dungspolitik einzustimmen, sondern eher das Gegenteil, nämlich der „Berliner Morgenpost“ von gestern zitieren. Da äußert sich der Erziehungswissenschaftler Dr. Lenzen, zugleich Präsident der Freien Universität Berlin, dazu, was nach der 2. PISA-Studie gemacht werden soll. Weil die Zeit so knapp ist, lese ich Ihnen nur die Überschriften vor, und ich bitte das Haus, gemeinsam zu bewerten, ob Berlin Ihrem Eindruck nach auf dem richtigen Weg ist:
Erstens sagt er: „frühere Einschulung“. Das machen wir in Berlin. Zweitens sagt er: „regelmäßige Tests“. Das machen wir. Drittens sagt er: „mehr Ganztagsschulen“. Das machen wir. Viertens sagt er: „gute Lehrerausbildung“. Daran ist er selbst beteiligt. Die Reform der Lehrerausbildung machen wir. Fünftens sagt er: „Schulautonomie stärken.“ Auch das machen wir. Schließlich sagt er: „Wir brauchen neue Abschlüsse.“ Dies bezieht sich auf die Universitäten, und ich sehe dies ebenso.
Zu den strukturellen Entscheidungen, die getroffen werden müssen, sagt Professor Lenzen, dass im Zentrum der Verzicht auf das dreigliedrige Schulsystem stehe.
Gegenwärtig sind wir in Berlin noch nicht dabei, dies anzugehen, sondern wir konzentrieren uns auf die ersten vernünftigen Schritte. Wenn man in der Bildungspolitik weitergeht, kann man auch über Sekundarschulen reden.
Ich sage nur: Wir wollen nicht zu viel zur gleichen Zeit machen, sondern wir wollen die beschlossenen Schritte jetzt konsequent durchsetzen. Damit haben wir viel zu tun, und ich bin ganz sicher, dass wir in ein paar Jahren auch bessere Ergebnisse haben werden.
Danke schön, Herr Präsident! – Herr Senator, sind Sie mit mir der Meinung, dass – wie die „Zeit“ heute titelt und obwohl noch keine gesicherten Ergebnisse vorliegen – Deutschland sich bereits ein Stück weit verbessert hat und dies in Deutschland immer schlecht geredet wird?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Tesch! Ja, diese Meinung teile ich. Die „Zeit“ schreibt heute auf Seite 1, dass es eine Nörgeldebatte sei – so etwas würde ich nicht so schnell sagen. Richtig ist, dass die „Zeit“ auch sagt, wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland in bestimmten Teilschritten international gesehen ein kleines Stückchen weiter gekommen ist. Das ist erfreulich.
Übrigens bringt die „Zeit“ heute einen weiteren Bericht, nämlich den OECD-Bericht über Kindergärten und frühe Erziehung. Auch hier gibt es eine sehr interessante Auflistung, was in allen Bundesländern auf diesem Gebiet
gemacht wird. Darin heißt es, dass Berlin mit dabei ist, als erstes Bundesland einen Bildungsplan für die Kitas festgesetzt zu haben, dass Berlin erfreulicherweise einen sehr hohen Anteil an Kindern hat, die Kitas besuchen, dass wir Sprachförderung machen.
Im Übrigen wird dort beklagt, dass es für Erzieherinnen und Erzieher nicht durchgängig Fachhochschulausbildung gibt. Da darf ich daran erinnern, welchen Antrag ich in Ihrem Namen vor anderthalb Jahren in der Kultusministerkonferenz gestellt habe: Exakt diesen, und er ist abgelehnt worden.
Wenn auch die Strukturdebatte in Verknüpfung mit PISA nicht an erster Stelle zu nennen ist, sind Sie dennoch mit mir der Meinung, dass wir in Berlin mit unserer sechsjährigen Grundschule, an der wir weiterhin festhalten, auf dem richtigen Weg sind und dass man langfristig auch über eine längere gemeinsame Schulzeit nachdenken könnte?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Tesch! Ich will Ihnen auch hierzu zitieren, was Professor Dr. Lenzen sagt – er ist da sicher unverdächtig, und Frau Kollegin Senftleben hält mir sonst immer vor, was er alles sagt: Er spricht sich dafür aus, dass es künftig nach der Primarschule nur noch Sekundarschulen und Gymnasien geben soll.
