Protocol of the Session on September 11, 2003

Da kann man zurückgehen in die Historie Berlins, was ich getan und in dem Buch von Cordula Ludwig nachgelesen habe. Ich werde Ihnen ein Zitat aus dem Jahre 1922 hier vortragen:

Das Magistratsmitglied, zu dessen Dezernat die Berliner Häfen gehören, hat sein Amt niedergelegt, um Direktor der von ihm bisher kontrollierten Berliner Hafen- und Lagerhaus AG zu werden. „Das sollte grundsätzlich besser nicht geschehen“,

[Heiterkeit bei den Grünen]

sagte der damalige Stadtsyndikus

so etwas gab es damals –

Friedrich Lange über den SPD-Stadtrat Wilhelm Schüning.

[Czaja (CDU): Schon wieder die SPD!]

Der hat sich später aufgehängt, nachdem auch noch Korruption in Zusammenhang mit der Sklarek-Affäre dazukam. Das alles wünschen wir Frank Bielka natürlich nicht und sind auch sicher, er wird es nicht tun.

Denn dieses Maß an Abgebrühtheit – um das einmal deutlich zu sagen –, Herr Kollege Müller, offenbar zielgerichtet auch auf eine Erhöhung der Bezüge der Vorstandsmitglieder in allen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften hingearbeitet zu haben, was man hört, wenn immer man mit den dort Verantwortlichen spricht, diese Abgebrühtheit, das im Jahre 2001 gemacht zu haben und dann diese Position anzustreben, ist selbst in Berlin einmalig und ist eine klare Spitze dieser Ämterpatronage und dieser politischen Besetzung von Ämtern.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Herr Kollege Wieland! Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Felgentreu?

Da es einer der wenigen ist, der der deutschen Sprache mächtig ist, gerne.

Na, das muss ich nun im Interesse des Hauses – –

In besonderem Maße auch noch der alten Sprachen mächtig ist, Herr Präsident.

Das ist in Ordnung. Das können nur wenige. – Bitte schön, Herr Kollege Felgentreu!

Herr Abgeordneter Wieland! Ist Ihnen bekannt, dass der Springer-Verlag sich verpflichtet hat, genau die Tatsachenbehauptung, die Sie eben aufgestellt haben, in Zukunft zu unterlassen?

Bitte schön, Herr Wieland!

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Wenn dann – wie heute in der „Morgenpost“ – Rot-Rot sagt, da werde ein Berufsverbot gefordert, muss ich warnen. Diese Argumentation kam zuletzt von einem gewissen Herrn Landowsky und einem Herrn Simon. Die waren auch der Ansicht, das sei ein Berufsverbot – zwei Mal gescheitert vor dem Bundesverfassungsgericht. Ich bitte zu bedenken: Sage mir, mit wem du argumentierst, und ich sage dir, wer du bist. Überlegen Sie sich bitte, ob das Ihre Argumentation bleiben soll.

[Beifall bei den Grünen und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Wieland! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung aller drei Anträge an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch, dann wird so verfahren.

Lfd. Nr. 11 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 12:

Große Anfrage

Präsident Momper

Die Haushalts- und Vermögensrechnung war nicht transparent. Sie war in allen Bereichen nicht nachvollziehbar. [...] Es gibt operative Probleme, die vor allem zu sehen sind in unzureichenden Bearbeitungsvorgaben, unklaren Zuständigkeitsregelungen hinsichtlich der Buchungskompetenz, fehlerhaftem Anwenderverhalten, Fehlen ausreichender Kontrolle, programmtechnischen Unzuläng

lichkeiten und einem personellen Defizit. Was die Zusammenstellung der Haushalts- und Vermögensrechnung anbelangt, ist eine Person bei der Senatsverwaltung für Finanzen zuständig.

Eine Bemerkung sei mir aus diesem Anlass noch erlaubt. Im letzten Jahr hat sich die Kollegin Spranger an dieser Stelle wegen unseres Gesetzentwurfs zur Eindämmung des Finanzchaos im Land Berlin aufgespult. Ich zitiere Frau Spranger aus dem Sitzungsprotokoll:

Ich sage Ihnen hier mit aller Deutlichkeit, verehrte CDU-Fraktion, es gibt kein Finanzchaos und es wird auch keines geben.

