Diesen Text lege ich weg, nach den drei Reden der Dame und der Herren Oppositionsführer oder -vertreter, weil das gegen den Wind gesprochen wäre, nach dem, was ich jetzt gehört habe.
Ich sage noch einmal das, was man offenbar nicht oft genug sagen kann und was Sie, wie mir scheint, schon wieder vergessen haben, als Sie hier gesprochen haben. Berlin ist einer extremen Haushaltsnotlage, Punkt, Ausrufezeichen,
Deshalb haben wir in Karlsruhe geklagt. Chancen, dort zu gewinnen, haben wir nur, wenn wir das tun, was wir selbst tun können, anderenfalls werden wir verlieren. Das zeigen Äußerungen des Bundes und der elf Bundesländer. Was können uns müssen wir selbst tun? – Die Ausgangslage ändern, und die Ausgangslage ist wie folgt: Wir nehmen pro Einwohner an öffentlichen Einnahmen, Steuern, Abgaben usw., und Zuweisungen um 25 Prozent mehr ein als der Bundesdurchschnitt. Wir sind einnahmereich. Weshalb wir hoch verschuldet sind, ist, weil wir auch ausgabereich sind. Wir nehmen mehr 25 Prozent mehr als andere ein und geben 45 Prozent mehr als andere aus. Damit muss man sich geistig auseinander setzen. Das haben Sie alle drei sorgfältigst vermieden, denn das könnte ja unangenehm sein.
Weil wir dieses über zehn Jahre getan haben, haben wir 51 Milliarden € Schulden angehäuft – alle gemeinsam. 51 Milliarden € Schulden!
Wir haben nur Chancen, dass uns der Bund und die übrigen Bundesländer davon einen Teil abnehmen, wenn wir zeigen, dass wir künftig mit unseren eigenen Einnahmen auskommen. Das heißt, dass die Ausgaben des Landes mittelfristig um 20 % sinken müssen. Punkt! Wenn wir dies nicht schaffen, bekommen wir auch keine Schuldenhilfe. Dazu hätte ich gern von Ihnen etwas gehört. Das haben Sie vollständig vermieden, weil Sie das Thema nicht interessiert oder weil Sie sich vielleicht dabei nicht Feinde machen wollten.
Ich gehe einmal die einzelnen Herren und Damen durch: Dem Abgeordneten Zimmer kann ich nur empfehlen, dass er das Urteil einmal sorgfältig durchliest, sich unseren Haushalt durchliest und sich dann zum Nachdenken zwei bis drei Stunden einschließt. Dann sollte er sich überlegen, was die bessere Oppositionstaktik ist, nämlich inhaltlich nachzudenken und inhaltlich mitzureden, meinetwegen auch abweichende Positionen zu haben. Ich bin schon bald versucht, Ihnen Ihre Oppositionsreden zu schreiben, Herr Zimmer, weil mir viel mehr einfällt, was man besser machen könnte, als Ihnen offenbar einfällt.
Also, mit Verlaub, das war dünn. Das sage ich Ihnen deshalb, weil Sie es besser könnten. Ich nehme also an, dass Sie nicht wollen, weil Sie sich dann mit Leuten anlegen müssen – vielleicht auch mit eigenen. Das haben Sie vermieden. Das ist billig, Das wird aber auch langfristig nicht zum Erfolg führen.
Dann zu Herrn Lindner: Herr Lindner! Das, was Sie gesagt haben, war wie fast immer unterhaltsam. Es hatte jedoch zu 98 % nichts mit dem Thema zu tun,
Dann komme ich zu Ihnen, Frau Klotz: Sie haben zwei ausgezeichnete Haushaltsexperten in Ihrer Fraktion.
und sich inhaltlich an das angeschlossen, was wir gestern gar nicht so unvernünftig im Hauptausschuss diskutiert haben. Hätten Sie auch nur meine Folien richtig verstanden, wären wir ein Stück weiter.
