Protocol of the Session on September 9, 2004

(D Dieses Spielchen ist absehbar. Deswegen ist der ganze formelle Kram, den uns der Kollege Buchholz vorgetragen hat, einfach blanker Unsinn. Diese 200 Millionen € haben zunächst einmal im Bestand der BSR zu verbleiben, weil sie natürlich relativ klar von der Größenordnung her diesen 38 Altlastenstandorten zugeordnet werden können und deswegen als Rückstellungen verbleiben müssen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben also 200 Millionen €, die an die Gebührenzahler zurückgehen sollten, wenn es nicht noch andere Belastungen gäbe. Das ist erst einmal eine gute Nachricht, aber der Nachsatz ist der entscheidende Punkt. Gibt es eventuell noch andere Vorsorge zu treffen? Gibt es eventuell noch andere Dinge zu bezahlen, und sind deshalb diese 200 Millionen € tatsächlich so ohne weiteres zurückzugewähren?

Wir haben eben von der SPD gehört, man solle den Gebührenzahlern das zurückgeben, was ihnen letztlich zusteht. Das ist ein guter Ansatz. Wir haben aber auch gehört, dass der Gebührenzahler in kurzer Zeit auch wieder belastet werden soll. Er soll deswegen belastet werden, weil Vorsorge für 38 kleine Deponiestandorte zu treffen ist, die im Land Berlin existieren und von denen man nicht weiß, welche Risiken insbesondere im Hinblick auf Bodenverunreinigungen von ihnen ausgehen.

Ist das glaubwürdig? – Man kann nur in etwa abschätzen, welchen Wert diese Risiken haben. Diese Kleindeponien sind seit Jahren, teilweise seit Jahrzehnten, bekannt. Die Senatsumweltverwaltung hat in vielen Verfahren in etwa abgeschätzt, was darin enthalten ist. Man kann durchaus abschätzen, welche Beeinträchtigungen von diesen Deponien ausgehen, weil man auch genau weiß, welche Kostensicherungsmaßnahmen im Umfeld solcher Deponien anfallen. Man hat zudem auch sehr viel Erfahrungen mit Bodensanierungen, beispielsweise dem Pintsch-Gelände. Das war allein ein dreistelliger Millionenbetrag, der damals in diese Sanierung investiert wurde. Man kann genau abschätzen, welche Kosten dort relevant sind. Man wird natürlich auf eine Größenordnung kommen, die im dreistelligen Millionenbetrag liegt.

Dass man sich jetzt sehr viel Zeit lässt, hat einen ganz anderen Grund, den ich in diese Debatte einbringen möchte. Es hat den Grund, für welchen Zeitraum man bestimmte Gebühren wieder erhebt und wann man bestimmte Gebührenerstattungen vornimmt. Was ist passiert? – Das Land Berlin hat die Kosten für einen mehrfachen Paradigmenwechsel in der Abfallpolitik der BSR aufgebürdet. Da sind etliche Gutachten zusammen mit Obergutachten in den Sand gesetzt worden, je nachdem, wie die Regierungskoalition gewechselt hat oder welche Intention die eine oder andere Partei gerade hatte. Man hat dann einfach komplette Szenarien für die Abfallentsorgung in die Mülltonne geworfen und hat damit etliche 10 Millionen € an Gesamtkosten – sowohl BSR-intern als auch für externe Gutachter – verbrannt.

Einen letzten Satz möchte ich noch anfügen. Ein ähnliches Spielchen hat man noch mit den Zahlungsverpflichtungen aus Verträgen des Landes für Entsorgungen der Siedlungsabfälle in Erinnerung. Da waren 27 Millionen € fällig, die nach Brandenburg an die MEAB gingen. Die MEAB hatte sich nämlich ein bisschen mit Aktien verspekuliert. Das musste man ausgleichen, teilweise auch aus dem Etat des Landes Berlin. Was hat man gemacht? – Man hat der BSR 2003 einfach weniger Geld gezahlt und macht dann 2004 die Gesetzesänderung, um dies nachträglich zu legitimieren. Das ist die Haushaltswirtschaft, das Finanzgebaren und die Ehrlichkeit dieses Senats mit dem Gebührenzahler.

Ich sage, das ist eine blanke Unverschämtheit. Die ist nicht der BSR anzulasten, sondern diesem Senat. Er entledigt sich seiner Pflichten. Das ist wirklich eine Frechheit gegenüber dem Gebührenzahler. Und dann noch zu behaupten, man würde ihm geben, was ihm zusteht, das schlägt dem Fass den Boden aus. Wir stimmen deshalb dem Antrag der Grünen auf jeden Fall zu.

Für die 38 Standorte, die als Altablagerungen nicht nach Abfallrecht, sondern nach Bodenschutzrecht zu bewerten sind, ist der Kostenumfang bisher nicht bekannt. Hierzu sind die anhängigen Untersuchungen abzuwarten. Wir sind der Auffassung, dass der Gebührenzahler durchaus wissen soll, wofür er bezahlt und dass er nachvollziehen können muss, welche Rückstellungen für die noch zu ermittelnden Maßnahmen erforderlich sind.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Braun (CDU): Gute Rede!]

