Protocol of the Session on October 28, 2004

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Wintersemester 2004/2005 hat begonnen, und wieder einmal haben Tausende Jugendliche in Berlin keinen Studienplatz bekommen. 13 300 Studienplätzen an den Berliner Universitäten standen über 50 000 Bewerbungen gegenüber. Mit anderen Worten: Drei von vier Bewerbungen wurden abgewiesen. Wir sagen: Das ist unerträglich. Deshalb wollen wir heute über dieses Thema sprechen.

[Beifall bei den Grünen]

Als die Hochschulen vor einem Jahr erstmals auf die erneuten Kürzungen im Hochschulbereich mit der flächendeckenden Einführung von NCs reagierten und als wir, die Fraktion der Grünen, damals bereits darauf hingewiesen haben, dass Berlin damit auf ein Riesenproblem zuläuft, weil die Stadt damit nicht nur ihre Zukunftsfähigkeit aufs Spiel setzt, sondern weil auch ganz konkret in Berlin Tausende Berliner Jugendliche mit Hochschulzugangsberechtigung keinen Studienplatz ergattern können, haben Sie von der Koalition das noch als bloße luftleere Behauptung abgetan: Wie wir denn dazu kämen, woher wir denn die Zahlen hätten? – Sie freuten sich stattdessen, dass Sie für jeden Neuberliner Studierenden Begrüßungsgeld zahlten, und sprachen von einer Überausstattung Berlins mit Studienplätzen. Gleichzeitig haben Sie in dieser Zeit einen Massenexodus von jungen Berlinerinnen und Berlinern erzwungen.

[Beifall bei den Grünen]

[Zuruf des Abg. Hoff (PDS)]

Berlin kann sich als Stadt des Wissens international profilieren. Allerdings wäre dafür eine blühende Hochschullandschaft Voraussetzung.

Inzwischen sickert es auch bei Ihnen ein: Die Bevölkerung Berlins wird immer älter. Wegen des demographischen Wandels wird bereits in spätestens fünf bis zehn Jahren ein Run sämtlicher Regionen auf junge, fähige Leute einsetzen. Berlin ist in diesem Punkt heute sehr attraktiv für junge Menschen, doch statt diesen Standortvorteil zu nutzen, wird auch diese Chance von diesem Senat vertan.

[Hoff (PDS): Quatsch!]

Auch Studien der OECD bescheinigen nach wie vor regelmäßig, dass Deutschland mehr und nicht weniger Hochschulabsolventen braucht, und das gilt auch für Berlin.

Berliner Abiturientinnen und Abiturienten stehen vor verschlossenen Türen. Der Senat gefährdet den Hochschulstandort Berlin. Die Realität in Berlin ist katastrophal. Das können wir nicht hinnehmen. Lassen Sie uns deswegen heute die Aktuelle Stunde dazu nutzen, um endlich eine Kehrtwende für die Zukunft der Jugendlichen und für unsere Stadt einzuleiten. – Herzlichen Dank!

Ich begrüße den Sender, und ich begrüße auch alle Berliner, die sich jetzt live einschalten und sich ein unverstelltes Bild von unserem Länderparlamentarismus machen wollen.

Wir kämpfen heute um mehr Kompetenzen für dieses Parlament und für alle Landesparlamente in Deutschland. Wir wollen mehr Verantwortung für unsere lokalen Angelegenheiten vor Ort wahrnehmen. Deswegen können und wollen wir Föderalismus im weitesten Sinne diskutieren. Es gibt keinen Zweifel: Wir wollen den Erfolg der Bundesstaatskommission. Wir stehen deshalb auch zu der Münchner Erklärung der deutschen Länderparlamente, die wir im Anschluss an unsere Debatte begrüßen wollen. Aber wir können und dürfen uns nicht mit dem zufrieden geben, was diese Kommission maximal erbringen kann. Die FDP will mehr, und Deutschland braucht mehr.

