Ich werde es Ihnen auch nicht durchgehen lassen, dass Sie sich dieser Mitverantwortung hier nicht stellen.
Vielen Dank, Frau Senatorin! – Wir kommen jetzt zur Aussprache. Für die CDUFraktion beginnt Herr Abgeordneter Kurth. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Senatorin! Ihnen ist aufgefallen, von unseren zwölf Fragen ist keine einzige wirklich beantwortet.
Das kann auch nicht überraschen. Ich glaube auch nicht, dass Sie uns irgendein Wissen vorenthalten haben. Ich glaube, dass Sie die Fragen heute tatsächlich nicht beantworten können. Und das ist eines der Probleme.
Ich folge Ihrem Ansatz, wenn Sie sagen, wir müssen noch einmal schauen, was die Grundidee von Hartz war. Ich sage Ihnen, die Grundidee von Hartz war, auch wenn davon heute keine Rede mehr ist, dass die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland halbiert werden sollte. Davon ist heute keine Rede mehr, aber das war sein Versprechen im Frühjahr 2002.
Ich weiß, dass Sie damit nichts zu tun haben, aber ich will diesen Zusammenhang herstellen. Man hat gesagt: Wir schaffen es, durch zwölf intelligente Module die Vermittlungsleistungen so zu erhöhen, dass wir die Zahl der Arbeitslosen halbieren, signifikant reduzieren. Davon ist keine Rede mehr.
Wir haben damals gesagt – das lässt sich nachlesen, auch in Protokollen dieses Hauses –, dass es nicht nur um
Ich lasse die Überlegung, ob es richtiger gewesen wäre, die Zuständigkeit bei den Kommunen zu bündeln, beiseite, weil sich dies inzwischen erledigt hat. Ich bin mit der derzeitigen Ausgestaltung, wie sie insbesondere in Berlin Realität werden wird, nicht zufrieden. Ich halte es für ein großes Problem, dass wir für einige Problemgruppen unverändert eine doppelte Zuständigkeit haben werden – bei den Sozialämtern und den Agenturen. Das ist insbesondere dann ein Problem, wenn Sie sich ansehen, dass wir über Menschen reden, die von der Suchtberatung, Schuldnerberatung erfasst werden – diese Personengruppe ist bei den Sozialämtern –, Personen, die Grundsicherung beziehen, hingegen gehen zu den Agenturen. Das wird zu erheblichen Problemen führen. Was jetzt geleistet werden muss, vor dieser Aufgabe kann sich der Senat nicht wegducken, ist, dass die Bezirke eine klare Berechnungsgrundlage bekommen, von welchen Bedarfsmaßstäben – personell, finanziell, ausstattungsmäßig – ausgegangen wird. Das wissen die Bezirke bis heute nicht. Die Bezirke wissen lediglich, dass ein großer Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Sozialämtern wechseln sollen. Sie wissen, dass die Besoldungsgruppen der bezirklichen Mitarbeiter ein wenig höher liegen als bei den Arbeitsagenturen. Wer davon betroffen ist, in welchem Rahmen sich das vollziehen soll, ist bis heute ungeklärt.
das Vermittlungsproblem geht. In einer Region – Berlin und die neuen Bundesländer gehören dazu –, in der es keine freien Arbeitsplätze gibt, lösen wir das Problem nicht durch Vermittlungsanstrengungen. – Das haben Sie gesagt, damit haben Sie Recht. – Wir haben es damals schon gesagt und deshalb kritisiert, das Hartz zu kurz springt, weil er sich gar nicht mit den Fragestellungen beschäftigen darf, die in Deutschland wesentlich dafür verantwortlich sind, dass keine Arbeitsplätze entstehen. Da muss man sich – ob Ihnen das passt oder nicht – mit Fragestellungen wie Tarifrecht, Kündigungsschutz oder anderem befassen. Das durfte Herr Hartz aber gar nicht. Deshalb ist er zu kurz gesprungen. Das merken wir jetzt. Das ist der zentrale Fehler dieses Konzepts, der in der Tat auf Landes- und Kommunalebene nicht mehr wird wettgemacht werden können.
