Protocol of the Session on June 17, 2004

[Pewestorff (PDS): Hat der auch einen Turbo?]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Herr Krüger, man kann sicher über das Für und Wider einer Klage geteilter Meinung sein, aber auf dem Niveau, das Sie hier geboten haben, und mit dem Vokabular, das Sie benutzt haben, über die Wahrnehmung verfassungsmäßiger Rechte zu diskutieren, dies erinnert an die schlimmsten Zeiten landowskyscher und diepgenscher Polemik.

[Unruhe]

Diese hatten sich nicht entblödet, Menschen mit abweichender Meinung als Berlinfeinde zu bezeichnen.

Dietmann

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Dies alles noch dazu zu einem Thema, das, wie wir der heutigen Presse entnehmen können, längst überholt ist.

[Liebich (PDS): Längst? – Seit 10 Minuten!]

Berlin nach der Europawahl: Die Tinte auf den Stimmzetteln ist kaum trocken. Gerade haben wir Herrn Cramer zu seiner herausragenden Wahl in das Europaparlament beglückwünscht. Was kann es also Aktuelleres geben, als über die vier Tage zurückliegende Wahl im neuen erweiterten Europa zu reden?

Vor sechs Wochen hat die Europäische Union ihre Erweiterung nach Osten vollzogen und damit einen der sicher tiefgreifendsten Umwälzungsschritte in ihrer Geschichte vollzogen. Für Berlin heißt das: Berlin ist in die Mitte Europas gerückt. Wir alle in diesem Haus haben immer wieder betont, wie wichtig dieser Prozess für Berlin ist. Wir haben über Ängste, über Gefahren und viel auch über Chancen geredet, die der Stadt aus diesem Prozess erwachsen.

Jetzt haben wir das erste Mal – unmittelbar nach diesem Umstrukturierungsschritt – ein Votum der Bevölkerung für und gegen einzelne Politikansätze in diesem Prozess bekommen. Eines ist aus dieser Wahl sicher sehr klar zu Tage getreten: Dieser rot-rote Senat hat für seine Politik keine Mehrheit in dieser Stadt.

[Beifall bei den Grünen – Liebich (PDS): Ich denke, es geht um Europa?]

Er hat sie nicht in der Europapolitik, mein lieber Herr Liebich, das hat er auch gar nicht erst versucht darzustellen, er hat sie noch viel weniger für die übrige Politik.

Diese Wahl hat ganz eindeutig gezeigt, was die Menschen wollen. Sie wollen, dass wir uns den Veränderungsprozessen stellen und dass wir sie gestalten. Das haben wir Grüne auch getan.

[Doering (PDS): Haha! Wo denn?]

Wir haben uns in diesem Europawahlkampf diesen Anforderungen gestellt. Wir haben uns aktiv und positiv zu dem europäischen Integrationsprozess bekannt. Wir haben uns nicht aus kleinkarierten Klientelinteressen heraus vor klaren Positionen gedrückt, weder zur Gentechnik, noch zum Klonverbot, und das wollten die Berlinerinnen und Berliner wissen.

[Doering (PDS): Worüber sollen wir denn jetzt reden?]

Es reicht ihnen nicht, Herr Doering, dass sich Ihr Regierender hinter zwei Frauen aufbaut und flotte Sprüche von sich gibt. Die Ole-von-Beust-Nummer, lieber Regierender Bürgermeister Wowereit, zieht in Berlin augenscheinlich nicht.

[Beifall bei den Grünen]

Dafür haben Sie die Quittung bekommen, ebenso für Ihre konzept- und orientierungslose Politik in dieser Stadt.

Herr Cramer hat, das können Sie sich denken, zu seiner Wahl viele Glückwünsche bekommen, und ich möchte hier aus einem zitieren:

Weiterhin zeigen die Grünen, dass sich Wirtschaftswachstum, technologischer Vorsprung und Umweltschutz sehr wohl miteinander verbinden lassen.

Ich glaube, das Wahlergebnis hat ziemlich deutlich gezeigt, dass es darum geht, sich genau diesen Veränderungsprozessen zu stellen und diese zu gestalten, und nicht, in dem kleinkarierten Hin und Her, wie es von der SPD vorgeführt wird, zu verharren. Es geht vielmehr darum, wieder Mut und Zuversicht auch in die Politik und in die Gestaltung von Lebensverhältnissen zu bringen. Genau das ist es, was Berlin braucht. Genau das ist bei dieser Europawahl zu Tage getreten.

In allen Großstädten der Bundesrepublik haben die Grünen weit über 20 % der Stimmen erhalten: in Hamburg, in Köln,

[Liebich (PDS): Sagen Sie mal etwas zu Thüringen!]

in Frankfurt und auch in Berlin.

[Liebich (PDS): Schwarz-Grün!]

