Ja, das ist Ihre Arroganz, Herr Regierender Bürgermeister! – Wir sind der Auffassung, das ist erstens für einen Regierenden Bürgermeister, zumal in der deutschen Hauptstadt, zu wenig und zweitens für uns als CDUFraktion nicht akzeptabel.
Neben der völlig leeren Worthülse des Mentalitätswechsels stand Ihr Amtsverständnis offensichtlich vom ersten Tag an in dem Spagat zwischen wenig tun und Spaß haben, also Klamauk und Party auf der einen Seite und garnichts tun auf der anderen Seite.
In der Berliner Presse kann man dazu lesen, dass der Regierende Bürgermeister als „politisches Leichtgewicht“ wahrgenommen wird. Die „Berliner Morgenpost“ schreibt zum Beispiel:
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Repräsentieren gehört auch und ganz selbstverständlich zu den Aufgaben eines Regierungschefs.
Nur zu repräsentieren allerdings gehört vielleicht zu den Aufgaben eines Sonnenkönigs, für einen Regierenden Bürgermeister ist das zu wenig.
Ich verstehe die Aufregung nicht, Herr Nolte. Selbst Ihre Parteifreunde sehen die peinlichen Auftritte zunehmend kritisch. Der Abgeordnete Lorenz etwa wünscht sich, dass der Regierende Bürgermeister auch einmal das sozial schwache Berlin bediene, der Juso-Landeschef Schmitz sagt, Wowereit solle sich mehr um inhaltliche Fragen kümmern; sein öffentliches Auftreten und seine Initiativen stünden in keinem günstigen Verhältnis zueinander.
Wenn der Regierende Bürgermeister schon von seiner eigenen Partei so gesehen wird, dann ist es höchste Zeit, dass die Opposition ihn mit einem solchen Antrag in die Pflicht nimmt.
Da ich die Presse bereits an anderer Stelle bemüht habe, ende ich mit einem Zitat aus der „Berliner Morgenpost“. Da heißt es:
Weil wir das auch so sehen, wollen wir hören, wie es mit der Stadt und in der Stadt weitergehen soll. Deshalb stimmen wir dem FDP-Antrag zu. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Mit Anträgen wie diesem werden Sie nicht viel bewegen. Dieser Antrag zeigt das Eingeständnis Ihrer Hilflosigkeit, Themen zu besetzen und Alternativen zum Regierungshandeln aufzuzeigen. Ihr Antrag, meine Damen und Herren von der FDP, hat die Qualität Ihrer Großen Anfrage zum Stand der Verwaltungsreform, bei der man die Frage stellen konnte: Was machen Sie eigentlich im Verwaltungsreformausschuss? – Wenn Sie sich mit der Verwaltungsreform intensiv befassten, müssten Sie doch den Stand der Verwaltungsreform kennen. Ich erwähne das deshalb, weil ich gleich auf den Begründungsteil Ihres Antrags komme. Meinen Sie wirklich, dass der Regierende Bürgermeister die von Ihnen aufgeworfenen Fragen, die Sie eigentlich selbst beantworten könnten, ernsthaft beantwortet? – Zum Beispiel Ihre Frage nach dem Konzept zur Reform des öffentlichen Dienstes und des Abbaus der personellen Überausstattung: Da ist Ihnen der Stand doch bekannt, Sie brauchen nur in der mittelfristigen Finanzplanung nachzuschauen. Zum Beispiel Ihre Frage nach dem Stand des Verfahrens zur Haushaltsklage: Da wissen wir doch alle, dass frühestens im kommenden Sommer mit einer mündlichen Verhandlung zu rechnen ist. Zum Beispiel Ihre Frage nach der Eigenständigkeit der Bildungseinrichtungen: Sie wissen, dass diese im Schulgesetz geregelt wurde. Es mag so sein, dass dies nicht zu Ihrer Zufriedenheit geregelt wurde, aber es wurde geregelt. Zum Beispiel Ihre Frage nach der Übertragung der Kitas in freie Trägerschaft: Da wissen Sie, dass die Koalition sich darauf verständigt hat, zwei Drittel der Plätze auf freie Träger zu übertragen. Zum Beispiel Ihre Frage nach dem Flughafen Tempelhof: Da kennen Sie doch die Position des Senats: Schließung eines Verlustbringers, Konzentration auf Schönefeld.
Danke schön, Herr Kollege Henkel! – Für die Fraktion der PDS hat nunmehr der Kollege Doering das Wort. – Bitte schön, Herr Doering!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Lindner! Man kann sich viel wünschen. Man kann auch viel fordern. Aber eine Regierungserklärung vor dem Parlament zu halten ist das vorzügliche Recht des Regierenden Bürgermeisters, zu dem er nicht verpflichtet werden kann. Das wissen Sie zu genau, Herr Dr. Lindner!
Der Antrag, den Sie heute gestellt haben, ist auch keine Idee von Ihnen. Sie haben von Ihren Kollegen im Bundestag abgekupfert, die einen ähnlichen Antrag gestellt haben.
