Protocol of the Session on March 9, 2006

a) Beschlussempfehlung

Kein architektonischer Vandalismus im Kulturforum

Beschlussempfehlung StadtUm Drs 15/4756 Antrag der CDU Drs 15/4070

b) Beschlussempfehlung

Kulturforum – Planung unter Denkmalschutz

Beschlussempfehlung StadtUm Drs 15/4757 Antrag der FDP Drs 15/4060

c) Beschlussempfehlung

Kulturforum zum Ort der Begegnung machen

Beschlussempfehlung StadtUm Drs 15/4758 Antrag der Grünen Drs 15/2679

in Verbindung mit

Dringliche Beschlussempfehlungen

Masterplan zur Weiterentwicklung des Kulturforums

Beschlussempfehlungen StadtUm und Haupt Drs 15/4837 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/3917

Wird der Dringlichkeit der zuletzt genannten Beschlussempfehlung widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

[Dr. Heide (CDU): Über den Scheiß reden wir doch schon seit 20 Jahren!]

Herr Niedergesäß! Halten Sie sich zurück!

[Zurufe: Das war Herr Heide!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die rot-rote Mehrheit wird heute den Masterplan zur Weiterentwicklung des Kulturforums beschließen, aber wirkliche Unterstützung hat dieses Papier in den vergangenen Parlamentsberatungen nirgendwo erfahren. Umso absurder ist es, dass Sie heute trotzdem diesen Beschluss fassen wollen. Besser wäre es gewesen, Sie hätten den Verursacher dieses Planes, den Senatsbaudirektor, erst in den verdienten Ruhestand gehen lassen. Dann wäre wahrscheinlich eine vernünftige Debatte über die notwendige Gestaltung des Kulturforums im Interesse der Kultureinrichtungen und der Besucher des Areals möglich gewesen.

[Beifall bei den Grünen]

So haben vor allen Dingen die Kolleginnen und Kollegen von der PDS mit resignativem Schulterzucken auf die Koalitionsräson verwiesen. Und selbst in der SPD – das wissen wir vom Fraktionsvorsitzenden – gab es überhaupt keine leidenschaftlichen Fürsprecher oder Fürsprecherinnen für das, was ein zukunftsweisendes Leitbild für das Kulturforum sein soll.

Das Parlament hat im Herbst 2002 den Senat aufgefordert, das Kulturforum auf der Grundlage der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses, die es bis dahin schon vielfach gab, und nach dem städtebaulichen Leitbild von Hans Scharoun weiterzuentwickeln. Was wurde vorgelegt? – Ich greife nur einige Punkte heraus, die ich besonders absurd finde: Die Begrenzung des Matthäikirchplatzes mit einem 80 m langen Bauriegel zur Potsdamer Straße hin zur angeblichen Schaffung eines Renaissanceplatzes verträgt sich nicht mit dem so genannten Lustgarten der Moderne, dem neuen Museumsplatz, wie er von Herrn

lung Hans Scharouns.

Der Beschluss des Abgeordnetenhauses wird heute in sehr unterschiedlicher Form interpretiert. Wir haben gesagt – das sieht der Beschluss vor –, dass die Nutzer einbezogen werden sollen. Ich halte es für obskur, zu glauben, dass man in die Entwicklung einer Stadt, die den Bruch der Einheit erfahren hat, alte Ordnungsgedanken 1:1 übernehmen kann. Eine Stadtrandlage ist in die Mitte der Stadt zurückgekehrt, in ihren lebendigen Kern. Wir haben nicht nur die Museumsinsel dazubekommen als einen Ort, mit dem wir umgehen, wenn wir an die Kulturgüter erinnert werden wollen. Damit hat auch der Ort des Kulturforums eine andere inhaltliche Bedeutung erfahren. Insofern glaube ich, dass es unsere Aufgabe war, darüber nachzudenken, Frau Ströver, wie wir erneut mit diesem Ort umgehen, wie wir ihn definieren. Ich halte die Definition dieses „Hauses der Mitte“ als ein Gästehaus für Kultur nicht für die wesentliche Übermitt

Stimmann angedacht ist. Eine Beziehung der Solitäre auf dem Kulturforum entsteht durch diese Maßnahme ganz bestimmt nicht. Wer soll etwas mit einer Freiraumgestaltung anfangen können, die sich vor allen Dingen an der sechsspurigen Potsdamer Straße orientiert, die keine Durchwegung der Staatsbibliothek vorsieht oder möglich macht, was eine Anbindung zum Potsdamer Platz schaffen würde? Es gibt kein Verkehrskonzept. Die sinnvolle Zielsetzung, den Verkehr in dem Kulturforum zu eliminieren, ist nicht umgesetzt. Da nützt es auch nichts, wenn die Scharounstraße in der Planung weg soll. Der Abriss der Piazzetta wird eine weit reichende Umgestaltung für die Gemäldegalerie und das Kunstgewerbemuseum bedeuten. Eine Finanzierung dafür gibt es nicht. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat gesagt, sie stehe mit dem Verkauf von Grundstücken für die Finanzierung nicht zur Verfügung.

Was Herr Stimmann uns auch geliefert hat, ist eine neuerliche Blockrandbebauung an der Philharmonie, neben der Staatsbibliothek und an anderen Ecken des Areals. Das Ganze unter der Fortentwicklung des städtebaulichen Leitbildes von Scharoun zu verkaufen, spricht Hohn. Das müssen wir alle einfach feststellen.

Wozu das Ganze? – Ich dachte mir, das ist ein Geburtstagsgeschenk der Koalition für den Senatsbaudirektor, der heute seinen 65. Geburtstag feiert. Wir wissen von ihm, dass er für Nachkriegsarchitektur nichts übrig hatte, egal, ob beim Ahornblatt oder bei der Bebauung des Kulturforums. Bald geht er in den Ruhestand. Zwar werden wir dann an manchen Stellen der Stadt mit den städtebaulichen Folgen seiner ästhetischen Vorstellungen leben müssen, aber mit den Maßgaben, die die Koalition ergänzend zum Masterplan beschlossen hat, ist das Ganze eine Beerdigung zweiter Klasse. Darüber sollten wir froh sein.

Für die Vorlage von Bebauungsplänen müssen konkrete Bauabsichten vorhanden sein. Also werden wir über alles noch einmal sprechen, und in der Nachfolge dieses Senatsbaudirektors wird es hoffentlich zu einer konstruktiven Debatte über eine sinnvolle bauliche Ergänzung des Kulturforums und eine Neugestaltung der Freiflächenareale zu Gunsten der Nutzer des Kulturforums kommen, die die Aufenthaltsqualität verbessern und die Attraktivität und die Funktionsbeziehung der Gebäude des Kulturforums untereinander endlich realisieren werden.

Wir beschließen das heute mit den Stimmen der SPDPDS-Koalition, aber ich hoffe sehr und glaube auch, dass dieser Masterplan keine Realität werden wird. Wir könnten ihn auch gleich in den Papierkorb werfen, aber so sehen wir es als eine Gabe zum Abschied an den Senatsbaudirektor.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Frau Kollegin Ströver! – Für die SDP-Fraktion hat der Kollege Radebold das Wort. – Bitte schön, Herr Radebold!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin mit Frau Ströver einer Meinung – wenn ich sie richtig verstanden habe –, dass die Stadt dem Senatsbaudirektor Dr. Hans Stimmann eine Menge zu verdanken hat.

[Beifall bei der SPD]

Ich bin sicher, Frau Ströver, dass Sie eine intensive Leserin von Feuilletons sind. Sie werden dort finden, dass bei aller kritischen Begleitung, die man zu Herrn Dr. Stimmanns Einzelpositionen haben kann, überwiegend gesagt wird: Wir haben ihm sehr viel zu verdanken. Das möchte ich heute zumindest für meine Person einmal aussprechen.

Es gibt noch einen Punkt, an dem Frau Ströver Recht hat, nämlich dass wir es heute beschließen wollen. Dann trennen sich unsere Wege.

Wenn Sie sagen, dass der Masterplan mit den begleitenden Beschlüssen in der Drucksache 15/3917 viel offen lässt, stimme ich Ihnen völlig zu. Insofern ist die Diskussion um Einzelheiten der Ausgestaltung nicht abgeschlossen. Ich glaube auch, dass es lange dauern wird, bis es gelingt, ein halbwegs geschlossenes Konzept zu verwirklichen, weil es schwierig ist, im Flächenaustausch und den unterschiedlichen Inanspruchnahmen der Flächen zu erreichen, dass wir z. B. hinter der Staatsbibliothek am Landwehrkanal eine starke Nutzung zulassen, die relativ wenig mit Kultur zu tun hat, die aber die Mittel erwirtschaftet, um diese sensiblen Bezugsachsen frei zu halten, um uns alle Solitäre weiter in Erinnerung zu halten.

Ich halte die Freiraumplanung für diesen Ort für ausgesprochen gelungen. Daran werden wir relativ wenig ändern. Das wird ein anderer Freiraum als am Lustgarten. Er kann durch Skulpturen der Moderne qualitativ aufgewertet werden. Das entspricht dem Ansinnen des Raumes. Leere, Kontemplation in der Stadt neben dem Potsdamer Platz ist kein Widerspruch zu dem, was uns Hans Scharoun heute dazu sagen würde.

Wenn man sich dazu entschließen sollte, eine sofortige Lösung für das Kulturforum zu finden, sollte man das tun, was angemessen ist, nämlich mit einem Scharounschen Entwurf – dem Gästehaus – schließen.

schen Entwurf – dem Gästehaus – schließen. Man würde die Potsdamer Straße ein wenig in den Hintergrund rücken und hätte dann vielleicht aus diesem Kulturforum einen Platz gemacht.

Danke schön, Herr Kollege Lehmann-Brauns! – Jetzt ist für die Linkspartei.PDS der Kollege Klemm dran und hat das Wort. – Bitte schön, Herr Klemm!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist zu später Stunde die 17. Wiederholung der Debatte vom Kulturausschuss, die wir schon in einigen Ausschüssen geführt haben.

Zum Kulturforum, ja, aber die Debatte im Kulturausschuss dazu war sehr spannend. Ich habe in den letzten Jahren versucht, alle Workshops und Diskussionsveranstaltungen zu dem Thema zu besuchen und zuzuhören, um mir die Argumente erschließen zu können.

Zu den Bürotürmen, die immer in die Diskussion gebracht werden, ist noch nichts konkret entschieden. Ich finde es zwar einen Widerspruch, dass wir uns politisch davor drücken, in den Bebauungsplänen zu sagen, was wir wollen, sondern dass wir dazu erst den Mut haben, wenn ein Investor kommt, aber sei es drum: Das gibt uns die Freiheit, auch in fünf, zehn oder fünfzehn Jahren, wenn dort angemessene Nutzer auftreten, weiter an diesem zentralen Projekt in Berlins neuer Mitte zu arbeiten. Insofern bin ich mir sicher, dass wir auf einem guten Weg sind.

Ich hoffe aber, dass der Punkt 4, den wir auch mit meiner Stimme als Kompromiss beschließen werden, zum Teil nie in Erfüllung gehen möge, nämlich dass aus der Hinterhofsituation – das haben Sie wörtlich im Kulturausschuss gesagt, Frau Ströver – der Staatsbibliothek irgendeiner mit der Axt eine Durchwegung durch die Staatsbibliothek schaffen will.

[Zuruf der Frau Abg. Ströver (Grüne)]

Das steht im Wortprotokoll!

[Frau Ströver (Grüne): Aber doch nicht mit der Axt!]

Wollen Sie vielleicht mit einem Panzer durchbrechen? – Wir würden eines der sensibelsten Gebäude der Stadt, das Scharoun uns hinterlassen hat, völlig entstellen. Ich hoffe, dass die Überprüfung zu dem führen wird, was die Stiftung von uns erwartet, nämlich dass wir dieses Gebäude unangetastet lassen und die Ziele des Masterplans schrittweise sensibel umsetzen. – Schönen Dank!

[Beifall bei der SPD]