Protocol of the Session on April 14, 2005

Das sind Runde Tische. Runde Tische wollen Sie haben, an denen die unterbeschäftigten oder besserwisserischen Verwaltungsmitarbeiter, Verbandsfunktionäre und Politiker auf Kosten der Steuerzahler sagen, was geschröpfte Nahverkehrskunden für gut zu befinden haben. Das sind Ihre Runden Tische und Ihre Beiräte, die Sie installieren wollen.

Insgesamt können wir sagen: Was Sie vorschlagen, gehört nicht in einen Nahverkehrsplan. Die ganze Qualitätskontrolle können Sie sich sparen. Das richtige Instrument ist nicht die Aufnahme in einen Nahverkehrsplan, sondern

[Doering (PDS): Der ADAC!]

eine Vertragsstrafe. So ist es üblich in der freien Wirtschaft. Wer seine Aufgabe nicht erfüllt, der wird mit einer Vertragsstrafe belegt. Das können aber die Staatsmonopolisten von SPD und PDS nicht so richtig verstehen, und deshalb kommen Sie uns mit derartigen Anträgen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Doering (PDS): Den Beitrag hätten Sie sich sparen können!]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Ich rufe nun als Priorität der Grünen auf die

lfd. Nr. 4 e:

Antrag

Grünes Licht für Gesundheit – Berliner Offensive für Dieselrußfilter

Vizepräsidentin Michels

Antrag der Grünen Drs 15/3835

Für die Beratung steht den Fraktionen wie immer eine Redezeit bis zu 5 Minuten zur Verfügung. Es beginnen die Antragsteller, für die Fraktion der Grünen Frau Kubala. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Saubere Luft und weniger Lärm, das bedeutet mehr Lebensqualität und eine bessere Gesundheit. Ob an der Silbersteinstraße, der Frankfurter Allee oder an anderen Orten: Wir wollen, dass die Menschen, die dort wohnen und arbeiten, wieder ihre Fenster öffnen, auf den Straßen flanieren und bei schönem Wetter in der Sonne sitzen können.

Die Feinstaubdiskussion konzentriert sich zurzeit sehr auf Belastungen an einzelnen Hauptverkehrsstandorten. Von dieser straßenbezogenen Betrachtung müssen wir wegkommen, auch im Luftreinhalteplan. Es geht nicht darum, die Grenzwerte für Luftschadstoffe an einzelnen Messpunkten knapp unter den zulässigen Grenzwert zu bringen, sondern die Berliner Luft muss insgesamt besser werden.

[Dr. Lindner (FDP): Jawohl!]

Die Feinstaubdebatte hat in den letzten Wochen eine auch für mich sehr überraschend große Dynamik entwickelt, und manchmal treibt sie wilde Blüten, zum Beispiel wenn die FDP Feinstaub erzeugende Autofahrer und Autofahrerinnen mit den Depressivkranken in der Stadt gleichsetzt. Aber vielleicht wird man auch depressiv, wenn man nicht nur im Stau stehen, sondern auch noch die schlechte Luft und die Abgase der Fahrzeuge einatmen muss.

Im Laufe der Feinstaubdiskussion hat sich so manche Position verändert. Die SPD veränderte ihre Position zum Beispiel langsam in Richtung umweltfreundlicher Verkehrspolitik. Jahrelang hatte sie strikt autofreie Tage abgelehnt – wir fordern seit vielen Jahren, zumindest den Tag der Umwelt autofrei zu machen –, jetzt fordert die SPD autofrei Tage, um das Bewusstsein der Autofahrer und Autofahrerinnen für die Feinstaubproblematik zu schärfen. Dies ist eine späte Erkenntnis bei der SPD. Wir freuen uns dennoch gemeinsam auf diesen autofreien Tag am 7. Juni,

[Buchholz (SPD): 5. Juni!]

wenn wir alle zusammen den Tag etwas ruhiger genießen können und uns der Verkehrslärm nicht mehr stört.

Ein weiterer Lernprozess, auch im Laufe dieser Feinstaubdiskussion: Die Umweltsenatorin hat endlich ihren Kampf gegen die Grenzwerte aufgegeben und widmet sich nun entschieden dem Problem, den Feinstaub zu bekämpfen. Sie war leider etwas lange von den Umweltexperten ihrer Verwaltung schlecht beraten,

[Beifall bei der Frau Abg. Hämmerling (Grüne)]

die immer nur auf die Feinstaubimporte geblickt und vernachlässigt haben, darauf zu schauen, was vor Ort erzeugt wird und wie man das vor Ort erzeugte Problem auch lösen kann.

