Muss vielleicht jemand gestrichen werden? Der FDPAntrag macht das ganz deutlich: Wir haben schon zwei Niederkirchnerstraßen. – Ist das vielleicht schon zuviel der Ehrung? – Wohin kommen wir denn da? – Wir sollten diese peinlichen Debatten hier im Parlament beenden.
Ernst Reuter wird bereits durch Berlin geehrt, und ich meine damit nicht den Platz und auch nicht die Schulen, sondern insbesondere die Ernst-Reuter-Plakette, die höchste Auszeichnung Berlins, die an Persönlichkeiten vergeben wird, die in besonderem Maß Verdienste um Berlin erworben haben. Selbstverständlich wird der Senat auch den 50. Todestag Ernst Reuters würdig begehen – mit einer Ausstellung und mit Veranstaltungen. Viele andere werden sich an diesen Veranstaltungen beteiligen.
Also, meine Damen und Herren, auch wenn es Sozialdemokraten – das können Sie mir glauben – an der Stelle schwer fällt, weil es gerade um einen besonderen Sozialdemokraten geht, bitte ich Sie: Stimmen Sie für ein Zurückkehren zu diesen eindeutigen Richtlinien! Stimmen Sie gegen die Anträge von FDP und CDU! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Verehrte Damen! Meine Herren! Über die historischen Verdienste von Ernst Reuter brauchen wir nicht mehr zu debattieren. Sie sind unstreitig.
Insoweit ist die Absicht des CDU-Antrags auf jeden Fall verständlich. Zugegeben: Es ist eigentlich eine unpassende Ehrung für Tote. – Herr Müller! Sie haben selber gesagt, die Richtlinie trägt die Unterschrift von Ernst Reuter. Die Ehrenbürgerwürde ist grundsätzlich etwas für Lebende. Das gilt übrigens auch für die Stadtältestenwürde. Das war auch für uns sehr schmerzhaft, denn ich hatte für die Fraktion beantragt, dass Hermann Oxfort zum Stadtältesten berufen wird. Es war wohl schon unterschrieben, aber er ist leider vorzeitig verstorben.
Man kann auch argumentieren, dass hiermit ein Fass aufgemacht würde: Was ist mit Kennedy? – Der hat vor 40 Jahren in Berlin geredet. Er ist auch kein Ehrenbürger, Ronald Reagan und George Bush hingegen schon. Auch bei Kennedy wäre es passend.
Aber wir könnten dem CDU-Antrag gleichwohl unter Beachtung folgender Gründe und Maßgaben zustimmen. Es ist schon angesprochen worden: Bei Bersarin und
Dietrich ist bereits eine Ausnahme gemacht worden. Insofern könnte man sagen, dass es ein würdiger Abschluss solcher Ausnahmen wäre, dies mit Ernst Reuter zu tun.
Wir könnten uns deshalb vorstellen – wenn wir das vernünftig in den Ausschüssen beraten –, dem CDUAntrag zuzustimmen, und zwar unter der Maßgabe, dass die Aufnahme von Ernst Reuter in die Ehrenbürgerliste dann wirklich die letzte Ausnahme ist und die Kette Bersarin – Dietrich mit Ernst Reuter den Abschluss der Ausnahmen bildet.
Herr Müller! Es ist extra vorgesehen, dass Straßennamen nur Personen gewidmet werden können, die seit mindestens fünf Jahren verstorben sind. Insofern ist das die grundsätzlich passende Ehrung.
Die Niederkirchnerstraße ist dafür eine vollkommen passende Straße, und zwar aus folgenden Gründen: Erstens wäre es eine natürliche Spange zwischen dem ErnstReuter-Platz im Westen, in Charlottenburg, und dem vormaligen Osten.
Wenn Sie sagen, dass es schon den Ernst-Reuter-Platz gebe, so frage ich: Wie viele Hohenzollernstraßen und Hohenzollerndämme gibt es in Berlin? – Da wird eine Ernst-Reuter-Straße auch für die gackernden Grünen keine Zumutung sein.
Außerdem gibt es noch eine weitere KätheNiederkirchner-Straße am Prenzlauer Berg. Käthe Niederkirchner würde somit nicht aus dem Straßenverzeichnis Berlins verschwinden, so dass sich hier also auch links außen beruhigen kann.
Vor allem ist die Niederkirchnerstraße auch deswegen geeignet, weil sie nicht eine enorme Anzahl von Unternehmen und Privatpersonen mit der Umbenennung be
Bei Rosa Luxemburg machen Sie mit. Dass Sie sich jetzt einer Debatte verweigern, Herr Müller, dass Sie sich weigern, die Sache in den Ausschuss zu nehmen und vernünftig darüber zu diskutieren, zeigt, wie unangenehm Ihnen das Thema ist. Es ist nicht nur der Arbeitskreis „60 plus“, sondern Sie blamieren sich vor der ganzen Stadt mit Ihrer Verweigerungshaltung, zu einer vernünftigen Ehrung von Ernst Reuter zu kommen. Sie sollten sich schämen!
