Protocol of the Session on August 26, 2004

Meine Verwaltung arbeitet zurzeit an der von Frau Klotz so heftig angemahnten Ausführungsvorschrift für die Angemessenheit von Wohnung und Miete, da der Bund – obwohl er mit fast 30 % der Kosten an Unterkunft und Heizung beteiligt ist – sich nicht in der Lage gesehen

Frau Sen Dr. Knake-Werner

Wir haben einen ersten wichtigen Erfolg in diesen Verhandlungen erzielt. Es wird uns gelingen, die Kontinuität der öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahmen in Berlin bis ins Jahr 2005 zu erhalten. Es wird keinen Abbruch geben. Wir haben im Jahr 2003 über 8 000 Menschen im Bereich „Hilfe zur Arbeit“ gefördert. Es wird uns auch jetzt gelingen, dies auf hohem Niveau fortzusetzen. Wir können über 5 000 Stellen bis ins Jahr 2005 finanzieren – einen Teil davon über Landesmittel, und ein anderer Teil wird ab 1. Januar 2005 von der Regionaldirektion übernommen. So viel zu dem, was Sie, Frau Klotz, als Vorwurf formuliert haben. Ich wünsche mir manchmal, wir würden ein bisschen solider miteinander umgehen.

Die Bundesregierung hat für diese Übergänge Mittel bereitgestellt, und zwar im Umfang von 1,3 Milliarden €. Das Land Berlin bekommt davon 118 Millionen €. Ich bitte Sie, Herr Kurth, ganz genau zuzuhören: Die 118 Millionen € bekommt das Land bzw. die Regionaldirektion als Verpflichtungsermächtigung für das Jahr 2005. Insofern ist Ihre Forderung an mich, heute zu sagen, wofür das Geld ausgegeben worden ist und die Mittel geblieben sind, ein bisschen verfehlt. Ihnen muss da etwas entgangen sein. Ich kann Ihnen das leider heute nicht beantworten. Das sind Mittel für das Jahr 2005 in Form von Verpflichtungsermächtigungen. Wir werden diese Mittel selbstverständlich nutzen.

hat, eine bundeseinheitliche Regelung zu erlassen. Wir nutzen das gern und werden deshalb auch eine eigene Vorlage machen. Sie können überzeugt davon sein, dass niemand im Senat ein Interesse daran hat, ein großes Umzugskarussell in Gang zu setzen. Wir werden es schaffen, vernünftige Regelungen und auch sinnvolle Übergangsfristen in diese Ausführungsvorschrift aufzunehmen.

Gelöst werden muss das Problem des Personals für die künftigen Jobcenter. Nach den sehr ehrgeizigen, im Gesetz vorgesehenen Betreuungsschlüsseln, die ich gut und richtig finde und von denen ich erwarte, dass wir sie möglichst schnell realisieren können, werden nach Berechnung der Regionaldirektion in Berlin 3 500 Menschen in den Jobcentern beschäftigt. Den Sozialämtern Berlins werden über 1 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Das ist deutlich mehr, als wir künftig an Aufgaben erfüllen müssen. Aber wir machen das ausgesprochen gern, weil in unseren Sozialämtern kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten, die insbesondere viel Erfahrung mit dem Fallmanagement haben. Wenn mit Hilfe unserer Mitarbeiter die Beratungs- und Integrationsarbeit zusätzlich qualifiziert werden kann, macht es durchaus Sinn. Etwa 1 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fehlten noch. Ich habe heute mit dem Chef der Regionaldirektion besprochen, dass jetzt alle Anstrengungen nötig sind, um diese Lücke zu schließen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es durchaus Sinn macht, den Stellenpool des Landes Berlin dazu zu nutzen. Dort sitzen eine Reihe qualifizierter Verwaltungskräfte, die diese Aufgaben sehr gut wahrnehmen können. Das würde auch uns helfen. Ich will das unterstützen.