Vielen Dank, Herr Kollege Goetze! – Die PDS schließt sich an. Das Wort hat die Kollegin Hinz. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ob die Rede wirklich so gut und inhaltsreich war, ist die Frage. Das werden wir sicher im Ausschuss diskutieren, wenn wir den Antrag der Grünen behandeln.

Debatten um Deponiesanierungen und Abfallaltstandorte haben wir schon des öfteren geführt. Klarheit über Rückstellungen und dergleichen gibt es nach dem uns jetzt vorliegenden Gutachten bisher nur für die drei Großdeponien in Wernsdorf, Schwanebeck und Schöneicher Plan. Darüber hinaus gibt es allerdings auch öffentlichrechtliche Verträge, die bestimmte Maßnahmen für die Altdeponien Wannsee und Marienfelde beinhalten und die jetzt schrittweise umgesetzt werden. Eine rechtliche Grundlage für die Altablagerungen fehlte allerdings bisher.

Mit der Änderung der beiden Landesgesetze wird jetzt die Zuständigkeit für die Sanierung der Altablagerungen durch die Übertragung an die BSR eindeutig geregelt. Auf dieser Grundlage kann die BSR nun Untersuchungen und gegebenenfalls auch zusätzliche Gutachten in Angriff nehmen und für diese Altablagerungen für die 38 Standorte entsprechenden Sanierungsaufwand feststellen, selbstverständlich immer in Verbindung mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als zuständiger Behörde. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat zugesichert, dass sie uns noch weitere Informationen über diese 38 Standorte geben wird. Insofern haben wir auch die Möglichkeit, diese Standorte genauer zu betrachten und unsere Vorstellungen einzubringen.

Uns werden nicht nur die dort erforderlichen Maßnahmen weiterbeschäftigen, sondern auch die Stilllegungs- und Nachsorgekosten. Über die Bundes- und Europagesetzgebung sind diese Kosten umlagefähig. Insofern ist es klar, dass dem Gebührenzahler diese zusätzlichen Aufwendungen in Rechnung gestellt werden. Meine Fraktion geht aber davon aus, dass es nach den Erfahrungen der letzten Jahre und auch nach den Ergebnissen der Untersuchungen im Sonderausschuss Tarifkalkulation mehr Transparenz bei der Gebührenabrechnung geben wird. Wir sind hier Schritte gegangen, die von der Senatsverwaltung für Wirtschaft unterstützt werden, durch die die Gebührenkalkulation in Zukunft transparenter und nachvollziehbarer ist.

Mit dem Antrag der Grünen, die Umschichtungen fordern, haben wir erhebliche Probleme, denn diese Rückstellungen wurden für die drei Großdeponien gebildet. Das hat rechtliche Konsequenzen, wenn wir diese auf die 38 Altablagerungsstandorte umtopfen wollen. Das ist nicht umtopfbar, weil es sich um Rückstellungen bezogen

auf die Großdeponien handelt. Man kann dies nicht einfach von der linken Tasche in die rechte Tasche schieben.

Wir sehen vielmehr die Möglichkeit, die 195 Millionen €, die sich aus den Rückstellungen für die drei Großdeponien ergeben haben und die nicht benötigt werden, zu nutzen, um die in den nächsten Jahren durch die neue ab Juni 2005 gültige Regelung zu erwartenden Gebührensprünge zu verringern. Dadurch würden die Belastungen für die Gebührenzahler gemindert.

Nach der Kritik, die die Grünen in der Vergangenheit immer geübt haben, ist mir nicht verständlich, warum sie hier keinen großen Wert auf Transparenz legen. Ich meine, das sind wir den Gebührenzahlern schuldig, und dem sollten Sie sich auch verpflichtet fühlen.

[Beifall bei der PDS – Beifall des Abg. Buchholz (SPD)]

Meine Fraktion unterstützt die rechtliche Klarstellung in den beiden Landesgesetzen und wird der Vorlage – zur Beschlussfassung – zustimmen.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Frau Kollegin Hinz! – Es folgt die FDP. Der Kollege Schmidt hat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alles wird gut! – So lautet die Zusammenfassung der Rede von Frau Hinz.

[Doering (PDS): Wenn dem so ist, ist das doch okay!]

Wenn man die Hoffnung hätte, dass dem so ist, wäre dies gut, aber diese Hoffnung teile ich gerade nicht.

Die Debatte ist teilweise abenteuerlich. Ihr Beitrag, Frau Kuballa, war wirklich keine Meisterleistung. Auch bei Ihnen, Herr Goetze, muss ich mich wundern, wenn Sie sagen, dass die Rückstellungen nicht ausgezahlt werden sollen. Da frage ich mich: Wo leben wir denn eigentlich?

