Protocol of the Session on April 14, 2005

Dieses 3-Euro-Ticket ist haushaltsneutral und einfach umsetzbar. Es ist nicht kostenlos, aber erschwinglich. 3-Euro-Tickets sind keine Almosen, für die es Dank braucht. Die Karten sind bereits durch die öffentliche Subventionierung bezahlt. Sie sollen den Einkommensschwachen Berlins die Gewissheit geben, dass sie in den Kultureinrichtungen der Stadt willkommen sind, dass die öffentlichen Kulturangebote für alle Bürgerinnen und Bürger unterhalten werden und die Eintrittspreise keine soziale Schranke sein müssen.

Wir haben uns zusammen mit den Bühnen vorgenommen, nach dem Ende der nächsten Spielzeit zu evaluieren, wie das 3-Euro-Ticket angenommen wird, wie das Modell funktioniert und wo gegebenenfalls Veränderungen vorgenommen werden müssen.

[Beifall bei der PDS]

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt gibt es eine Nachfrage von Frau Dott. – Bitte schön, Frau Kollegin Dott!

Herr Senator! Ich begrüße diese Initiative, zumal ich gehört habe, dass die Kindertheater auch dabei sind. – Haben Sie daran gedacht, die Informationsmöglichkeiten auch über die entsprechenden Ämter bekannt zu machen, um die Begünstigten darüber zu informieren, da damit zu rechnen ist, dass sich der begünstigte Personenkreis auf Grund seiner Finanzlage zum Teil weder Internet noch Zeitungen leisten kann?

Bitte schön, Herr Senator Dr. Flierl!

Ja, Frau Abgeordnete, wir sind in Kontakt mit der Sozialverwaltung. Es gibt bereits Informationen, die für die Leistungsberechtigten dort vorgehalten werden. Wir sind im Gespräch, wie wir gemeinsam auf diese Initiative aufmerksam machen können, so dass die Nutzerinnen und Nutzer unmittelbar die Information erhalten.

Sen Dr. Flierl

1. Was hat den Kultursenator veranlasst, sich beim Verfahren über den weiteren Betrieb des Filmkunsthauses Babylon über das Votum der von ihm selbst einberufenen Findungskommission hinwegzusetzen und als künftigen Betreiber die „K&K Kino-und-Konzerte-GmbH“ des Herrn Timothy G. zu favorisieren, der mit seinem Konzept von der Findungskommission in Bausch und Bogen abgelehnt worden ist?

2. Hat sich der Kultursenator bereits früher zugunsten des Herrn G. bei der Frage der Vergabe von öffentlich geförderten Projekten eingesetzt, wenn ja, welche waren dies?

Herr Senator Dr. Flierl – bitte sehr!

Auf dem Sozialticket ist schon aufgedruckt, dass diese Karte auch zum Zugang für andere Leistungen, die öffentlich unterstützt werden, wie z. B. Bäder und Theater, berechtigt.

Danke schön, Herr Senator! – Frau Abgeordnete Grütters – bitte sehr!

Herr Senator! Sie sagen, Ergänzungen zu Ihrem 3-Euro-Modell durch Spenden seien herzlich willkommen. Sie wissen, dass die Häuser sagen, beide Modelle gegeneinander gehen nicht, und deshalb ziemlich verärgert sind, weil sie für das Wiener Modell bereits Spenden eingesammelt hatten.

Deshalb frage ich Sie, warum Sie dieses erstklassige bürgerschaftliche Engagement, um das wir uns immer so sehr bemühen, mit dem auch Arme ins Theater gekommen wären, ohne nur Resteverwerter zu sein, ausdrücklich ersticken? – Die Theater hätten ja einen normalen Preis für ihre Karten bekommen. – Schreiben Sie den Häusern Ihre 3-Euro-Variante nicht eher deshalb vor, weil Sie sich ein bisschen schnell populistisch auf das Thema setzen wollten?

Herr Senator Dr. Flierl!

Verehrte Abgeordnete! Bisher habe ich nur wahrgenommen, dass Sie sauer sind, dass diese Initiative jetzt gestartet wurde.

[Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Es gibt in der Stadt eine breite Diskussion, wie der Zugang zu Kultur verbreitert werden kann. Dabei sind unterschiedliche Akteure tätig geworden. Es gibt konkurrierende, alternative Modelle, die ich als ergänzend auffasse, ergänzend auch deswegen, weil das eine Modell leistungsfähig ist und das andere nicht. Die Nachrichten aus Wien sind doch, dass pro Veranstaltung zwei bis drei Karten gespendet werden. Ich habe gerade davon gesprochen, dass 400 000 Menschen in Berlin sozialhilfeberechtigt sind. Wir haben leider – das kann durchaus kritisch diskutiert werden – viele unverkaufte Karten. Das ist keine Resteverwertung. Die Berechtigten essen, im Unterschied zu anderen Modellen der Sozialhilfe, am selben Tisch mit. Sie sind auf diese Art und Weise an derselben Veranstaltung beteiligt.

Da heute wegen der sozialen Lage die Tickets von hinten nach vorn gekauft werden, von den billigen Plätzen zu den teuren, wird es sogar so sein, dass man für 3 € eine bessere Karte erhält, und die Theater haben eine zusätzliche Einnahme. Wenn eine Spendenbereitschaft in einem Ausmaß, das Sie möglicherweise für sich wünschen, sich durchsetzt, kann dieses für das vorgeschlagene Modell ergänzend sinnvoll sein. In diesem Sinn ist es hochwillkommen.

[Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Danke schön, Herr Senator Dr. Flierl!

Jetzt ist die Frau Abgeordnete Ströver von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an der Reihe mit einer Frage zum Thema

Connection statt Kompetenz beim Babylon-Betrieb

Bitte schön, Frau Ströver!

Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren, ich frage den Senat:

Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Abgeordnete! Bevor ich auf Ihre Fragen eingehe, lassen sich mich noch einmal kurz die Zusammenhänge darstellen, die zur Ausschreibung eines Interessenbekundungsverfahrens geführt haben.

Wir alle wissen, dass der Babylon e. V. nach der Wende hervorragende Arbeit geleistet hat, um das Kino Babylon fortzusetzen. Das soll an dieser Stelle ausdrücklich gewürdigt werden. – Als der große Saal 1993 wegen Baufälligkeit geschlossen werden musste, fand der Kinobetrieb bis zum Jahr 2001 im Foyer mit seinen 70 Plätzen statt und wurde vom Senat mit 197 000 € gefördert. Mit insgesamt 3 Millionen DM Lottomittel wurden das Kino und die einzigartige, originale Kinoorgel saniert. Im Mai 2001 konnte der Poelzig-Bau wieder eröffnet werden. Seitdem verfügt das Babylon in beiden Sälen über insgesamt 450 Plätze.

Dadurch entstehen auch größere Betriebskosten. Ich habe deshalb im ersten Doppelhaushalt 2002/2003 entschieden, die Förderung für das Babylon dauerhaft von 195 000 € auf 320 000 € zu erhöhen, bzw. hat das Parlament das so entschieden. Zusätzlich haben wir im Jahr 2003 noch einmal weitere 70 000 € bewilligt, um Einnahmeausfälle auszugleichen. Auch zu Beginn des Jahres 2004 haben wir dem Babylon e. V. eine weitere, zusätzliche Finanzspritze von 39 000 € bewilligt. Das war jedoch mit der sehr deutlichen Aufforderung verbunden, dass der Betreiber zukünftig mit der Fördersumme auskommen müsse, weil eine dauerhafte Erhöhung des Etats