Das können Sie mir nicht vormachen. Sie haben ihn abgekupfert und mitbekommen, dass man eine Regierung über solche Anträge nicht zu einer Regierungserklärung zwingen kann.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf den Kommentar von Hans-Joachim Driehaus zum Artikel 55 der Verfassung von Berlin. Dort heißt es:
Der Senat von Berlin ist für sein politisches Handeln dem Abgeordnetenhaus von Berlin gegenüber verantwortlich, bleibt aber weisungsungebunden.
Herr Nolte hat schon auf die Richtlinien zur Regierungspolitik hingewiesen. In diesen Richtlinien der Regierungspolitik sind die politischen Schwerpunkte für die Arbeit oder die wichtigen Vorhaben des Senats in dieser Wahlperiode benannt.
Einfach nachlesen! – Daran können Sie die Arbeit des Senats bemessen und bewerten und für sich als Opposition daraus politisches Handeln im parlamentarischen Raum ableiten. Und wenn Sie die Drucksache für diese Richtlinien nicht zur Hand haben sollten, gebe ich Ihnen den Tipp, einmal im Internet unter „www.berlin.de“ nachzusehen.
Mit parlamentarischen Initiativen hat die Opposition die Möglichkeit, Stellungnahmen zu Themen einzuholen, durch Anträge, durch Besprechungspunkte, durch Kleine und Große Anfragen, durch Aktuelle Stunden. Sie kann so versuchen, die Exekutive unter Druck zu setzen und zum Handeln zu bewegen. Aber offensichtlich ist es so, dass einem Teil der Opposition, offensichtlich jetzt auch der CDU-Fraktion in diesem Haus, die Themen ausgegangen sind. Sie flehen den Regierenden Bürgermeister förmlich an, doch endlich Themen für die Opposition zu benennen. Aber diese Schularbeiten müssen Sie schon selbst machen!
Die Liste könnte fortgesetzt werden, allein die Zeit erlaubt es mir nicht, dies zu tun. Natürlich werden Sie mit der Beantwortung der Fragen nicht zufrieden sein, weil Sie bekanntermaßen andere Vorstellungen haben. Dies ist aber kein ernsthafter Grund für eine Regierungserklärung nach dem Motto: Die FDP hat Fragen, lieber Regierender Bürgermeister, beantworte sie! – Das können Sie in der Fragestunde machen.
Danke schön, Herr Kollege Doering. – Für die Fraktion der Grünen hat nun Frau Dr. Klotz das Wort. – Bitte schön, Frau Dr. Klotz!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lindner! Das ist also wieder einer der berühmten Anträge, die bei uns in der Fraktion mittlerweile „Reiseanträge“ heißen,
weil sie bundesweit in allen Landtagsfraktionen gestellt werden, manchmal auch in den Bundestagsfraktionen. Der Name stammt von Frau Ströver.
Ich finde es auch problematisch und empfinde es als ein Defizit – und da machen Sie es sich auch zu einfach, Herr Doering und Herr Nolte –, dass Sie z. B. in einer Debatte über Fragen der Integration und der Zuwanderung in dieser Stadt Berlin, wo eine Menge an Erfahrungen – übrigens auch sich verändernde Erfahrungen – hinsichtlich ihrer Schattenseiten wie ihrer positiven Seiten gespiegelt und bundesweit artikuliert werden müssten, einfach nicht vorkommen. Ich fände es positiv, wenn Sie sich darin mit unseren speziellen Berliner Erfahrungen zu Wort melden.
Als letzten Punkt nehme ich einmal die HartzReformen: Man kann diese Hartz-Reformen politisch bewerten, wie man will, aber es gibt keine Stadt, in der so viele Menschen davon betroffen sind und angesichts so vieler Veränderungen auch verunsichert sind. Das ist nicht nur eine technokratische Veranstaltung, die irgendwie zwischen Sozialressort und Arbeitsressort ausgehandelt werden kann, sondern ich würde gern wissen, was Ihre und des Senats Zukunftsvorstellungen für diese Menschen sind. Wie wird nach Ihren Vorstellungen die Zukunft der Arbeitsgesellschaft in Berlin aussehen? Haben Sie eine Meinung, Herr Wowereit, zu Fragen der Vermögensanrechnung oder des Partnereinkommens? – Ich habe niemals gehört, dass Sie dazu auch nur einen Ton gesagt haben.
Deswegen stimmt es: Man weiß relativ wenig über Ihre inhaltlichen Vorstellungen, Herr Wowereit, und über die Vorstellungen des Senats. Herr Nolte, da reicht es nicht, auf die Koalitionsvereinbarung und die letzte Regierungserklärung zu verweisen. Momentan eilt Klaus Wowereit nun wirklich nicht der Ruf eines Modernisierers quer durch die Republik voraus.
Unsere Aufgabe ist es – ich sage es einmal ganz formal und dann inhaltlich –, die Regierung und die Verwaltung zu kontrollieren, mit eigenen politischen Vorstößen in die Öffentlichkeit zu gehen und unsere Vorschläge öffentlich zu machen. Unsere Aufgabe ist es nicht, möglichst viel Raum und viel Präsenz für eine Regierung zu schaffen. Das macht der Senatspressesprecher, Herr Donnermeyer, und nicht – so dachte ich bislang – der Fraktionsvorsitzende der FDP.