[Klemm (PDS): Die zahlen wir doch aus!]

Ich sprach eben Herrn Goetze an, und nicht Sie, Herr Klemm! –

Auch die FDP ist für das Verursacherprinzip, ist dafür, dass die Abfallverursacher die Kosten tragen. Deshalb ist es vernünftig, dass Rückstellungen von den Abfallverursachern und nicht von den Steuerzahlern gebildet werden.

Schmidt, Erik

Wenn man sich jedoch die Gesetzesformulierungen ansieht, dann steht dort an manchen Stellen wieder „BSR“. Hier habe ich, ebenso wie Frau Kubala es schon formuliert hat, die Befürchtung, dass der Wettbewerb nicht ab dem Jahr 2015 beginnt – so, wie Sie es immer behaupten –, sondern ab heute noch 30 Jahre ins Land gehen. Dann haben wir 2034. Wir haben heute bereits den Begriff „marktorientierte Direktvergabe“ gehört, viel

leicht fällt Ihnen auch in diesem Fall eine Lösung ein, um Wettbewerb zu verhindern. Hätten Sie das Gesetz anders formuliert – was möglich gewesen wäre –, hätten wir ihm heute zugestimmt. Aber ein solches Wettbewerbsverhinderungsgesetz für die BSR bekommt unsere Stimme nicht. – Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, so dass wir zur Abstimmung kommen können. Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich – gegen die Stimmen von CDU, Grünen und FDP – die Annahme des Gesetzes. Wer dem Gesetz zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Die Gegenprobe! – Das sind die Oppositionsfraktionen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das Gesetz mit der Mehrheit der Koalition angenommen.

Ich frage mich: Auf welchem Kurs bewegt sich hier die Fraktion der Grünen?

[Beifall der Abgeordneten Buchholz (SPD) und Klemm(PDS)]

Klar ist auch, dass die Rückstellungen nicht in den blauen Dunst hinein gebildet werden können, sondern dazu gab es das Gutachten. Wir haben lange im Sonderausschuss BSR gestritten, ehe wir es bekommen haben. Wir haben schon damals gesagt – die Koalition hat diese Auffassung damals nicht geteilt –, dass die Rückstellungen überhöht sind und die Zinsen, die inzwischen aufgelaufen waren, und alles, was über dem Bedarfssatz liegt, an den Gebührenzahler zurückgeführt werden müssen. Das ist ganz klar.

[Buchholz (SPD): Sie sind ja voll auf Koalitionslinie, Herr Schmidt!]

Die 200 Millionen € aber rein prophylaktisch drinnen zu behalten, ist nicht vernünftig. Deshalb freuen wir uns, dass der Senat den Schritt wirklich zu tun beabsichtigt und hoffen, dass er ihn auch in die Tat umsetzt, wenn es in den nächsten fünf Jahren ansteht, die erhöhten Rückstellungen an die Gebührenzahler zurückzuführen.

Probleme bereiten natürlich – das ist bereits angesprochen worden – die Altstandorte. Da ist das Gutachten tatsächlich längst überfällig, um die Kosten dort einschätzen zu können. Aber anders als bei den Grünen, Herrn Goetze und dem Koalitionsvertreter, frage ich mich, was der Abfallverursacher von heute mit den Deponien, die seit Jahren und Jahrzehnten nicht mehr in Betrieb sind, zu tun hat. Ich bin deshalb der Meinung, dass dies ein Problem der Gesamtgesellschaft ist. Damals hat man eben die Probleme für die Zukunft nicht gesehen und die Kosten, die auf die Allgemeinheit zukommen. Deshalb darf man dies nicht von den heutigen Abfallverursachern zahlen lassen, sondern wird es eher über das Land abwickeln müssen. Insgesamt kommen wir deshalb zu einer Ablehnung des Grünen-Antrages, weil es nicht angeht, Rückstellungen auf Verdacht zu behalten.

[Beifall bei der FDP]

Nun zum Gesetz: Wir finden es vernünftig, sich Gedanken darüber zu machen, welche Kosten nach der Schließung der Deponien noch anfallen. Es ist auch vernünftig, dass diejenigen, die dort Abfälle eingelagert haben, die finanzielle Verantwortung dafür übernehmen. Es ist weiterhin sinnvoll, dass die Abfallverursacher dies über die Gebühren bezahlen und es nicht aus dem Landeshaushalt getätigt wird. Insofern widersprechen wir dem Gesetz nicht in der Sache.

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Schmidt!

Zum Antrag der Grünen – Drucksache 15/3129 – wird die Überweisung in den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz vorgeschlagen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch.

Die lfd. Nrn. 5 und 6 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 7:

a) I. Lesung

Gesetz zur Entbürokratisierung der Berliner Verwaltung als Daueraufgabe (Entbürokratisierungsgesetz – EbG)

Antrag der CDU Drs 15/3120

b) Antrag