In 550 Beherbergungsbetrieben werden 62 000 Betten angeboten. 11 500 Betriebe mit gastgewerblicher Konzession kümmern sich um unsere Gäste. Die vielen Kaufhäuser, Souvenirshops, Boutiquen und andere Unternehmen, die ebenfalls vom Tourismus profitieren, will ich hier gar nicht aufzählen.
Wir sollten an dieser Stelle den Blick über den Tellerrand richten. Die Frage, wie sich Berlin im Tourismus mit Blick auf die EU-Osterweiterung entwickelt, gehört genauso dazu wie weiterhin darauf zu setzen, dass Berlin eine offene, kulturell offene, politisch offene Stadt bleibt, die gastfreundlich ist. Ich hoffe, dass wir an dieser Stelle weiter daran arbeiten können, und freue mich darauf.
Danke schön, Frau Kollegin Hildebrandt. – Nunmehr hat für die Fraktion der FDP Herr von Lüdeke das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ist uns heute ein Thema reingedrückt worden, bei dem wir merken, dass selbst die Initiatoren dieses Themas fast alle verschwunden sind.
Wir als FDP hätten es begrüßt, wenn man sich über ein aktuelles Thema wie die Schule unterhalten hätte, denn das hätte sicherlich einige Leute mehr interessiert.
Aber vermutlich wäre Ihnen das Thema zu ungemütlich gewesen, und deshalb haben Sie lieber eines präferiert, das nun nicht gerade so spektakulär ist.
Niemand wird das Thema dieser Aktuellen Stunde gering schätzen, gerade angesichts der ITB, die in diesen Tagen in dieser Stadt zu Gast war. Andererseits ist die Setzung des Themas der offensichtliche Versuch der Koalitionsfraktionen, sich im Glanz einer erfolgreichen Messe mit vielen Foto- und Presseterminen zu sonnen und andere unerfreuliche Themen zu überstrahlen.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Eine Stadt, die pleite ist, wird für Touristen immer weniger attraktiv sein. Eine Stadt, die nicht in der Lage ist, selbst gesteckte Sparziele zu erreichen, wird für Touristen immer weniger attraktiv. Und eine Stadt, die es nicht schafft, einen wirklichen Konsolidierungskurs einzuschlagen und damit den Bürgern und der Wirtschaft, auch der Tourismuswirtschaft, eine Zukunftsvorstellung zu vermitteln, wird für Touristen immer weniger attraktiv sein.
Die Leute kommen nicht nach Berlin, um uns einen Gefallen zu tun oder eine Hauptstadtunterstützungsreise zu unternehmen, sondern weil sie von Berlin etwas erwarten.
Vor der Reise liest der Tourist wunderbare Dinge in Internetseiten und Hochglanzbroschüren über imposante und geschichtsträchtige und neue Gebäude, Museums- und Theatervielfalt, eine spannende Szene und viel Nachtleben. Und nach seiner Ankunft muss er dann die Realität feststellen: Die Museen haben zu kurze Öffnungszeiten ähnlich wie die Banken, wenn sie nicht ganz geschlossen sind oder geschlossen werden.
Die Theater haben viel zu wenig Spieltage im Jahr, wenn sie nicht ganz geschlossen sind oder geschlossen werden. Die rottende Ruine des Palastes der Republik beleidigt jedes halbwegs ästhetisch geschulte Auge.
Und wenn ich mir dann noch die Herren Marx und Engels angucke, dann sind sie nun auch nicht gerade eine Bereicherung des Zentrums.
Für die städtischen Brunnen gibt es inzwischen alljährlich eine Sammlung. Die Brunnen werden nur noch über private Spender am Laufen gehalten. Irgendwann werden wir erleben, dass auch die privaten Spender ausfallen und damit die Brunnen auch nicht mehr funktionieren. Das ist die Realität in dieser Stadt.
Der Besucher wird über der holprigen Schlaglochstraße seekrank, wenn er nicht zur Erholung zwischendurch im Stau steht oder sich mit dem einsprachigen Nahverkehrsmonopol namens
BVG bewegt. Wir haben in den letzten Tagen diese Geschichte einer koreanischen Touristin in Berlin gelesen, die hier, weil sie mit den Fahrscheinautomaten der BVG nicht klarkam, als Schwarzfahrerin entlarvt wurde und dann von 4 bis 5 BVGBediensteten rüde aus dem Zug entfernt wurde.
Sehr geehrter Herr von Lüdeke, davon abgesehen, dass das nun wirklich keine Werberede für den Standort Berlin ist
und es insofern wirtschaftsfeindlich ist, was Sie hier tun, hätte es mich interessiert, ob Sie in Ihrer Rede noch dazu kommen, die Alternativüberlegungen der FDP, wie sie beispielsweise in einem möglichen, von Ihnen angestrebten Wirtschaftssenator eingebracht worden wären, hier darzustellen.
Wir haben in den Koalitionsverhandlungen unsere Vorstellungen bekannterweise ausgebreitet. Ich glaube nicht, dass wir verdächtig sind, keine Ideen für den Tourismus oder die Wirtschaft dieser Stadt zu bringen.
Ich setze mich mit Ihrem Thema, das Sie heute auf die Tagesordnung gesetzt haben, auseinander und nichts anderes. Es war Ihr Wunsch, über den Tourismus in Berlin zu reden. Und ich sage Ihnen, wie der Tourist, der nach Berlin kommt, diese Stadt empfindet.
So, ich mache gleich mal weiter. Ich war bei der koreanischen Besucherin, die dann darauf aufmerksam gemacht wurde, dass man in diesem Land Deutsch spricht. Man überlege sich das nur einmal! Das finden wir ja auch in verschiedenen anderen Bereichen, wie den Verkehrshinweisen. Wenn man sich allein nur einmal die Busspurbeschilderung anguckt, dann habe ich immer meine Zweifel, ob jeder Tourist, der hier in die Stadt kommt, überhaupt versteht, was da steht. – Oder die Parkscheinautomaten: Da findet man so nette kleine Informationen wie „LaSa“ oder „Advent-Sa“. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein normaler Tourist – noch dazu aus dem Ausland – weiß, was mit einem „Advent-Sa“ gemeint ist. Der wird nur hinterher zur Kasse gebeten, weil er falsch geparkt hat.
Dann kommen wir noch auf das Thema „Schankwirtschaften“. Das ist ja ein recht löblicher Ansatz, den der Wirtschaftssenator da angeht, dass er sich also tatsächlich einmal Gedanken darüber macht, wie weit man es ermöglichen kann, dass im Sommer die Schankwirtschaften etwas länger offengehalten werden. Damit klar ist, worüber wir reden: Wir haben 500 Beherbergungsbetriebe. Ich wiederhole das auch noch einmal, ich denke, es ist ja oft genug gesagt worden: 66 000 Beschäftigte im Tourismussektor, 11,5 Millionen Übernachtungen und ein Umsatz von 181 § pro Tag und Besucher, so wird er ausgewiesen. Wir sehen also, welch starke Sensibilität im Bereich Tourismus in dieser Stadt entwickelt werden muss, damit das auch alles so gehalten werden kann. Allein im letzten Jahr gab es ausländische Touristen in Berlin, die rund 62 500 Millionen § bei Tax-free-Käufen eingelöst haben, das sind diese Geschäfte, bei denen man sich die Mehrwertsteuer wiederholt.
Das sind also im Wesentlichen – ich glaube, mein Vorgänger, Herr Atzler, hatte das schon betont – – Das sind also Leute, die teilweise als Tagestouristen hierher kommen und sich die Mehrwertsteuer erstatten lassen, eine ziemlich erkleckliche Summe, wenn man sieht, was da an Umsätzen dahintersteht. Der Tagestourismus aus der näheren Umgebung, aber auch aus Osteuropa, nimmt stetig zu, und die Stadt braucht diesen Tourismus, wenn sich unsere Probleme nicht noch vergrößern sollen. Besucher bleiben schneller weg, als Sie denken. Der Tourismus ist so konjunktur- und atmosphärensensibel wie kein anderer Wirtschaftszweig. Das heißt aber auch: Machen Sie Ihre Hausaufgaben und investieren Sie dort, wo es nötig ist, und streichen Sie dort Gelder, wo der Staat nichts zu suchen hat. Reden Sie nicht nur von Aufgabenkritik, betreiben Sie sie auch! – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege! – Nunmehr hat für die Fraktion der Grünen Frau Paus das Wort. – Bitte schön, Frau Paus!
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr von Lüdeke! Ihnen gebührt zumindest das Lob, dass Sie wieder etwas Lebendiges in diese Debatte gebracht haben und dass Sie tatsächlich auch einmal auf das eine oder andere Problem hingewiesen haben. Auch wenn Sie sich mehr um die Saubertouristen gekümmert und Berlin eher als schäbig dargestellt haben, denke ich, hat mir tatsächlich vorher in der Debatte gefehlt, dass hier außer dem Vorlesen von Statistiken auch noch einmal über eine parlamentarische Initiative – was können wir als Parlamentarier tun, um den Tourismus voranzubringen? – irgend etwas gesagt wird. Wir haben etliches an Bekenntnissen gehört. Ja, es stimmt – ich habe die Zahl auch gefunden –: 66 000 Beschäftigte hängen in Berlin direkt vom Tourismus ab. Ja, es ist so: Berlin befindet sich in diesem Bereich tatsächlich einmal in der ersten Liga, ist bundesweit unbestritten an der ersten Stelle und schneidet auch im europäischen Vergleich in der Gunst der Urlaubswilligen immer besser ab. Es wurden auch die gängigen Themenkreise wiedergekäut, die immer wieder einmal durch die Zeitungen kreisen: Vom Flughafen Schönefeld, der endlich kommen muss, den Herr Gysi aber nicht will, den Herr Pewestorff nicht will. Über die Wichtigkeit der Kultureinrichtungen für die touristische Attraktivität der Stadt kam allerdings relativ wenig, vielleicht hängt das mit den Haushaltsberatungen zusammen.
Natürlich wurde auch der Anlass der heutigen Aktuellen Stunde, die Internationale Tourismusbörse, gewürdigt, die als eine der drei Berliner internationalen Leitmessen für den Messestandort Berlin von tatsächlich überragender Bedeutung ist. Und das Thema Ladenöffnungszeiten wurde auch schon angetippt. Alles in allem viel Einigkeit, ein paar ritualisierte Konflikte – wie ich finde, die Demonstration von politischem Stillstand. Man könnte auch sagen: Gut, dass wir darüber geredet haben, außerdem mussten wir so nicht über andere und unangenehmere Dinge reden, wie zum Beispiel über den Flughafen und über Privatschulen.