Protocol of the Session on October 30, 2003

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind überzeugt davon, dass die BSR der Falsche ist, der geprügelt wird. Für all das, was wir hier besprechen, ist nach dem Gesetz der Senat verantwortlich. Der Senat hätte alles, was in diesem Fall der BSR zugeordnet ist, eigentlich selbst zu erledigen, mit seiner eigenen Manpower, auf eigene Kosten und mit eigener Verantwortung. Also ist die BSR nur sehr mittelbar befangen, sie ist in einem höchst merkwürdigen Verfahren beauftragt, genötigt worden, für den Senat zu handeln. Der Senat, namentlich Senator Strieder, können sich schön heraushalten. Das Praktische an der Geschichte ist, dass die gesamten teuren Gutachten, die in den vergangenen Jahren in den Sand gesetzt worden sind, zu Lasten der Gebührenzahler finanziert werden und nicht etwa aus dem Hause Strieder. Diesem Problem muss im Übrigen gebührenrechtlich noch nachgegangen werden, ich hoffe, dass sich der Sonderausschuss damit befasst.

Der Senat trägt die Verantwortung, aber es tragen auch noch andere die Verantwortung dafür, dass es mit den konkreten Ausschreibungen und dem Weg, auf dem sich derzeit die Abfallwirtschaft in Berlin befindet, nicht zum Besten steht. Es tragen auch die Grünen Verantwortung. In der kurzen Regierungszeit 2001 waren die Grünen mit dafür verantwortlich, dass ein aussichtsreicher Weg, den die große Koalition damals beschlossen hatte, verlassen worden ist. Es kam ins Geschäft die Methanolherstellung. Alles, was bis dahin auf den Weg gebracht worden war, wurde gekippt. Natürlich hat der große Koalitionspartner, die SPD, zugestimmt, sie trägt also Mitverantwortung.

Danach gab es Neuwahlen und anschließend wurde wieder alles gekippt. Es kam zum Stab 1-Konzept. – wenn ich mich recht erinnere, drei Gutachten, ein Obergutachten, alles in sechsstelliger Größenordnung bei den Kosten – und man hatte ein Ergebnis. Dieses Ergebnis passte offensichtlich nicht in das Konzept. Die Motivation für das Umwerfen dieses Ergebnisses ist mir bis heute nicht richtig klar geworden. Dieser Punkt muss ebenfalls noch herausgearbeitet werden. Nun sind wir zu dem gekommen, was jetzt in zwei Ausschreibungen fixiert ist, die von der BSR vorbereitet werden. Eines davon – übrigens auch problematisch – soll eine private public partnership begründen. Derjenige, der die Ausschreibung vornimmt und der vermutlich auch die Entscheidung trifft, ist gleichzeitig Partner in dieser private public partnership. Das ist aus meiner Sicht nicht unproblematisch, es sei denn, man hat inzwischen einen Weg gefunden, um das sauber auseinander zu halten. Ein bisschen Verantwortung liegt bei den Grünen, viel Verantwortung bei der Stadtentwicklungsverwaltung. Deswegen ist allein für diesen Vorgang die Missbilligung geboten, weniger auf Grund der konkreten Ausschreibung – da teile ich weitgehend die Auffassung meiner Vorrednerin –, aber die ge

schilderten Gründe sind maßgeblich dafür, dass wir der Missbilligung zustimmen werden.

Wir haben drei verschiedene Konzepte in zwei Jahren, wir haben massive Kosten, fehlende Verantwortung der Senatsverwaltung, Aufdrücken der Gebühren sowie des gesamten Verfahrens auf die BSR. Wir haben merkwürdige Vorgänge in der BSR, davon ist schon zu hören gewesen, Stichwort Vorstandsvorsitzender. Dazu hatten wir hier die Diskussion über die Frage, ob Herr Landerer kommt oder nicht. Alle haben dies als Hirngespinst bezeichnet, uns wurde vorgetragen, dass es eine bundesweite Suche nach einem qualifizierten Vorstandsvorsitzenden gäbe. Jetzt jedoch tritt genau das ein, was wir vorhergesagt haben. Hier ist auch der Wirtschaftssenator in der Verantwortung. Deshalb ist es letztlich heute angemessen, beide Senatoren zu missbilligen. Aber die Gründe für diesen Schritt sind für uns etwas andere als diejenigen, die im Antrag der Grünen genannt worden sind.

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Goetze! – Frau Kubala hat das Wort zu einer Kurzintervention – bitte schön!

Herr Goetze! Ihren Vorwurf, uns treffe eine Mitschuld, weise ich auf das Schärfste zurück. Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich unser aller Hoffnung in Richtung Methanol und Schwarze Pumpe im Nachhinein leider als Irrtum herausgestellt hat. Aber weshalb sollen wir als Politiker mehr

Sie tragen selbstverständlich auch Verantwortung im Zusammenhang mit der Fehlentscheidung Schwarze

Pumpe. Ansonsten werden wir von Ihnen immer mit ausführlichen Gutachten, mit Leuten, die über Verfahrensstände ganz genau Bescheid wissen, und mit wissenschaftlichen Ausarbeitungen über Verfahren traktiert. Das war z. B. in der Situation der Fall, als Sie die mechanischbiologischen Anlagen durchsetzen wollten. Ordnerweise gibt es aus Ihrem Umfeld dazu Unterlagen. Aber nur bei dem Thema „Methanol – Schwarze Pumpe“ hat niemand von Ihren Wissenschaftlern, von Ihren Verbündeten und Abfallkumpels gewusst, dass da lediglich 4 % Methanol herauskommen, obwohl eigentlich jeder Klippschüler nachvollziehen kann, dass ein Verfahren, das darauf hinausläuft: „Egal, was wir hineinstecken, es kommt Methanol heraus!“, nicht funktionieren kann. Das kann Ihnen ein Oberschüler sagen, der gut im Chemieunterricht aufgepasst hat. Aber Sie haben es angeblich nicht gewusst.

Nein, das können Sie nicht verleugnen! Wir haben es hier mit einer Krücke zu tun, mit der Sie jetzt diese umwelt- und abfallpolitische Verantwortung für sich ein bisschen reduzieren wollen.

wissen als die BSR, die uns über Jahre hinweg erklärt hat, dass das ein möglicher Weg sei? – Wir erwarten vom Senat, insbesondere von der zuständigen Abfallbehörde klare Aussagen darüber, welche Verfahren funktionieren und welche nicht. Hier von der Mitschuld zu sprechen, weil wir dem Modell Schwarze Pumpe so lange angehangen haben, ist großer Unsinn.

Ich sage noch etwas dazu, weshalb wir uns auf diesen Deal mit der SPD-PDS-Koalition eingelassen haben. Ich erinnere daran, dass das Einbringen von ökologischen und wirtschaftlichen Kriterien in das Ausschreibungsverfahren von den Grünen gekommen ist – und nicht von SPD und PDS. Wir haben darauf bestanden, dass politische Vorgaben für dieses Ausschreibungsverfahren gemacht werden. Dass SPD und PDS diese wortgleich übernommen haben, haben wir positiv gefunden. Uns liegt sehr viel daran, dass eine ökologisch und wirtschaftlich verträgliche Abfallwirtschaft in Berlin stattfindet. Das ist unser Anliegen und deshalb haben wir an dieser Stelle auch gemeinsam, mit SPD und PDS gestimmt. Dass dies jedoch nicht umgesetzt wurde, damit konnten wir nicht rechnen. Es ist zu missbilligen, dass die vom Parlament mit großer Mehrheit beschlossenen Vorgaben von der zuständigen Verwaltung, von den zuständigen Senatoren nicht umgesetzt worden sind.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Frau Kubala! – Herr Goetze hat das Wort zu einer Entgegnung – bitte schön!

Verehrte Kollegin Kubala! Die Tatsache, dass Sie sich nicht ausreichend Zeit genommen,

[Frau Kubala (Grüne): Das hatte drei Jahre Vorlauf!]

sondern diesen richtungsweisenden Entscheid, der die Abfallwirtschaft mindestens für ein Jahrzehnt festlegt, innerhalb von 14 Tagen durch den Ausschuss und das Parlament gepeitscht haben, ist Ihnen ausdrücklich zuzurechnen.

[Buchholz (SPD): Wir haben jahrelang darüber geredet!]

Das haben Sie mitgemacht! Das Ergebnis – auch Herr Buchholz kann zuhören – ist eine Woche später im Ausschuss vom Senator verkündet worden. Ich zitiere noch einmal:

Abg. Goetze (CDU) fragt, ob ein hoher stofflicher Verwertungsanteil beim Hausmüll in der Ausschreibung nicht vorgesehen sei. – [Sen Strieder: Richtig!] –

Das hätten Sie auch erfahren können, wenn Sie es nicht hätten durchpeitschen wollen. Das haben Sie gemacht, und daran tragen Sie Verantwortung.

