Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Berliner Verfassungsgerichtshof hat ein Urteil gefällt, – das ist hier zu Recht festgestellt worden – das in seiner Reichweite kaum überbewertet werden kann. Jeder Gesetzgeber, egal ob in Berlin oder anderswo in dieser Republik, unterliegt ab sofort einem dramatisch verschärften Legitimationszwang, wenn Lasten der Gegenwart durch Kreditaufnahme in die Zukunft verschoben werden sollen. Das Berliner Verfassungsgericht hat Rechtsgeschichte geschrieben, und die Politik ist vor eine völlig neue qualitative Herausforderung gestellt worden. Nicht die Möglichkeit der Kreditaufnahme selbst wurde eingeschränkt, sondern der Zwang zur Darlegung auferlegt, welchem Zweck diese dient und warum sie unvermeidlich ist. Dies ist richtig und konsequent und unterstützt in vielfacher Hinsicht den politischen Neubeginn in diesem Land, dem Rot-Rot sich verpflichtet hat. Jeder Schritt, der das alte Berlin tiefer unter die Erde bringt und
die Notwendigkeit der Erneuerung dieses Landes bekräftigt, findet unseren Respekt und unsere politische Würdigung, und das gilt selbst dann, wenn unsere eigenen Anstrengungen berechtigterweise für unzureichend befunden worden sind.
Die rot-rote Landesregierung hat dem Haushaltsnotlageland Berlin ein drastisches Sanierungsprogramm verordnet. Keinem anderen Bundesland gelingt eine vergleichbare Absenkung seiner Ausgaben, wie wir dies in Berlin ermöglichen. Schmerzliche Einschnitte in gewohnte öffentliche Leistungen und in institutionalisierte Besitzstände sind für dieses Bundesland unvermeidlich. Seitdem diese Koalition regiert, führen wir eine entsprechende öffentliche Auseinandersetzung um diesen Konsolidierungskurs. Ein „Weiter so“ kann es für dieses Land nicht geben. Wir ziehen deshalb mit großer Entschlossenheit die notwendigen Konsequenzen aus der Tatsache, dass Berlin zwar Einnahmen hat, die um 25 % über dem Bundesdurchschnitt liegen, aber zugleich Ausgaben, die um 50 % das Niveau anderer Bundesländer überschreiten. Es ist auf Dauer untragbar, dass Berlin mehr als ein Viertel seiner laufenden Ausgaben durch Kredite finanziert. Wir müssen deshalb sicherstellen, dass Berlin mit den Einnahmen auf Dauer auskommt, die es hat, und die finanzpolitischen Altlasten bewältigt werden, die aus den Fehlern der Vergangenheit resultieren. An unserer Entschlossenheit hierzu lassen wir keinen Zweifel.
Wir senken deshalb die Berliner Ausgaben so zügig wie möglich auf das Niveau vergleichbarer Stadtstaaten ab und werden durch unsere Konsolidierungspolitik erreichen, dass Berlin am Ende dieser Legislaturperiode erstmals seine laufenden Ausgaben ohne Zinslasten selbst tragen und ohne zusätzliche Kreditaufnahme finanzieren kann.
Selbst einem Haushaltsnotlageland, das auf Hilfen von außen angewiesen ist, kann nicht zugemutet werden, jene Potentiale zu zerstören, die es für seine Gesundung braucht. Dies werden PDS und SPD auch nicht zulassen, sondern alle Kraft darauf verwenden, die Verfassungskonformität der Ausgabenbegründung in diesen zentralen Bereichen sicherzustellen.
Wer allerdings weiter reichende Einschnitte bei der Kitaausstattung, dem Kultur- und Wissenschaftsstandort oder den sozialen Leistungen für notwendig hält, als diese ohnehin schon vorgesehen sind, soll das sagen. Wir stellen uns mit großer Entschlossenheit und im Interesse der Berlinerinnen und Berliner diesen Argumenten von innen und außen, denn wir sind von der politischen und verfassungsrechtlichen Belastbarkeit unserer Sanierungsstrategie für dieses Land überzeugt.
