Protocol of the Session on November 27, 2003

[Beifall bei der PDS und der SPD]

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Danke schön, Herr Kollege Hoff! – Nun hat für die FDP-Fraktion Herr Dr. Lindner das Wort!

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Herr Senator Sarrazin! Wir befinden uns in einer Art Wettstreit der Hamburg-Vergleiche. Auch wenn wir über Landesbeteiligungen reden, lohnt sich ein kleiner Blick nach Hamburg und ein Vergleich zwischen Berlin und Hamburg. Hamburg hält gerade einmal Unternehmen, die insgesamt 2 850 Personen beschäftigen. Die Beteiligungen des Landes Berlin umfassen insgesamt einen Personalbestand von 39 000 Personen. Schon daran können wir sehen, welch gewaltige Unterschiede in diesem Bereich bestehen. Es ist allerhöchste Zeit, sich die Berliner Beteiligungen zu betrachten, ihr Treiben anzuschauen und zu überlegen, ob sie in staatlicher Hand bleiben müssen.

Die ganzen Zahlen hat Herr Kaczmarek schon in seiner Begründung der Aktualität genannt. Ich erspare uns eine Wiederholung. Diese Übersicht ist ein gewaltiges Werk, das schon fast die Dimension eines Telefonbuchs hat. In der Regel – das ist richtig – sind es eher Verlustbringer. Deswegen fällt es nicht immer leicht, von Vermögensaktivierungen zu reden. Dazu komme ich später noch einmal.

Man ist sich in Ihren Kreisen nicht wirklich einig, was man eigentlich mit den Beteiligungen tun will. Sie selbst schlagen vor, man solle das über eine Beteiligungs-GmbH steuern, statt zu verkaufen. Herr Senator, wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Sie eher der Auffassung, es reiche, wenn die Verwaltung kontrolliere. Wenn man sich anschaut, wie Sie einzelne Privatisierungsverfahren geführt haben, dann stellt man fest, dass Sie manchmal angefangen haben, aber es nie zum Ende im Sinne einer Veräußerung gebracht haben. KPM ist ein neues Beispiel dafür. Wir lesen in der Zeitung, dass einzelne Investoren gar nicht in der Lage waren, ihre Konzepte vorzutragen. Es spielt sich immer dasselbe undurchsichtige Theater ab.

Die zweite Möglichkeit ist die Subjektförderung. Die FDP hat in den 70er Jahren als einzige Partei gesagt, dass man den Leuten, die sich auf dem freien Markt nichts oder zu wenig leisten können, eine individuelle Förderung geben soll, solange sie in der Notlage sind. Das ist ein wesentlich flexibleres Steuerungsinstrument, und die Menschen können in ganz normalen Wohnungen leben. Dafür haben wir uns in den 70er Jahren eingesetzt. Das ist nach wie vor sinnvoll.

Das sind Steuerungsinstrumente, mit denen man im freien Wohnungsmarkt Unterbringungsmöglichkeiten sicherstellen kann. Zudem werden sie durch das Bürgerliche Gesetzbuch geschützt. Es braucht keine staatliche Wohnungsbaugesellschaften, um die Leute menschenwürdig unterzubringen. Alles andere ist pure Ideologie.

Wozu diese Wohnungsbaugesellschaften dienen, das wissen wir. Letztlich dienen sie dazu, Ihre altgedienten Parteimenschen unterzubringen. Es geht nicht um eine menschenwürdige Unterbringung von Bürgern, sondern um eine altersfreundliche Unterbringung ehemaliger Parteibonzen der großen Volksparteien in Berlin. Das ist der eigentliche Zweck der Wohnungsbaugesellschaften.

Ich greife ein Beispiel heraus, weil es wahrscheinlich bald wieder aktuell wird, und zwar die GSW: Die sollte verkauft werden. Der Finanzsenator hat nach einem Ausschreibungsverfahren einen Investor gefunden, der immerhin bereit war, 215 Millionen € auf den Tisch zu legen. In der Debatte wurde von Ihnen immer wieder verschwiegen, dass gleichzeitig auch noch Schulden in Höhe von 1,8 Milliarden € übernommen werden sollten.