(D

Nun, Frau Kollegin Spranger, jetzt haben Sie es schriftlich. Jetzt sind auch Sie als Parlamentarierin in der Pflicht, so wie alle anderen Kollegen aus den Koalitionsfraktionen auch, mit uns gemeinsam dafür zu sorgen, dass in der Verwaltung etwas geschieht. So jedenfalls, Herr Senator, geht es nicht weiter. Sie sind nicht nur in der Verantwortung für die großen finanzpolitischen Auftritte, die Gesamtlage und die Verfassungsklagen, Sie sind auch persönlich für die Organisation Ihrer Verwaltung verantwortlich, gemeinsam mit Ihren Staatssekretären, ob die nun fahnenflüchtig sind oder nicht.

Finanzchaos statt Haushaltswahrheit – was tut der Senat gegen den fortschreitenden Verfall der Buchungsdisziplin im Haushaltswesen?

Große Anfrage der CDU Drs 15/1793

Die Große Anfrage wurde zuletzt auf unserer Sitzung am 28. August vertagt. Zur Begründung der Großen Anfrage rufe ich die Fraktion der CDU auf. Ihnen steht eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Der Kollege Wambach hat das Wort. – Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Finanzchaos statt Haushaltswahrheit – was tut der Senat gegen den fortschreitenden Verfall der Buchungsdisziplin im Haushaltswesen? – Das ist nicht nur die Überschrift unserer heutigen Großen Anfrage, das ist ein dringendes Problem, über das wir im Parlament zu sprechen haben. Es geht nicht nur um verwaltungstechnische Fragen, es geht um Rechte des Parlaments, um Haushaltswahrheit und -klarheit, um Transparenz und Rechenschaft gegenüber den Bürgern in unserer Stadt. Es geht um das handwerkliche Unvermögen dieses Senats. Es reicht nicht aus, Herr Regierender Bürgermeister und Herr Finanzsenator, im aufgeteilten Rollenspiel die Menschen in dieser Stadt wahlweise zu bespaßen oder zu beschimpfen. Das sind doch keine versehentlichen Ausrutscher mehr. Das hat Methode, um zur passenden Gelegenheit Ihre politischen und handwerklichen Missgeschicke medienwirksam zu überspielen. Da muss es irgendwo ein Lehrbuch geben, dass Sie gemeinsam mit Trapattoni und Völler gelesen haben.

Heute geht es darum, dass der Rechnungshof von Berlin am 15. Mai dieses Jahres verkündet hat, dass die Haushalts- und Vermögensrechnung für das Jahr 2001 unvollständig und falsch ist. Eine vollständige Prüfung war nicht möglich, da der Senat nicht alle gesetzlich vorgeschriebenen Bestandteile der Rechnung vorgelegt hat. Das vorliegende Zahlenwerk offenbarte zudem teilweise schwer wiegende Mängel, so der Rechnungshof. Es handelt sich dabei um von der Senatsverwaltung für Finanzen nicht erläuterte Abweichungen in einer Höhe von insgesamt 2,2 Milliarden €. Originalton des Rechnungshofs:

Die Haushalts- und Vermögensrechnung ist teilweise so fehlerhaft und unvollständig, dass der Rechnungshof die Richtigkeit des Zahlenwerks erstmals nicht bestätigen kann.

Am 21. Mai hat der Präsident des Rechnungshofs die Problemlage im Hauptausschuss noch etwas deutlicher beschrieben. Auch das sollte das Parlament in Gänze wissen. Herr Dr. Harms führte im Hauptausschuss aus:

Wir wollen heute wissen, was Sie, Herr Senator, inzwischen veranlasst haben, um die vom Rechnungshof klar formulierten Mängel in Ihrer Verwaltung zu beseitigen.

[Beifall bei der CDU]

[Ha! Von der CDU]

[Beifall bei der CDU]

Sie sind von diesem Parlament in diese organisatorische Verantwortung gewählt worden. Jetzt ist die Stunde des Parlaments, und ich bin auf Ihre fachlichen Antworten zu unserer Großen Anfrage, Herr Senator, sehr gespannt. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Wambach! – Das Wort zur Beantwortung hat nunmehr Herr Finanzsenator Dr. Sarrazin!

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wambach, es handelt sich, wie Sie richtig festgestellt haben, um die Haushaltsrechnung 2001. Ich persönlich trage Verantwortung seit dem 17. Januar 2002. Seit dem 18. Januar 2002, morgens 8.30 Uhr, nehme ich diese Verantwortung wahr. Da war die Haushaltsrechnung 2001 weitgehend abgeschlossen.

[Zurufe von der CDU]

Die Qualität der Buchungen ergibt sich unterjährig. Mit einem Wort: Was immer Sie an Kritik formuliert haben, mag zutreffen. Ich wäre vielleicht nicht so scharf in der Formulierung wie Sie. Es trifft aber vor allem die Zeit, als Ihr Senator Kurth Verantwortung trug.

Sen Dr. Sarrazin