[Wieland (Grüne): Ach was! – Weitere Zurufe von den Grünen]

[Wieland (Grüne): Wer ist denn da eingestiegen in die große Koalition? – Wieczorek ist da eingestiegen!]

Ist ja okay, dass Sie zur Einsicht kommen, aber Sie können sich jetzt nicht hier als gutgläubig hinstellen und so tun, als hätten Sie von nichts gewusst.

[Beifall bei der CDU – Wieland (Grüne): Wo kam Herr Wieczorek her? – Weitere Zurufe]

Nun hat Herr Doering das Wort. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist selbstverständlich das unbestrittene Recht der Opposition, Vorgänge zu hinterfragen, zu bewerten und auch zu missbilligen, wenn sie für sich feststellt – oder meint, festgestellt zu haben –, dass der in einem Beschluss des Abgeordnetenhauses zum Ausdruck gebrachte politische Wille durch Senatsmitglieder nicht umgesetzt wird. In Sachen Ausschreibungsverfahren, zu dem ich auch einige Fragen habe, haben die Grünen allerdings voreilig aus der Hüfte geschossen – wahrscheinlich mit dem Ziel der billigen Effekthascherei. Doch merke: Schnellschüsse treffen selten!

Es ist festzuhalten, dass die nächste Sitzung des Sonderausschusses BSR – –

[Frau Kubala (Grüne): Nicht stattfindet!]

Die Sitzung findet trotzdem statt, Frau Kubala! Sie fällt am Montag aus, findet aber in 14 Tagen statt. – Also, die nächste Sitzung wird eine nichtöffentliche Sitzung sein und sich genau mit den Fragen befassen, die Sie in Ihrem Missbilligungsantrag aufgeworfen haben. Sie befasst sich mit dem Komplex Energienutzungsgrad, Minimierung der Klimagase und Transportoptimierung. Das sind Punkte, die die SPD- und die PDS-Fraktion in dem von Ihnen genannten Antrag eingebracht haben. Die kamen nicht

Damit sind wir genau bei dem Punkt, über den wir im Ausschuss diskutieren müssen. Die Frage lautet: Wie wird sich dieser Umstand zukünftig in der Gebührenentwick

lung widerspiegeln? – Was hierzu getan werden kann, hat die BSR in der letzten Sitzung des Sonderausschusses angedeutet. Sie blenden an dieser Stelle auch aus, dass die BSR genau zu diesem Punkt darauf hingewiesen hat, dass sie bereits über weitere Rationalisierungen nachgedacht hat, um möglichst Gebührenerhöhungen zu vermeiden und letztlich zu einer sozialverträglichen Gebührenentwicklung zu kommen. Auch von diesem Vorwurf, den Sie mit Ihrer Unterstellung erheben, bleibt in der Substanz wenig übrig.

Zu der Laufzeit der Verträge: Zu dem Komplex, dass die Verträge laut Beschluss des Abgeordnetenhauses 15 Jahre laufen sollen, hat meine SPD-Kollegin schon etwas gesagt. Wir haben nämlich in diesem Hohen Hause einen anderen Beschluss gefasst: Wir haben beschlossen, dass Siedlungsabfälle mit 230 000 Tonnen im Jahr als Rohmüll ausgeschrieben werden können. Diese Ausschreibung kann in mehreren Losen mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2015 erfolgen. Damit ergibt sich eine Laufzeit ab dem Jahr 2005 bis zum Jahr 2015 – also 10 Jahre und nicht 15 Jahre.

Wir haben aber auch beschlossen, Frau Kubala, dass kürzere Laufzeiten für Teilmengen möglich sind und wirtschaftlich darstellbar sein müssen. Auch hier ist Ihr Vorwurf ungerechtfertigt. Ich gebe Ihnen allerdings Recht, dass vom Senat überzeugend dargelegt werden muss, dass kürzere Laufzeiten als 10 Jahre betriebswirtschaftlich und vor allem mit Blick auf die zukünftige Gebührenentwicklung tatsächlich vernünftig darstellbar sind. Genau dieser Punkt ist – wie eingangs bemerkt – Gegenstand der Beratung in der nächsten Sitzung des Sonderausschusses.

von Ihnen. In dieser Sitzung werden wir zu diskutieren haben, wie diese Punkte, die von uns gewollt waren, durch den Lenkungsausschuss in der Ausschreibung umgesetzt wurden. Dazu sollen Senatsverwaltung und BSR Stellung nehmen.

Wenn ich „Schnellschuss“ sage, dann meine ich genau dieses: Sie stellen einen Missbilligungsantrag und warten noch nicht einmal die Stellungnahme und die Darlegungen der Senatsverwaltung im Sonderausschuss ab, sondern ziehen bereits jetzt voreilige Schlussfolgerungen. – Es kann ja sein, Frau Kubala, dass Sie ihren politischen Willen in der Ausschreibung nicht umgesetzt sehen und deshalb der Auffassung sind, dass sich weitere Debatten in der Sache erübrigen.

[Zuruf der Frau Abg. Oesterheld (Grüne)]

Ein Grund für einen Missbilligungsantrag ist dies allerdings nicht.

[Beifall der Abgn. Liebich (PDS) und Wieland (SPD)]

Denn in der Beantwortung Ihrer Mündlichen Anfrage, Frau Kubala, weist Herr Strieder darauf hin, dass in den Ausschreibungen der BSR die Bewertung der Umweltaspekte bei eingehenden Angebote mit insgesamt 33 % gewichtet wird. Wenn ich mich richtig erinnere, war das genau der Bestandteil Ihres Antrags – d. h. der Teil Ihres Antrages wird in den Ausschreibungen voll umgesetzt. Es ergäbe also eine spannende Debatte im Ausschuss, wenn man hinterfragen würde, wie die Aspekte gesetzt und im Einzelnen gewichtet werden. Aber dieser Diskussion wollen Sie sich vermutlich verweigern.

In der gleichen Beantwortung Ihrer Mündlichen Anfrage weist Herr Strieder darauf hin, dass es auf der einen Seite bei der zur Diskussion stehenden Ausschreibung eine Transportoptimierung in der Hinsicht gibt, dass der Müll ab der Gradestraße auf der Schiene verbracht werden soll, und andererseits aber in dem Verfahren, wo es um die private Beteiligung anderer geht – in einem gemeinsamen Unternehmen –, auch die Abfallanlagen anderer angefahren werden können. Auch diesen Punkt haben Sie in Ihrem Antrag unterschlagen.

Unter Hinweis auf eine vom Abgeordnetenhaus geforderte sozialverträgliche Gebührenentwicklung unterstellen Sie in Ihrem Antrag und auch in Ihrer Presseerklärung, dass die Senatoren Strieder und Wolf durch ihr Verhalten erhebliche Mehrkosten für die Gebührenzahler in Berlin verursachen. Zu dem Vorgang, der sich davor ereignete, hat die CDU-Fraktion schon etwas gesagt, aber ich sage Ihnen: Sie blenden bei diesem Vorwurf aus, dass das bisherige Verfahren, unbehandelten Hausmüll auf Deponien zu verbringen, eben das denkbar billigste Verfahren war und ist. Damit ist zum Glück ab 2005 Schluss. Aber wir alle in diesem Haus wissen, dass jedes andere Verfahren Mehrkosten verursachen wird.

Unter dem Strich gibt es aus meiner Sicht überhaupt keinen Grund, Ihrem Missbilligungsantrag zuzustimmen.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das Wort hat nunmehr der Kollege Schmidt von der Fraktion der FDP. – Bitte schön, Herr Schmidt!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden an dieser Stelle nicht nur über den Missbilligungsantrag, sondern auch über den Antrag der Grünen zum Abfallwirtschaftskonzept, zu dem ich eigentlich auch etwas sagen wollte. Da die anderen das nicht getan haben, möchte ich dazu nur kurz Stellung nehmen: Wir haben Probleme mit dem Antrag, da man sehr wohl darüber streiten kann, was nun Mehrkosten verursacht. Die von den Grünen – so wird zumindest aus der Begründung des Antrags deutlich – anvisierte Änderung der Ausschreibungsverfahren führt – so kann man befürchten – wohl eher zu Mehrkosten. Soweit zu dem Antrag, über den wir noch einmal ausführlich diskutieren sollten.

Zum Missbilligungsantrag selbst: Zum Thema Abfallpolitik in Berlin kann man erst einmal feststellen: Viele Köche verderben den Brei! – Das hat man gesehen. Jeder

Schmidt, Erik

Danke schön, Herr Kollege Schmidt!