Wir müssen durchstarten, wir müssen hin zu einer wirklichen Reform unseres Bundesstaates. Mit der Diskussion um diesen neuen Aufbruch müssen wir jetzt beginnen, wenn wir nicht eines Tages auch in Berlin von den Entwicklungen überrollt werden wollen. Berlin sollte hierbei vorangehen. Wir brauchen den Berliner Durchbruch zur Münchner Erklärung. Lassen Sie uns deshalb heute über mehr Wirtschaftskraft, mehr Arbeitsplätze und bessere Bildung im Zusammenhang mit der Reform unseres Bundesstaates debattieren! Wählen Sie unser Thema! – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Brauer (PDS)]

Danke schön, Frau Paus! – Für die Fraktion der FDP hat nunmehr zur Begründung der Aktuellen Stunde der Kollege Hahn das Wort. – Bitte schön, Herr Hahn!

Danke schön, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir schlagen Ihnen für die Aktuelle Stunde heute das Thema Föderalismus vor, wissend, dass es bei diesem Thema um die „Reform der Reformen in Deutschland“ geht, um Otto Graf Lambsdorff, den Vorkämpfer der Föderalismusreform in Deutschland, zu zitieren.

Die Reform unseres Bundesstaates ist die Reform, die alle anderen Reformen vorbereitet, nicht abschließt. Sie ist die Reform, die unser Gemeinwesen wieder in die Lage versetzen soll, das zu leisten, was es zu leisten im Stande wäre. Es gibt darum kein drängenderes und kein aktuelleres Thema in unserem Land als diese Reform an Haupt und Gliedern unseres Staates.

[Beifall bei der FDP]

Unser Land hat keine Zeit mehr zu verlieren, sich im Kern zu erneuern, wenn es im weltweiten Wettbewerb bestehen will. Weil es die Reform der Reformen ist, um die es bei der Erneuerung des Föderalismus geht, ist es zentral, dieses Thema in seiner weitesten Bedeutung zu diskutieren. Es wäre deshalb sträflich, heute nur über die Bundesstaatskommission und ihre möglichen Ergebnisse zu sprechen. Dazu ist das Thema zu ernst. Wir müssen es im weitesten Sinne diskutieren. Wir müssen gerade die Aspekte in den Blick nehmen, die die Bundesstaatskommission von vornherein ausklammerte. Wir müssen deshalb in diesem Zusammenhang auch über Wirtschaftskraft, Arbeitsplätze und bessere Bildung sprechen.

Letztlich kommt immer alles auf das Geld an. Wenn der Föderalismus ernstlich belebt werden soll, dann braucht er ein größeres Maß an finanzieller Eigenverantwortung.

[Beifall bei der FDP]

Dieses Thema ist auch für Berlin von großer existentieller Bedeutung. Wir erleben doch den Niedergang des Landesparlamentarismus auch in unserem Haus.

[RBm Wowereit: Was? – Dr. Lindner (FDP): An uns liegt es nicht!]

Vor Wochen schaltete der SFB seine Live-Übertragung aus diesem Haus ab. Er zeigte, welchen Wert er dem Landesparlamentarismus beimisst.

[Zurufe von der FDP]

Landespolitik gibt es nur noch in Kurzstatements, Unterhaltung ist wichtiger. Umso erfreulicher ist es, dass der lokale Sender „TV.Berlin“ heute live die Debatte überträgt.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

[Beifall bei der FDP]

[Brauer (PDS): Oh! – Weitere Zurufe von der PDS]

[Beifall bei der FDP – Brauer (PDS): Mit solchen Reden drücken Sie die Einschaltquote von „TV.Berlin“ nach unten!]

Ich lasse nun über das Thema der heutigen Aktuellen Stunde abstimmen, und zwar zuerst über den Vorschlag der Fraktion der PDS und der Fraktion der SPD. Wer dem Vorschlag der PDS und der SPD auf Durchführung einer Aktuellen Stunde zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Ersteres waren die Regierungsfraktionen, letzteres waren die Oppositionsfraktionen.