Das zeigt, wo es entlang gehen muss. Was für diese Städte gilt, lieber Herr Liebich, gilt für Berlin im Besonderen. Nur wer sich dem europäischen Prozess stellt, wird die Zukunft mitgestalten können. Das können Sie nicht.

[Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Doering (PDS)]

Natürlich müssen wir auch darüber sprechen, weshalb die Wahlbeteiligung in dieser Stadt bei dieser so wichtigen Wahl so gering war, Herr Doering. Sie haben mit Ihrem Wahlkampf und Ihren inhaltsleeren Sprechblasen einen gehörigen Anteil daran, dass Sie die Menschen nicht an die Wahlurnen bekommen haben.

[Gelächter bei der PDS – Doering (PDS): Was haben Sie denn für hohle Phrasen gedroschen!]

Daran führt kein Weg vorbei.

[Doering (PDS): „Wir sind die Größten“ – das kenne ich von früher!]

Sie haben nicht mehr gesagt als: Basta! Es reicht! – Ein Vokabular, das wir aus anderen Parteizusammenhängen sehr gut kennen. Sie haben kein Wort zu dem gesagt, worum es in diesem europäischen Integrationsprozess wirklich geht.

Die Gazetten sind voll von den Ergebnissen der Europawahl. Das ist aktuell. Das ist es, worüber wir heute in der Plenarsitzung sprechen müssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen – Doering (PDS): Bloß nicht! – Zuruf von der PDS: Schwache Rede! – Weitere Zurufe von der PDS]

Danke schön, Herr Kollege Ratzmann! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich lasse jetzt zuerst über den Vorschlag der Koalitionsfraktionen abstimmen. Wer diesem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! Das sind die Koalitionsfraktionen. Die Gegenstimmen! – Das sind die Oppositionsfraktionen. Ersteres war die Mehrheit. Dann ist dieses Thema so beschlossen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Das Thema wird als Tagesordnungspunkt 2 aufgerufen. Die übrigen Anträge haben damit die Erledigung gefunden.

Meine Damen und Herren! Ich weise wieder auf die Ihnen vorliegende Konsensliste und auf das Verzeichnis der eingegangenen Dringlichkeiten hin, die besonders umfangreich sind. Sofern sich gegen die Konsensliste bis zum Aufruf des entsprechenden Tagesordnungspunktes kein Widerspruch erhebt, gelten die Vorschläge als angenommen. Über die Anerkennung der Dringlichkeit wird jeweils an der entsprechenden Stelle der Tagesordnung entschieden werden.

Dem Ältestenrat lagen folgende Entschuldigungen

von Senatsmitgliedern vor: Frau Senatorin Schubert nimmt heute und morgen an der Justizministerkonferenz in Bremerhaven teil. Frau Senatorin Dr. Knake-Werner nimmt heute und morgen an der in Berlin stattfindenden Gesundheitsministerkonferenz teil. Frau Dr. KnakeWerner hat hier den Vorsitz. Diese Abwesenheitsentschuldigung wurde im Ältestenrat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisiert. Herr Senator Sarrazin wird ab 14.45 Uhr die Plenarsitzung verlassen, da er als Vertreter das Landes Berlin an der Sitzung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat teilnehmen wird. Der Regierende Bürgermeister wird an der Plenarsitzung erst ab ca. 15.30 Uhr teilnehmen, da er sich seit 9.00 Uhr auf der Ministerpräsidentenkonferenz der Regierungschefs der Länder im Bundeskanzleramt aufhält.

Im Ältestenrat wurde die Bitte geäußert, dass der Senat sicherstellen möge, dass bei der Aktuellen Stunde zum Thema „Opposition fordert neue Sparrunden, CDU und FDP drohen mit Klage – Welche Folgen hat das für Berlin?“ entweder der Finanzsenator oder der Regierende Bürgermeister dem Abgeordnetenhaus zur Verfügung stehen.

[Unruhe]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Fragestunde gem. § 51 der Geschäftsordnung

Bevor ich die erste Frage aufrufe, möchte ich Ihnen folgenden Vorschlag für die Zusammenziehung zweier Mündlicher Anfragen machen. Die Fragen unter der laufenden Nr. 2 und 4 der Abgeordneten Wellmann und Ritzmann haben die Reise des Regierenden Bürgermeis

ters nach Los Angeles zum Inhalt. Ich schlage deshalb vor, diese beiden Fragen zusammenzuziehen. Den Fragestellern stehen dann jeweils zwei Nachfragen zu, und es können zwei Nachfragen aus der Mitte des Hauses gestellt werden. – Widerspruch höre ich dazu nicht. Dann verfahren wir so.

[Unruhe]

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Tesch von der Fraktion der SPD zum Thema

Unterrichtsausfall an Berliner Schulen