Dem Doppelhaushalt 2004/2005 und der Klage Berlins vor dem Bundesverfassungsgericht sind sowohl die Konzeption eines umfangreichen Sanierungsprogramms als auch umfassende verfassungsrechtliche Abwägungen zu Grunde gelegt worden. Berlin muss insbesondere im Zusammenhang mit der Klage auf mindestens 35 Milliarden € Sanierungshilfen gegen den Bund und die anderen Länder eindeutig bestimmen, welche Einschränkungen ihm zuzumuten sind und welche nicht. Genau das ist auch geschehen. Der vorliegende Haushaltsentwurf für die beiden kommenden Jahre erfüllt deshalb in einem viel höheren Maße die Vorgaben des Berliner Verfassungsgerichts und stellt eine wesentlich bessere Begründungsgrundlage vor, als sie bisher bestand. Vor diesem Hintergrund sehen wir sehr wohl den umfassenden Überarbeitungsbedarf des vorliegenden Haushalts, nicht aber den Zwang zur Verschärfung unserer Sanierungsstrategie.
Wir sehen uns im Hinblick auf diese Anstrengungen durch das Urteil des Verfassungsgerichts gestärkt. Wer sich notwendigen Sanierungsschritten verweigert, wie dies die versammelte Opposition und Teile der Berliner Öffentlichkeit in allen Einzelfragen tun, egal ob es um Kitagebühren oder vertretbare Einschnitte für den Wissenschaftsstandort geht, hat nach diesem Urteil dramatisch an politischer Legitimation verloren. Die Sanierung dieser Stadt ist ab sofort mit der besonderen Autorität des Berliner Verfassungsgerichts verbunden, und wir begrüßen diese Unterstützung.
Vielfach wird in der Öffentlichkeit die Frage gestellt, ob das Urteil des Verfassungsgerichtshofs nun dazu zwingt, den Sanierungskurs, den Rot-Rot in Berlin verfolgt, zu verschärfen. Diese Frage ist folgerichtig und ihre schlüssige Beantwortung die zentrale Aufgabe der Berliner Politik in den nächsten Wochen. Das Berliner Verfassungsgericht zwingt uns bezogen auf den Doppelhaushalt 2004/2005 zu einer intensiven Prüfung unserer Ausgabenpolitik, und dieser Aufgabe werden wir sorgfältig nachkommen. Das Urteil stellt hierzu fest, dass ein Haushaltsnotlageland mit einem tiefgreifend gestörten wirtschaftlichen Gleichgewicht, wie Berlin dies uneingeschränkt ist, zwar die Kreditobergrenze überschreiten kann und muss und damit den verfassungsrechtlichen Normbereich ausdehnen darf, bis eigene Anstrengungen und Sanierungshilfen des Bundes und der anderen Länder die Finanzen gesunden lassen. Bis dahin allerdings kann es nur noch Ausgaben tätigen, die, so das Urteil, bundesgesetzlichen Vorgaben entsprechen oder landesverfassungsrechtlich zwingend sind. Damit wird ein massiver Druck auf zentrale Ausgabenbereiche ausgeübt, an dem in besonderem Maße die Zukunft dieser Stadt und die Interessen der Berlinerinnen und Berliner hängen. Wir reden hier nicht über die kleineren Unschärfen des Berliner Landeshaushalts, beispielsweise die Frage, ob es neue Polizeifahrzeuge oder Architekturgespräche geben muss, sondern über die Kitaausstattung Berlins, den Kultur- und Wissenschaftsstandort, die besonderen Anforderungen an die innere Sicherheit der Stadt und die Aufrechterhaltung eines leistungsfähigen Berliner Sozialstaats. Und wir reden über die Frage, in welchem Maße sich Berlin noch Investitionen in die Zukunft leisten kann. Es ist ein Trauerspiel, dass die Opposition sich erst jetzt bewusst zu werden scheint, welche Dammbrüche für all jene Bereiche möglich werden könnten, an denen existentielle In- teressen dieses Landes hängen und die Sie so gern zum Gegenstand Ihrer Sonntagsreden machen. Sie beklagen die Wassermassen, die all jene Politikbereiche zu überschwemmen drohen, an denen die Lebensfähigkeit und Qualität Berlins hängt, wenn es uns nicht gelingt, belastbare und verfassungskonforme Begründungszusammenänge für diese Ausgaben zu entwickeln. h
Die rot-rote Landesregierung konsolidiert diesen Landeshaushalt mit großer Entschlossenheit, aber wir stehen auch schützend vor jenen sensiblen Ausgabenbereichen, die von überragender Bedeutung für die Gegenwart und Zukunft dieser Stadt sind. Wir werden nicht zulassen,
dass der Wissenschaftsstandort oder die soziale Infrastruktur mit der Feststellung, dass diese nicht zwingend seien, eingeebnet und zum Steinbruch gemacht werden, um damit jene Ressourcen dieses Landes zu verschütten, aus denen allein die Zukunftsfähigkeit Berlins entstehen kann.
Die Opposition stellt mit den Misstrauensanträgen gegen den Regierenden Bürgermeister und den Finanzsenator die Machtfrage in diesem Land. Damit stellen Sie auch die Frage, ob Sie in diesem merkwürdigen grünschwarz-gelben Bündnis in der Lage sind, die finanzpolitischen Probleme dieses Landes zu bewältigen. Wir erleben hierzu seit Monaten, wie Sie sich jedem einzelnen Sanierungsschritt von Rot-Rot widersetzen und an die Stelle konkreter Antworten eine unselige Phrasendrescherei über Investitionen, Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze stellen. Wenn Ihnen unsere Sanierungsstrategie für dieses Land missfällt, wo ist denn dann Ihre? Welche Einschnitte wollen Sie den Berlinerinnen und Berlinern zumuten? An welche Bereiche wollen Sie heran?
Nein, Herr Strieder! Wissen Sie eigentlich, was Sie damit machen? Sie würdigen damit Berlins höchstes Gericht zu einem willenlosen Handlanger der Oppositionsparteien herab, was das Verfassungsgericht eindeutig, auch ausweislich des Urteils, nicht ist. Sie haben selbst auch auf Punkte hingewiesen, die völlig richtig sind: Wir wollten ein restriktiveres Urteil haben. Sie haben doch an
bestimmten Stellen auch Recht bekommen gegen uns. Wir haben gesagt: In globalisiertem Zustand ist es doch völliger Blödsinn, in einer kleinen Stadt Konjunkturpolitik machen zu wollen in einer kleinen Stadt! Von da her seien Sie nicht berechtigt, wirtschaftliches Gleichgewicht in Anspruch zu nehmen und das selbst auszurufen. – Da ist das Gericht Ihnen gefolgt. Das Land Berlin ist dazu berechtigt, das zu machen. – Wir haben gesagt, Ihre Argumentation, hier sei seit 10 Jahren Stagnation, sei kein Argument, das direkt auf die konjunkturelle Entwicklung bezogen sei, und ein Passepartout. – Da ist das Gericht Ihnen gefolgt und hat gesagt: Jawohl, auch die strukturelle Dauerkrise Berlins ist ein Grund, hier eine bestimmte Verschuldungspolitik zu machen, wenn man sie richtig setzt in der Verwendung der Mittel, und damit hat es sogar die Tür geöffnet, Standortpolitik in der Frage der Verschuldung unterzubringen. Das heißt, das Gericht war sehr großzügig und hat Ihnen – wenn man so will, auch uns – meiner Ansicht nach den roten Teppich ausgelegt, allerdings unter einschränkenden Bedingungen. Die sind hier diskutiert worden, Begründungszwänge, denen wir unterliegen, alle miteinander in diesem Zusammenhang, und uns an dieser Stelle dazu ermächtigt, Berlin aus der wirtschaftlichen und finanziellen Krise zu führen. Es hat aber gleichzeitig Begrenzungen angesprochen. Auch dieses, Herr Strieder, zu Ihren Äußerungen, die Opposition sei jetzt schuld an allem Ungemach, dass diese Meinung insofern eine Zumutung ist, auch an uns Parlamentarier, an uns alle, weil sie die andere Aussage enthält, wir hätten doch besser alle miteinander weiter eine verfassungswidrige Haushaltspolitik auf Kosten zukünftiger Generationen betreiben sollen. Und dazu sage ich Ihnen, Herr Strieder, ganz klar: Das ist das Letzte, was wir Grünen wollen, das ist bekannt, und es ist das Letzte, was wir jemals machen werden.
Wir stellen dieser Konzeptionslosigkeit der Opposition eine Sanierungsstrategie mit Entschlossenheit und Augenmaß entgegen, die sowohl den Ansprüchen des Verfassungsgerichtshofs als auch den grundlegenden Interessen der Berlinerinnen und Berliner entsprechen wird. – Ich danke Ihnen!