[Brauer (PDS): Nein! – Frau Senftleben (FDP): Wir haben uns enthalten! – Weitere Zurufe]

Ersteres war die Mehrheit. Gibt es Enthaltungen? – Die FDP-Fraktion hat sich enthalten. Damit ist aber gleichwohl der Vorschlag der Regierungsfraktionen für die Aktuelle Stunde angenommen. Diese Aktuelle Stunde wird dann unter Tagesordnungspunkt 2 aufgerufen.

Ich weise Sie wieder auf die Ihnen vorliegende Kon

sensliste und auf das Verzeichnis der eingegangenen Dringlichkeiten hin. Sofern sich gegen die Konsensliste bis zum Aufruf des entsprechenden Tagesordnungspunktes kein Widerspruch erhebt, gelten die Vorschläge als

Präsident Momper

Die Planungen der BVG richten sich selbstverständlich – soviel zur Frage 2 – neben der Wirtschaftlichkeit auch immer auf die Frage der Kundenfreundlichkeit. Nach Auskunft der BVG hat sich in den letzten beiden Jahren das Kaufverhalten zu einem guten Teil vom personalbedienten Verkauf auf die stationären Automaten verlagert. Die Kunden des Verkehrsunternehmens kaufen ihre Fahrscheine nach Erkenntnissen der BVG immer häufiger erst unmittelbar vor Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel.

Die zurzeit zur Disposition stehenden Verkaufsagenturen haben einen Umsatz von durchschnittlich unter 50 000 € pro Jahr. Der Wegfall der Provision in Höhe von 1,5 % auf diesen Umsatz beträgt für die betroffenen Agenturen jeweils weniger als 60 € im Monat und dürfte insofern keine gravierende wirtschaftliche Auswirkung für diese Agenturen haben. Es handelt sich bei diesen Agenturen um Zeitungskioske, die neben dem üblichen umfangreichen Kioskangebot den Fahrschein nur als Randgeschäft zusätzlich anbieten. Der dagegen stehende Kostenaufwand auf Seiten der BVG pro Agentur für Belieferung, Wartung und vertraglich vereinbarte Kostenpauschalen für Strom etc. steht in keinem Verhältnis zu den erbrachten Umsätzen.

angenommen. Über die Anerkennung der Dringlichkeit wird dann wieder jeweils an entsprechender Stelle der Tagesordnung entschieden.

Als einzige Entschuldigung für die Abwesenheit von

Senatsmitgliedern von der heutigen Plenarsitzung liegt die von Herrn Senator Dr. Flierl vor, der aus Krankheitsgründen nicht an der heutigen Plenarsitzung teilnehmen kann, aber von den Staatssekretären vertreten wird. Ich denke, ich spreche in Ihrer aller Namen, wenn wir Herrn Dr. Flierl gute Gesundheit und Genesung wünschen.

[Allgemeiner Beifall]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Fragestunde gem. § 51 der Geschäftsordnung

Bevor ich die erste Frage aufrufe, möchte ich Ihnen folgenden Vorschlag für eine Zusammenziehung zweier Mündlicher Anfragen machen. Die Fragen unter den lfd. Nrn. 2 und 6 der Frau Abgeordneten Radziwill bzw. des Herrn Abgeordneten Hoffmann haben das Sozialticket zum Thema. Ich schlage deshalb vor, diese beiden Fragen zusammenzuziehen. Den Fragestellern stehen jeweils zwei Nachfragen zu, und es können zwei Nachfragen aus der Mitte des Hauses gestellt werden. – Widerspruch höre ich dazu nicht. Dann verfahren wir so.

Herr Gaebler hat das Wort zu seiner Mündlichen Anfrage über

Reduzierung der BVG-Verkaufsagenturen

Ich frage den Senat: