Als Zweites haben wir ein Gemeindefinanzreformmodell gebracht, die Abschaffung der Gewerbesteuer, dafür eigene Hebesätze der Gemeinden auf Einkommensteuer und auf Körperschaftssteuer. Nachdem Sie vorher abgesenkt haben, ist das für Berlin eine sinnvolle Maßnahme, weil dann auch endlich einmal dieses Gefälle zum Speckgürtel wegfallen würde. Deshalb haben wir auch im Abgeordnetenhaus einen entsprechenden Antrag eingebracht, den Sie aber nicht diskutieren wollten.
Wissen Sie, in den Steuerdebatten ist das so: Da machen Sie dann manchmal so einen seltsamen Schaufensterantrag wie Vermögensteuer einführen oder Gewerbesteuer für jedermann, die Sie dann aber gar nicht im Hauptausschuss diskutieren. Der Hauptausschuss ist bei Ihnen für ganz andere Sachen da.
Da reden wir über Lackiererei oder Mäusekino und Ähnliches, aber über Steuern reden Sie nicht. Da machen Sie Schaufensteranträge, die Sie sofort abstimmen lassen.
Drittens setzt die FDP-Fraktion auf konsequenten Subventionsabbau, Privatisierungen, Personalabbau im öffentlichen Dienst, geringere öffentliche Leistungen, gerechten Umbau der Sozialsysteme und selbstverständlich auch Wettbewerb bei Unternehmen, die dann in privater Hand sind, im Bereich der Daseinsvorsorge. Auch dies wird zu Kostensenkung führen, das haben wir alle beim Telefonieren oder Fliegen gesehen. Wettbewerb schafft geringere Preise.
Sie halten dagegen an Ihren Staatsmonopolen fest wie der BVG und der BSR. Das haben wir alles erlebt. Sie wollen, dass es dabei bleibt. Sie wollen zusätzliche Steuern und Abgaben. Steuerreform und Kostensenkung ist das liberale Gegengift für Ihre unendliche und maßlose Steuerabzocke. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die PDS erhält das Wort der Herr Kollege Krüger. – Bitte schön!
Jemand, der wie Sie keine Gelegenheit auslässt, auf die Anwesenheitspflichten der Mitglieder der Landesregierung zu verweisen, und der dies, wie ich finde, durchaus im Namen des ganzen Hauses energisch einfordert, der sollte sich ein Verhalten, wie Sie es heute nach Ihrer Verspätung an den Tag gelegt haben, nicht gestatten.
Wie nicht anders zu erwarten war, hat das Urteil des Verfassungsgerichts zum Haushalt 2002/03 den parteipolitischen Streit in diesem Haus nicht entschärft, sondern verschärft. Einige tun nichts anderes – die einen mehr, die anderen weniger –, als sich aus dem Urteil herauszugreifen, was ihnen wertvoll erscheint. Das ist menschlich, allzu menschlich, politisch jedoch ist es fatal und ohne jede Verantwortung für das Ganze. Wir haben erst gestern gehört, dass die Fraktionsvorsitzenden der Oppositionsparteien hinter verschlossenen Türen schon an einer neuen Klage basteln,
ohne dass sie sich mit den Tausenden Seiten Einzelbegründungen, die jetzt im Rahmen der Beratungen dem Parlament zur Beurteilung vorliegen, überhaupt seriös befasst haben.
Jeder soll wissen, dass die CDU-Fraktion bereits vor Beginn der offiziellen Beratungen alles getan hat, um sie in die Länge zu ziehen und um mindestens mehr als einen Monat zu verzögern. Sie wissen, wie wenig uns Ihr parteipolitisches Intrigantentum beeindruckt. Ich konfrontiere Sie hier lediglich mit den Folgen einer weiteren Verzögerung: Das Ganztagsschulprogramm kann nicht begonnen werden, mehr als Tausend Neueinstellungen, die RotRot finanzieren will, können nicht erfolgen, die 5 Millionen € für den neuen Campus der FHTW können nicht freigegeben werden. Ich fordere Sie auf: Tun Sie Ihre Pflicht und geben Sie Ihre Verzögerungspolitik auf! – Ich erwarte im Übrigen, dass die Parlamentsferien ausfallen, damit wir die Arbeit am Haushalt zügig abschließen können.
Das Land Berlin steht im Haushaltsnotstand und kann nicht anders, als für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben vor allem in den Kernbereichen Bildung, Wissenschaft, Polizei und Justiz, Jugend und Kultur mehr Kredite aufzunehmen, als es die Verfassung allgemein erlaubt – und wie es im Übrigen auch die anderen Bundesländer tun. Die Überschreitung dieser Kreditobergrenzen war der Hauptanlass der Klage der Opposition, in deren Reihen sich jetzt viele erstaunt darüber geben, dass aus dem Urteil eine Bestätigung einer Politik der strikten Ausgabebegrenzung folgt.
Wie hat der Senat dem Urteil Rechnung getragen? – Mit den Ergänzungen zum Doppelhaushalt sind weitere Ausgabensenkungen in Höhe von 200 Millionen € und Einnahmenerhöhungen von 250 Millionen € etatisiert worden. Im Zentrum einer politischen Bewertung der Folgen des Landesverfassungsgerichtsurteils für die Berliner Haushaltspolitik – und das betrifft alle Parteien und das, was sie für wünschenswert halten – steht das, was das Landesverfassungsgericht in einer Stadt wie Berlin für möglich und verfassungskonform hält. Dazu zählt auch – ich erlaube mir, nachdem meine hochgeschätzten Vorredner vermutlich aus Zeitgründen nicht darauf eingegangen sind, darauf zurückzukommen –, dass das Landesverfassungsgericht das Land Berlin dazu verurteilt hat, alle Möglichkeiten der Ausgabenbegrenzung und der Einnahmenerhöhung zu nutzen, um für einen Übergangszeitraum – also bis zur Behebung der Haushaltsnotlage – die Überschreitung der Kreditobergrenzen in Anspruch nehmen zu können. Das Land Berlin wurde zudem dazu verurteilt, Kollege Zimmer, ein langfristiges Sanierungsprogramm – oder wie der geschätzte Herr Senator gestern im Hauptausschuss sagte „Eigenanstrengungsprogramm“ – aufzulegen. Es ist sehr bezeichnend, Kollege Lindner und Kollege Zimmer, dass Sie mit keinem Wort auf die beschlossenen Maßnahmen dieses Programms, das immerhin einen Gegenwert von fast 2 Milliarden € von Ausgabenkürzungen, schmerzhaften Kürzungen beinhaltet– auch im Kitabereich, worüber Sie schon wieder Krokodilstränen vergossen haben – eingegangen sind. Ich weiß auch, weshalb Sie das nicht tun: weil dann Ihre Politik der Befriedigung und der Beruhigung der verschiedenen Klientele in der Stadt nicht mehr aufgehen würde. Der Abschied von der alten Berliner Klientelpolitik ist aber Geschäftsgrundlage haushaltspolitischen Handelns.
Ich denke, dass dieser Abschied von der Berliner Klientelpolitik auch etwas ist, was diese Koalition von SPD und PDS genauso eint wie die Anstrengung zur Wahrung der sozialen Balance in dieser Stadt im Notstand.
Die Berliner Eigenanstrengungen unterliegen nicht nur der Bewertung durch die Opposition, die hier allzu billig Krokodilstränen vergießt. Die gefrorene Krokodilsträne im Knopfloch
scheint das Markenzeichen der Opposition zu sein. Die Eigenanstrengungen unterliegen auch der Beurteilung der anderen Bundesländer. Mich verwundert der Vorstoß von elf Bundsländern gegen die Berliner Haushaltsnotlageklage nicht. Als ich mich kürzlich mit einem Kollegen aus Sachsen-Anhalt unterhielt, sagte dieser, die Berliner Ausstattungsstandards im Kitabereich hätte er genauso gern in Sachsen-Anhalt wie die sozial gestaffelten Kitagebühren. – Die gibt es nämlich nicht in dem CDU-regierten Bundesland. – Es sei den Menschen sehr schwer vermittelbar, dass jetzt auch noch für die Berliner Altschulden gespart
werden solle. – Deshalb sollten wir diesen Vorstoß der anderen Bundesländer sehr ernst nehmen, weil er nicht aus Bösartigkeit erfolgt, sondern weil die anderen Bundesländer keinen Cent zu verschenken haben. Um so mehr ist es notwendig, klarzumachen, dass diese Stadt und, wie ich finde, auch diese Regierung, bis an die Grenze des Zumutbaren geht, aber auch den Gestaltungsspielraum wahrt, wie beim Landespflegegeldgesetz, das es so in keinem anderen Bundsland gibt, wie bei den Ausstattungsstandards im Sozialhilfebereich. Dazu meinen nämlich andere Bundesländer, dort könne noch mehr getan werden. Ich finde aber, in einer Stadt mit 300 000 Menschen, die arm sind, gibt es unabweisbare Grenzen des Sparens. Wir, die PDS-Fraktion, sind an dieser Stelle sehr stolz auf unsere Sozialsenatorin, die viele Zumutungen für diese Gruppe abgewehrt hat.
Wie stehen Sie denn zu der Forderung, die unter anderem an Frau Knake-Werner gerichtet worden ist, die Regelsätze für die Sozialhilfeempfänger in Berlin auf ostdeutsches Niveau abzusenken?
Es ist gut, dass das mit Frau Knake-Werner nicht zu machen war. Sie haben keine Senatoren, denen Sie zur Seite stehen können, ich verstehe das.
[Gram (CDU): Noch nicht! Kommt noch! – Schruoffeneger (Grüne): So billig würden wir es auch nicht machen!]
Die Grünen haben etwas verschämt – es war noch nichts von Ihnen zu hören – einen Vorschlag unterbreitet, die Einnahmen zu erhöhen
diese neue Steuer werden Sie uns sicherlich erläutern. Unsere verehrten sozialdemokratischen Kollegen haben uns schon gesagt, sie hätten keine Lust, über diesen Schaufensterantrag vertiefend in den Ausschüssen zu debattieren. Ich kann sie sehr gut verstehen.
Sie haben noch nicht einmal einen Antrag? Sie machen hier dicke Backen, wie Sie die Stadt retten können, und Sie haben noch nicht einmal einen Antrag?
Nein, tue ich nicht! – Ich kann beim Thema Einnahmeerhöhungen gar nicht verstehen, warum Sie sich in der FDP so über die Tourismusabgabe aufre
gen. Große internationale Hauptstädte haben solche Einnahmeformen. Aber Ihre Weltläufigkeit, Herr Kollege Lindner, war schon immer zu dick aufgetragen.