Das sind keine Dummejungenstreiche, sondern Raubtaten, schwere Körperverletzung, Diebstahl und Sachbeschädigung. Sie haben offenbar keine Vorstellung, wozu das führt, Frau Senatorin. Wenn er zwei Stunden, nachdem ihn die Polizei festgenommen hat, wieder im Kiez auftaucht, dann lachen sich die anderen Kids aus seiner Truppe tot und sagen: Das hat überhaupt keine Konsequenzen, wenn ich so etwas mache, der ist zwei Stunden später auch wieder hier. Die nehmen diesen Staat überhaupt nicht ernst, der sie offenbar nicht ernst nimmt. Und es kommen keine Strafanzeigen mehr, weil die Leute Angst haben, wenn er zwei Stunden später schon wieder im Kiez herumläuft. Insbesondere die alten Menschen haben Angst und ziehen aus dem Kiez weg.
In unserem freiheitlichen Staat heißt Freiheit auch Freiheit vor Angst und vor Bedrohung. Die Menschen haben jedenfalls das subjektive Gefühl, dass sich der Staat nicht mehr um sie kümmert und sie nicht mehr beschützt. Ich will Ihnen erzählen, was mir die Leute unten im Wahlkreis Zehlendorf-Süd sagen. Sie sagen mir: Wenn uns der Staat nicht mehr schützt, dann müssen wir uns selbst schützen. – Das ist an dieser Stelle die Bankrotterklärung für unseren Rechtsstaat.
[Beifall bei der CDU – [Doering (Linkspartei.PDS): Und was sagen Sie dazu? – Liebich (Linkspartei.PDS): Dem widersprechen Sie hoffentlich, wie es sich gehört!]
Wo sind die Konzepte von Rot-Rot? – Ihr Konzept ist, dass Sie allein im Jugendbereich sagenhafte 161 Millionen € bis zu diesem Haushalt eingespart haben. Dann dürfen Sie sich über solche Konsequenzen nicht wundern.
Sie sparen die Schulstationen weg, sie sparen die Mittel für Betreuung und Integration von Problemjugendlichen weg.
Dann steht die Justizsenatorin wie Rotkäppchen im Schneesturm und weiß nicht, was sie machen soll. So ist die Situation im Moment.
Sie werden sich nicht länger um Konzepte drücken können. Die CDU hat Vorschläge gemacht, und wir würden gerne hören, wie Sie dazu stehen.
Zum Beispiel zum Warnschussarrest. – Ich empfehle Ihnen dringend, sich mit den erfahrenen Jugendrichtern in Moabit zu unterhalten, was sie denn vorschlagen. – Vielleicht ist das auch etwas für Sie, Herr Liebich, so ein Gespräch hilft manchmal! – Sie schlagen vor, künftig Erziehen einerseits und Strafen andererseits deutlich zu trennen. Dann hören Sie sich die Frustration dieser Menschen an, wenn sie erzählen, wie viel Mittel für erzieherische Maßnahmen im Jugendbereich weggekürzt wurden. Sie wissen nicht mehr, was sie mit dem verbliebenen Geld machen sollen.
Frau Senatorin Schubert! Reden Sie doch einmal mit Herrn Wowereit, er ist doch kein Unmensch, vielleicht finden wir irgendeine ruhige Stelle für Sie als Gerichtspräsidentin, dann wären wir doch schon einmal einen Riesenschritt weiter.
Ich empfehle uns allen, auch Ihnen, Frau Senatorin, künftig einen Grundsatz zu beachten, der bei Rot-Rot völlig in Vergessenheit geraten ist, dass nämlich bei uns Opferschutz wieder vor Täterschutz stehen muss. Dafür müssen wir sorgen. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege! – Das Wort zur Begründung der Aktualität hat jetzt Frau Dr. Klotz. – Bitte schön, Frau Dr. Klotz!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sehen es: Egal, welches Thema wir heute wählen werden, es wird in jedem Fall unter dem Vorzeichen der anstehenden Wahlen am Sonntag stehen, auch wenn es ein so genanntes „Berliner Thema“ ist. Das hat Herr Wellmann eben gut unter Beweis gestellt. Deswegen sagen wir, dass wir heute auch gleich über die Steuerpolitik diskutieren können, die Herr Kirchhof verspricht.
Diese Steuerpolitik wird für das Land und für Berlin nicht gut sein, weil es ein extremes Konzept ist, das er vertritt.
[Hoffmann (CDU): Das Einzige, das nicht gut ist für Berlin und für Deutschland, das sind die Grünen!]
[Beifall bei den Grünen und der SPD – Beifall der Frau Abg. Seelig (Linkspartei.PDS) – Hoffmann (CDU): Weil Sie es noch nicht verstanden haben!]
