Protocol of the Session on February 21, 2002

Ich glaube, alle Parlamentarier müssen hier entscheiden, und alle Parlamentarier müssen wissen, worüber sie entscheiden. Das ist das oberste Prinzip.

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Oder geben Sie vielleicht auch die Milliarden aus Ihrem Portemonnaie, bloß weil Ihre Frau sagt, Sie machen das? – Sie haben ja keine! [Heiterkeit – RBm Wowereit: Das war ja eben eine schöne Sache!]

Gut! Ihr Lebenspartner sagt das. – Ich nehme das zurück.

[RBm Wowereit: Genau! Man merkt, wohin die Grünen gekommen sind!]

Dann sagt uns Herr Sarrazin, die Zukunftsstrategien, um die Risiken zu minimieren, seien Sache der Bankgesellschaft. Herr Sarrazin, da liegen Sie vollkommen falsch. Es kann nicht sein, dass wir immer nur die Hände für die Milliarden heben, aber was dann mit dem Geld passiert, das entscheidet die Bankgesellschaft, und wir haben nicht einmal die Möglichkeit, darauf Einfluss zu nehmen, und die können jeden Unsinn weitermachen, wie sie es in den letzten Jahren gemacht haben. Das kann doch wirklich nicht Ihr Ernst sein! Es muss schon die Möglichkeit geben, auch darauf Einfluss zu nehmen, was mit dem Geld passiert. Ich stimme doch nicht hier blind für Milliarden, und die machen nächstes Mal das Gleiche, und in zwei Jahren kommen sie wieder an mit einer Forderung nach 5 Milliarden.

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Und vor allen Dingen, was die Zukunft betrifft: Erklären Sie uns genau, wie Sie die Risiken minimieren wollen. Denn die zukünftige Strategie hängt doch entscheidend davon ab, wie hoch die Risiken sein werden. Und solange Sie uns die Strategien, die Sie da fahren wollen, nicht darstellen, solange können wir kein Vertrauen haben, dass es besser wird und dass es nicht schlimmer wird. Das Einzige, was ich auch wieder der Zeitung entnehmen durfte – wohl aus Ihrem Pressegespräch –: dass Sie erst einmal zwei neue Firmen mit 30 Leuten gründen wollen. Das kostet erst einmal Geld. Ich bezweifle nicht, dass eine Firma auch sinnvoll sein kann, aber wenn man gleich mit 30 Leuten eine neue Bürokratie errichtet, das kostet erst einmal Geld. Die müssen das Geld erst einmal einfahren. Das heißt, ich wüsste schon ganz gerne von Ihnen etwas genauer, wie Sie denn Risiken minimieren wollen und was diese Firmen machen sollen und warum es gleich 30 Leute sein müssen.

Zu dem zweiten Fragenkomplex Schuld und Verantwortung, Regress-, Schadenersatzforderungen steht leider wenig in der Beantwortung. Ich möchte aber an der Stelle, auch weil die Debatte eben so gelaufen ist, noch einmal daran erinnern: Wir müssen differenzieren. Ich finde nicht, dass die CDU schuld ist. Ich finde auch nicht, dass die SPD schuld ist. Es gab von Anfang an, seit der Gründung der Bankgesellschaft, immer einzelne CDUler und einzelne SPDler, die sehr wohl wussten, was sie taten, die sehr wohl wussten, warum sie diese Konstruktion der Bankgesellschaft wählten, und die anderen haben blind mitgestimmt. Das werfe ich den Parlamentariern vor, und das möchte ich heute auch nicht machen.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Sie haben gesagt, es sei ein Rechtsanwaltsbüro eingeschaltet. Jetzt hoffe ich nicht, dass dieses Rechtsanwaltsbüro Clifford, Chance, Pünder ist, denn die sind von der Bankgesellschaft beauftragt. Ich möchte wissen, wenn Sie beauftragt haben. Wenn ich der Antwort von heute Mittag folge, haben Sie Absichten, aber gehandelt haben Sie anscheinend noch nicht. Ich denke, dass es höchste Zeit ist. Ich habe vorhin an einem Beispiel deutlich gemacht, wo die Differenz zwischen den Interessen des Landes und den Interessen der Bankgesellschaft liegt.

Das Parlament soll über diese Milliarden entscheiden, und das Parlament muss deshalb auch wissen, worüber es im Einzelnen entscheidet. Ich muss sagen, ich habe mich ziemlich geärgert, dass nach der Vereinbarung, die Aktuelle Stunde mit der Großen Anfrage zu verbinden, wieder aus SPD-Kreisen kam: Nein, wir vertagen. Es kann nicht sein, dass solche Debatten erst dann geführt werden, wenn im Vermögensausschuss schon vollendete Tatsachen geschaffen wurden. Solche Debatten müssen vorher laufen. Die Alternativen müssen vorher deutlich werden, denn wir können nicht hinterher diskutieren, nachdem abgestimmt wurde. Das finde ich unerträglich.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Ich bitte Sie jetzt um Ihren letzten Satz, denn die 10 Minuten Redezeit sind vorbei.

Der letzte Satz: Alle Abgeordneten haben mit bestem Wissen und Gewissen solche Entscheidungen zu treffen. Dazu bedarf es einer Beantwortung. Das, was Herr Sarrazin bisher geleistet hat, war sehr wenig und reicht dafür nicht aus. Vergessen wir nicht: Wir haben schon 2 Milliarden bewilligt, wir sollen weitere Milliarden bewilligen, und es sind noch viele Risiken in der Bankgesellschaft, über die wir noch gar nicht gesprochen haben, die auch noch hoch kommen werden.

Herr Sarrazin, Sie haben die Chance, uns jetzt etwas besser zu informieren. Nutzen Sie sie!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön! – Das Wort zur Beantwortung hat nunmehr Herr Senator Dr. Sarrazin. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Prädikat „mangelhaft“ der Frau Abgeordneten Oesterheld nehme ich gern in Kauf, weil es in Teilen auch zutrifft. Wir können nur so antworten, wie die Faktenlage ist, und sollten auch ehrlich sein und nicht mehr darstellen, als wir darstellen können. Das gehört auch mit dazu. Es ist aber wie so oft im Leben, wir müssen auch unter Unsicherheit entscheiden. Wir sind hier in einer unsicheren Lage, wir haben gleichwohl unter einem beträchtlichen Druck zu entscheiden, sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht.

Es ist richtig, der Gesetzesantrag lautet, dass wir einen Garantierahmen von 3,73 Milliarden § brauchen, um die absehbaren Risiken, das heißt die Auszahlungen, die man uns abfordern wird aus den Garantien in den nächsten zehn bis 15 Jahren, auch abzuarbeiten. Es sollte aber bitte nicht alles durcheinander gehen. Deshalb möchte ich doch noch einmal einige Aspekte im Zusammenhang aufhellend darstellen, damit man manches rationaler diskutieren kann.

Die ganzen Dinge haben eine Vorgeschichte. Es begann damit, dass die Bankgesellschaft wie auch ihre Töchter bereits ab dem Jahr 1991 geschlossene Immobilienfonds auflegten, dass sie die Bavaria kauften, dass sie dann die IBG gründeten, dass das Geschäft immer größer und attraktiver wurde,

[Wieland (Grüne): Attraktiver für die Anleger!]

auch immer gefährlicher wurde, weil man immer mehr der Risiken Stufe für Stufe den Anlegern abgenommen hat. Ich nenne einmal die Stichworte Mietgarantie, Höchstpreisgarantie, Andienungsgarantie, Laufzeiten bis zu 30 Jahren und anderes mehr. Dies alles führte einerseits dazu, dass die IBG alsbald einen bundesweiten Marktanteil von 20 Prozent hatte, was natürlich etwas war. Es gab zunächst auch sehr hohe laufende Gewinne. Andererseits war es so, dass auf allen Stufen, an denen die Bank oder ihre Töchter beteiligt waren – ob es die Bavaria war beim Liegenschaftsankauf, ob es die Entwicklung oder die Vermietung war –, an präzisem Hinschauen, echtem Unternehmertum und notwendigem internen Controlling fehlte. Damit haben sich all

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Sen Dr. Sarrazin

mählich explosive Risiken angehäuft, welche in der Bank, auf der obersten Bankebene in der Tat bis zum Herbst 2000 nicht erkannt wurden. Hier stellt sich jetzt die Frage der Verantwortung und der Möglichkeiten des Regresses. Das habe ich vorhin in meiner Antwort auf die Mündliche Anfrage ausgeführt.

Was mich beschäftigt – und das sind auch für mich unbeantwortete Fragen, ich habe auch nichts gefunden, was sie beantworten kann – sind folgende Fragen: Woher kam dieser unvertretbare Optimismus, mit dem man die Dinge betrieben hat? Woher kam der Mangel an Aufsicht und Kritik? Woher kam das unsaubere Denken und die Inkompetenz bei Konzeption und Durchführung? Weshalb konnte das alles so lange gut gehen? – Das sind auch für mich zum Teil unbeantwortete Fragen. Es sind aber auch Fragen, die für das, was wir hier heute tun müssen, leider nicht mehr relevant sind. Ich sehe bei diesen Fragen ein wesentlich tiefer gehendes Problem, was auch über das Thema Bankgesellschaft weit hinaus geht. Auch die Lage des Berliner Landeshaushalts resultiert aus einem ähnlichen Denken. Was wir bei der Bankgesellschaft sehen, was uns empört, das können wir anders und in Abstufung an vielen Stellen entdecken, nämlich die von mir angesprochenen Punkte.

Was ist nun zu tun? Wie geht es weiter? – Zunächst einmal wissen Sie, dass alles erst Ende 2000 herausgekommen ist. Dann ging es sehr schnell. Es kam der Verkauf der IBG an die Gesellschaft auf den Cayman Islands, der dann vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen unterbunden wurde, dann waren auf einmal in der Bankbilanz des Jahres 2000 1,5 Milliarden § Verlust ausgewiesen, es wurde Eigenkapital vernichtet. Die bankaufsichtlich üblichen Quoten wurden unterschritten. Danach kam die Kapitalerhöhung durch die Eigner, an der wir mit 1,755 Milliarden § beteiligt gewesen sind. Damit schien die Lage zunächst gerettet zu sein. Danach wurden die Risiken von den Sonderprüfern des Bundesaufsichtsamtes näher untersucht und dies endete Ende November mit der Aussage, dass nur mit einer Garantie des Landes die unverzügliche Schließung der Bankgesellschaft zu verhindern sei.

[Frau Oesterheld (Grüne): Wo waren die denn vorher die ganzen Jahre?]

Nun zu den Alternativen. Das Thema ist nicht die Gewährleistung. Die Gewährleistung des Landes bezieht sich nur auf die Landesbank Berlin. Nur dass die Landesbank mit ihrer Gewährträgerstellung ihrerseits für alle Darlehen, die von der Bankgesellschaft, der Berlin-Hyp und den unterschiedlichen Töchtern ausgereicht worden sind, garantiert. Da unsere Gewährträgerhaftung auch die von der Landesbank gegebenen Garantien mit umfasst, heißt dies, dass am Ende das Land indirekt für alles haftet. Das ist vielfach untersucht, aber leider unbestreitbar. Damit besteht folgende Alternative: Entweder gehen wir in der Tat den Weg, dass das Institut geschlossen wird, mit undenkbaren Folgen für Arbeitsplätze und auch für den Bankenstandort Berlin, oder es bleibt nur der Weg, kurzfristig die Garantie auszusprechen. Die Garantie wurde seinerseits sehr rechtlich, sehr abstrakt definiert, hinlänglich eindeutig, und sie umfasste alle Ausfälle bei Darlehen bei dem IBG-IBAG-Konzern, alle Ausfälle beim Verkauf unter Buchwert und aller Ausfälle bei Mieten, alles nachweisbare Faktoren und dies für das ganze Altgeschäft bis zum 31. Dezember 2000. Es ist damals vereinbart worden, dass diese Vereinbarung durch eine Detailvereinbarung untermauert wird. Diese ist jetzt ausgearbeitet, endverhandelt und wird morgen in vertraulicher Sitzung im Vermögensausschuss verhandelt.

In dieser Detailvereinbarung ist im Einzelnen festgelegt, wie die Zusammenarbeit zwischen dem Land Berlin, der IBAG und IBG erfolgt. Ich will jetzt nur einige Punkte nennen: Alle Altrisiken werden in einer Tochter konzentriert. Sobald sie manifest geworden sind in dieser Tochter, ist das Land mit im Aufsichtsrat und es kann jederzeit Sonderprüfer schicken, um die einzelnen Vorgänge zu überprüfen. Nächster Punkt: Es werden von uns nur realisierte Verluste abgegolten. Beispielsweise, wenn ein Fonds ausläuft und er wird zurückgekauft und der Verkauf erfolgt unter Buchwert, dann wird dieser Verlust ausgeglichen. Alle diese unterschiedlichen Positionen werden über ein Jahr gesammelt, weil es auch sein kann, dass sich bei einem anderen Fonds mehr

ergibt, als man gedacht hatte. Dafür gibt es Ausgleichsverbindlichkeiten und Ausgleichsforderungen gegenüber dem Land. Dies wird bis zum Jahresende saldiert, testiert, natürlich von uns nachgeprüft – dazu komme ich gleich noch – und dieser Saldo, der für das einzelne Jahr aus realisierten Verlusten entsteht, dieser und nur dieser Saldo wird vom Land ausgeglichen. Damit wir hier nicht in eine Ecke manipuliert werden, ist wichtig: Es geht nur um realisierte Verluste, nicht um Annahmen in den Büchern. Erst dann, wenn ein Mietausfall tatsächlich gegeben ist, erst dann, wenn ein Darlehen tatsächlich notleidend wird und ausfällt, erst wenn ein Verkauf tatsächlich unter dem Buchwert erfolgt, setzt unsere Ausgleichspflicht ein.

Es wird nun ein Thema, wie wir dieses abarbeiten. Wir haben darüber lange diskutiert. Es gab unterschiedliche Ansätze. Es gab den Ansatz, dass wir uns an dem Unternehmen, das dies innerhalb des Bankkonzerns tut, beteiligen. Das hatte aber wieder den Nachteil, dass man in diesem Fall nicht genau weiß, wer das Sagen hat. Deshalb haben wir uns entschieden, zum einen das Geschehen in der Bankgesellschaft eng zu begleiten, indem die Altrisiken abgesondert werden, und zum anderen über eine landeseigene Tochter mit auch dazu ausgebildeten, am externen Markt einzuwerbenden Mitarbeitern die Einzelprüfungen vorzunehmen. Diese müssen natürlich erfolgen, bevor wir am Ende sagen, dass dies so umgesetzt wird.

Dazu gehört – ich nenne nur einiges aus dem Katalog – die laufende Kontrolle der geltend gemachten Zahlungsansprüche gemäß Detailvereinbarung und der juristischen Bewertung, die Einzelzustimmung für alle Immobilienverwertungen der IBAG, der Restanten, die Überwachung der Buchwert- und Höchstpreisgarantien, die Überwachung auch der Kreditgarantien bezüglich Ordnungsmäßigkeit und Optimierung und Überwachung und Weisung auch für die konsequente Inanspruchnahme für Haftungsassets, dass auch das Vorhandene verwertet wird. Damit sind wir bei der Genehmigung nochmals in der gesamten Prüfung umfassend dabei. Dies zusammen ist nach unserer Auffassung ausreichend für eine Absicherung.

Ein anderes Thema auch für die öffentliche Anmutung und die öffentliche Argumentation ist ebenfalls wichtig. Es ist der Punkt, dass wir nur einen 81-prozentigen Anteil an der Bankgesellschaft haben, aber für die Risiken zu 100 % aufkommen. Dazu wird vereinbart, dass, sobald das Kapital der Bank wieder auf ein angemessenes Niveau aufgefüllt ist – auch das ist definiert – wir von den Gewinnen vorab 15 % bekommen und dieses für die nächsten 15 Jahre, um auf die Weise die Bevorzugung von anderen Aktionären auszugleichen. Mit diesem Besserungsschein ist effektiv sichergestellt, dass das, was wir für die Bankgesellschaft tun, entweder dem Unternehmen und damit auch uns zugute kommt, nicht aber dritten Anteilseignern.

Nun komme ich zur Höhe der Risiken. Es ist von Heerscharen von Wirtschaftsprüfern und Beratern das gesamte Portfolio in den vergangenen 1 1⁄2 Jahren unter unterschiedlichen Fragestellungen immer wieder durchgeflöht worden. Natürlich bleiben in Bezug auf den Umfang der Risiken Unsicherheiten, weil man nicht weiß, wie sich der Immobilienmarkt entwickelt, wie sich die Vermietungen gestalten, weil man dann als Folge auch nicht weiß, welche der Kredite wann notleidend werden. All dies ist unsicher. Es kann sowohl in die eine als auch in die andere Richtung gehen. Man hat hier mit Wahrscheinlichkeiten zu tun. Die Zahl von 3,73 Milliarden § ist praktisch in der Gaußschen Normalverteilung der Wahrscheinlichkeiten eines Ausfalls der Fall mit der höchsten Wahrscheinlichkeit. Dies bedeutet bei guter Immobilienkonjunktur und bei guter Bewirtschaftung, dass am Ende das Gesamtrisiko niedriger, es aber umgekehrt auch um einiges höher ausfallen kann. Das sind die Risiken, mit denen wir leben müssen.

Nun komme ich abschließend noch zum Zeitplan. Die Bankbilanz 2001 kann nur testiert werden, wenn unsere unterschriebene Detailvereinbarung vorliegt. Diese werden wir wiederum nur unterschreiben, wenn innerhalb der Bank die Betriebsvereinbarung ebenfalls unterschrieben ist, damit auch der interne Beitrag aus dem Unternehmen kommt in Bezug auf den Personalabbau und die Kosteneinsparung. Daraus ergibt sich in der Zeitab

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folge, dass wir im Monat März die gesetzliche Ermächtigung und die Zustimmung zur Detailvereinbarung haben müssen, um den Zeitplan einhalten zu können.

Zu diesem Zeitplan gibt es nach Vorlage der Dinge keine Alternative. Dass manches unbefriedigend ist, geht Ihnen nicht anders als mir. Ich kann aber schon verantwortbar sagen, dass sich die Gesamtrisiken in der Tat in dem Umfang bewegen, wie sie jetzt auch als Garantierahmen von uns auch beantragt werden und dass wir bei erfolgreicher Abarbeitung – das ist bankintern und -extern in der Begleitung notwendig – gute Chancen haben, dass es am Ende weniger wird. Mehr kann man im Augenblick leider nicht sagen.

Die Alternative kann ich nur noch einmal wiederholen: Die Alternative ist, dass mit dem Jahresabschluss 2001 die Bank in dem Umfang ein Unterkapital ausweist, dass sie sofort geschlossen werden müsste. Dies würde auch die Frage eines Verkaufs erledigen und würde das Land – das ist ganz sicher – in wesentlich höherem Umfang belasten, abgesehen von dem Vertrauensschaden für Berlin. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Herzlichen Dank! – Bevor wir jetzt in die Rederunde eintreten, gestatten Sie mir noch einen Hinweis zum weiteren Verlauf der anschließenden Debatte. Heute ist im Vermögensausschuss für alle Fraktionen eine vertrauliche Unterlage verteilt worden, die natürlich auch im Interesse dieser Vertraulichkeit in der anschließenden Debatte behandelt werden sollte. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass wir uns in einer öffentlichen Sitzung befinden und demzufolge keinem Redner gestattet werden kann, aus dieser Unterlage zu zitieren.

Sollte der Bedarf bestehen, dass nachfolgende Redner die Gelegenheit nutzen möchten, aus vertraulichen Unterlagen zu zitieren, bitte ich dieses vorab bei uns bekannt zu geben. Für diesen Fall müssten wir die Öffentlichkeit für diesen Zeitraum aus unserer Sitzung ausschließen. Die Möglichkeit besteht. Ich gehe zunächst aber davon aus, dass diese nicht genutzt wird und sich alle Redner im Folgenden an diese Abmachung entsprechend unserer Geschäftsordnung halten.

Ich eröffne nun die Rederunde und gebe zunächst der Fraktion der Grünen, dem Herrn Abgeordneten Eßer, das Wort. – Bitte schön!

Ich starte mit ein paar Anmerkungen zu den durchaus nachdenklichen Worten in Beantwortung unserer Anfrage durch den Finanzsenator. Das Problem, vor dem wir stehen, ist, dass zwei Dinge in der nächsten Zeit beschlossen werden sollen. Zum einen soll das heute vorliegende Gesetz zur Ermächtigung für die Übernahmegarantie mit der darin festgelegten Schätzzahl von 3,73 Milliarden 3 beschlossen werden, und zum anderen werden wir noch den Antrag über die Detailvereinbarung selbst über diese Garantie zu beschließen haben – darüber haben wir im Vermögensausschuss beraten –. Diese Detailvereinbarung unterlegt das Gesetz. Sie ist vom Charakter der Garantie unbestimmt in der Höhe. Darin steht nicht, dass das Land Berlin für nur 3,73 Milliarden 3 bürgt. Diese Garantie bewegt sich in der Tat zwischen Null – das wäre der beste Fall, der aber wahrscheinlich nicht eintritt – und dem von Frau Oesterheld aus der Zeitung zitierten Betrag – nehmen wir diesen Wert ruhig – von 20 Milliarden 3. Irgendwo dazwischen wird das sein. Wie sich diese beiden Sachen zueinander verhalten, sage ich erst einmal nur vorab: Ob ein Abgeordnetenhaus das überhaupt kann, ob das überhaupt noch eine Bürgschaft ist, mit unbestimmter Höhe, und wie sich das Gesetz zu dieser Sache verhält? Ich bin kein Jurist. Ich denke, wir werden nicht darum herumkommen, unter anderem den Wissenschaftlichen Parlamentsdienst zu befragen, ob wir das im Sinne der Verfassung und des Haushaltsrechts so überhaupt machen können und dürfen.

Die zweite Frage, die dabei eine Rolle spielt, ist die, die uns alle bewegt: Sind diese 3,73 Milliarden 3 realistisch? – Also erst einmal ist es nach meinem Eindruck so, Herr Senator: Die Prüfungen sind leider niemals durchgehend abgeschlossen worden. Ich frage das immer wieder im Bereich der Bank. Und die Erfahrungen aus anderen Immobilienbereichen, die wir haben – das ist kein Geheimnis –, etwa im Bestand unseres geförderten Wohnungsbaues, sehen ganz anders aus. Die sehen so aus, dass Immobilien in Berlin in den letzten zehn Jahren einen Wertverlust von ungefähr der Hälfte durchgemacht haben. Da käme man dazu, dass der „Spiegel“ mit seinen 8 Milliarden sehr viel besser liegt als der Finanzsenator mit seinen 3,73 Milliarden 3, wenn ich zum Beispiel andere Vorlagen bei uns angucke. Und es zeigt, was wir hier zu bewältigen haben. Wir haben hier, zumindest auf diesem lokalen Markt, zum Teil auch darüber hinaus, eine Immobilienabwertung von rund 40 bis 60 %, je nachdem, wie gut dieser Bestand ist. Das hat japanische Ausmaße. Und entsprechend steht es auch um die Kredite für diese Immobilien, die faul geworden sind. Es ist für mich inzwischen sehr fraglich geworden, ob das Land Berlin in der Lage ist, diese Sache überhaupt allein zu „stemmen“, wo wir an den verschiedenen Enden in dieser Frage stehen.

Sie haben auch gesagt, Herr Senator, Sie wissen nicht – Sie hätten sich auch gewundert –, wie es dazu gekommen ist. Sie haben dazu aber noch gesagt, die Beantwortung dieser Frage sei nicht mehr relevant. – Das denke ich doch. Denn das Personal in der Bank ist noch vorhanden, die Mentalität ist noch da. Auch die Struktur, die Verschränkung von öffentlich-rechtlichem und privatem Bankwesen mit staatlichem Geld ist noch da. Und die Unternehmenskultur ist noch da, die man mit dem englischen Begriff „moral hazard“, moralische Hasardeure, beschreibt. Und natürlich ist das, was wir jetzt machen sollen, die Garantie für die Fortsetzung dieses Betriebs, auch zunächst einmal eine Garantie für die Fortsetzung des Bankbetriebes, wie wir ihn kennen, mit all dem berechtigten Misstrauen, das wir dabei haben.