Das hat Brandenburg jetzt eingeführt. Ich sage für diese Legislaturperiode: Weil wir nicht alles auf einmal machen können und wir genügend produktive und auch unproduktive Unruhe haben, sollten wir uns auf das bisher Beschlossene konzentrieren.
Die „Zeit“ schreibt heute auf Seite 1, dass man als weiteren Schritt darüber nachdenken sollte, in allen Bundesländern die sechsjährige Grundschule einzuführen. Dies hat Berlin schon getan. Sie sehen, es gibt in der seriösen bildungspolitischen Diskussion vielfältige Vorschläge.
Ich möchte Sie bitten, Frau Kollegin Tesch, dass wir uns darauf konzentrieren, was zurzeit ansteht. Das ist eine ganze Menge. Reformen schaffen Unruhe, manchmal auch unnötige Aufregung. Das bezieht sich auf die Schritte, die ich vorhin genannt habe, und vor allem auf die Verbesserung der Qualität des Unterrichts. Wir muten den Lehrerinnen und Lehrern schon eine ganze Menge zu.
Mit Blick auf eine andere Studie will ich noch etwas anderes sagen: Dieses Herunterreden von Berlin, auch in einer anderen Zeitung, die in ihrem Aufmacher sagt, wie schlecht alles in Berlin sei: Diesen Schuh müssen wir uns
Danke schön, Herr Senator! – Jetzt ist Frau Schultze-Berndt von der Fraktion der CDU mit einer Nachfrage dran. – Bitte schön, Frau SchultzeBerndt!
nicht anziehen. Das ist nicht richtig. Das verurteilt und diffamiert die Arbeit von Tausenden von Lehrerinnen und Lehrern und die Leistungen von vielen in unserem Bildungssystem. Davon halte ich gar nichts.
Herr Senator Böger! Ich fürchte, dass ich jetzt auf diese Studie zu sprechen komme, nämlich die Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln. In dieser Studie hat man die SchülerLehrer-Relation untersucht, die Bildungsausgaben, die qualifizierten Abschlüsse, schlicht 105 Kategorien in den Bereichen Vorschule bis zur Hochschule abgefragt. Wie sehen Sie das deutlich bessere Abschneiden von Bayern und Baden-Württemberg, aber insbesondere auch – was ich erstaunlich finde – das Abschneiden der finanzschwachen Länder wie Thüringen und Sachsen, insbesondere Thüringen im Bereich der Grund- und Vorschule, im Verhältnis zu dem miserablen Ergebnis, das Berlin vorlegt?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Senftleben! Zunächst sind wir uns einig, dass wir nichts schönzureden haben. Wir haben sehr viel Änderungsbedarf. Das ist richtig. Was wir nicht brauchen, sind Überschriften zu dieser Studie, die selbst durch die Studie nicht gedeckt werden.
In einer Zeitung steht heute: „Bildungsangebot in Berlin mangelhaft“. Das ist Unfug. Das Bildungsangebot in Berlin ist bundesweit spitze. Die Qualität muss man jedoch nachfragen.
Nun zu dieser Studie: Ich kenne genauso wie Sie die Kurzfassung. Ich habe dort gelesen, dass Berlin bei den Abschlüssen weit über dem Durchschnitt liegt, weil wir mehr als 30 % der Schülerinnen und Schüler zum Abitur bringen. Das steht auch in der Studie. Ich habe dort auch gelesen, dass die Grundschule in Berlin im bundesweiten Vergleich auf einem Mittelplatz liegt. Ich habe dort mitbekommen, dass die allgemeinbildenden Schulen schlechter liegen. Mich hat besonders erschüttert, dass die berufliche Bildung alles herunterzieht. Ich weiß nicht, welche Daten die Damen und Herren des Instituts der Deutschen Wirtschaft in welchem Kontext, welcher Gewichtung und aus welchem Jahr verwendet haben. Leistungs- und Qualitätsdaten sind es nicht. Ich habe auch mitbekommen, Frau Kollegin, dass wir offensichtlich nach dieser Studie bundesweit die Grundschüler am niedrigsten finanzieren. Das interessiert mich. Wenn das zutrifft, sollten wir das verbessern. Ich habe aber den leisten Verdacht, die Daten sind nicht ganz korrekt.
