der Schule zu lernen, wie man eigentlich Wissen vermittelt und mit Konfliktsituationen umgeht. Rot-Rot verschlechtert damit die Qualität der Lehrerausbildung. Nicht einmal angesichts der stadtweit diskutierten Probleme übernehmen der Bürgermeister, der Bildungssenator oder gar der für Wissenschaft zuständige Senator Verantwortung. Die Deppen aber sind die Lehrer, denen man alle Verantwortung in die Schuhe schiebt und sie dann als leer und ausgebrannt diffamiert. Wie wollen Sie die Probleme beheben? Geben Sie den Schulen endlich Unterstützung für die zunehmenden erzieherischen Aufgaben, die in den Schulen bewältigt werden müssen! Schicken Sie Schulpsychologen und Erzieher nicht nur an Hauptschulen, sondern an alle Schulen, die Bedarf haben! Leider müssen wir hören, dass das Grundschulen genauso wie Gesamtschulen, Realschulen und Gymnasien sind.
Ich wollte noch etwas zu den Beschlussempfehlungen sagen, aber meine Zeit ist zu Ende. Daher weise ich nur darauf hin, dass alle Anträge obsolet sind. Ich bitte Sie daher, den ursprünglichen Anträgen nicht zuzustimmen. – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Tesch! – Es folgt die Fraktion der CDU. Frau Kollegin Schultze-Berndt erhält das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man könnte bei all diesen Forderungen meinen, hier hätte gerade die Opposition gesprochen. Frau Dr. Tesch, stimmen Sie doch unseren Forderungen zu, dann kommen wir voran!
Ob das Thema Gewalt heute wichtig ist, bestimmen nicht wir. In den Zeitungen kommt das Thema leider jeden Tag vor. Heute war zu lesen, dass ein 12-jähriger Schüler eine Lehrerin mit einem gezielten Faustschlag krankenhausreif geschlagen hat.
Eine Sozialpädagogin hat darauf erklärt: Endlich wehrt sich mal ein Kind. – Ist diese Frau sich eigentlich ihrer Verantwortung bewusst? Ich schäme mich für diese Aussage und entschuldige mich bei der verletzten Lehrerin.
Die CDU-Fraktion ist entsetzt über derartige Äußerungen einer Frau, die jede professionelle Distanz zu den Kindern, die sie betreut, verloren zu haben scheint.
Für den Gewalttäter wurde von der Schule im Rahmen der Möglichkeiten eine Ordnungsmaßnahme verhängt. Er darf zehn Tage nicht in die Schule kommen. Nun sitzt er zu Hause und freut sich über seine unverhofften Ferien. Welchen größeren Gefallen hätten Sie diesem Jungen tun können, als ihn zehn Tage zu Hause zu lassen? Warum übernehmen Sie, Herr Böger, nicht die Verantwortung und ergreifen Maßnahmen zur Erziehung des Jungen?
Die CDU-Fraktion fordert: Arbeiten Sie pädagogisch oder psychologisch mit ihm! Schicken Sie ihn zehn Tage in gemeinnützige Arbeit, aber lassen Sie ihn nicht weitere zehn Tage unbetreut allein zu Hause!
„Verantwortung für Bildung und die Gewalt an den Schulen“ ist der Titel der heutigen Aktuellen Stunde. Welche Verantwortung übernimmt der Regierende Bürgermeister, der sich diese Aktuelle Stunde zum Thema Bildung spart?
Der Bildungssenator ist überzeugt, dass bereits alle Stellen, die mit Jugendlichen in Krisensituationen zu tun haben, gut miteinander vernetzt arbeiten. Vorhin hat er als Beleg dafür ein Rundschreiben angeführt, das an Schulen und Jugendämter ging. So sind die Probleme längst nicht gelöst, Herr Böger. Was ist mit Ihrer Wahrnehmung nicht in Ordnung, dass Sie nicht sehen, dass Schulen, Jugendhilfe, Polizei und Justiz nicht abgestimmt zusammenarbeiten, so dass immer wieder keine frühzeitigen Prognosen oder Fehlprognosen über die Entwicklung von Jugendlichen getroffen werden, wie es beim Mörder des kleinen Christian aus Zehlendorf der Fall war? Ihre Wahrnehmung, alles laufe glatt, ist falsch. Wir fordern Rot-Rot auf: Unterstützen Sie unseren Antrag für eine
Wir fordern Sie auf: Übernehmen Sie endlich Verantwortung! Verhindern Sie den Unterrichtsausfall, indem Sie genug junge Lehrer einstellen, Vertretungsmittel den Schulen direkt in die Hand geben und die Schulen endlich wirklich mit 105 % ausstatten und nicht nur im gesamtstädtischen Mittel! Schaffen Sie ein Frühwarnsystem für problematische Entwicklungen von Schülern durch eine Vernetzung aller Zuständigen, und greifen Sie konsequent durch.
Beugen Sie der Gewalt vor, indem Sie Lehrer fit machen für den Umgang mit gewalttätigen Schülern! Stärken Sie die Hauptschulen in ihrer berufsvorbereitenden Ausrichtung, damit Hauptschüler Perspektiven haben! Wachen Sie auf und nehmen Sie die Realität wahr, anstatt die Bürger mit Träumen von der Einheitsschule einzulullen! Fördern Sie Tugenden wir Fleiß, Pünktlichkeit, Ordnung, Betragen und Pflichtbewusstsein durch Kopfnoten! Arbeiten Sie mit Kindern, die von der Schule suspendiert sind, anstatt sie sich selbst zu überlassen! Und schließlich: Vermitteln Sie Werte anstelle von Kenntnissen über Wertesysteme, und führen Sie das Wahlpflichtfach Ethik, Philosophie und Religion ei
bessere Vernetzung der mit schwierigen Jugendlichen befassten Stellen, damit wir den Kindern und Jugendlichen helfen können!
Wo ist die Verantwortung des Schulsenators für den Unterrichtsausfall? 600 000 Stunden im Jahr fallen aus. Wie sollen wir da zu guten PISA-Ergebnissen kommen? Auch die Ergebnisse beim Mittleren Schulabschluss wären sicher besser, wenn der vorgesehene Unterricht erteilt werden könnte. Stattdessen fallen 600 Stunden im Schuljahr aus.
[Frau Senftleben (FDP): 600 000! – Gaebler (SPD): Leseschwäche, oder was? – Müller (SPD): PISA-geschädigt, oder was?]
Eine Vertretungsreserve ist in den Schulen vor Ort nicht vorhanden. Es gibt Schulen, die derzeit regulär mit 94 % ihres Bedarfs ausgestattet sind. Das heißt, ohne dass ein Lehrer krank ist, fällt nicht abgedeckter Unterricht an. Herr Böger, wenn Sie all das in Ihren Statistiken aufschreiben, ziehen Sie endlich Konsequenzen, und sorgen Sie dafür, dass genügend Lehrer in die Schulen kommen und kein Unterricht mehr ausfällt!
Die Verantwortung für all diese schulischen Missstände wird von Rot-Rot nicht angenommen. Die Verantwortung schiebt dieser Senat den Schulen, vor allem aber der Hauptschule in die Schuhe.
Man tröstet sich mit der Vision, in einer von PDS und SPD geträumten und angestrebten Einheitsschule werde alles besser werden. Schauen Sie sich doch einmal Ihre Vorbilder an. In Finnland gibt es
neben den Lehrern Unterstützung durch Erzieher, Krankenschwestern und Psychologen, die ständig in den Schulen sind. Eltern und Lehrer suchen gemeinsam Wege für das Kind. Auch in der POS in der ehemaligen DDR war die Zusammenarbeit zwischen Lehrern und Eltern gewährleistet. Nötigenfalls wurden die Eltern vor der Betriebsversammlung dazu aufgerufen, sich um ihre Kinder zu kümmern.
Das ist es, woran unsere Gesellschaft krankt: Beklagenswert viele Eltern arbeiten nicht mit Pädagogen zusammen. Ex-Bundeskanzler Schröders Bild von den „faulen Säcken“ hat Schule gemacht. Lehrer werden in ihrer Autorität nicht mehr wahrgenommen. Zu viele Eltern arbeiten nicht zum Besten ihrer Sprösslinge mit den Lehrern, sondern regen sich gemeinsam mit ihren Kindern über die Lehrer auf. Elternabende werden nicht besucht, dem Gespräch mit dem Lehrer verweigert man sich. Diese Rahmenbedingungen stimmen in keiner Weise mit denen in Finnland oder der DDR seinerzeit überein. Der PISAVerantwortliche für Deutschland, Prof. Prenzel, warnt vor
einer Strukturdebatte und prophezeit, dass auch im Einheitsschulsystem die PISA-Ergebnisse Deutschlands nicht besser wären. Deshalb ist es die feste Überzeugung der CDU-Fraktion, dass die Einheitsschule keine Lösung für unsere Probleme ist.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schultze-Berndt! – Es folgt die Linkspartei.PDS. Das Wort hat der Kollege Liebich – bitte schön!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Politikerinnen und Politiker haben es in diesen Tagen etwas schwer, gegen das Thema „Michael Ballacks Waden“ anzureden. Ich finde es trotzdem gut, dass wir uns heute dem wichtigen Thema Bildungspolitik widmen. Ich bin allerdings ein wenig überrascht gewesen, als ich den Titel der Aktuellen Stunde der Grünen „Bildung braucht Verantwortung! – Senat lässt Schulen aus dem Ruder laufen“ gelesen habe, denn das Sprachbild ist für eine emanzipatorische Partei ein wenig eigenartig. Ich habe die Furcht gehabt, dass Sie fordern, der Senat solle die Schulen wieder ordentlich an den Riemen nehmen. Aber Herr Mutlu hat mich jetzt eines Besseren belehrt. Sie haben nicht, wie beim Thema Verfassungsschutz, Ihre Position verändert, sondern wollen weiterhin, dass die Schulen eigenverantwortlich tätig sind. Das finde ich gut. Das wollen wir auch.
Ich finde das richtig. Gut ist es, dass auf Grund des Themas Rütli-Schule bundesweit sehr offen in einer neuen
Abschieben und Wegschicken, das war schon vor ein paar Wochen die Antwort von Herrn Zimmer auf die aktuellen Diskussionen. Aus meiner Sicht sind Drohkulissen und Aktionismus genau die falsche Antwort. Daran hat RotRot keine Interesse. Sie können sich sicher sein: Wir schieben niemanden weg, nur weil er Ihrem Bild vom deutschen Einheitsschüler nicht entspricht.
(D Aber auch die CDU glaubt doch nicht ernsthaft, dass man einen Schalter findet, den man umlegt, wenn die CDU irgendwann einmal wieder an der Macht sein sollte – was wir nicht hoffen –, und am nächsten Tag sind die Schüler ganz lernfreudig, die Lehrer total engagiert und die Eltern munter dabei. Dies zu erreichen kostet Zeit und Kraft.
Qualität über Gewalt an den Schulen – die es übrigens bundesweit gibt, es handelt sich dabei um keine Neuköllner Erfindung oder Berliner Spezialität – geredet wird. Lehrerinnen und Lehrer äußern sich über ihre Ängste und Sorgen, Schülerinnen und Schüler beteiligen sich engagiert und mit großem Erfolg an Antigewaltprojekten. Überall hört man von Präventivaktionen. Sehr gut finde ich es, dass es zunehmend mehr Unternehmen gibt, die die Schulen in ihrem Kiez unterstützen wollen.
Ich habe den Eindruck, dass seit dem Aufschrei des Kollegiums der Rütli-Schule ein Ruck durch Berlin gegangen ist und dass vieles, woran sich Schulen bereits gewöhnt hatten, nun erneut auf dem Prüfstand steht.
Allerdings bin ich etwas enttäuscht darüber, wie die Opposition damit in den Debatten hier und in der Öffentlichkeit umgeht. Besonders deutlich ist das vor wenigen Tagen geworden, als ein 12-jähriger Schüler eine Lehrerin, die einen Streit schlichten wollte, schwer verletzt hat. Das ist eine furchtbare Geschichte und unser ganzes Mitgefühl gehört dieser Lehrerin.
[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Hoffmann (CDU)]
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch nicht der Alltag an der Berliner Schule. Ich fand die anschließende hysterische Debatte nicht angemessen.