Es ist ein extremes Konzept, weil es radikal umverteilt, und zwar von unten nach oben. Es ist ein extremes Konzept, weil es die Steuereinnahmen der Länder radikal reduziert. Ein solch extremes Steuerkonzept hat erhebliche Auswirkungen auf die Einnahmen des Landes Berlin und auf die Lebenssituation der Berlinerinnen und Berliner. Es hat erheblich mehr Auswirkungen als die zwei Prozent Mehrwertsteuererhöhung, von denen Sie immer geredet haben. Das ist hochaktuell, das ist es, was die Leute diskutieren. Deswegen wollen wir dieses Thema heute mit Ihnen debattieren.
Politisch richtig gefährlich an dieser Form des Extremismus, des Steuerextremismus – so will ich es nennen –, wäre das Ergebnis einer solchen Politik, nämlich die Schwächung des Staates. Herr Wellmann hat gerade für
einen starken Staat plädiert. Sie würden mit Herrn Kirchhof den Staat schwächen. Spüren würden es vor allem diejenigen, die auf diesen Staat angewiesen sind, auf einen Staat, der einen Ausgleich schafft zwischen Geringverdienern und Großverdienern, auf einen Staat, der ein soziales Netz für die Schwächsten bereitstellt, die auf einen Staat angewiesen sind, der sicherstellt, dass alle Bildung bekommen, und zwar von der Kita bis hin zur Universität, unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern.
Wir wollen einen starken Staat und können uns deshalb Steuerausfälle à la Kirchhof nicht leisten, weder hier in Berlin noch anderswo. Was würde mit der Flat Tax von Herrn Kirchhof denn auf Berlin zukommen? – Die Absenkung des Spitzensteuersatzes von 42 % auf 25 % bedeute Steuermindereinnahmen für Berlin, da gibt es verschiedene Schätzungen bis hin zu 1,2 Milliarden € im ersten Jahr. Und die Abschaffung von steuerlichen Sondertatbeständen, die das Steuersystem vielleicht einfacher machen: Das ist richtig, aber in jedem Fall ungerechter, und zwar für die Krankenschwestern, für die Kultureinrichtungen und für viele andere mehr.
die hier nicht vorgelegt werden, von denen Frau Merkel immer sagt, sie würde sie auch nicht kennen, die man angeblich in Konz’ „1000 ganz legale Steuertricks“ nachlesen kann. Diese umfassen unter anderem die Versteuerung des Arbeitslosengeldes I – 2,8 Milliarden € – und die Streichung des Sparerfreibetrags. Ein lediger Polizeibeamter hier in Berlin wird zukünftig 440 € weniger im Jahr verdienen. Sie umfassen auch – und das finde ich wirklich „unterirdisch“ –, dass wir als Abgeordnete nach der kirchhofschen Steuerreform mehr Geld in der Tasche haben würden.
Das ist eine Steuerpolitik, die als Vereinfachung des Steuersystems auf einem Bierdeckel daherkommt, die aber ungerecht ist und die wir deswegen ablehnen.
Wir wollen in der Aktuellen Stunde von Ihnen erfahren, was in der Kiste, auf der „Kirchhof“ und „Merkel“ steht – und seit zwei Tagen steht auch wieder „Friedrich Merz“ drauf –, drin ist. Wir finden, diese Antwort sind Sie den Wählerinnen und Wählern schuldig.
Ich will hier aber auch ganz deutlich sagen, dass Herr Kirchhof ja nicht nur eine extreme Steuerpolitik vertritt, er vertritt auch eine extreme Frauen- und Familienpolitik. Und fragen Sie mal die von Ihnen eben so gescholtene Justizsenatorin, die gestern beim Familiengerichtstag in Brühl war und sich einen Vortrag angehört hat, in dem Ihr Herr Kirchhof sagt: Wenn jeder sechs Kinder hätte, sechs
wohlerzogene Kinder, sechs gut ausgebildete Kinder hätte, dann würden wir in diesem Land eine Menge Geld für die Pflegeversicherung sparen, und dann bräuchten wir auch keine staatliche Rentenversicherung mehr. –
Das muss man mal erleben, da wird hier auch noch geklatscht, auch noch bei der FDP wird hier geklatscht. – Wir sagen Ihnen: Wer solche gestrigen Positionen vertritt, wer solche wirklich erzkonservativen Positionen vertritt, der gehört nicht in die Regierung von morgen, sondern der soll lieber im Heizungskeller bleiben, wo er hingehört – im Interesse aller Berlinerinnen und Berliner.
Danke schön, Frau Dr. Klotz! – Das Wort für die Fraktion der FDP hat nunmehr Dr. Lindner. – Bitte schön!
Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Deutschland steht wenige Tage vor einer Schicksalswahl – Rot-Grün, die schlechteste Regierung seit Kriegsende hat abgewirtschaftet.