In der Niederkirchnerstraße steht der Gropiusbau. Dort kommen viele Touristen hin, und eine Umbenennung würde damit große Aufmerksamkeit finden. Und vor allem steht dort das Berliner Parlament. Das ist das Entscheidende.
Damit wird eine ungleich höhere Ehrung erreicht als mit der nachträglichen Aufnahme in die Ehrenbürgerliste. Das muss man sehen, Herr Gaebler! Wenn Sie sagen, das sei der Vorschlag einer Spaßpartei, weil die Niederkirchnerstraße nur dreihundert Meter lang ist, so empfehle ich Ihnen, einmal nachzumessen, wie lang wohl die WillyBrandt-Straße ist. Die ist keine 150 Meter lang. Nach der gaeblerschen Logik müsste dann wohl die Heerstraße umbenannt werden.
Das Entscheidende an der Willy-Brandt-Straße ist, dass das Bundeskanzleramt die Adresse Willy-Brandt-Straße 1 hat. Und so hätten wir die Gelegenheit, dass das Berliner Parlament eine würdige Adresse bekäme, nämlich eine mit dem Namen von Ernst Reuter.
[Beifall bei der FDP – Frau Schaub (PDS): Heißt das, die Niederkirchnerstraße ist keine würdige Adresse?]
Nein, es ist keine würdige Adresse! Das sage ich Ihnen ganz klar. Ernst Reuter wäre eine würdige Adresse für das Parlament.
[Frau Schaub (PDS): Sie sollten sich schämen! – Brauer (PDS): Schande! – Weitere Zurufe von der PDS – Unruhe]
Jetzt beruhigen Sie sich mal ein bisschen! – Ernst Reuter – das kann ich hier gut vertreten – ist eine würdige Adresse für das Abgeordnetenhaus.
Ernst Reuter war ein großer Demokrat. Käthe Niederkirchner war keine große Demokratin. Das lassen Sie sich einmal gesagt sein!
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Flemming? – Die Redezeit ist ohnehin um. – Gut!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ehrenbürgerwürde der Stadt Berlin ist Ausdruck des historischen Selbstverständnisses dieser Hauptstadt. Das ist richtig. Insofern ist es ganz natürlich, dass sich die Debatten über die Liste immer einer erheblichen Aufmerksamkeit erfreuen, und es ist auch irgendwo nachvollziehbar, dass aus vordergründigem politischem Kalkül heraus immer wieder versucht wird, diese Debatten zum Kochen billiger politischer Süppchen zu missbrauchen.
Erleichtert wird dies durch Unklarheiten vor allem hinsichtlich posthumer Ehrungen im Text der Ehrenbürgerverordnung des Jahres 1953. Da möchte ich doch Herrn Kollegen Müller etwas widersprechen. Dass dies nun ausgerechnet zu Lasten des Bürgermeisters geht, der diese Verordnung unterschrieben hat, ist nun schon fast tragisch zu nennen.
Um hier Klarheit zu schaffen, wurde der Senat vom Abgeordnetenhaus im März dieses Jahres aufgefordert, die Kriterien für die künftige Verleihung von Ehrenbürgerschaften darzulegen. Uns liegt eine Mitteilung – zur Kenntnisnahme – vor, in der der Senat darlegt, dass er keinerlei Veränderungsbedarf für die Ehrenbürgerverordnung sieht. Allerdings stellt er fest, dass die Richtlinien nicht vorsähen – ich zitiere –, „das Ehrenbürgerrecht posthum zu verleihen.“ – Diese Feststellung ist zu ergänzen: Die Richtlinie schließt dies aber auch nicht aus. Die posthume Verleihung wird überhaupt nicht erwähnt und ist also nach wie vor möglich. Das ist Fakt.
Heute überrascht uns nun ausgerechnet die CDU mit dem Vorschlag, Ernst Reuter die Ehrenbürgerwürde posthum zu verleihen. Einige Senatsmitglieder sprachen sich bisher dagegen aus. Die Einwände gegen eine solche Verleihung – und das möchte ich mit aller Deutlichkeit darstellen – haben nichts – ich betone das – mit einer angeblichen, sowohl von einer Postille des Verlagshauses Springer behaupteten wie von der CDU und der FDP offenbar vermuteten Rücksichtnahme auf die PDS zu tun.