Das geht jetzt aber, weil wir staatliche Leistungen zu Lasten der Problemgruppen des Arbeitsmarktes reduzieren. Was wirklich ein Problem ist, ist der Umstand, dass wir ausgerechnet bei dem Kernstück von Hartz, der Zusammenlegung der Betreuung von Sozial- und Arbeitslosenhilfeempfängern, bei dem richtigen Ansatz, diese Betreuung zusammenzuführen, zweieinhalb Jahre nachdem Herr Hartz sein Papier vorgestellt hat, feststellen, dass die Voraussetzungen zur Umsetzung flächendeckend nicht bestehen. Weder die IT-Ausstattung, noch die rechtlichen und erst recht nicht die finanziellen Rahmenbedingungen sind vorhanden. Gleichwohl, Frau Senatorin, ist Ihr Ansatz falsch zu sagen, das, was uns vor allem fehle, sei Geld. Geld wird in Deutschland immer noch eine ganze Menge ausgegeben, aber sehr viel weniger effektiv als in anderen Staaten. Was uns fehlt, ist, dass der erste Arbeitsmarkt, dass die Wirtschaft endlich anspringen.
Ich komme nachher noch zur Verantwortung der Senatorin. Ich erinnere nur an den Eingangssatz, Frau Kollegin, dass sie sagte, Sie wolle gern über Hartz als Bundesgesetz nachdenken. Das Kernproblem dieses Konzepts werden wir bei der praktischen Ausprägung sehen. – Auf Bundesebene sind wir auch zweieinhalb Jahre nach Vorstellung des Hartz-Konzepts nicht weiter als in einem qualifiziertem Anfangsstadium. Wir reden über die Problemgruppen. Das sind in Berlin 460 000 Menschen, und es ist jetzt noch gut ein halbes Jahr Zeit, bevor das Ganze greifen soll. Ich habe mir Ihren Zeitplan eben noch einmal angesehen und kann dazu nur feststellen: Das glauben Sie doch nicht im Ernst, dass das klappt.
Selbstverständlich trägt der Senat, was die Berliner Seite angeht, einen gehörigen Teil Verantwortung dafür, dass die Bezirke nicht weiterwissen, dass sie allein gelassen werden mit zentralen Fragen. Beispielsweise haben wir die Einbeziehung freier Träger in wesentlichen Punkten nicht geklärt.
Die Mitarbeiter und Mitarbeiter der Sozialämter sollen zu einem großen Teil zu den Arbeitsagenturen wechseln. Das ist unverändert die Vorstellung. Ich habe heute mit einigen Stadträten telefoniert, um den Sachstand abzufragen. Das ist das, wovon die Bezirke ausgehen. Wenn es nicht zutrifft, Frau Senatorin, sollten Sie das, was die Bezirke seit langem anmahnen, endlich tun, nämlich für eine vernünftige Grundinformation der Bezirke sorgen. Diese gibt es bislang nämlich nicht.
Ich komme zu einigen Problemen, die in Berlin – ungeachtet der Probleme auf Bundesebene – hinzukommen. Das ist beispielsweise der gesamte Jugendbereich. Sie wissen, dass das Jugendamt zuständig ist für die Sozialhilfebetreuung behinderter Jugendlicher, für junge Volljährige, die Pflegeleistungen erhalten. Welche Regelungen sind hier geplant? Welche Regelungen sind geplant, wenn die Jugendlichen in Bedarfsgemeinschaften wechseln, die zu den Agenturen wechseln?
Die Arbeitsgemeinschaft, Frau Grosse – es wäre schön, wenn eine solche Klarheit bestünde –, ist längst nicht so weit, nicht auf Landes- und nicht auf Regionalebene, festzustellen, welche Bedürfnisse in Zukunft von den Sozialämtern abgedeckt werden müssen, welche personelle und finanzielle Ausstattung hier erforderlich ist. Das ist bisher
Herr Abgeordneter, darf ich Sie daran erinnern, dass Ihre Redezeit seit bereits einer Minute um ist?