Danke schön! – Das Wort für die Fraktion der Grünen hat nunmehr Herr Abgeordneter Eßer. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde das erst einmal begrüßenswert, dass zumindest in einigen Reden von Seiten der Regierungskoalition – bei Herrn Liebich habe ich einiges gehört, bei Herrn Müller sehr vieles und das eine oder andere auch vom Regierenden Bürgermeister – eine Nachdenklichkeit eingetreten ist, die wir uns eigentlich schon die ganze Woche gewünscht hätten. Denn Ihre ersten Äußerungen zu dem Verfassungsgerichtsurteil waren völlig anderer Art. Ich will mich damit nachher durchaus ernsthaft auseinander setzen. Es gab dann aber gerade eben wieder eine Rede des Kollegen Gaebler, der sagte, er verstehe überhaupt nicht die Aufregung; er war wieder voll auf der Linie: Wir fühlen uns mit allem, was wir bisher gemacht haben, voll bestätigt. – Damit das jetzt einmal vielleicht endlich ein Ende hat, diese ganze Diskussion, wer ist hier in welcher Art und Weise bestätigt: Hier ist niemand, glaube ich, rundum bestätigt worden. Das Verfassungsgericht hat sich – wie es sich gehört – als ein autonomes, höchstes Gericht des Landes Berlin erwiesen und war niemandes Büttel, auch nicht der der Opposition.
Damit das einmal klar ist, sage ich dazu jetzt nur ein einziges Zitat. Der Kernsatz lautet für mich eindeutig:
Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Kreditbegrenzungsgebot lagen weder im Hinblick auf die Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts noch unter dem Gesichtspunkt einer extremen Haushaltsnotlage vor.
Das ist doch eine eindeutige Aussage. Manchmal sitzt man hier in der Debatte und fragt sich, wer hier verurteilt worden ist. Als gäbe es irgendwie gar keinen, dabei gab es einen Antragsteller und einen Antragsgegner, und wer hier zumindest im Kern Recht bekommen hat, ist klar. Am tollsten haben das Herr Wolf, Herr Strieder und Frau Knake-Werner getrieben mit der Behauptung, die Opposition sei schuld an all dem Ungemach, das jetzt über Berlin hereinbreche.
Ich will hier keine Haushaltsdebatte führen – von da her sage ich Ihnen nur, weil wir immer viele Vorschläge machen und geradezu berühmt für unsere Detailversessenheit sind: Von den Konstrukteuren der Bankgesellschaft, von den Erfindern der Entwicklungsgebiete und den Konstrukteuren dieses BWB-Verkaufs, den wir beim letzten Mal diskutiert haben, mit garantierter Rendite für die Investoren, von denen lassen wir uns keinen Nachhilfeunterricht in Fragen der Haushaltspolitik geben.
Meine Meinung dazu ist: Diese Sorte von Urteilskommentaren, die ein Teil bei Ihnen immer noch macht – ich dachte, der Regierende Bürgermeister gäbe vielleicht für alle eine andere Richtung vor – hat das Verfassungsgericht jedenfalls nicht verdient, und dann muss man es vor Ihnen in Schutz nehmen. Es hat sogar großen Mut bewiesen und verfassungsrechtliches Neuland betreten und setzt sich dabei möglicherweise sogar einer bundesweiten Urteilsschelte aus – das muss man eindeutig einmal sehen –, um uns, die wir nicht mehr handlungsfähig sind, in dieser extremen Haushaltsnotlage aus einer Klemme zu helfen.
Ich sage Ihnen auch etwas zu dem Satz: Ist man so gut beraten, zu Gericht zu gehen? – Ich weiß gar nicht genau, ich gucke mir nicht alle Protokolle an, wie oft ich hier
vorn gestanden habe in Ihrer Regierungszeit – dreimal, viermal, fünfmal? – und Ihnen gesagt habe: Wir werden Sie zur Erklärung der extremen Haushaltsnotlage per Prozess zwingen, wenn Sie sich nicht endlich bewegen. Das haben Sie nicht ernst genommen. Und nun müssen Sie die Folgen auch tragen und können sich nicht hier hinstellen: Der Eßer hat das fünfmal gesagt, und dann ist er zum Gericht gegangen, und das hätte er sich mal gut überlegen müssen. Ich habe fünfmal gesagt, das können wir auch hier im Parlament klären. Und Sie wollten das nicht; jahrelang wollten Sie das nicht. Insofern müssen sie die Folgen jetzt auch tragen, die Lage, in die Sie geraten sind.
