Protocol of the Session on May 22, 2003

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Liebich (PDS): Und danach Sie!]

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Trotz aller Bemühungen der Staatsanwaltschaft gibt es noch keine Verurteilungen, keine Anklagen. Stattdessen benutzt die Bankgesellschaft jede juristische Spitzfindigkeit, Herr Schimmler hat das bereits angedeutet, um den Untersuchungsausschuss in seiner Arbeit zu behindern. Damit werden nicht nur die Mitglieder des Untersuchungsausschusses, sondern auch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte beschäftigt, nur damit sich alle über die Frage des Geheimschutzes unterhalten und keiner auf die Idee kommt oder die Zeit dazu hat, sich den eigentlichen Problemen zu nähern.

Außerdem sagten Sie, bisher habe erst eine Firma einen Antrag auf Abschirmung gestellt, es sei auch bezahlt worden. Für einen Fall ist also der Antrag auf Abschirmung eingereicht worden. Das ist doch aber keine Antwort auf die Frage, wie Sie, bitteschön, die Risiken minimieren wollen oder minimiert haben. Wir haben diskutiert. Sie haben in Aussicht gestellt, dass es ein Gutachten darüber gibt, ob die Fonds sittenwidrig sind. Wo ist dieses Gutachten? Ist es nun in Auftrag gegeben worden? Ist es fertig? Warum haben wir es dann nicht? Wenn sich die notwendigen Zahlungen dieses Jahr noch in Grenzen halten, liegt das daran, dass man das Eine oder Andere verkaufen kann. Wenn man Immobilien im Wert von 6 Milliarden € hat, wird wohl das eine oder andere Objekt dabeisein, das auch gut verkauft werden kann. Das gelingt im ersten Jahr. Es können ja nicht alle Immobilienkäufe der Griff in die Kloschüssel gewesen sein. Kaufverträge, die noch nicht bezahlt waren, konnten rückabgewickelt werden. Das sind aber Sachen, die Sie in den nächsten Jahren gar nicht mehr machen können. Die schwierigen Entscheidungen kommen erst noch, beispielsweise die Frage, wo revitalisiert wird und wo nicht. Dann gibt es noch die Objekte, die keiner mehr haben will. Diese kann man am Ende vielleicht nur noch abreißen.

Es könnte doch so einfach sein. Da gibt es beispielsweise Ordner, die von vorne bis hinten alle Aufsichtsratprotokolle enthalten. Diese Ordner werden uns aber vorenthalten, obwohl damit ohne Schwierigkeiten genau zu klären wäre, wer zu welchem Datum, zu welcher Aufsichtsratsitzung für bestimmte Projekte und Entscheidungen gestimmt hat. Diese Art von Behinderung, und das ist das, was mich am meisten ärgert, zahlen wir als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler noch selbst, nämlich wieder über die Bank. Wir müssen uns über die Bankgesellschaft selbst behindern und schikanieren lassen. Das ist das Letzte, was ich von einer rot-roten Regierung erwartet hätte.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Herr Schimmler hat bereits darauf hingewiesen: Diese juristischen Höchstleistungen sollten bitte schön die Anwälte dafür bringen, dass die Kündigungsklagen durchgehen oder dass in der Tat Schadenersatzklagen endlich einmal erfolgreich abgeschlossen werden. Aber in der Hinsicht läuft nichts. Also die 18 Verfahren, von denen 16 in 1. Instanz verloren sind, sind hochnotpeinlich. Ich bin froh, dass Sie zumindest diese ahnungslose Kanzlei hinausgeworfen haben.

Herr Sarrazin sagt, dass das Restrukturierungskonzept der Bank greift. 2 000 Stellen seien abgebaut. Er ist voller Zuversicht. Ich bin es nicht. Ein Jahr nach der Risikoabschirmung ist die Privatisierung der Bank gescheitert. Wir haben die Bank an der Backe, und – was viel schlimmer ist – wir haben die Bankgesellschaft mit dieser Konstruktion an der Backe. Die Landesbank nimmt nach wie vor jeden Tag Kredite für ihre Bankentöchter auf. Die Gewährträgerhaftung und die Anstaltslast tragen immer mehr dazu bei, dass die Kredite, die von der LBB an die anderen Töchter gegeben werden, mehr und mehr werden und damit der Steuerzahler mehr und mehr drinhängt. Das beruhigt mich nicht! Ganz im Gegenteil, Herr Wechselberg, das macht mir Angst, weil es Tag für Tag mehr wird.

