Protocol of the Session on April 6, 2006

stand der Berliner Politik nicht kennt. Er ist ja Niedersachse. Aber Sie, Herr Steuer, und Sie, Herr Henkel, könnten ihm doch wenigstens ein, zwei Forderungen aufschreiben, die nicht so völlig an der Berliner Realität und den Anforderungen des Rechts vorbeigehen.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Beifall des Abg. Birk (Grüne)]

Sie kennen sich doch hier aus. Aber nehmen wir einmal an, dass es sich trotz allem um ernst gemeinte Vorschläge handelt. Dann sind sie entweder nicht zweckmäßig oder rechtswidrig. Beispiel geschlossene Heime: Sie sind deshalb abgeschafft worden, weil sie keine Sicherheit bieten – Entweichungen waren und sind dort, wo es sie gibt, an der Tagesordnung – und weil Jugendliche in geschlossenen Heimen zusammenkommen, die alles Mögliche voneinander lernen, aber nicht, wie man gewaltfrei und ehrlich seinen Lebensunterhalt verdient. Der Justizsenator von Hamburg, Herr Kusch von der CDU, ist gerade über die Tatsache gestürzt, dass die Wiedereinführung eines geschlossenen Heimes ein grandioses Fiasko geworden ist.

[Zuruf von der Linkspartei.PDS: Genau!]

Beispiel Fahrverbote: Damit wird man Hauptschüler, die in der Regel unter 18 Jahre alt sind, sicher schwer beeindrucken,

[Beifall bei der SPD]

mal abgesehen von der Tatsache, dass die CDU bisher jede Reform des Sanktionenrechts blockiert hat, die für Fahrverbote als eine allgemeine Strafmaßnahme die Voraussetzung wäre. Das ist alles sachfremder Unsinn.

Aber trotzdem muss man Schulen wie der RütliSchule helfen. Das kann man auch. Wir haben Beispiele für Hauptschulen im Kiez, an denen Lehrer und Schüler gut, kameradschaftlich und respektvoll miteinander umgehen

[Dr. Augstin (FDP): Die wollen Sie doch abschaffen!]

und wo die Schüler gerne kommen. Übrigens: Kein anderer Bezirk ist so erfolgreich darin, die Schulpflicht durchzusetzen und für den baulichen Zustand und die Sauberkeit der Schulen Sorge zu tragen, wie Neukölln.

[Gelächter bei der CDU]

Das ist nachweisbar, liebe Kollegen! Warum haben wir denn zusätzliche Mittel aus dem Schul- und Sportstättensanierungsprogramm bekommen? – Die erste Aufgabe heißt:

[Henkel (CDU): Der Sozialismus wird siegen!]

Regeln setzen und durchsetzen!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Ein klares Nein zur Gewalt! Respektvoller Umgang mit Lehrerinnen und Lehrern und pünktliche Anwesenheit, jeden Tag, das ganze Jahr! Darum geht es.

[Beifall bei der SPD]

Die Instrumente haben die Kollegin Tesch und der Bildungssenator genannt.

[Goetze (CDU): Das scheint ja ziemlich zu wirken!]

[Frau Senftleben (FDP): Gute Frage! – Goetze (CDU): Weil die Schulen so topp sind! – Dr. Augstin (FDP): Fragen Sie doch Ihren Schulsenator!]

Warum regen Sie sich eigentlich so auf? – Sie kommen doch noch alle zum Zug. Sie dürfen doch noch alle etwas sagen, Herr Augstin!

Ich kann Ihnen sagen, wie eine Firma reagieren würde, wenn sie keine geeigneten Bewerbungen für eine freie Stelle erhält: Sie würde ein höheres Gehalt ausschreiben.

[Goetze (CDU): In welcher Firma arbeiten Sie?]

Nun lässt der Berliner Haushalt keine großen Sprünge zu. Dann muss man eben sehen, ob man den angemessenen Lohn für die schwierigere Aufgabe erwirtschaftet, indem man die leichtere und angenehmere Aufgabe ein bisschen weniger großzügig besoldet. Am Tarifrecht sollte ein solcher Wertausgleich in Zukunft nicht scheitern.

[Dr. Augstin (FDP): Aber was macht Ihr Senator?]

Der macht zum Beispiel ein neues Schulgesetz, was sehr gut ist.

Wenn mein Sohn auf die Rütli-Schule ginge, dann würde ich auf der Schulversammlung, auf der wir über Elterntraining, Anti-Gewalt-Training, Deutsch auf dem Schulhof und Ausbildungskooperation reden, auch das Thema einheitliche Schulkleidung ansprechen, um das Wir-Gefühl zu stärken und den Anreiz für Neid und in schlimmen Fällen für Diebstahl oder Raub zu nehmen. Aber so etwas muss die Schule selbst entscheiden, dann kommt auch etwas dabei heraus. Auch dafür, dass eine solche Entscheidung durch die Schulversammlung möglich ist, hat diese Koalition im neuen Schulgesetz die Voraussetzung geschaffen.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Dr. Augstin (FDP): Völlig hirnrissig!]

Gestatten Sie mir zum Schluss noch einen grundsätzlichen Gedanken: Wir können mit den Mitteln der Landespolitik vernünftige und wir können sogar gute Schulen aufbauen.

[Frau Senftleben (FDP): Ja, bitte! – Unruhe]

Aber das Grundübel unter den armen Leuten in unserer Stadt kann die Schule nicht auflösen.

Ist Ihnen entgangen, dass es in Neukölln einen Bürgermeister gibt, Herrn Buschkowsky, der nichts auslässt, seinen eigenen Bezirk an den Rand der Verzweiflung zu reden und diesen Bezirk deutschland- und europaweit kaputtzureden und als Neuköllner Bürgermeister nicht in der Lage war, die dort entstandenen Probleme zu lösen? Er hat überhaupt nicht angefangen, diese Probleme zu lösen.

Herr Felgentreu! Schämen Sie sich eigentlich nicht, der Opposition Dinge vorzuwerfen, während Sie alle Möglichkeiten hatten, dieses in den letzten Jahren zu ändern? Sie haben nichts geändert. Die Integration ist unter Ihrer Regierung zurückgefahren worden. Sie haben die Arbeitslosigkeit der Menschen nichtdeutscher Herkunft nach oben explodieren lassen. Sie haben das Ansteigen der Jugendarbeitslosigkeit hingenommen.

Sie haben sich nicht bemüht, mit den Berliner Firmen zu sprechen, insbesondere der Fachgemeinschaft Bau und den Industriebetrieben, damit die jungen Leuten, wenn sie die Schulen verlassen, wenigsten im Ansatz eine Chance bekommen, einen Beruf zu erlernen, damit sie lernen, pünktlich zu sein, überhaupt ernst genommen zu werden.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen von Lüdeke?

Nein, die gestatte ich nicht. Ich würde mich freuen, wenn die Kollegen mich ausreden ließen. Ich weiß gar nicht, was sie so aufregt.

[Beifall bei der SPD]

Das Grundübel unter den armen Leuten unserer Stadt kann die Schule nicht auflösen. Die Schule ist dafür nicht das geeignete Instrument. Solange weiter ganze Stadtquartiere von 30- bis 40-prozentiger Arbeitslosigkeit geprägt sind, kann auch die beste Hauptschule ihren Kindern nicht genug Hoffnung schenken. Arbeit für Menschen ohne besondere Qualifikationen zu schaffen, das ist aus meiner Sicht die wichtigste gemeinsame Aufgabe abseits des Wahlkampfgetümmels, mit dem wir es jetzt zu tun haben.

[Dr. Lindner (FDP): Wir machen doch hier keinen Wahlkampf!]

Zukunftsweisende Integrationspolitik kann nicht darin bestehen, die Bundesmittel für Integrationsmaßnahmen um 40 Millionen € zu kürzen, wie Innenminister Schäuble das gerade plant.

[Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Das lohnendste Ziel für einen bundesweiten Integrationsgipfel aller politischen Kräfte, der gerade vorgeschlagen wird, sehe ich darin, Lösungen für Integration durch Arbeit zu suchen. Dazu gehört auch ein Ende von Kettenduldungen, die manche Familien seit über 30 Jahren vom Arbeitsmarkt fernhalten.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Dazu gehört aber auch ein Konzept für Geringqualifizierte, egal ob sie Deutsche oder Einwanderer sind. Jeder, der wo auch immer mit anpacken kann, muss dazu in Zukunft auch die Chance haben. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Felgentreu! – Das Wort für eine Kurzintervention erhält jetzt der Kollege Wansner. – Bitte schön!

[Frau Michels (Linkspartei.PDS): Jetzt kommt der Kreuzberger! – Mutlu (Grüne): Sind Sie inzwischen nach Kreuzberg gezogen? – Heiterkeit]

Lieber Herr Kollege Mutlu! Seien Sie doch nicht immer so unruhig! – Herr Felgentreu! Ist Ihnen eigentlich entgangen, dass wir in dieser Stadt eine rot-rote Landesregierung haben, die in den letzten 5, 6 Jahren wirklich alles versäumt hat, um hier eine vernünftige Politik gerade in der Integration zu machen?

[Beifall bei der CDU – Unruhe bei der SPD]

[Beifall bei der CDU]

[Unruhe bei der SPD und der Linkspartei.PDS]