Angefangen hat die ganze Geschichte – – Ich war leider gerade draußen, als die Diskussion auf diese Musterrechnungen kam. Erstaunlich bei diesen Musterberechnungen – die sind in der „Morgenpost“ abgedruckt worden – ist doch die Frage: Haben Sie eigentlich eine Gegendarstellung gefordert? – Nachdem sie die ganze Stadt in Rage gebracht haben, wenn der Einzelne da seine Straße wiederfindet und sieht, dass da fünfstellige Beträge auf ihn zukommen. Die alte Oma, die ihr Häuschen hat, arm in ihrem Häuschen wohnt, die liest plötzlich: Ihre Straße soll ausgebaut werden. Nach einer Musterberechnung könnten eventuell 23 000 € auf sie zukommen. – Was meinen Sie, was die macht? – Die denkt plötzlich darüber nach, wie sie ihr Haus am schnellsten verkauft, damit sie diese Sache abwenden kann. Im Übrigen haben Sie ohnehin schon alle Leute verprellt, indem Sie diese Unsicherheit im Raum haben stehen lassen. Da sagt heute jeder,
Nur die Erweiterung und Verbesserung von Straßen im Sinne einer nachträglichen erstmaligen Herstellung des üblichen Mindeststandards – da gibt es Straßen, die haben den Mindeststandard nicht – sollten auch aus unserer Sicht künftig beitragspflichtig sein. Ob wir dazu ein Straßenausbaugesetz brauchen, ist eine ganz andere Frage. Über das Erreichen von Mindeststandard können Sie mit uns reden, über alles andere nicht.
Die Eigentümer – das war bei Frau Junge-Reyer ein bisschen schwammig, wer das ist; die Anlieger haben Sie immer gesagt –, nein, die Eigentümer müssen über mehrere Jahre im voraus informiert werden, was da passiert. Und sie müssen ein Mitbestimmungsrecht haben, wenn das passiert. Und dann können wir darüber reden, wie in welcher Höhe das Land sich beteiligt und in welcher Höhe die anderen. Und es muss – das haben Sie freundlicherweise angekündigt – Härtefallregelungen geben.
Die Antwort sind Sie heute schuldig geblieben. Ich hätte Ihnen gern die Frage gestellt, Frau Junge-Reyer: Was passiert, wenn die Mehrheit der Grundstückseigentümer einer Anliegerstraße dem Ausbau nicht zustimmt? – Dann darf sie aus unserer Sicht nicht gebaut werden. So einfach ist das.
der ein Häuschen bauen will: Bloß nicht in Berlin, da gehe ich lieber nach Kleinmachnow. – Das erleben wir,
weil Sie nicht in der Lage sind, ein Gesetz auf den Weg zu bringen. Sie tragen permanent zur Verunsicherung der Leute bei.
Herr Nelken! 2003 hat die PDS gesagt: Kein Gesetz zu Lasten der betroffenen Bürger. – Jetzt reden Sie davon, „Vorteilsgewinne abzuschöpfen“.
Das sind plötzlich Vorteilsgewinne. Da sagt Ihnen der Verband der deutschen Grundstücksnutzer: Es geht gegen die Bürger und zu ihren Lasten, wenn auf der Grundlage dieses Gesetzes die Grundstückeigentümer in der Pankower Steckfußstraße im Durchschnitt 15 000 € für den Straßenausbau bezahlen müssten. – Das ist Ihre Logik: Letztlich müssen die halt verkaufen, wenn sie das nicht können. – Das sagen Sie einmal Ihrer Klientel, die dort wohnt. Das hört die bestimmt gerne.
Was SPD und PDS wollen, ist ziemlich deutlich. Sie wollen an dieser Abzocke der Leute weiter wirken. Das machen Sie mit uns nicht. Wir wollen, dass Sie Klarheit schaffen.
Wenn Frau Senatorin Junge-Reyer heute angekündigt hat, das Gesetz soll es in Kürze geben, dann fordern wir Sie auf – das ist auch unser Dringlichkeitsantrag, den wir heute haben –: Legen Sie das Gesetz auf den Tisch, damit wir endlich wissen, worüber wir reden.
Zur FDP-Position: Es muss bei der geltenden Regelung bleiben, wonach nur – Herr Niedergesäß hat es richtig gesagt – die erstmalige Herstellung einer Straße erschließungsbeitragspflichtig ist. Das ist bereits gesichert. Damit haben wir überhaupt kein Problem. Im Übrigen geht das Gesetz von marktüblichen Mindeststandards aus. Keine aufgesattelten Geschichten, das können Sie den Leuten nicht zumuten.
Nein, meine Zeit ist begrenzt. – Eine Erweiterung oder Verbesserung von Erschließungsstraßen muss auch in Zukunft beitragsfrei sein, ebenso die Erneuerung und Unterhaltung. Das lassen wir nicht zu, dass Sie sich Ihre verfehlte Verkehrspolitik noch von den Grundstückseigentümern bezahlen lassen.
Ansätze haben wir heute gehört. Da ging es um Parkbuchten und Grünstreifen. Das machen Sie mit uns nicht. Da machen wir die Grundstückseigentümer gegen Sie mobil. Da können Sie sicher sein.
Im Übrigen: Denken Sie darüber nach, wie Sie die Standortbedingungen Berlins verbessern, indem Sie zum Beispiel die Grundsteuerhebesätze reduzieren.
Wir haben im Bund die höchsten. Denken Sie darüber nach, wie Sie die liegenschaftsbezogenen Kosten senken – Straßenreinigung, Müll, Entwässerung und so weiter. Und machen Sie Ihre Aufgaben – Staatsaufgabenkritik und Verwaltungsreform. Damit tun Sie der Stadt einen Gefallen.
Und verzetteln Sie sich nicht in den Bereichen, die Sie sowieso miteinander nicht hinbekommen. – Vielen Dank!
Inzwischen liegt auch die Beschlussempfehlung des Ausschusses, Drucksache 15/3630, als Dringlichkeit vor. Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen legen heute einen Antrag zur Beschlussfassung vor, der sich offensiv einmischt in eine derzeitig stattfindende breite, öffentliche Debatte, nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. In der Debatte geht es um die zukünftige Gestaltung des europäischen Binnenmarktes. Es geht um den von der EUKommission vor einem Jahr vorgelegten Entwurf einer Rahmenrichtlinie zur Schaffung eines Binnenmarktes für Dienstleistungen. Dieser ist nicht nur in Fachkreisen derzeitig heftig umstritten, mit unserer im Antrag formulierten Kritik wissen wir uns eins mit Gewerkschaften, Sozialverbänden und vielen anderen gesellschaftlichen Kräften, die berechtigt vor den Folgen dieser Richtlinie warnen.
Ich will nur eins deutlich sagen, Herr von Lüdeke: Die rot-rote Koalition stellt sich auch solch komplexen Angelegenheiten, die nicht Lobbypolitik sind.
Sie versuchen die Mär zu verbreiten, dass alle nach Brandenburg gehen, um zu bauen, Herr Czaja. Ich frage Sie: Haben wir in den Außenbezirken Berlins einen Run auf Berlin gehabt, als Brandenburg das gleiche Gesetz eingeführt hat? – Nein, haben wir nicht! Es ist eine Illusion. Ich verspreche Ihnen, die Koalition wird das Gesetz in Kürze vorlegen, und es wird Ihnen nicht gelingen, zwischen uns Sand ins Getriebe zu werfen. Wir werden es gemeinsam tragen.