Protocol of the Session on January 26, 2006

Zu den Fahrpreiserhöhungen hat Frau Junge-Reyer gar nichts gesagt, obwohl unsere konkrete Frage war, ob Sie – nachdem Sie diese im Wahljahr aussetzen – in den Folgejahren wieder Fahrpreiserhöhungen vornehmen werden, die das kompensieren und die über 2,5 % hinausgehen. Dazu haben Sie uns überhaupt nichts gesagt. Ich gehe davon aus – weil Sie sich vor der Beantwortung dieser Frage gedrückt haben –, dass Sie genau das vorhaben. Und da bekommen Sie mit uns gewaltigen Ärger. Darauf können Sie sich verlassen. Ich bin es allmählich leid, Fahrpreiserhöhungen zu erleben, die weit über der Preissteigerungsrate liegen. Innerhalb von zehn Jahren haben sich die Fahrpreise verdoppelt. Das ist mir – bei der bekannten Mentalität der Berliner Hausbesitzer – noch nicht einmal mit der Miete passiert. – Danke!

[Beifall bei den Grünen – Dr. Lindner (FDP): Was soll denn das wieder heißen?]

Danke schön, Herr Kollege Eßer! – Das Wort für die Fraktion der SPD hat nun der Kollege Gaebler. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Eßer hinterlässt mich hier wieder einmal etwas ratlos.

[Ratzmann (Grüne): Dafür können wir nichts!]

Es wundert mich, dass Sie das nicht verstehen, denn Sie sitzen doch mit ihm in einer Fraktion. Wenn er sich dort genau so aufführt wie hier, müssten Sie dies eigentlich verstehen können.

[Ratzmann (Grüne): Wir wissen immer, was er meint!]

Es ist gut, dass die Grünen vor etwa anderthalb Jahren begonnen haben, sich ernsthaft mit dem ÖPNV und dessen Zukunft sowie der Umstrukturierung der BVG zu beschäftigen.

[Ratzmann (Grüne): Na, also!]

Nicht gut war jedoch, dass Sie sich einen Gutachter eingeladen haben, der Ihnen ein Modell empfohlen hat und Sie uns daraufhin drei Plenarsitzungen damit gequält haben, dieses Modell vorzustellen.

[Frau Hämmerling (Grüne): Vier! – Zurufe des Abg. Eßer (Grüne)]

[Weitere Zurufe des Abg. Eßer (Grüne)]

Jetzt hat es in einer Schlussrunde eine Grundsatzeinigung zwischen dem Regierenden Bürgermeister und dem Verdi-Vorsitzenden gegeben. Das heißt aber noch nicht, dass der Tarifvertrag bis ins Letzte ausgehandelt und unterschrieben worden ist, Herr Eßer! Deshalb sitzen doch bei der BVG und der Berlin Transport GmbH Unternehmensleitung und Gewerkschaft noch zusammen und handeln die Details aus. Solange nicht das letzte Detail fertig ausgehandelt und unterschrieben ist, gelten auch die Zusagen des Senats nicht. Das ist ganz einfach, und deshalb weiß ich nicht, welche Schimäre Sie hier aufbauen, wir hätten etwas zugesagt und würden dafür nichts bekommen. Das Gesamtpaket muss am Ende unterschrieben werden. Bisher ist nichts unterschrieben, sondern es gibt eine Grundsatzeinigung, die ausgefüllt werden muss.

Zum Zweiten: Sie behaupten, es gäbe viele kommunale Verkehrsunternehmen in Deutschland, die ganz andere Tarifverträge hätten als die BVG und viel niedriger liegen würden. Wenn dieser Vertrag so zu Stande kommt, gibt es einen Spartentarifvertrag für den Nahverkehr. Dieser Name sagt schon, dass es sich nicht um eine Berliner Besonderheit, sondern einen bundesweiten, flächendeckenden Tarifvertrag für den Nahverkehr handelt. Diesen hat Verdi bundesweit ausgehandelt. In Berlin gibt es dann gesonderte Anwendungsvereinbarungen, aber es ist ein bundeswei

Zum Punkt VBL und Pensionen, den Sie inzwischen auch entdeckt haben: Herr Eßer, das ist ein Problem, aber Sie verschweigen, dass wir dieses Problem haben, egal, ob wir der BVG den Auftrag direkt geben, ob sie ein durchschnittlich gut geführtes Unternehmen ist oder ob wir das alles ausschreiben und an andere vergeben. Von den VBL-Leistungen und den Pensionen kommt das Land Berlin nicht herunter. Insofern ist es völlig absurd, dem

Senat Vorwürfe zu machen, er würde das nicht hineinrechnen oder vertuschen. Da wird gar nichts vertuscht! Das liegt auf dem Tisch! Das ist Ihnen bekannt, aber bei keiner Variante – nicht einmal bei der FDP-Variante, die heute diskutiert wurde – würde sich daran irgendetwas ändern.