[Buchholz (SPD): Das stand in der Zeitung!]

Natürlich! Aber Sie haben es in der Debatte verschwiegen. Sie haben sich hier hingestellt und gefragt: Wollen Sie das etwa für diesen Dirnenlohn verscherbeln?

[Allgemeine Heiterkeit]

Tatsächlich ging es aber gar nicht um den eigentlichen Kaufpreis, sondern darum, dass der andere Senator, der immer seine Finger mit im Spiel hat, Herr Senator Strieder, keine Lust auf den Verkauf der Wohnungsbaugesellschaften hatte. Er hat einen kleinen Privatmachtkampf mit dem Finanzsenator ausgefochten.

[Klemm (PDS): Das ist doch Quatsch!]

Das war die Geschichte, die hinter dem Ende des Verkaufs stand.

[Beifall bei der FDP]

Das letzte Mal hat Herr Strieder zu uns herübergerufen: Wenn es nach Euch ginge, würden die Leute auf Campingplätzen vor sich hin vegetieren, weil es keine staatlichen Wohnungsbaugesellschaften mehr geben würde. – Das steht letztlich bei Ihnen hinter solchen Überlegungen. Da kommt die alte rote Ideologie durch und sonst gar nichts. Dann finden Sie irgendwelche fadenscheinigen Gründe, warum Sie das eine oder andere Unternehmen nicht verkaufen können. Das ist alles Quatsch. Der Staat braucht das nicht zu halten. Die Menschen werden trotzdem nicht auf Campingplätzen leben.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Es gibt im Wohnungsbau zwei Möglichkeiten, nämlich einerseits die Objektförderung, bei der man privat initiierten Wohnungsbau fördert, damit der Wohnraum zu günstigen Preisen zur Verfügung gestellt werden kann. Das ist der schlechte Weg.

[Heiterkeit bei der PDS]

Da brauchen Sie gar nicht lachen, mein lieber Freund. Da waren Sie noch gar nicht auf der Welt. Die FDP hat sich aber bereits in den 70er Jahren als einzige Fraktion gegen die Objektförderung gestellt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Zackenfels?

Nein, generell nicht. – Herr Zackenfels, Sie müssen endlich in Ihrer Fraktion Druck machen, dass wir eine Neuordnung der Geschäftsordnung erhalten, wo das nicht mehr zu Lasten der Redezeit geht. Dann werde ich Fragen auch beantworten. Aber dabei

sind Sie auch nicht schnell. Das ist wie bei der Veräußerung von Landesvermögen. Da verzögern Sie auch.

[Beifall bei der FDP]

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD]

[Beifall bei der FDP – Klemm (PDS): War das bei Herrn Bangemann anders?]

Wir haben heute in der Fragestunde erlebt, wie der Regierende Bürgermeister das Thema öffentlicher und privater Sektor betrachtet. Er hat dazu beim Thema Rundfunkgebühren nichts im Unklaren gelassen. – Er ist jetzt leider nicht da, aber vielleicht informiert man ihn. – Der Regierende Bürgermeister sagte, eine Gebührenerhöhung sei gerechtfertigt. Er hat dann noch zugerufen, es habe schon lange keine mehr gegeben. Wo kämen die armen Rundfunkanstalten, die diese Stunde übertragen, denn hin?

[Zackenfels (SPD): Wozu reden Sie denn?]

Dazu sage ich ganz klar: Zwischen 1996 und 2002 sind die Einnahmen aus Rundfunkgebühren von 4,7 Milliarden € auf 6,75 Milliarden € gestiegen.

[Zackenfels (SPD): Kommen Sie zum Thema!]

Es ist ein Anstieg von – inflationsbereinigt – 31 %. Im selben Zeitraum sind die Verbraucherkosten real um 9 % gestiegen.

