Protocol of the Session on January 29, 2004

Dringliche Beschlussempfehlung

Keine viermonatige Schließung der Hallenbäder zulasten des Schwimmsports, des Schulschwimmens und der Kindertagesstätten

Beschlussempfehlung JugFamSchulSport Drs 15/2462 Antrag der CDU Drs 15/2395

Dieser Antrag stand eigentlich auf unserer Dringlichkeitsliste, aber inzwischen hat man sich darauf geeinigt, diese Beschlussempfehlung auf die Tagesordnung unserer nächsten Sitzung am 19. Februar zu setzen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 24C:

Dringliche Beschlussempfehlung

Vizepräsident Dr. Stölzl

Vermögensgeschäft Nr. 21/2003 des Verzeichnisses über Vermögensgeschäfte

Beschlussempfehlung Haupt Drs 15/2479 Vorlage – zur Beschlussfassung – gemäß § 38 Abs. 1 GO Abghs

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Annahme des Vermögensgeschäftes. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Regierungsfraktionen sowie die Fraktionen von CDU und FDP. Die Gegenprobe! – Bündnis 90/Die Grünen. – Dann ist das mehrheitlich so beschlossen.

Wir kommen zu

lfd. Nr. 24D:

a) Dringliche Beschlussempfehlungen

Schnäppchenticket effektiver und sozialer

Beschlussempfehlungen BauWohnV und Haupt Drs 15/2480 Antrag der CDU Drs 15/2251

b) Dringliche Beschlussempfehlungen

Teilhabe sichern – Sozialkarte bei BVG und S-Bahn beibehalten

Beschlussempfehlungen BauWohnV und Haupt Drs 15/2481 Antrag der Grünen Drs 15/2275

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Die Fraktion der Grünen hat um Beratung gebeten. Dafür steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. – Die Fraktion der Grünen beginnt, und Herr Kollege Cramer hat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht zu dem „Schnäppchenticket“ reden, sondern zu unserem Antrag „keine Abschaffung der Sozialkarte“. Wir haben uns mit unserem Antrag dafür eingesetzt, dass die Sozialkarte erhalten bleibt.

Die Diskussion der letzten Tage zeigt, dass das Gespann Sarrazin-Strieder hierbei ein Chaos ohnegleichen angerichtet hat. Ich hätte mir gewünscht, der Senat hätte vorher nachgedacht und dann gehandelt und, vor allen Dingen, weitergedacht. Herr Sarrazin, das, was Sie angerichtet haben, ist für das Land teurer geworden, hat die Betroffenen verunsichert und führt dazu, dass Sie jetzt einen Salto rückwärts machen müssen. Das hätten Sie sich sparen können, wenn Sie unserem Antrag vom 24. November gefolgt wären.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Wansner (CDU)]

Als Sie auf die Idee kamen, diese 17 Millionen € zu streichen, haben sich einige verschämt die Augen gerieben und gedacht: Die FDP ist hier in Berlin doch gar nicht an der Regierung! – Aber die Partei der sozialen Kälte hat das nicht verantwortet, sondern das war RotRot.

[Frau Senftleben (FDP): Herr Cramer, Sie sind ja so komisch!]

Ich kann dazu nur sagen: Wer hätte gedacht, dass Rot-Rot im Fall der Sozialkarte die Partei der sozialen Kälte mit Abstand überrunden würde? – Herr Sarrazin, Herr Strieder, Frau Knake-Werner! Sie haben es geschafft, und das verurteilen wir auf das Schärfste.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Wansner (CDU) – Oh! von der PDS]

Wir haben darauf hingewiesen, dass die Betroffenen einen Anspruch auf Mobilität haben. Den muss das Land Berlin bezahlen. Jetzt ist es teurer geworden, als Sie es vorher hätten haben können. Die alte Regelung war gut, und deshalb wollen wir, dass sie wieder eingeführt wird. Alle Oppositionsfraktionen – nicht nur Bündnis 90/Die Grünen, sondern auch die FDP und die CDU – haben unserem Antrag zugestimmt. Dem sollten Sie folgen.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Wansner (CDU)]