Das heißt, mit diesem selbstherrlichen Stil, wie Herr Zimmer das genannt hat, und dieser Hemdsärmeligkeit – hier laufen wir, und die Grünen bellen da so ein bisschen, und die Karawane zieht weiter, wir diktieren die Bedingungen –, zu diesen Bedingungen wird es eine Verständigung nicht geben. Da kommen Sie möglicherweise aus dieser Situation, die Sie fürchten, dass weiter prozessiert wird, nicht heraus. Wir müssen uns einigen. Und da sage ich Ihnen, dem geht offenkundig eine Einigung im Senat voran. Wir können dieses Verfassungsgerichtsurteil – ich tue das nicht – auf der Lindner-Sarrazin-Linie interpretieren. Dann kenne ich die Melodie der nächsten ein bis zwei Jahre: Alles notwendig, in dieser Art, und wer dagegen irgendetwas sagt, gefährdet die Klage in Karlsruhe. Oder aber man kann es anders interpretieren, was ich bei Herrn Müller und bei Herrn Liebich herausgehört habe, und wofür ich mich persönlich sehr weit aus dem Fester gehängt habe. Ich sage Ihnen das noch einmal: Zu den bundesrechtlich festgelegten Vorgaben, die wir zu erfüllen haben, gehört für mich eindeutig Artikel 109 Abs. 2 des Grundgesetzes, wonach alle Glieder der bundesstaatlichen Gemeinschaft, auch Berlin, verpflichtet sind, bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen.
Wer bei der mündlichen Verhandlung gewesen ist – ich will das jetzt einmal in der Alltagssprache sagen und hoffe, dabei geht die Würde des Gerichts nicht unter und bleibt nicht auf der Strecke –, der weiß genau, dass dort eine sehr intensive und hoch spannende Erörterung der Berliner Finanz- und Wirtschaftskrise stattgefunden hat. Die Richter haben uns Antragstellern wie Antragsgegnern zu verstehen gegeben, dass die Begründung des Senats für seine übermäßige Verschuldung mit Verweis auf die Wirtschaftskrise das Papier nicht wert ist, auf dem sie steht. Die haben gesagt, das wisst ihr doch alle selber, da brauchen wir uns auch nicht lange aufzuhalten, wir werden im Urteil dafür die passenden äußerst deutlichen Worte finden. Und so ist es dann auch geschehen. Dann haben die Richter gesagt: Leute, seid doch mal ehrlich. In Wirklichkeit ist das doch sowieso eine vorgeschobene Begründung, mit der ihr kommt. In Wirklichkeit steckt ihr in einer extremen Haushaltsnotlage, das wissen alle hier im Saal. Und nun sitzt ihr Politiker hier und wisst alle miteinander nicht, wie man diese Wahnsinnsverschuldung mit der Verfassung vereinbaren soll. Und ihr könnt im Parlament auch gar keinen Weg aus eurer Klemme finden, denn der Wortlaut der Verfassung sieht die Lage, in der ihr steckt, nicht vor. Und dann hat das Gericht den Mut aufgebracht, diese Aufgabe auf sich zu nehmen, und einen völlig neuen Tatbestand geschaffen und in sein Urteil geschrieben:
Für ein Land in extremer Haushaltsnotlage kann eine Ausnahme vom Kreditbegrenzungsverbot verfassungsrechtlich zulässig sein.
Ich finde, das ist mutig, das war eine Hilfestellung für uns als Parlament. Und das verdient genau nicht diese Sorte von Kommentierungen, die es zum Teil immer noch hier im Saal gibt und massenweise unter der Woche in den Zeitungen von der Regierungsbank gegeben hat.
Das ist mit einer der Gründe, warum ich hier sage: Misstrauensantrag gegen den Regierenden Bürgermeister stellvertretend für die ganze Truppe, die so diskutiert.
Jetzt hat der Regierende Bürgermeister gesagt, weil manches da interpretationsfähig ist, und das ist nicht ganz falsch: Im Hinblick auf die Klage in Karlsruhe brauchen wir eine Verständigung. Das sehe ich auch so. Ich bin, wie alle Grünen in dieser Frage, bereit, zur Verständigung zu finden. Ich sage aber eines sehr deutlich: Zum Verständigen gehören immer mindestens zwei.
Die Verständigung wird also nicht stattfinden können zu Ihren Bedingungen und unter Ihrem Diktat. Sie werden sich entscheiden müssen.