Mache ich. – Die vernünftigste Maßnahme, und das ist ein Appell, gerade auch in der Auswertung der Antwort auf unsere Große Anfrage, dass wir das gesamte Thema einvernehmlich um ein Jahr verschieben, dass wir für eine saubere rechtliche, technische, finanzielle Vorbereitung sorgen und dann – und sicherlich getragen von einem größeren Konsens – mit diesem Kernstück weitermachen. Die Einführung zum 1. Januar 2005 würde ein Desaster. – Vielen Dank!
unklar. Es handelt sich um Problemgruppen und es handelt sich um Themen, die längst geklärt sein könnten. Das, was der Senat im Moment tut, ist genau das, was er beziehungsweise der PDS-Teil dieses Senats der Bundesregierung vorwirft: Er lässt die Bezirke mit bestimmten Aufgaben ohne entsprechende finanzielle Ausstattung allein.
Dass ist das, was Sie, Herr Wolf, und Sie, Frau KnakeWerner, der Bundesregierung vorgeworfen haben: die Kommunen nicht entsprechend finanziell auszustatten. – Das ist genau das, was Sie im Umgang mit den Bezirken praktizieren.
Die Bundesagentur stellt in aller Klarheit fest: Im nächsten Jahr wird es die in Aussicht gestellte verbesserte Betreuung der Langzeitarbeitslosen nicht geben. Vorstand und Verwaltungsrat der Bundesagentur haben das in diesen Tagen noch einmal festgestellt. Sie sehen sich nicht in der Lage, dies im nächsten Jahr sicherzustellen. Was bedeutet das für die Betroffenen? Welcher Art wird die Betreuung im nächsten Jahr sein? Gibt es hierzu Vorstellungen? Gibt es Vorstellungen, über die man mit freien Trägern aus diesem Bereich diskutieren könnte?
Der DGB hat in Hamburg ermittelt, dass 20 % der Arbeitslosenhilfeempfänger in Zukunft überhaupt keine Leistungen mehr bekommen. Man rechnet damit, dass über 50 % nur noch reduzierte Leistungen bekommen. Was sagen Sie diesen Menschen, wenn sie zumindest die in Aussicht gestellte verbesserte Betreuung einfordern? Was sagen Sie denen? – Genau das Schweigen, was jetzt auf den Senatsbänken herrscht, kritisieren wir.
[Frau Sen Dr. Knake-Werner: Ich habe 20 Minuten darüber geredet, Sie hätten einfach zuhören müssen!]
Es ist nicht einfach damit getan, Frau Senatorin, dass Sie sagen: Wir hätten gern mehr Geld. Das ist eine Aussage, die nicht sonderlich phantasievoll ist, weder auf Bundes- noch auf Landesebene. Vielmehr stehen wir vor der Aufgabe, mit weniger Geld immer noch eine intelligente Politik zu machen und nicht mehr oder weniger schweigend auf die Veränderungen auf Bundesebene zu reagieren.
Die Bundesagentur sagt: 41 000 Mitarbeiter. 14 000 stellt sie selbst, 10 000 von den Kommunen, der Rest über freie Träger. Was das für Berlin heißt, welche Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter davon betroffen sein wird, ist unklar. Auf die Schwierigkeiten bei der Datenerfassung habe ich bereits hingewiesen. Die Leistungsfähigkeit der Software kennen wir, wenn überhaupt, Ende November. Die Datenerfassung bei den Problemgruppen, die wir haben, wird bis Anfang Oktober sicherlich nicht gelingen. Die Parallele wird oft gezogen: Hartz IV wird
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kurth, zu Ihnen: Gerade die Wirtschaftsvertreter unterstützen die Hartz-Reformen. Es war ein Konsens von allen wichtigen Organisationen und Verbänden, das wissen Sie. Sie warten förmlich auf die Umsetzung. Und Sie, die CDU, die Opposition blockieren. Das will ich hier nur festhalten.
Noch eines: Herr Hoffmann hat vorhin Zensuren verteilt, ich würde auch gerne Zensuren verteilen und Ihnen, der CDU auf Bundes- wie auf Landesebene für konstruktives Mitarbeiten ein Mangelhaft und für die Blockadehaltung ein Sehr gut geben.