Jetzt habe ich einmal ehrlich gesagt, was ich zu Ihren drei Reden meine. Das ist vielleicht etwas unpolitisch, und das sage ich als jemand, der sich Tag für Tag bemüht, irgendwo das Richtige zu tun – wissend, dass das, was man richtig macht, auch immer zu 30 % falsch ist.
Das war der Teil 1 meiner Rede – der war ungeplant. Das, was ich eigentlich sagen wollte, fasse ich jetzt kürzer,
Das Gericht hat gesagt, das Land könne sich selbstverständlich auf die Existenz der Störung eines gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts berufen. Das war auch beim Haushalt 2002/2003 nicht falsch. Das wurde zu Recht bereits eben in den unterschiedlichen Beiträgen ausgeführt. Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt: Es hat auch gesagt, der Einzelbezug sei unzureichend gewesen. Das nehme ich jetzt mal so hin. Das haben wir dann vielleicht falsch gemacht.
Nun ist aber auch Folgendes klar – und das leitet zum nächsten Punkt über, der extremen Haushaltsnotlage: Nach den vom Gericht aufgestellten scharfen Maßstäben, wie wir Mehrausgaben aus Gründen der Verfehlung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts begründen sollten, ist es unmöglich, bei uns im Lande 4 oder 5 Milliarden € Neuverschuldung zu begründen.
Wie sieht das denn aus? – Zunächst wird ein Teil unserer Investitionen mit Zuschüssen finanziert. An Nettoinvestitionen haben wir im Jahr vielleicht 1,3 bis 1,5 Milliarden €. Der gesamte Unterschiedsbetrag – und für den Doppelhaushalt wären das dann insgesamt 6 bis 7 Milliarden € – wäre zu begründen mit Maßnahmen, die geeignet und auch nur für diesen Zweck eingestellt worden sind, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht wiederherzustellen. Dies ist im Haushalt nicht darstellbar. Wir können nach diesen engen Maßstäben des Gerichts – also die Ausgaben müssen dazu final bestimmt, dafür geeignet und extra deshalb in den Haushalt aufgenommen sein – vielleicht eine Überschreitung der Kreditobergrenze um 800 Millionen bis 1 Milliarde € maximal pro Jahr begründen. Das Übrige kann so nicht begründet werden.
Weshalb kann das so nicht begründet werden? – Es kann so nicht begründet werden, weil das Unverhältnis zwischen Ausgaben und Einnahmen im Lande – großenteils ausgelöst durch unser Übermaß an Schulden – letztlich die extreme Notlage begründet. Das heißt: weil wir eben von diesen Ausgaben im Augenblick so nicht herunterkommen.
Nun sagt das Gericht – und das ist wohl der Punkt, in dem wir alle hier übereinstimmen: In diesem Fall kann ein Land – wenn es sich also in dieser extremen Notlage befindet und noch nicht die Hilfen vom Bund bekommen hat, auf die es Anspruch hätte – übergangsweise Mehrausgaben tätigen, welche es schuldenfinanziert – über die Kreditobergrenze hinaus. Allerdings ergibt sich dann das Folgende ganz logisch: Da die Ausgabenseite des Haushalts die eine Sache ist und wir nicht bestimmte Ausgaben einer bestimmten Kreditaufnahme zuordnen können, gilt auf der anderen Seite, dass in diesem Falle alle Ausgaben des Landes ausnahmslos den Maßstäben für zulässige Ausgaben in einer extremen Notlage genügen müssen.
Was sind diese Maßstäbe? – Es sind bundesrechtliche oder -gesetzliche Vorgaben und die Beachtung der Landesverfassung. Das sind die beiden Maßstäbe. Damit sind wir jetzt allein, und danach ist der Haushalt aufzustellen.
Ich möchte noch etwas zu diesen beiden Maßstäben sagen: Bundesrechtliche Vorgaben sind nicht nur bundesrechtliche Leistungsgesetze, sondern das ist die Beachtung des gesamten Bundesrechts, also z. B. auch des Zivilrechts. Herr Zimmer – wenn er vielleicht einmal zuhört –
hatte die Hoffnung oder Vermutung, wir könnten, gedeckt durch das Verfassungsgerichtsurteil, z. B. Verträge brechen oder Ähnliches tun. Das können wir selbstverständlich nicht. Das Bundesrecht umfasst die Beachtung des gesamten bürgerlichen Rechts, das selbstverständlich auch für das Land Berlin verbindlich ist. Das heißt, wir
müssen selbstverständlich einmal eingegangene Rechtsverpflichtungen und Verträge beachten. Wir können nicht z. B. Lebenszeitbeamten kündigen, weil wir nicht mehr das Geld haben, sie zu bezahlen. Wir können nicht aus der Wohnungsbauförderung aussteigen, weil sie uns jetzt nicht mehr gefällt und die Wohnungen bereits gebaut sind. Wir müssen das alles zu Ende bedienen.
[Schruoffeneger (Grüne): Warum wir die Fonds der Bank dauerhaft absichern müssen, ist aber noch die Frage!]
Nun hat der Senat nach dem Urteil Folgendes getan: Er hat noch einmal den gesamten Haushalt unter diesen Maßstäben überprüft und der durch das Urteil ausgelösten Darlegungslast genügt, indem er noch einmal kapitelweise für den gesamten Haushalt dargelegt hat, weshalb die Ausgaben, die noch im Haushalt sind, aus dem einen oder anderen Grund in die eine oder andere Kategorie fallen. Dabei haben wir nochmals gewisse Einsparreserven gehoben, die unter keine dieser beiden Kategorien fielen. Dies war im Endergebnis im Verhältnis zum gesamten Haushaltsumfang von 21 Milliarden € ein bescheidenes Ergebnis: 68 Millionen € in diesem Jahr, im Endjahr 2007 261 Millionen €, gut 1 % des Haushalts. Weshalb ist das Ergebnis so bescheiden? – Nicht, weil der Senat sich nicht nochmals bemüht und alle Positionen im Einzelnen geprüft hätte, sondern weil wir mit dem Doppelhaushalt 2004/2005, mit dem Entwurf und der darauf aufbauenden Finanzplanung bereits einen wesentlichen Teil dieser Aufgabe geleistet haben. Denn natürlich, das war ja das Ziel: Wenn wir die Ausgaben mittelfristig um 20 % absenken müssen, mussten wir genau diese Maßstäbe anlegen, die das Gericht nachträglich aufgegeben hat. Das haben wir verantwortungsbewusst getan. Deshalb konnte sich an den einzelnen Ansätzen nicht mehr sehr viel ändern. Wir haben es mit einer strategischen Zielsetzung getan, weil, anders als es einige Redner vermuten, im Senat sehr wohl intensiv über die Themen Schulen, Soziales, Kindergärten, Universitäten diskutiert wird und ich mich mit meinen Überlegungen – die keineswegs überall Kahlschlag, sondern nur einen gewissen bedingten Kahlschlag vorsehen, Herr Kollege Böger – nicht voll durchgesetzt habe. Am Ende ist das, was sich ergab, das Ergebnis einer intensiven, unter großen Anstrengungen erarbeiteten politischen, sachlichen und finanziellen Abwägung. Es ist ein verantwortungsbewusstes Ergebnis. Das haben wir in einigen Punkten jetzt nachgesteuert.
Nun scheinen einige von der Opposition die Hoffnung gehabt zu haben, dass wir an der Umsetzung der Vorgaben dieses Urteils scheitern würden. Ich gebe zu, als wir den Prozess Anfang November begannen, hatte ich selbst Bedenken, wie dies funktionieren würde. Es hat sich aber gezeigt, dass wir erstens bereits weitgehend an die Grenzen dessen, was unmittelbar umsetzbar ist, gegangen waren. Es hat sich zweitens gezeigt, dass die Abwägungen, die wir im Zuge der Haushaltsaufstellung im Sommer vorgenommen hatten, auch jetzt weitgehend Bestand hatten. Und es hat sich drittens gezeigt, dass das Urteil bei all seiner Deutlichkeit immer noch den Raum für objektiv bedingte Unschärfen lässt, die nur durch politische Ent