Ich komme zu einem weiteren zentralen Punkt: Die Menschen wollen nicht nur gut beraten und betreut werden, sondern sie wollen vor allem Arbeit. Das hat hier schon eine Rolle gespielt. Wir sind uns bewusst, dass Hartz IV keine neuen Stellen auf dem 1. Arbeitsmarkt schaffen wird, insbesondere nicht bei einem Verhältnis von 30 Arbeitssuchenden auf einen offenen Arbeitsplatz. Umso wichtiger ist es, sich für den Erhalt und den Ausbau kommunaler Beschäftigungsmaßnahmen einzusetzen. Darum wird der Senat in den nächsten Wochen ein Programm für öffentlich geförderte Beschäftigung vorschlagen. Die endgültigen Entscheidungen werden jeweils in den Arbeitsgemeinschaften vor Ort getroffen. Diese Vorschläge müssen mit der zuständigen Regionaldirektion ausgehandelt werden, denn sie bekommt das Geld, das der Bund für Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stellt. Ich sage das so deutlich, weil in den Köpfen offensichtlich immer noch die Meinung existiert, das Land Berlin bekäme die Millionen, die für die künftigen Eingliederungshilfen zur Verfügung stehen, in seine Kassen. Das ist keineswegs so, sondern dieses Geld bekommt die Regionaldirektion. Diese entscheidet letztlich darüber, wie das Geld aus dem Wiedereingliederungstitel eingesetzt wird. Natürlich werden wir mit der Regionalagentur darüber verhandeln – wie bisher auch.

Für das Jahr 2005 werden wir alle Anstrengungen unternehmen, um weitere Maßnahmen zur kommunalen Beschäftigungsförderung aufzulegen. Der entsprechende Eingliederungstitel umfasst nach vorläufigen Vorschlägen für Berlin ca. 624 Millionen €. Dieses Geld bekommt die Regionalagentur und verteilt es dann anteilmäßig an die verschiedenen Arbeitsgemeinschaften.

Wir werden in unserem kommunalen Beschäftigungsprogramm deutlich machen, wo wir die Prioritäten bei der Eingliederung der Langzeitarbeitslosen sehen. Wir werden uns keineswegs nur – wie Sie mutmaßen, Frau Klotz – auf die neuen Arbeitsgelegenheiten konzentrieren. Das können Sie schon an den Übergangsverabredungen feststellen. Wir wollen selbstverständlich versuchen, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit zu finanzieren. Aber man muss auch ganz klar sehen, dass es einen Eingliederungstitel gibt, aus dem alle Maßnahmen finanziert werden müssen. Dabei muss man entscheiden, wie vielen Menschen man die Chance eröffnen will, wenigstens einen Fuß in die Tür des Erwerbslebens zu bekommen. Denn auch ein großer Eingliederungstitel ist endlich, und je mehr teuere Maßnahmen man auflegt, desto weniger Menschen haben eine Chance. Insofern wollen wir einen Maßnahmenmix vorschlagen. Dieser soll natürlich ABM und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung enthalten. Er wird aber sicherlich auch in großem Umfang Arbeitsgelegenheiten enthalten. Die Regionalagentur plant für Berlin 30 000. Wir werden uns darüber unterhalten müssen, wie die Arbeitsgemeinschaften diese Arbeitsgelegenheiten in Berlin ausgestaltet, mit welchen Qualifizie

Frau Sen Dr. Knake-Werner

Jetzt sind die Bezirke am Zuge, diese Arbeitsgemeinschaften mit Leben zu erfüllen und die Jobcenter zu errichten. Hier wurde schon sehr gute Vorarbeit geleistet. Einige Bezirke – das wurde schon angesprochen – sind auch schon sehr weit. Ganz wichtig ist uns dabei, dass die Jugend- und Integrationsämter mit einbezogen werden und dass die gesammelten positiven Erfahrungen der Jobcenter – hier war Berlin auch schon führend – in die Arbeitsgemeinschaften eingebracht werden. Das waren auch schon die Vorläufer.

Wir verkennen nicht, dass auf Bundesebene noch einige Entscheidungen ausstehen, was für die Umsetzung nicht gerade förderlich ist, z. B. die Personalbestellungen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Arbeitsgemeinschaften dann auch motiviert an die Arbeit gehen können. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ist eine große Herausforderung für alle, die die politische Verantwortung in dieser Stadt tragen. Damit meine ich nicht nur die Koalition, sondern auch die Opposition. Die Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen haben dieses Gesetz verabschiedet. Ich hoffe sehr, dass sie jetzt auch zu dem stehen, was sie verabschiedet haben, und das in der Öffentlichkeit auch vertreten.

rungsmöglichkeiten sie ausgestattet werden sollen. Das werden wir passgenau auf die Zielgruppen ausrichten. Dabei werden wir darauf achten, welche Beschäftigungsfelder im Vordergrund stehen müssen. Wir haben keinen Zweifel daran, dass es im sozialen, kulturellen, ökologischen und bildungspolitischen Bereich eine Fülle an wichtigen Aufgaben gibt, die über öffentlich geförderte Beschäftigung wahrgenommen werden können. Genau dafür werden wir uns einsetzen.

Jetzt kommt es darauf an, dass mit allen Akteuren auf dem Arbeitsmarkt, den Wohlfahrtsverbänden, den Beschäftigungsträgern, Vertretern der Wirtschaft, Gespräche darüber geführt werden, wie es gelingen kann, erstens über öffentlich geförderte Beschäftigung keine reguläre Arbeit zu verdrängen und zweitens Konkurrenz zwischen privater Wirtschaft und öffentlich geförderter Beschäftigung zu verhindern. Es muss uns gemeinsam darauf ankommen, Langzeitarbeitslosen den Übergang in den 1. Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und nicht zuletzt die soziale, kulturelle und ökologische Infrastruktur dieser Stadt zu erhalten, zu ergänzen und auszubauen. Das ist im Interesse der Betroffenen, aber auch der gesamten Bevölkerung. Genau das werden wir tun, und wir werden es auch schaffen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Vielen Dank, Frau Senatorin!

Wir treten in die zweite Rederunde ein. Das Wort hat zunächst für die SPD-Fraktion Frau Grosse. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unsere Aufgabe ist es, jetzt dieses Gesetz in Berlin umzusetzen und den Betroffenen zu zeigen, dass wir es nicht nur mit dem Fordern, sondern auch mit dem Fördern ernst meinen.

Frau Knake-Werner, Sie sagten zu Beginn, die Menschen wollten nicht mehr nur betreut werden, sondern sie wollten integriert werden. Ich hoffe, dass Sie das mit Vehemenz tun. Bei Ihrem Vortrag hatte ich daran manchmal meine Zweifel.

[Beifall des Abg. Dr. Lindner (FDP)]

Durch die frühe Entscheidung – und die war es, auch wenn es Ihnen, Frau Klotz, nicht passt –, in Berlin nicht das Optionsmodell zu wählen, haben wir die Sicherheit und Grundlage für 12 Arbeitsgemeinschaften geschaffen. Das heißt, wir haben uns dafür entschieden, dass die Bundesagentur zusammen mit den Kommunen die Arbeitslosengeld-II-Empfänger integriert. Eine Rahmenvereinbarung zwischen dem Senat und der Regionaldirektion der Arbeitsagentur gibt den Bezirken Planungssicherheit. Auch das wollen Sie nicht hören, Frau Klotz!

[Zuruf der Frau Abg. Dr. Klotz (Grüne)]

Das gibt es im gesamten Bundesgebiet nicht. Da sind wir einmalig, dass wir in Berlin so eine Rahmenvereinbarung

geschlossen haben. Auch wenn es Ihnen nicht passt, wenn Sie immer wieder der Meinung sind, wir schafften es in Berlin nicht,

[Zuruf der Frau Abg. Dr. Klotz (Grüne)]

wir schaffen es, Frau Klotz, auch wenn Sie nicht mit in der Regierung sind.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Frau Dr. Klotz (Grüne): Gott sei Dank!]