Auf einmal sind es Daten aus der Zeit, als Sie Verantwortung hatten! Dann schauen Sie sich wieder um. Sie tun gerade so, als sei das, was wir jetzt konstatieren, blitzartig über uns hergefallen. Das, was wir jetzt konstatieren, sind die Fehler, die in der Vergangenheit spätestens seit Mitte der 80er Jahre gemacht wurden.
Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Aber wir werden gemeinsam Gelegenheit haben, uns substantiell über diese Studie zu unterhalten, wenn ich genauere Zusammenhänge kenne. – Ich sage noch einmal: Dass Berlin da steht, wo es steht, ist überhaupt nicht schön, und Berlin ist viel besser, als es da steht.
Herr Böger! Ist Ihnen bekannt, dass die Art, wie Sie die Reformen anschieben, von den Bürgern als völlig unzureichend empfunden wird, dass Sie bei der Verlagerung der Horte an die Schulen Elternverunsicherung und Chaos stiften und dass die Autonomie der Schulen, die Sie so groß vor sich hertragen, Ihnen eine gute Gelegenheit gibt, sich wegzudrücken, anstatt Verantwortung zu übernehmen und den Schulen bei dem Weg in die Eigenverantwortung Hilfestellung zu leisten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Schultze-Berndt! Gern beantworte ich auch drei Fragen. Es kommt mir sehr gelegen. Verehrte Frau Kollegin! Ich akzeptiere ja eines: Die Opposition verfehlt ihre Rolle, wenn sie die Regierung lobt. Eine Opposition muss sich aber immer auch als eine Regierung im Wartestand darstellen können. Was Sie gegenwärtig darstellen, ist eine Opposition im Abseits.
Sie sind wirklich total im Abseits. Sie können mir nicht vormittags vorwerfen, ich mache viel zu schnell, und am Nachmittag sagen Sie, ich mache gar nichts. Dazwischen müssen Sie sich einmal entscheiden.
Zum Zweiten: Glücklich ist das Land Berlin – das steht übrigens auch in der Studie, die Sie erwähnt haben –, weil es den höchsten Anteil an Ganztagsschulplätzen in der Bundesrepublik Deutschland hat. Darüber sollten wir froh und glücklich sein.
2. Was meint der Senat von Berlin, welche Auswirkungen derartige Presseveröffentlichungen, die bundesweit von der auflagenstärksten Zeitung Deutschlands über zwei Tage zelebriert wurden, auf potentielle Investoren, andere Landesregierungen, die Bundesregierung und Sonstige haben, auf deren Wohlwollen und Bereitschaft, Berlin zu helfen, die Stadt dringend angewiesen ist?
Danke schön, Herr Kollege Braun! – Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Regierende Bürgermeister. – Bitte schön, Herr Wowereit!
Jetzt haben wir eine Umorientierung hin zum offenen Ganztagsbetrieb vor. Das machen die Kolleginnen und Kollegen in den Bezirken. Da gibt es einzelne Probleme, die wir angehen und über die wir mit den Eltern reden müssen. Aber das ändert nichts an der Richtigkeit der Struktur. Was wollen Sie denn? Wollen Sie die Ganztagsschule nicht? Wenn Sie sie nicht wollen, sagen Sie es doch, oder wenn Sie sie wollen, dann helfen Sie doch mit in den Bezirken, wo Sie Verantwortung tragen, dass es vernünftig umgesetzt wird. Anders verstehe ich es nicht mehr.