Noch zu Jahresbeginn hat Frau Junge-Reyer verkündet: Mit mir gibt es keine Fahrverbote. Diese Haltung hat sie zum Glück auch in Richtung Fahrverbote insbesondere für LKWs geändert, die aus den Wohnstraßen hinaus und auf die Autobahnen umgeleitet werden müssen. Sie kündigt auch für 2008 ein Fahrverbot in der Innenstadt für alle Diesel-Stinker an. Diese öffentliche Debatte ist also durchaus vorteilhaft. Sie hat bei dem einen und der anderen Denkprozesse ausgelöst.

Jahrzehntelang waren es die Industrieanlagen, die die Berliner Luft verpestet haben. Deshalb sind die Erfolge, die Frau Junge-Reyer vorhin in der mündlichen Anfrage so stark gefeiert hat – also die 40-prozentige Reduzierung – leider nicht auf eine umweltfreundliche Verkehrspolitik zurückzuführen, sondern allein auf den Rückgang der Industrie in Berlin und auf Umweltschutzmaßnahmen, die die Unternehmen in der Vergangenheit durchgeführt haben. Das heißt, die Luft aus den Schornsteinen ist in den letzten Jahren durchaus sauberer geworden.

Nun ist auch die Luft aus dem Auspuff an der Reihe. Die kleinen Emittenten – die Autofahrerinnen und Autofahrer – müssen ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Das nicht erst ab 2008, sondern wir fordern Maßnahmen, die sofort einsetzen. Die Berliner Offensive für Dieselrußfilter soll an die Dieselkraftfahrzeuge des öffentlichen Fuhrparks herangehen und dort konkret umsetzen, dass Filter nachgerüstet werden.

Die 10 Millionen Euro für das Sonderprogramm Dieselrußfilter sollen aus dem Sonderprogramm Straßenunterhaltung kommen, das um ein Jahr verschoben wird. Keine Frage: Die Bezirke brauchen das Geld für die Straßenunterhaltung. Das sehen auch wir, aber wir meinen, die Gesundheit der Berliner Bevölkerung geht vor, und fordern deswegen eine zügige Nachrüstung mit Filtern. Damit wird kurzfristig ein Beitrag zur Luftverbesserung geleistet und die Luft in Berlin kann besser werden.

Die wirkungsvollste Maßnahme zur Luftverbesserung ist jedoch noch immer der Verzicht auf das Auto. Immerhin haben in Berlin rund 50 % der Haushalte kein Auto.

[Niedergesäß (CDU): Schlimm genug!]

Machen wir es ihnen nach! Steigen wir alle auf Busse, Bahnen und Fahrrad um oder gehen zu Fuß! Den Senat fordere ich auf, für Mobilität ohne Auto in der Stadt zu werben.

[Beifall bei den Grünen – Beifall der Frau Abg. Frau Hertlein (SPD)]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Buchholz. – Bitte sehr!

Da wollen Sie ein Programm verteilen, nämlich die Straßenbaugelder, 10 Millionen €. Die sind aber schon den Bezirken versprochen und zugewiesen worden. Wollen

Sie diese 10 Millionen € nun noch einmal ausgeben? – Das ist ein bisschen fraglich, woher das Geld kommen soll. Da fehlt von Ihnen jede Antwort.

Frau Kubala! Ich denke, Sie haben auch in den Zeitungen sehr intensiv gelesen, wie sehr sich alle Stadträte, auch grüne Stadträte, über die Sondermittel zum Flicken der Straßen gefreut haben. Jetzt frage ich Sie: Welcher grüne Stadtrat, welcher grüne Bürgermeister – da können wir vielleicht Herrn Schulz fragen – ist denn bereit, dieses Geld, das er theoretisch schon gerne angenommen hat, für Ihre Dieselrußfilterinitiative wieder zurückzugeben? – Das wüsste ich gerne. Nennen Sie mir diese grünen Stadträte. Dann werden wir sie bestimmt anschreiben.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Frau Kubala! Zum Schluss haben Sie dann doch noch zu Ihrem Antrag gesprochen. Zunächst sage ich ein kleines Dankeschön: Zum Anfang haben Sie ein verhaltenes Lob gegenüber der SPD-Fraktion und der SPD-Senatorin geäußert. Wir machen ein etwas größeres für uns daraus, denn ich denke, wir sind inhaltlich auch nicht sehr viel auseinander.

Das Problem ist gerade in Berlin erkannt. Wir hatten bereits in der Fragestunde hierzu eine Frage und haben eine ausführliche Antwort der Senatorin erhalten: Berlin ist, allein weil es als Land einen Luftreinhalte- und Aktionsplan hat, sehr viel weiter als die meisten deutschen Städte, und die meisten deutschen Städte beneiden uns darum, dass wir vor zwei Jahren schon Feldversuche gemacht haben – Stichworte: Beusselstraße, Tempo 30, Lkw-Fahrverbot. Wir sind in dieser Stadt wirklich weit und können im Gegensatz zu vielen, übrigens auch von den Grünen geführten Städten in der Bundesrepublik einiges vorweisen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Frau Kubala! Da müssen Sie den Realitäten leider ins Auge sehen: Auch Grüne-Dezernenten haben sich in anderen deutschen Städten nicht mit Ruhm bekleckert. So viel als Vorbemerkung.

Wenn wir uns jetzt speziell Ihren Antrag anschauen – das ist die Aufgabe dieser Debatte –, dann ist es ein bisschen fraglich, wie Sie das alles umsetzen wollen, was Sie haben wollen. Zunächst sprechen Sie von einem Sonderprogramm für die Neuanschaffung beim öffentlichen Fuhrpark. Da haben Sie theoretisch Recht. Aber es gilt wie bisher: Wir und der Senat machen Vorgaben, und zwar mehr, als die Euro-Norm einzuhalten, was die Abgasreduzierung angeht. Das ist aber weiterhin aus jedem einzelnen Haushaltstitel zu finanzieren. Wir haben es endlich geschafft, dass z. B. bei der Ausschreibung von Leasing-Fahrzeugen bei der Polizei der Rußfilter dabei ist. Genauso muss das für alle anderen Neubeschaffungen gelten. Das muss auch für Nachrüstungen im öffentlichen Fuhrpark gelten – völlig richtig! Aber, Frau Kubala, da ein Sonderprogramm zu fordern, ist für mich nicht nachvollziehbar. Es gilt wie bisher: Jede Verwaltung ist dafür verantwortlich, und wir werden sie auch dafür verantwortlich machen.

[Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Klemm (PDS)]

Dann fordern Sie auch ein Sonderprogramm für die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Das klingt besonders wohlfeil. Da frage ich Sie aber, woher Sie das Geld dafür nehmen.

[Frau Kubala (Grüne): Haben wir hineingeschrieben!]

[Frau Kubala (Grüne): Prioritäten setzen!]

[Beifall bei der SPD]

Nebenbei, Frau Kubala, sind wir ein Haushaltsnotlageland. Da muss man sehen, ein extra Programm nur für Berlin – –

[Zuruf der Frau Abg. Kubala (Grüne)]

Frau Kubala! Was ich mir wünsche – dafür können wir beide bei der rot-grünen Bundesregierung werben –, ist, dass die Initiative, die jetzt für Privat-Pkw und die großen Lkw, was die steuerliche Förderung angeht, angegangen wird, auch für die kleinen Lkw gelten soll. Da sind wir doch wohl einer Meinung.

[Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Brauer (PDS)]

Dann nehmen wir das zusammen mit, und dann werden wir die rot-grüne Bundesregierung und auch die anderen Fraktionen, die hier sitzen, dafür in die Verantwortung nehmen können.

Im dritten Absatz Ihres Antrages steht: Wir sollen uns mit den Herstellern von Dieselrußfiltern zusammensetzen. Die sind Ihnen, die sind uns bekannt. Der Senat hat die Kontakte schon. Ich habe Ihnen schon gesagt: Bei der Neubeschaffung ist das überhaupt keine Frage. Da kann und wird Berlin auch weiterhin beispielhaft bleiben. 2 000 Filter sind aber keine große Nachfragemacht. Das wären 200 000 Filter, das wären 2 Millionen Filter, wenn man sagt: Viele Fahrzeuge in der Bundesrepublik! – Dass Sie bei 2 000 eine große Nachfragemacht sehen, Frau Kubala, ist ein bisschen schwierig, wenn Sie mit Herstellern reden wollen. Da müssten Sie Berlin noch zehnmal so groß machen, um etwas bewirken zu können.