[Zurufe von der PDS]

So viel zur Sachkenntnis des Regierenden Bürgermeisters! Das Einzige, was dahinter steht, ist wieder: Der

Da werden dann immer irgendwelche Beispiele in die Gegend gerührt wie Großbritannien. Wir können doch auch einmal ein paar Sachen besser machen als Großbritannien. Oder trauen Sie sich das nicht zu? – Ich glaube, Sie trauen sich das nicht zu. Ein gutes und effektives Verkaufsmanagement ist das beste Beteiligungsmanagement. Sie sitzen aber, wie Glucken auf Eiern, auf Ihren Landesbeteiligungen. Es wird nach wie vor nichts herauskommen. Deswegen fallen auch alle Prognosen äußerst mager aus. Es ist ein weiterer Teil, wo ein Mentalitätswechsel überhaupt nicht stattgefunden hat, sondern wo Sie ganz die alten staatstreuen Kerle geblieben sind. – Herzlichen Dank!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn von Wirtschafts- und Finanzpolitik die Rede ist, können Politiker vielleicht behaupten, Sie könnten krisenhafte Entwicklungen, vorzugsweise in der Weltwirtschaft, nicht verhindern. Sie können auch noch einigermaßen plausibel begründen, dass der Politik nur sehr begrenzte Mittel zur Verfügung stehen, die private Wirtschaft vor Ort in Schwung zu bringen. Aber für die katastrophalen Bilanzen öffentlicher Unternehmen, dafür, dass das Eigenkapital dieser Unternehmen verbraucht wurde, dass vom Tafelsilber vergangener Generationen nur noch Schrott übrig geblieben ist, dafür müssen jene Parteien die Verantwortung tragen, Herr Zackenfels, die Berlin seit der Wiedervereinigung regiert haben und – wie sich heute zeigt – grottenschlecht regiert haben.

öffentliche Sektor – das hat er gesagt – schafft Arbeitsplätze. Aber er denkt komischerweise nicht im selben Atemzug an die Arbeitsplätze, die durch private Medienanstalten, durch private Medienunternehmen gerade auf dem Fernsehmarkt entstehen und die übrigens abzuwandern drohen. Das sollte er sich bei dieser Gelegenheit wesentlich eher anschauen, als auch hier wieder dem Bürger einfach eine neue Gebührenerhöhung zuzumuten, während alle anderen im privaten Sektor sich verschlanken, Strukturen ändern, damit sie im Wettbewerb bestehen können.

[Zuruf des Abg. Zimmermann (SPD)]

Zum Thema Unterbringen und Management: Wir haben Ihnen anlässlich des Falles Bielka sehr klare Regelungen vorgestellt, wie man fortan verhindern kann, dass ehemalige Parteigrößen oder Größen der Verwaltung in die Geschäftsführung oder den Vorstand dieser Unternehmen wechseln. Da habe ich aber nichts von Ihnen gehört. Da möchten Sie sich lieber auf irgendwelche schwammigen Kodizes zurückziehen, die lange nicht klare Regelungen haben. Das ist alles, was Sie in diesem Bereich zu melden haben.

[Zuruf des Abg. Buchholz (SPD)]

Also, keine klaren Regelungen! Das ist auch ganz klar. Vor allem die SPD möchte weiterhin ein herrliches Paradies für ihre Senioren haben.

[Beifall bei der FDP]

Wir verlangen eine klare Veräußerungspolitik, die nach folgender Leitlinie zu geschehen hat: Unternehmen, bei denen nicht noch einmal ansatzweise eine staatliche Aufgabe mit dem Unternehmenszweck im Zusammenhang steht, müssen sofort, unverzüglich veräußert werden.

Unternehmen, deren Unternehmenszweck im Zusammenhang mit einer Daseinsvorsorgeaufgabe steht, bei denen – – Die müssen selbstverständlich auch verkauft werden.

[Ach! bei der SPD]

Da hat der Staat erstens die Steuerung über ein Vergabeverfahren zu übernehmen, und er hat zweitens – das wären dann übrigens staatliche Gesellschaften, die beim Land blieben – über Besitzgesellschaften eine Steuerung zu übernehmen. Typisches Beispiel BVG! Er würde weiterhin in einer staatlichen Besitzgesellschaft die Kontrolle über die Straßen und Gleise haben, und auf den Schienen selber wäre Wettbewerb. Das Ganze gilt bei Straßenreinigung und anderen auch.