Nun zu den Fahrgeldeinnahmen: Frau Hämmerling, Sie unterstellen, dass die BVG-Sanierung – also die Reduzierung der Zuschüsse von 860 Millionen € auf 420 Millionen € – nur durch Fahrpreiserhöhungen zu Stande gekommen wäre. Das wäre erstaunlich, da die Summe der Fahrgeldeinnahmen bei der BVG 468 Millionen € ausmacht.

Das haben Sie doch aber hier gesagt! Sie haben gesagt, die Beschäftigten haben ohnehin nicht viel Verzicht geleistet. Da würde ein wenig abgebaut und saniert, aber letztlich ist das durch Fahrpreiserhöhung reingekommen. – Das ist wirklich Demagogie. Vor allem, wenn Sie bei jeder Fahrpreiserhöhung sagen, es sei erstens ein Skandal und zweitens nützt es sowieso nichts, weil man durch Fahrpreiserhöhungen keine Einnahmen erzielt, weil entsprechend viele Fahrgäste weglaufen.

ter Vertrag, der auch für die anderen kommunalen Verkehrsunternehmen – mit Ausnahme der Hamburger Hochbahn, die kein klassisches kommunales Unternehmen ist, weil sie in der Rechtsform einer AG geführt wird und einen Haustarifvertrag hat – gilt. Aber muss ich Ihnen dies alles jedes Mal aufs Neue erklären? – Das können Sie im Internet ganz einfach selbst herausbekommen. Dazu müssen Sie keine Große Anfrage stellen und uns alle langweilen.

[Beifall bei der SPD]

Nun noch einen Hinweis zum Unternehmensvertrag, weil ihn der Kollege Kaczmarek vorhin so gelobt hat: Wir sind froh, dass es damals gelungen ist, mit dem Unternehmensvertrag für das Unternehmen eine Perspektive zu eröffnen. Dies hat die SPD damals gemeinsam mit der CDU auf den Weg gebracht. Damals war bereits klar, dass die Ziele des Sanierungsvertrages ziemlich ehrgeizig sind und dass sie in bestimmten Punkten noch Einiges an Zugeständnissen und Veränderungen erfordern werden, um erfüllt werden zu können. Das hat in der Anfangsphase, vor allem solange es noch die große Koalition gab, nicht besonders gut geklappt, weil tatsächlich ein Herr Landowsky Angst davor hatte, den Beschäftigten zu sagen: Wenn ihr etwas vom Land wollt und Planungssicherheit wollt, dann müsst ihr auch etwas drauflegen.

Nun Frau Junge-Reyer mit Herrn Landowsky auf eine Stufe zu stellen, ist eine ziemliche Unverschämtheit. Es zeigt aber auch, dass die Grünen in ihrem Populismus vor nichts zurückschrecken. Sie verharmlosen damit, das, was Herr Landowsky über Jahre getrieben hat. Offensichtlich ist ihnen das aber schon egal.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Dass die BVG aber inzwischen den Zielen des Unternehmensvertrages immer näher kommt und das prognostizierte Defizit immer geringer wird, haben Sie mit keinem Wort erwähnt.

[Frau Hämmerling (Grüne): Preissteigerung! Angebotskürzungen!]

Dies bedürfte jedoch einer Wertschätzung und des Hinweises, dass die BVG in einem schwierigen Prozess mit den Beschäftigten und der Unternehmensleitung unter Beteiligung der Fahrgäste eine Menge erreicht hat, und dennoch ist sie das nach wie vor leistungsfähigste bundesdeutsche Verkehrsunternehmen. Schreiben Sie sich das hinter die Ohren, und reden Sie das nicht immer schlecht!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS]

[Frau Hämmerling (Grüne): Nein! Das haben Sie falsch verstanden!]

[Frau Hämmerling (Grüne): Richtig!]

Richtig! Jetzt sagen Sie aber, seit 1990 sind die Einnahmen durch Fahrpreiserhöhungen massiv erhöht worden. Was wollen Sie denn, Frau Hämmerling? – Entscheiden Sie sich doch einmal für eine Argumentation, dann kann man auch damit umgehen.

[Beifall bei der SPD]

Nun zum Grundsatz: Wir haben den BVGBeschäftigten ein Angebot gemacht, indem wir gesagt haben: Sie tun etwas für ihr Unternehmen und für den Fortbestand und entsprechend bekommen sie eine Zusicherung, dass es nicht nach zwei Jahren verkauft oder zerschlagen wird. Ich glaube, das ist ein seriöses Angebot gewesen. Es hat auch einige Schwierigkeiten bereitet, das so zu realisieren, aber das ist ähnlich wie mit dem Solidarpakt im öffentlichen Dienst. Frau Hämmerling, ich kann mich noch erinnern, dass die Grünen beim Solidarpakt gesagt haben, der Senat ginge da viel zu forsch vor. Man müsse mit den Beschäftigten reden und könne ihnen keine Vorgaben machen. Man dürfe ihnen nicht zu viel zumuten.