Die damalige Kritik des Landesrechnungshofs, dass die Konstruktion der Bankgesellschaft falsch ist, gilt auch heute noch. Das heißt, dass wir natürlich auch dafür sorgen müssen, dass diese Konstruktion verändert wird und vor allen Dingen Grenzen für die Haftung eingezogen werden, wenn die Bank beim Land bleibt.

[Beifall bei den Grünen– Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Es kann nicht sein, dass das Land Berlin in unglaublicher Höhe Gewährträger sein soll.

Die Antwort auf die Frage nach der Bewältigung der Risiken ist schlicht und einfach peinlich. Es steht in den Unterlagen, dass es ein Controlling gibt, das aufgebaut wird. Wer die Unterlagen der Bankgesellschaft liest, wird feststellen, dass seit 1994 in allen Unterlagen der Aufbau eines Controllings steht. Aber dieses Controlling hat of

fensichtlich weder funktioniert, noch hat es irgendetwas genützt, sonst wären wir nicht da, wo wir heute sind.

Ein Jahr nach der Risikoabschirmung haben wir immer noch kein klares Bild über die tatsächlichen Verluste. Es fehlt die Positivliste, die wir schon im März erhalten sollten. Die vom Land installierte Controllinggesellschaft ist mehr mit Möbeleinkauf und Personaleinstellung beschäftigt als mit ihrer eigentlichen Aufgabe. Ich muss sagen: Ich hoffe nur, dass die Ahnungslosigkeit, die bei dieser Gesellschaft über den Bankenskandal vorliegt, in ganz kurzer Zeit abgebaut wird. Mir ist nicht wohl dabei, wenn diese Gesellschaft das Kontrollinstrument sein soll. Sie haben aber genau das abgelehnt. Als die Oppositionsfraktionen versucht haben, mehr Kontrolle zu erhalten, wurde das auch von den Regierungsfraktionen wieder abgelehnt, obwohl wir gerade neue Instrumente brauchen. Dieser Skandal hat deutlich gemacht, dass wir neue Instrumente brauchen und die alten Instrumente für solche Aufgaben nicht mehr taugen.

[Beifall bei den Grünen]

Währenddessen gehen die Geschäfte fröhlich weiter: Ein, zwei, drei, vier, fünf FinTechfirmen. Zu denen habe ich damals schon gefragt, warum sie in der Risikoabschirmung sind. Sie sind doch erst 2001 gegründet worden. Bei der Recherche im Handelsregister muss ich nun feststellen, dass die eine die Bavaria Wohnen, die andere die Bavaria Gewerbe ist, die dritte Firma heißt Real Estate. Plötzlich bekommen alle andere Namen, sie bekommen anderes Geld, sie erhalten neue Aufgaben. Nichts weiß man darüber, welche Konzeption dahintersteht. Es ist einfach nur ein Verwirrspiel. Wenn wir versuchen zu kontrollieren, was in der Bank passiert, sind wir als Parlamentarier verdammt hilflos.

Deshalb kommt uns Ihre Ankündigung, dieses Immobiliendienstleistungsgeschäft müsse heraus aus der Bank, sehr entgegen. Ich frage Sie nur, wann Sie das umsetzen? Wir hören immer nur, dass Sie dies wollen. An dieser Stelle möchte ich von Ihnen gern einmal einen Zeitpunkt benannt haben. Zu welchem Zeitpunkt soll dieser Bereich aus der Bank herausgenommen werden? Alles, was dort schiefgeht, kostet uns Tag für Tag Geld. Es gibt die Immobilien, die Baustellen, wo die Stahlträger aus dem Grund schauen. Da gibt es die Mieter in Cottbus, die noch immer darauf warten, dass ihre Wohnungen saniert werden. Ein Jahr nach der Risikoabschirmung droht uns zusätzlich von anderen Seiten noch einiges an Problemen. Darüber haben Sie keinen Ton verlauten lassen.

Wenn die IBV gegen die Bavaria klagt, wie beispielsweise bei dem LBB-Fonds I, zahlt die Bankgesellschaft gleich alle Rechtsanwaltskosten. Einmal zahlt sie als Bavaria, einmal als IBV. Von den Ergebnissen möchte ich gar nicht erst reden. Wenn sich die Anleger verschiedener Fonds darauf vorbereiten, gegen die Bank zu klagen, wird das ein erhebliches Problem. Es wäre auch egal, ob sie wegen Anlagebetrug oder sonstigem klagen. Wenn die Drittbanken anfangen, ihre Kredite zurückzufordern, wird auch das zum Problem. Das sind die Probleme, die momentan in der Bankgesellschaft existieren. Über die haben Sie aber nicht gesprochen. Sie haben vielmehr gesagt, wie schön alles ist und dass alles gut wird.

Ein Jahr nach der Risikoabschirmung ist die Kontrolle des Parlaments trotz der Berichte mehr als bescheiden. Über die Probleme und Zustände innerhalb des Konzerns erfährt man mehr durch Zufall, mehr durch die Presse. Ob es sich dabei um Excel-Tabellen für ein MilliardenImmobilienvermögen handelt, das damit gemanagt werden soll, ob es um die Auftragsvergabe an andere Firmen geht oder neue Seilschaften betrifft, die sich dort bilden, werden wir nur aus der Presse erfahren. Das ist absolut unbefriedigend. Noch ärgerlicher ist es, wenn dieses Hohe Haus und vor allen Dingen die Regierungsfraktionen alle unsere Vorschläge, neue Wege zu versuchen, immer wieder ablehnen. Den Schikanen der Bankgesellschaft könnten mit einem Sonderprüfer nach Aktiengesetz begegnet werden. Das dürfen sie bei dem nämlich nicht. Die Aufklärung könnten mit einem Spezialistenteam beschleunigt werden. Die Staatsanwälte könnten unabhängige Zuarbeit gut gebrauchen, statt zusätzliche Belastung durch die Rechtsanwälte der Bankgesellschaft. Das Gutachten – das habe ich vorhin schon gesagt – über die Sittenwidrigkeit der Fondsgarantien hätten wir auch gern. Die Ergebnisse ein Jahr nach Risikoabschirmung sind zutiefst unbefriedigend. Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Wechselberg, sind die Ergebnisse für den rot-roten Senat, der seine Daseinsberechtigung aus diesem Skandal zieht, unverantwortlich.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP

Danke schön, Frau Kollegin Oesterheld! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht

vor. Die große Anfrage ist damit begründet, beantwortet und besprochen.

Die lfd. Nrn. 7 bis 10 sind bereits durch die Konsensliste erledigt. Zu

lfd. Nr. 8:

a) Große Anfrage

Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Große Anfrage der FDP Drs 15/1676

wird um die schriftliche Beantwortung gebeten.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 11:

Beschlussempfehlungen

Zinsabgeltungsteuer statt Vermögensteuer

Beschlussempfehlungen EuroBundMedien und Haupt Drs 15/1649 Antrag der FDP Drs 15/1174

Ich weise gleich vorsorglich darauf hin, dass die FDP die namentliche Abstimmung nach der Rederunde beantragt hat. Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu 5 Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP. Es hat das Wort der Herr Kollege Dr. Lindner. – Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Herr Eßer! Das gefällt Ihnen nicht, das verstehe ich. Sie haben vorhin zu mir gesagt, dass wir schon wieder über die Vermögensteuer reden. Wir haben zu diesem Antrag noch nicht gesprochen. Wir haben aber – darauf komme ich gern zurück – über die Vermögensteuer diskutiert. Es war die Zeit nach der Bundestagswahl, die in die Geschichte einging als Steuerkakophonie von RotGrün. Es hat jeder mehr oder minder lustige Ministerpräsident in Deutschland etwas zur Vermögensteuer erzählt. Es war die Zeit der Offenbarung, als der blanke Hans die Hosen heruntergelassen und gezeigt hat, dass die Finanzierung des Bundeshaushalts nicht in Ordnung ist. Dann fingen Sie an, sich unter dem absurden Vorschlag einer Vermögensteuer einzuhaken. Da haben Sie sich einsortiert und diesen Antrag verabschiedet. Die PDS hat ein wenig Klientelpolitik betreiben wollen und sich auch gleich eingehängt. Darin wird der Senat aufgefordert, sich bundesweit für eine Vermögensteuer und eine Erhöhung der Erbschaftsteuer einzusetzen.

Ich gehe jetzt nur noch kursorisch auf diese aberwitzige Steuer ein: Es wird immer wieder debattiert, man müsse zwischen einer betrieblichen und einer privaten Vermögensteuer unterscheiden. Das ist völliger Unsinn. Wenn Sie eine rein auf Privatvermögen bezogene Steuer einführen, dann werden Sie erleben, wie die gesamten größeren Vermögen in betriebliche Gebilde überführt werden. Davon werden Sie nichts haben.

[Beifall bei der FDP]

Jetzt wollen wir doch einmal sehen, wie seine Kolonnen hier in Berlin dazu stehen. Stehen Sie hier für die Einführung der Zinsabgeltungsteuer anstelle einer Vermögensteuer, oder machen Sie die Kakophonie ausgerechnet hier in der Hauptstadt wieder auf? – Wir wollen anhand einer namentlichen Abstimmung sehen, ob das Kanzlerwort und das des Vorsitzenden der Grünen wenigstens in der Bundeshauptstadt eine klitzekleine Bedeutung haben oder ob die Bundesregierung und ihr Chef schon so abgewirtschaftet haben, dass Basta-Worte völlig egal sind. – Herzlichen Dank!

Danke schön, Herr Dr. Lindner! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Zackenfels. – Bitte schön!

(D

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Die Diskussion um die Abgeltungsteuer ist relativ alt. Aber Gerhard Schröder hat es vermocht, sie erneut in ein Zentrum der steuerpolitischen Diskussion in unserem Land zu rücken. Es ist nur recht und billig, dass auch die FDP sich zu dem Thema äußern will. Mit Ihrer Schadenfreude, Herr Lindner – seht her, die Hauptstadt-SPD stellt sich gegen Gerhard Schröder – können wir leben. Ich wiederum unterlasse jeden Hinweis darauf, dass die Partei des vorbestraften Steuerhinterziehers Lambsdorf quasi jeder Regelung zustimmen muss, die auch nur im Entferntesten das Wort Amnestie enthält.

Ich erinnere noch einmal daran, dass damals, vor der Einstufung als verfassungswidrig, das gesamte Aufkommen der Vermögensteuer bei 9 Milliarden DM lag. Zwei Drittel davon waren betriebliches Vermögen, ein Drittel entfiel auf privates Vermögen. Nach ihrer Abschaffung wurde dies damals fast vollständig durch eine Erhöhung der Erbschaftsteuer und der Grunderwerbsteuer kompensiert. Es besteht schon deshalb kein Grund, sie wieder einzuführen.

Als zweiter Grund wird immer gesagt, man müsse die großen Vermögen heranziehen. Einverstanden – die können auch herangezogen werden. Aber dann sollten Sie sich ein wenig intelligentere Instrumente überlegen, um das zu tun. Die rot-grüne Bundesregierung hat – man höre und staune – ein relativ intelligentes Instrumentarium gefunden, nämlich eine pauschale 25prozentige Zinsabgeltungsteuer. Es kommt nicht häufig vor, dass auf dieser Ebene etwas Vernünftiges gemacht wird, aber das war in diesem Fall so. Dann gab es ein großes Kanzler-Basta, das sagte: Jetzt ist Schluss mit der Diskussion. Es gibt keine Vermögensteuer mehr. Wir machen jetzt Zinsabgeltungsteuer.

Herr Ratzmann, die Grünen haben das am 3. April sehr freundlich kommentiert. Ich zitiere Ihren Kollegen Hubert Ulrich:

Wir sind nicht für die Vermögensteuer, und zwar aus guten Gründen. Es handelt sich bei ihr um eine Substanzsteuer. Sie würde zur Kapitalflucht beitragen. Es gibt darüber hinaus noch viele andere Gründe, die Vermögensteuer abzulehnen.

[Beifall bei der FDP]

Auch Ihrem Bundesvorsitzenden kann man in diesem Zusammenhang applaudieren, denn der hat sich ähnlich geäußert.

Nun zur SPD: Ich zitiere den Generalsekretär Olaf Scholz. Der sagt dazu:

Was nützt es, Steuern nur theoretisch zu erheben? Das ist doch der Fall, solange steuerpflichtige Bürger ihr Kapital ins Ausland schaffen. Dieses Vermögen, das bisher außerhalb der Grenzen schlummert, soll nun wieder in Deutschland besteuert werden.

Herr Scholz fährt fort: