Protocol of the Session on February 19, 2004

lfd. Nr. 36:

Niedrig, einfach und gerecht – Reform der Einkommensteuer jetzt!

Antrag der FDP Drs 15/2514

Für die Beratung steht den Fraktionen nach der Geschäftsordnung eine Redezeit von jeweils bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Das Wort hat Herr Dr. Lindner! – Nicht? Gibt es sonst noch Redner? – Ach, zuerst Herr Eßer. Entschuldigung, das konnte ich nicht erkennen. Herr Eßer hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch nach mehr als 30 Jahren in Berlin kann man an meinem Tonfall erkennen, dass ich in Köln aufgewachsen bin. Deshalb weiß ich, dass heute Weiberfasnacht ist. Ich bedaure, dass es auch an diesem Tag in Berlin relativ todernst zugeht, habe mich dieses Mal aber durchaus gefreut – deshalb stehe ich hier –, dass die FDP wenigstens ein gewisses karnevalistisches Gefühl auf

kommen lässt mit ihrem Antrag. Da ich davon ausgehe, dass diese Anträge kaum jemand liest, lese ich ihn kurz vor:

Der Senat wird aufgefordert, den von der FDPFraktion im Deutschen Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf – Drucksache 15/2349 –

warum soll irgendjemand Ihre Drucksachen aus dem Bundestag lesen? –

nach seiner Annahme im Bundestag

wann wird denn das sein? –

im Bundesrat zu unterstützen.

Das ist wirklich ein Antrag aus dem „Café Wahnsinn“. Sich vorzustellen, wir lesen irgendwelche Drucksachen, die Sie in den Bundestag einbringen und wir würden sie unterstützen, wenn die dort – wo Sie momentan keine Rolle spielen bei Mehrheitsbildungen – angenommen wären. Damit werden wir hier immer wieder belästigt. Ich nehme an, dass sind die bei Ihnen bundesweit eingespeisten Zentralanträge, die Sie überall einbringen müssen. Da niemand anders als Sie, Herr Dr. Lindner, unterzeichnet hat, habe ich an Sie die Frage – obwohl Sie es mit Ihrer Bundeszentrale nicht leicht haben –, ob Sie für diese Werke Fleißkärtchen in Ihre Kaderakte bekommen.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Sie sagen dann: Wir haben diesen Antrag gestellt, Westerwelle, alles okay.– Dann gibt es einen Haken, und Sie waren nicht ungehorsam. Eine Sofortabstimmung hätte ich noch verstanden. Dann wäre das Thema erledigt. Dass sich jetzt aber auch noch ein Ausschuss damit beschäftigen muss, finde ich nun wieder weniger karnevalistisch, sondern richtig ärgerlich. Gut, damit ist dann jetzt auch die ganze Plenarsitzung beendet.

[Beifall bei den Grünen und der PDS – Heiterkeit]

Wird das Wort von Herrn Dr. Lindner gewünscht? – Dann hat er es!

[Pewestorff (PDS): Jetzt kommt der Karnevalsprinz!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Eßer! Sie haben mich bei den Fleißkärtchen ertappt. Das ist das Problem. Sie wissen, dass ich seit Oktober vergangenen Jahres etwas aufholen muss. Beim Bundesvorsitzenden der FDP sammle ich natürlich gern Fleißkärtchen, um kritische Anmerkungen vom Herbst wieder aufzuwiegen. Deswegen kommt dieser Antrag auch zur Karnevalszeit genau am richtigen Ort zur richtigen Zeit.

Nun komme ich aber einmal zum Ernst, Herr Eßer. Sie sind einer derjenigen, die durchaus kritisieren, dass es für die Leute nicht zumutbar ist, Drucksachen aus dem Bundestag zu lesen. Es ist Ihnen vielleicht irgendwann einmal im Verlauf Ihrer langjährigen Parlamentsgeschichte aufgefallen, dass Einkommensteuer und Körperschaftsteuer Dinge sind, die die Länder durchaus genauso angehen wie der Länderfinanzausgleich. Alles wird wirksam

Präsident Momper

im Land und trägt damit auch zur Finanzlage Berlins bei, ob Sie das wollen oder nicht.

Ich glaube mich recht zu erinnern, dass Sie so etwas wie ein finanzpolitischer Sprecher sind. Wir haben Sie aber in den letzten Monaten und Jahren anders erlebt. Ich weiß nicht, ob das Desinfektionsmittel in der Hausreinigung bei den Justizbehörden, mit dem Sie sich letzte Nacht wieder abgemüht haben oder der 10. Bericht zur 5. Schraube, die in irgendein Gästehaus geschraubt wird, Finanzpolitik war. Ich hatte darüber heute Nachmittag schon gesprochen. Das ist dann Ihre große Stunde. Sie laufen zur Hochform auf.

Wenn Sie aber einen Rest von Anspruch an Ihr Amt des finanzpolitischen Sprechers haben, könnte es nicht schaden, sich einmal die Mühe zu machen, sich mit dem bisher einzigen Gesetzentwurf zur Reform des Einkommensteuerrechts in Deutschland, der im Deutschen Bundestag eingebracht wurde, zu beschäftigen. Es könnte nicht schaden, mal die ganzen Schrauben und Menzelstraßen und Wilhelmstraßen zu verlassen und Finanzpolitik zu betreiben. Dann bekommen Sie von mir persönlich – ich verspreche es Ihnen – auch ein dickes Fleißkärtchen, unterschrieben, mit Widmung. Ich schicke es auch gern in Kopie an Ihren mir leider im Moment nicht bekannten Bundesvorsitzenden oder Ihre Bundesvorsitzende, es sind wahrscheinlich mehrere. Dann haben wir das mit den Fleißkärtchen auf beiden Seiten gut gelöst. Die Krawatte kann ich Ihnen leider nicht abschneiden lassen, weil Sie keine haben. Trotzdem wünsche ich in diesem Sinn: Kölle Alaaf!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Dr. Lindner! – Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, wünschen Sie weiter die Überweisung an den Hauptausschuss? – Nein? – Wird die sofortige Abstimmung gewünscht? – Herr Eßer meldet sich zu einer Kurzintervention!

Herr Dr. Lindner! Ich möchte nur einen Satz anführen: Sie hätten jetzt wenigstens Beispiele vortragen sollen, die Sie nicht schon heute Nachmittag erwähnt haben. Ich zitiere jetzt Herrn Markus Löning heute in der Zeitung:

Die Berliner FDP steht für eine sehr klare Ordnungspolitik.

Ich habe insbesondere nach Ihrem Beitrag das Gefühl, dass ziemlich viel in Ihrem Schraubenlager in Unordnung geraten ist.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS]

Die Sofortabstimmung wird gewünscht. Gibt es dagegen Widerspruch? – Nein! – Wer diesem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FDP. Gegenprobe! – Das sind die Regierungsfraktionen und die Grünen. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. Gibt es Enthaltungen? – Die gibt es von der CDU.

Die lfd. Nr. 37 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 38:

Antrag

„Wer lange hier lebt, muss bleiben dürfen!“ – Bleiberechtsinitiative unterstützen –

Antrag der Grünen Drs 15/2521

Eine Beratung wird nicht mehr gewünscht. Die Antragsteller haben die sofortige Abstimmung gewünscht. Die Koalitionsfraktionen beantragen jedoch die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung, worüber ich abstimmen lasse. Wer dieser Überweisung seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke! Das waren die Regierungsfraktionen und die CDU. Die Gegenprobe! – Das sind die Grünen. Ersteres war die Mehrheit. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Enthaltungen? – Die gibt es von der FDP.

Die lfd. Nrn. 39 bis 41 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 41A:

Dringlicher Antrag

Reduzierung im Vollzugsdienst der Berliner Polizei nur bei gleichzeitiger Entlastung von Aufgaben oder bei Effizienzsteigerung

Antrag der FDP Drs 15/2536

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Es wird die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfohlen. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann ist das so beschlossen.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 41B:

Dringlicher Antrag

Ausgestaltung des Einsatzes der ABM

Antrag der SPD und der PDS Drs 15/2540