Jetzt auf einmal sagen Sie, den BVG-Mitarbeitern wird nicht genug zugemutet. Sie verdienen alle zu viel. Das geht so nicht. Was wollen Sie, Frau Hämmerling? – Wenn Sie schon Wellen reiten, dann doch bitte wenigsten so, dass Sie auf einer Höhe bleiben und nicht ständig rauf- und runtergehen, dass ist nämlich nicht der Sinn dieser Aktion. Sie müssen sich entscheiden, was Sie mit dem Unternehmen BVG machen wollen. Wir wissen es. Wir haben es jedes Mal, wenn Sie es gefordert haben, dargestellt:

Lieber Kollege Gaebler! Wenn Sie den Grünen Vorwürfe machen und diese auffordern, zu sagen was sie wollen, wenn Sie ihnen vorwerfen, Sie wollten Mitarbeiter abbauen, dann frage ich Sie, von wem der Satz: Bei der BVG sind ein Drittel zuviel Mitarbeiter an Bord und die, die da sind, verdienen ein Drittel zuviel. – stammt. Dieser Satz stammt doch nicht von Frau Hämmerling, er stammt auch nicht von mir, sondern von Herrn Sarrazin, der ihn immer wieder in der Vorphase der Verhandlungen heruntergebetet hat. Sie müssen sich nicht wundern, wenn solche Äußerungen aufgenommen werden. Sie müssen mir erklären, weshalb Sie heute nicht mehr an die Worte von Herrn Sarrazin glauben. Wir glauben ihm ohnehin nicht, aber Sie haben bisher behauptet, Sie glaubten ihm. Was ist der neue Sachstand?

[Eßer (Grüne): Wir wollen etwas anderes als Sie!] ]

Wir wollen ein leistungsfähiges, gut organisiertes kommunales Nahverkehrsunternehmen, das für Berlin die gleichen guten Verkehrsleistungen erbringt wie bisher. Genau das wollen wir sichern. Dafür arbeiten wir.

[Beifall bei der SPD – Frau Hämmerling (Grüne): Wir wollen mehr als bisher. Wir wollen etwas Besseres!]

Sie wollen mehr als bisher: Sie wollen den Beschäftigten Geld wegnehmen. Sie wollen weiterhin Beschäftigte abbauen. Sie wollen die BVG als gemeinsames Unternehmen zerschlagen. Sie wollen möglichst viel ausschreiben, und dann hinterher sehen, wie Sie das Ganze wieder zusammenbringen. – Habe ich das jetzt richtig zusammengefasst? – Sie haben das bisher nie deutlich gesagt. Sie fragen immer, aber Sie sagen nicht, was Sie wollen. Deswegen sage ich Ihnen noch einmal: Ihr Weg ist ein Holzweg.

[Eßer (Grüne): Sie wissen es ganz genau!]

Wenn Sie nach dem 17. September in die Regierung wollen, werden Sie argumentativ noch etwas nachlegen müssen, damit wir wissen, was Sie wollen und wohin Sie wollen.

[Frau Hämmerling (Grüne): Lesen Sie das Protokoll!]

Ansonsten glaube ich: Rot-Rot macht die beste Verkehrspolitik für die Stadt,

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Frau Hämmerling (Grüne): Oh Gott!]

auch die beste Strukturpolitik für die BVG. Deshalb ist mir für den Fortbestand dieser Koalition nicht bange, wenn Sie so weiter agieren wie eben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Zuruf des Abg. Hoffmann (CDU)]

Meine Damen und Herren! Jetzt ist der Kollege Kaczmarek an der Reihe. Herr Kaczmarek, eilen Sie herbei. Sie haben das Wort für die Fraktion der CDU – bitte!

[Krüger (Linkspartei.PDS): Kommt jetzt noch etwas Neues?]

Danke schön, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will gleich zu Beginn eine Behauptung abräumen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BVG – und übrigens auch die der Berliner S-Bahn und der Deutschen Bahn – leisten ganz Hervorragendes für diese Stadt und ihre Einwohner. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel.

[Beifall bei der CDU und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Sie haben auch nicht das Monopol auf Lob. Wir loben genauso und zwar dort, wo es gerechtfertigt ist. Vor diesen Leistungen können wir nur den Hut ziehen. Von diesen Leistungen reden wir aber nicht, sondern wir reden von Ihren Leistungen als Regierungsfraktionen, Ihren

Leistungen als die den Senat tragenden Fraktionen. Diese Leistungen sehen wesentlich bescheidener aus als die der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BVG.