[Zuruf des Abg. Hoffmann (CDU)]

Das ist kurios, Herr Zimmer: Sie haben gefordert, dass die Reformen in Berlin zügig umgesetzt werden. Sie fordern den Regierenden Bürgermeister auf, die Umsetzung der Hartz-IV-Reformen zur Chefsache zu machen. Zugleich fordert Ihr Landeschef und Bürgermeister von Mitte, Herr Zeller, eine Verschiebung der Umsetzung der Reformen zum 1. Januar 2006. Peinlich, peinlich! Ist das die neue Geschlossenheit der CDU?

[Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU]

Meine Damen und Herren von der CDU! Sie haben nicht nur dieses Gesetz mit verabschiedet, das am 1. Januar 2005 in Kraft tritt, sondern Ihre Abgeordneten auf Bundesebene haben die sozialen Härten in dieses Gesetz eingebaut. Ich denke hierbei nur an die Zumutbarkeitsregelung.

[Beifall bei der SPD – Doering (PDS): Genau! – Hoffmann (CDU): Eine echte Lüge!]

Darf ich einmal darüber lachen, Sie kennen sich wahrscheinlich nicht aus! – Das trifft besonders die Frauen, die jetzt schon im Niedriglohnsektor arbeiten und deren Löhne dann noch bis zur Sittenwidrigkeit weiter gesenkt

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden Ihre Anträge, die heute mit Dringlichkeit eingebracht wurden, in den zuständigen Ausschüssen behandeln, so dass ich

hier nicht im Einzelnen darauf eingehen möchte. Die Entschließung werden wir allerdings heute verabschieden. Wir werden dort noch einmal auf einige Punkte hinweisen und unsere Position in Berlin deutlich machen.

Lassen Sie mich noch einen wichtigen Aspekt ansprechen: Am Beispiel der Wohnraumbemessung werden derzeit in der öffentlichen Diskussion Ängste geschürt. Frau Knake-Werner, ich finde es richtig, dass es auf Landesebene die Entscheidung geben muss, denn der Wohnungsmarkt beispielsweise in München sieht ganz anders aus als in Berlin. Ich appelliere an Sie, wir wollen uns mit der Umsetzung von Hartz IV sachlich auseinander setzen, lassen Sie uns die Ermessensspielräume, die wir haben, im Interesse der Betroffenen nutzen!

Danke schön! – Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Kurth das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor ein paar Wochen haben wir mit mehr oder weniger guten Wünschen unseren Kollegen Wieland in den brandenburgischen Landtagswahlkampf verabschiedet.

Mit unterschiedlich guten Wünschen, das räume ich ein. Herr Wieland erlebt seit ein paar Wochen „PDS live“. Mit „PDS live“ meine ich, wie sie argumentiert, wenn sie nicht durch das eine oder andere Amt in Regierungsverantwortung an dem, was sie wirklich denkt, gehindert wird. Es ist Herr Wieland, der möglicherweise bei dem einen oder anderen etwas weniger verdächtig ist als Vertreter von CDU und FDP, der darauf hinweist, dass im brandenburgischen Landtagswahlkampf PDS und DVU das fast identische verbale Rabaukentum – „Weg damit!“ usw. – an den Tag legen, wenn es um das Thema Hartz IV geht.

werden können. Das ist Ihr Werk, meine Damen und Herren von der CDU!

[Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Doering (PDS) – Zurufe von der CDU]

Und wenn Sie ganz ehrlich sind: Sie sagen immer, das Gesetz gehe Ihnen nicht weit genug – das ist die Wahrheit, und das muss hier klipp und klar gesagt werden.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Fakt ist aber auch, dass bei der größten Arbeitsmarkt- und Sozialreform in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland die Auswirkungen individuell verschieden sind. Hier verkleistern wir nichts, Herr Liebich, wir sagen die Wahrheit.

Frau Abgeordnete! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Niedergesäß?

Nein, Herr Niedergesäß, das können wir nachher beide draußen machen!