Stattdessen legen Sie ein Placebo vor, in dem steht: Auch wir wollen die Sozialkarte, aber wir wollen die Kürzung nicht zurücknehmen. Sollen doch die Verkehrsbetriebe sehen, wie sie damit zurechtkommen. – Dazu kann ich aber nur sagen: Das rührt an einen elementaren Grundsatz unserer Gesellschaft, denn wir sind der Meinung, dass die sozial Schwachen unterstützt werden sollen, und zwar nicht nur von einem Teil der Gesellschaft, sondern von allen. – Wenn Sie sagen, das wird nicht mehr aus Steuern finanziert, sondern das sollen die Verkehrsbetriebe, BVG und S-Bahn, allein machen, dann übertragen Sie die solidarische Unterstützung nur einem Teil der Gesellschaft: Nur die BVG-Fahrgäste sind jetzt für den armen Teil der Gesellschaft verantwortlich, aber nicht mehr die Autofahrer. – Das passt in Ihre Ideologie, aber nicht zu den sozialen Prinzipien unserer Gesellschaft.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Wansner (CDU)]

Jetzt haben Sie die Rolle rückwärts gemacht. Sie führen das Sozialticket nicht neu ein, sondern weisen darauf hin, dass sich ab 2005 die Gesetze ändern. Sie wursteln sich so durch. Warum mobilisieren Sie nicht Ihre grauen Zellen und überlegen, wie man aus dieser schwierigen Situation eine bessere machen kann? Wir haben 270 000 Menschen in dieser Stadt, die Sozialhilfe empfangen. 80 000 haben die Sozialkarte für 20 € gekauft. Das heißt, zwei Drittel verzichten darauf. Ich sage: Sie müssen darauf verzichten, weil für sie 20 € noch zu teuer sind.

Würden Sie ein Sozialmodell wenigstens intellektuell in Angriff nehmen und alle 270 000 daran beteiligen –

Vizepräsident Dr. Stölzl

denn in dieser Stadt ist wohl jeder auf Bus und Bahn angewiesen –, könnten Sie bei demselben Effekt mit 6 € auskommen – bzw. mit dem Staatszuschuss wären es 12 €. Sie müssten dafür sorgen, dass die Mobilität für alle Sozialhilfeempfangenden gewährleistet ist. Damit könnten die Kosten insgesamt niedriger werden, wobei für die S-Bahn und die BVG eine Kostendeckung und für das Land Berlin ein Vorteil erreicht wird. Aber eine solche Regelung wollen Sie nicht angehen. Sie haben sie beim Semesterticket vorgeführt – mit sozialen Ausnahmen. Das ist möglich. Deshalb fordere ich Sie auf, in diese Richtung zu denken.

[Beifall bei den Grünen]

Die Krönung ist aber, dass Herr Wolf beauftragt wurde, mit der BVG darüber zu verhandeln – als wüsste man nicht, dass in dieser Stadt auch die S-Bahn existiert.

[Beifall des Abg. von Lüdeke (FDP)]

Die S-Bahn muss auch zustimmen, denn Sie wollen doch sicherlich nicht ein Sozialticket haben, das für Bus, SBahn und U-Bahn, aber nicht für S-Bahn und Regionalbahn gilt. Mir ist unverständlich, wie Sie einen solchen Fehler machen konnten. Nach dem Chaos, das Sie angerichtet haben, auch hier Dilettantismus pur! Das verurteilen wir auf das Schärfste.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Ich fordere Sie auf, die Schlappe zuzugeben, das alte Sozialticket wieder einzuführen, dafür die 17 Millionen € bereitzustellen und dann erst mit allen Verkehrsbetrieben zu verhandeln, ob man zu einer neuen Regelung kommen kann, die sowohl für die Beteiligten, für die Verkehrsunternehmen und für das Land Berlin von Vorteil ist. Aber bitte erst denken und dann handeln!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das Wort hat nun Kollege Gaebler. – Bitte schön!

[Wansner (CDU): Jetzt kommt der große Befreiungsschlag!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Cramer! Ich nehme Ihren letzten Satz gern auf: Erst denken, dann handeln! – Wären Sie nicht mit 62 anderen Abgeordneten zum Verfassungsgericht gelaufen, um diese denkwürdige Klage einzureichen,

[Beifall bei der SPD und der PDS – Oh! von den Grünen – Mutlu (Grüne): Peinlich!]

würden wir uns an einigen Stellen wesentlich leichter tun, das, was wir gerne hätten, auch tatsächlich umzusetzen.

[Zurufe von der CDU und den Grünen – Abg. Cramer (Grüne) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Nein, Herr Cramer, ich kenne Ihre Fragen aus dem Ausschuss. Ich beantworte sie jetzt nicht.