Sen Dr. Flierl

Zum Babylon e. V. betrafen die Einwände des Gremiums zum einen die erforderliche Vermittlung eines Neustarts und zum anderen die wirtschaftliche Kalkulation. Die Bewerbung des anderen Mitbewerbers ging davon aus, dass das Babylon als ein typisches kommunales Kino nicht weitergeführt wird, d.h. beide Antragsteller, beide in ihren Stärken und Schwächen dargestellten Bewerber,

sind der Ausschreibung nicht nachgekommen. Präsentiert wurden also zwei Alternativen, von denen die eine mit Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg einen radikalen Bruch mit bisherigen Traditionen impliziert, die andere zwar programmatisch allen Ansprüchen genügt, nämlich der Babylon e. V., jedoch weder wirtschaftlich noch personell überzeugen konnte. Damit war die Arbeit der Findungskommission beendet.

angesichts der Zielvorgabe Erhalt des Babylons als kommunales Kino in kultureller und wirtschaftlicher Eigenverantwortung gegenüber dem idealen Programm eines kommunalen Kinos Abstriche gemacht werden müssen,

ernst genommen und da eine Etaterhöhung ausgeschlossen ist, meine Verwaltung aufgefordert, unter diesem Aspekt eine erneute Sichtung der Bewerbung vorzunehmen. Mit fachlicher Beratung durch die Senatskanzlei und die Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH ist diese Sichtung durch die Verwaltung vorgenommen worden, und die Ausschreibung blieb Grundlage. Daraufhin wurden drei Bewerber erneut zu einem Gespräch eingeladen. Im Ergebnis war sich die Arbeitsgruppe einig, dass das nun ausgewählte Konzept durch Programmarbeit, Profilierung, cineastischen Background und Engagement eindeutig überzeugt hat.

angesichts des angespannten Landes- und Kulturhaushalts nicht möglich ist. Die Forderung nach einem ausgeglichenen Wirtschaftsplan, der dauerhaft ohne zusätzliche Förderung auskommt, war unsere Forderung und wurde uns auch von Seiten des Babylon e. V. zugesichert.

Schließlich erreichte uns im September 2003 die Nachricht, und zwar sowohl vom Babylon e. V. als auch von der Vermieterin, dass der Verein Mietschulden in Höhe von 78 000 € hat. Daraufhin waren wir schon allein aus haushaltsrechtlichen Gründen gezwungen zu reagieren, denn die Miete ist Teil der bewilligten Förderung. Wir haben damals mehrere Gespräche mit dem Verein geführt, die unisono ein Ergebnis hatten: Es müsse mehr Geld geben, ohne einen erhöhten Zuschuss könne das Babylon nicht betrieben werden. Da dies aber angesichts der Haushaltslage ausgeschlossen war und ist, blieben nur zwei Möglichkeiten: Entweder stellen wir die Förderung ein, dann mit allen Folgen für den Kinostandort und die zuvor investierten öffentlichen Mittel, oder wir erkunden in einem Interessenbekundungsverfahren, ob es andere Betreiber mit anderen Konzepten gibt, die eine Fortführungsprognose an diesem Ort bieten.

In diesem Interessenbekundungsverfahren – das bleibt Grundlage des weiteren Verfahrens – wurden zwei Essentials formuliert: Die besondere cineastische Tradition des Babylon als Filmkunsthaus und kommunales Kino soll fortgeführt werden; der Betreiber muss verlässlich mit der Zuschusssumme von 320 700 € auskommen. Ich habe daraufhin eine Findungskommission berufen, die aus Fachleuten meiner Verwaltung, der für Filmförderung zuständigen Senatskanzlei, Filmemachern und Kinoexperten bestand und die von Herrn Berg vom Medienboard Berlin geleitet wurde.

Diese Findungskommission hat mir folgende Empfehlung gegeben, die Sie offenbar nicht kennen oder die Sie missverständlich zitieren und mir damit unterstellen, ich hätte mich nicht an das Votum gehalten. Die Findungskommission hatte mir in ihrer abschließenden Wertung mitgeteilt:

... dass bei den gegebenen, nicht veränderlichen Parametern zum Betrieb des Kinos – Betriebskosten, Miete, Zuschuss des Senats – gegenüber dem bisherigen Programm Einschnitte bzw. Veränderungen unvermeidlich sind.

Die Findungskommission hat dann zwei Bewerber, die des alten Babylon e. V. und einen Mitbewerber, mit ihren Stärken und Schwächen vorgestellt, ohne jedoch eine Präferierung vorzunehmen.

[Frau Ströver (Grüne): Genau!]

Ich habe die in der Abschlussbewertung der Findungskommission formulierte Einschätzung, dass

Deswegen ist dieses Verfahren hochgradig transparent und erfolgreich zu Ende geführt worden. Ihre Versuche, den Positionen der Mitbewerber politische Resonanz zu verschaffen, greifen ins Leere. Ich erinnere Sie daran, dass Sie bereits bei einem anderen Vergabeverfahren meiner Verwaltung Akteneinsicht gefordert und diese auch bekommen haben, aber anschließend darauf verzichteten zu sagen, dass die Vergabe korrekt war. Ich fordere Sie in diesem Fall erneut zu beidem auf.

Zu Ihrer 2. Frage: Nein, für die Vergabe öffentlich geförderter Projekte an diesen Bewerber habe ich mich nicht eingesetzt.

Danke schön, Herr Senator! – Frau Abgeordnete Ströver hat eine Nachfrage. – Bitte schön, Frau Ströver!

Herr Senator! Um wieder auf den rationalen Kern des Verfahrens zurückzukommen, frage ich Sie: Wann und wie wurde die von Ihnen selbst einberufene Findungskommission und wurden die 13 Interessenten des Bewerbungsverfahrens aus der ersten Runde in ein neues Verfahren einbezogen bzw. darüber informiert, dass das Verfahren beendet sei? Wurde diesen Interessenten vor der Ausschreibung mitgeteilt, dass es jetzt nicht mehr nur um ein kommunales Kinoprojekt gehe, sondern um ein Mischmodell aus öffentlich gefördertem und kommerziellem Kino? Wer hat das wann erfahren?

Die einzige Unterstützung für diesen Bewerber – übrigens nicht bei einer öffentlich geförderten Einrichtung, denn die Vergabe eines Kinos in der Kulturbrauerei kann wohl schlecht als öffentlich gefördertes Kulturangebot durchgehen, deswegen habe ich Ihre zweite Frage richtig beantwortet –, erfolgte im Rahmen der Vergabe des Multiplexkinos auf dem Gelände der Kulturbrauerei. Die TLG als Eigentümerin wollte sich von der wirtschaftlich angeschlagenen Kinowelt AG trennen und hatte das Kino frei auf dem Markt ausgeschrieben. Die Bewerber waren über meine Verwaltung an mich herangetreten und hatten um ein Empfehlungsschreiben gebeten. Dies ist übrigens kein unübliches Ansinnen. Dieser Bitte habe ich entsprochen, andere namhafte Politiker wie der Bundestagspräsident Thierse übrigens ebenso. Für die Entscheidung der TLG spielte dies keine Rolle. Das ist auch das Recht der TLG, selbstverständlich ihr Verfahren selbst zu wählen. Den Zuschlag bekam die UFA, die dann bereits ein Jahr später ihren Kinobetrieb auf dem Gelände einstellen musste.

Bei weiteren Vergabeverfahren, die Sie eben angesprochen haben, bei den Parkfestspielen in Charlottenburg – ich weiß gar nicht, was Sie für eine Vorstellung haben, dass ein Stiftungsratsvorsitzender oder die Kulturverwaltung als Teil der Referentenkommission das zum Gegenstand einer Erörterung im Rahmen einer Vergabe durch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten macht – oder bei der in der Öffentlichkeit diskutierten Vergabe in Weißensee habe ich nicht mitgewirkt.

[Liebich (PDS): Ein Untersuchungs- ausschuss muss her!]